• weil ich keine andere Identität hatte in meinem Leben

    Das kommt mir insofern bekannt vor, dass ich eine Weile mal wirklich nichts anderes gemacht habe als Schulzeug vom Aufwachen vor dem Unterricht, bis zum Schlafengehen um 23 Uhr oder im Bett in die Nacht hinein. Zu der Zeit wollte ich eh nix anderes mehr, als endlich zu verrecken, und damit hatte ich meine Ablenkung. Besser ging es mir dadurch natürlich auch nicht.

    Inzwischen ist eher das Gegenteil der Fall und der Gedanke an Schule, zu viele Hausaufgaben, Klausuren und anderer nerviger Mist lösen nur noch innerliche Kotzlawinen, Heulattacken und andere destruktive Kompensationsmethoden aus.


    Und darum scheiße ich ehrlich gesagt auch auf das konstruktive Potenzial zu irgendwelchen "wahren Werten des wahren Ichs", weil ich vermutlich einfach immer noch zu labil für den Scheiß bin und innerhalb eines mittelmäßigen Schultags wieder alles über den Haufen werfe oder zum hochphilosophischen Schluss komme, dass der Suizid ja eigentlich immer noch besser ist als mir den Arsch für die Welt aufzureißen, die mich überhaupt erst in meinen psychischen Zustand gebracht hat. Naja.

    Hauptsache, irgendwie durchkommen jetzt, mit guter Musik, interessanter Ablenkung ...


    Für den Selbstoptimierungsmist habe ich in den wahnhaften Interessensflowphasen genug Motivation (JA, ich habe durchaus noch Interessen, wenn ich mich nach der Schule, abgesehen von den terminlichen Verpflichtungen, noch irgendwie vom Sofa gekratzt kriege). Ich würde mich sogar als durchaus ambitioniert bezeichnen, wenn ich mal nicht nur enddepressiv den Bildschirm anstarre. Aber "wahres Selbstbewusstsein", bääh, will ich das überhaupt? Vielleicht genug davon, um halbwegs gut durch den Alltag zu kommen, aber auf mehr davon mag ich dem Universum gegenüber erst gar nicht den Anspruch erheben.


    Das kann ich echt nur unterstreichen! Die Realität holt einen früher oder später wieder ein und schleudert einen zurück auf den Boden der Tatsachen.

    Ich verstehe jetzt ehrlich gesagt auch nicht wirklich, was ihr mit Fliegen und Boden und Realität habt. Danke für eure tollen Ratschläge, aber ich weiß ja auch nicht, in welche Richtung mich die dreckige Realität noch weiter desillusionieren soll. In der Schule verbiege ich mich, weil das im Moment eben mein Weg des geringsten Widerstands ist. Weil sich der Horror in meinem Leben eben nicht nur in der Schule, sondern zu Hause fröhlich weiter abspielt und ich dann eben an anderer Stelle Probleme kriege, wenn ich mich nicht bemühe. Ich habe früher auch schon genug Lateinvokabeltests die Toilette runtergespült, weil sie keine 1 waren. Wenn ich das Aufwand-Nutzen-Verhältnis für mich persönlich abwäge, dann habe ich mehr davon, wenn ich mich jetzt verbiege, als wenn ich mit den Konsequenzen dessen lebe, dass ich einen auf trotzigen Dickkopf im Unterricht mache.

    Ich habe im Moment nicht ansatzweise einen Plan, wie ich demnächst Haushalt, Studium und Arbeit unter einen Hut kriegen soll, ob ich es überhaupt schaffe, aus diesem dreckigen Loch mit meinen Eltern zu kriechen, weil mir schon Psyche und Abi aktuell zu viel sind. Nicht, weil mich das Abi im herkömmlichen Sinne überfordert, sondern weil ich ein grundlegendes Problem damit habe, wenn ich zu wenig Zeit für mich und meine Interessen finde und mich noch außerhalb der Unterrichtszeiten dafür einschränken muss. Ich lerne eigentlich wirklich gerne, wenn es mich interessiert. Die Schule ist nur ein Störfaktor, den ich eben so verwalte, dass ich mir meinen persönlichen Nutzen daraus ziehe (ob durch Noten, seltener mal 'wirklich' interessante Themen oder reine Sättigung meiner Aufmerksamkeitsgeilheit).

  • In deinem vorletzten posting konnte man den Eindruck bekommen, dass du ein überheblicher Streber bist. So nach dem Motto, die anderen sind Vollidioten, weil sie keine Überflieger sind und sich für Bestnoten richtig anstrengen müssen. Wahre Freiheit bedeudet aber, auf wirklich alles zu scheissen. *davonschweb*

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • So nach dem Motto, die anderen sind Vollidioten, weil sie keine Überflieger sind und sich für Bestnoten richtig anstrengen müssen.

    Ich habe mich eigentlich bemüht, genau dieses Bild von mir zu vermeiden.

    Schließlich habe ich nur aufgezeigt, dass sich die mündlichen Bestnoten im Unterricht nicht durch angestrengtes Mitschreiben, Mitarbeiten und Vorarbeiten erreichen lassen, sondern rein durch ... Performance.

    Wenn ich nicht das Gefühl habe, mich in einem für mich als Persönlichkeit sehr passenden Raum zu bewegen, dann bin ich generell in einer Art Funktionsmodus und liefere, was ich denke, was zu liefern notwendig ist. Ich selbst bin dann nicht so ganz sichtbar. Und das kann ich in diesen Standardsituationen recht gut. Ich bullshitte mich also oft einfach durch. Lehrer bevorzugen Streber, also mache ich es mir einfach und liefere ihnen nur das Bild einer Streberin. ;)

  • Mir leuchtet nicht ein, warum du von Lehrern bevorzugt werden willst. Das klingt schon wieder verdächtig nach Strebersprech :search:

    Wenn er existiert, dann lass ihn halt raus, deinen inneren Streber.

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • OK, mal ganz einfach gefragt: Hast du eine Vertrauensperson in deinem realen Leben, jemanden, dem du vertraust, dem du quasi alles erzählen kannst bzw gerne erzählen würdest, was dich bedrückt? Es scheint dich ja einiges zu bedrücken, wobei bedrücken ein sehr harmloser Begriff ist, wenn ich mir so vorstelle, was das konkret für dich bedeutet...


    Eine Vertrauensperson könnte auch jemand sein, mit dem du gut klarkommst, mit dem du aber vielleicht sonst nur oberflächlich zu tun hast, wo du dir vorstellen könntest, dass du dich an diese Person wenden könntest. Zusammengefasst und ganz banal gesagt, Ärger mit der Schule, Ärger mit der Familie, was gleichzeitig das Wohnumfeld ist, Zukunftsängste, das ist ein gewaltiger Batzen an Ärgernis, wo ich persönlich finde, dass du damit nicht alleine dastehen solltest.


    Das war mir nicht bewusst, als ich auf deine Einstellungen zu Schule, Lehrern, Mitschülern etc. eingegangen bin. Ende der Schulzeit, das ist eine besonders schwierige Phase im Leben, weil so vieles neu sein wird und das macht berechtigterweise erst mal Angst, weil eben die Gewohnheiten sich ändern werden, so oder so, früher oder ein bisschen später.


    OK, bla bla, ich habe ja leicht reden, ich habe das alles schon über 13 Jahre hinter mir (also fast alles), ich bin schon mit 17 ausgezogen, weil "zu Hause" einfach nicht mehr ging, hatte also das Halbelternhaus schon länger verlassen, als ich mit der Schule fertig war. Das war auch nötig, sonst wäre ich bestimmt, naja, ich will es nicht konkretisieren, es ging einfach nicht mehr, das Verhältnis war zu vergiftet. Details dazu würde ich auf Anfrage preisgeben, aber ich will jetzt nicht alles im Detail hier so hinklatschen.


    Jedenfalls kann ein Austritt aus dem Elternhaus durchaus eine gute Entscheidung sein. Normalerweise helfen Eltern ihren Kindern ja dabei, wenn aber das Problem schon mit den Eltern verknüpft ist (und/oder etwaigen anderen Personen, mit denen man zusammenlebt, ob verwandt oder nicht), dann kann man doch nicht von einem jungen Menschen erwarten, dass dieser Mensch das alles super alleine managt, neben der Absolvenz der dann doch so entscheidendsten Phase im Schulsystem, nämlich den Abschluss zu erreichen. Das ist zu viel auf einmal! Ganz abgesehen da erst mal noch von dem, was man sonst so für Strukturen im Leben hat, die man ggf auch aufgeben müsste durch Auszug oder whatever.


    Für mich war das auch alles zu viel, ich hatte zwar einen guten Schulabschluss, aber am Abend der Abschlussfeier mit der Zeugnisvergabe, bin ich so was von zu Hause abgekracht, ich hatte mich so dermaßen volllaufen lassen, dass ich doppelt sah und sogar das Fenster aufriss und laut durch die Gegend krähte, das war richtig brutal. Ich glaube, der Abiball war am nächsten Tag, ich bin da auch hin, die anderen alle mit Anzug, ich mit Jogging-Anzug oder so, whatever, am nächsten Montag rief ich dann direkt morgens in der nächstgelegenen bzw zuständigen Psychiatrie an und war eine Woche später dort Patient.


    Diese eine Woche hatte ich aber wirklich zelebriert, da hatte ich jeden Tag mich so gefühlt, ich müsste mein altes Leben noch mal komplett leben und dann verabschieden. Kurz auf 1 einzigen Studienplatz beworben, Psychologie, weil mir nichts Besseres einfiel und dann war ich, mit kurzer Unterbrechung, in der wieder einiges Unzumutbares in mein inneres Chaos reingegrätscht war, bis eine Woche vor Semesterbeginn in der Klinik. Wo es mal so, mal so war. Die Medikation war definititv ein Fehler und auch, dass ich von einem Zimmernachbarn geschlagen wurde, war gewiss, ja war richtig behindert. Aber ich war so chaotisch und kreativ-stürmisch drauf damals, ich habe sogar eine Art Musik-Album daraus gemacht, inklusive Cover-Art, total wahnwitzig.


    Etwa knapp 2 Monate nach Studienbeginn war ich dann total ausgebrannt und habe das Studium wenig später geschmissen. Ich bin nie angekommen in einer für mich passenden Umgebung, in einer gesicherten Umgebung (erst heute gab es wieder eine dubiose Situation mit Bauarbeitern im Haus, die mich provozieren oder gar beklauen wollten, whatever), immer wieder versucht und gehofft, eine neue Identität aufzubauen, teilweise durch Arbeit, teilweise durch politische Ambitionen (Bürgermeister oder wenigstens Meisterbürger von Syke werden, teilweise durch das Rappen oder dann das Gärtnern) ,sogar später noch mal versucht, neu mit dem Studieren anzufangen, aber es ging so schnell vorbei, dass es nicht mal angerechnet wurde.


    Ähm, mein Lebensweg war bisher ein echt behinderter und er ist die letzten Jahre auch noch behinderter geworden, aktuell jeden Tag um so mehr, es ist schon fast lächerlich. Wenn ich so zurückdenke an die Zeit, als ich noch so naiv, aber eben auch so feurig-kreativ und energetisch war, wenn ich doch nur bessere Umstände gehabt hätte, über die ich mich von meiner behinderten Vergangenheit hätte emanzipieren können, wenn ich so was wie einen Manager gehabt hätte, einen väterlichen oder großväterlichen Freund oder whatever, vielleicht wäre es anders gekommen, vielleicht hätte ich nicht so viele Entscheidungen getroffen aus dem Affekt heraus, die ich später bereut habe und iwie immer noch tue, obwohl mir schon klar ist, dass es eben nicht anders ging und es halt auch egal ist, da weiter drüber nachzudenken, weil Zug abgefahren.


    Ich hatte immer den Eindruck, nicht als derjeniche gesehen worden zu sein, der ich im Grunde war und bin, aus niederen Beweggründen anderer und meinem so flehentlichen Wunsch nach Anerkennung und Gemeinschaft bin ich so dermaßen oft an kaputte Leute geraten, manche davon sogar auch sehr intelligent, durchaus auch an gute, die aber entweder komplett verpeilt sind, fast nie Zeit haben oder aber für Geld sich mit mir zeitlich befristet befassen, also Ärzte, Betreuer, Therapeuten, whatever, aber im Endeffekt bin ich schon lange untergegangen im Strudel meines von Anfang an sinkenden Sterns, ich kann nur besonders gut die Luft anhalten, oder so ähnlich.


    Etwas auch nur ansatzweise Ähnliches sei dir wirklich nicht gewünscht! Was ich auch mit dem wahren Selbstbewusstsein meinte, ist, auch zu dir selbst zu stehen, wenn du am Boden bist und andere dir vorgaukeln, dir bedingungslos aufhelfen zu wollen, in Wahrheit aber doch Bedingungen daran knüpfen wollen, um dich zu benutzen, solches Gewese gibt es da draußen in so mannigfaltigen Formen und Farben, es ist schon fast lächerlich. Aber es gibt auch andere menschen, Menschen, die noch Kapazitäten frei haben, die sich Zeit nehmen, die zuhören, mit anpacken, die mal auf den Tisch hauen bei irgendwelchen Stressoren, auf die man sich verlassen kann, die einem helfen und die einem helfen, sich selbst zu helfen. Diese Menschen muss es doch geben...


    Aber eine gewisse Prise Überheblichkeit oder nennen wir es anders, Erhabenheit, die Fähigkeit zur Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung, ein hämischer Blick von oben auf die kleinen Ameisen, die sich da unten ferngesteuert einen abrackern, das kann durchaus auch ganz nützlich sein für einen selbst, das ist durchaus eine Stärke, die aber auch ein Gegengewicht braucht, sonst kippt das alles womöglich einmal und das kann nicht der Sinn des Leidens sein.

  • Mir leuchtet nicht ein, warum du von Lehrern bevorzugt werden willst.

    Na, weil man leichter und mit weniger Aufwand an die Noten kommt?

    Dann läuft das bei dir völlig anders als zu meiner Schulzeit, denn da war die Mitarbeit nur das Zünglein an der Waage, wenn man schriftlich zwischen 2 Noten stand. Für die schriftlichen Leistungsnachweise, musste man sich im Unterricht für niemanden verbiegen oder sonst was vortanzen. Einfach den Stoff fressen und pünktlich wieder ausspucken. Wer freiwillig mehr ablieferte, war entweder besonders ehrgeizig oder hatte tatsächlich Interesse an einem Thema.

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • Wonderboy Hm. Ich wollte diesen Thread von Anfang an nicht in diese Richtung ausarten lassen, aber nun gut, jetzt ist es so - lass dich nicht von diesem Gedankenfragment von mir einschränken.


    Eine Vertrauensperson könnte auch jemand sein, mit dem du gut klarkommst, mit dem du aber vielleicht sonst nur oberflächlich zu tun hast, wo du dir vorstellen könntest, dass du dich an diese Person wenden könntest. Zusammengefasst und ganz banal gesagt, Ärger mit der Schule, Ärger mit der Familie, was gleichzeitig das Wohnumfeld ist, Zukunftsängste, das ist ein gewaltiger Batzen an Ärgernis, wo ich persönlich finde, dass du damit nicht alleine dastehen solltest.

    Keine Sorge, mittlerweile habe ich eine solche Person - und noch viel besser als das: es ist nicht oberflächlich. Grob formuliert ist das auch der einzige Grund, warum ich heute noch versuche, eine Woche nach der anderen rumzukriegen und nicht bereits vor einiger Zeit alles an den Nagel gehängt habe. Alternativ wäre da nicht mehr viel gegangen, denn ursprünglich hat sich das alles mehr durch Zufall ergeben als dadurch, dass ich aufrichtig und konstruktiv noch irgendeine nahestehende Person in meinem Leben haben wollte. Für den Abgang war halt alles bereit und mental hatte ich mich zu dem Zeitpunkt auch schon größtenteils dazu durchgerungen (aussagekräftig ist das freilich nicht, denn wenn man wirklich kurz davor steht, dann sind es ganz andere Komponenten, die über die Handlung entscheiden, und weniger die gedanklichen Luftschlösser, in denen man sich den Tod vorher zum Ziel gesetzt hat).


    Fakt ist, eine Vertrauensperson wertet das eigene Leben halt irgendwie auf, selbst wenn man sich doch eigentlich umbringen wollte, und dann kommt man nicht mehr davon los, weil man sich instinktiv in diesem Zustand an alles klammert, was man in die Finger kriegt. Nun hatte ich zusätzlich noch das Glück, dass daraus nicht nur ein kurzer, netter Zeitvertreib wurde, sondern etwas Stabiles, Langfristiges und vor allem Wohltuendes, das mir heute noch genug Halt und Boden unter den Füßen gibt.



    Vergiftet sind die Verhältnisse hier zu Hause genauso. Du musst da jedenfalls keine Hemmung haben, von deinen Erfahrungen zu berichten. Ganz besonders nicht, wenn du irgendwie Angst hast, es könnte mich triggern oder sowas. Das passiert nicht so schnell. Am ehesten noch beim Thema Schule und wenn irgendjemand behauptet, dass Kritik an dieser unberechtigt sei ... Oder sogar noch Öl ins Feuer kippt und selbst Lehrer wird oder irgendjemand, der sich all den stetig bescheuerter werdenden Kram des Schulsystems persönlich ausdenkt.


    Ansonsten weiß ich jetzt nicht, was ich darauf antworten soll. Ist eben alles etwas dumm verlaufen bei dir. Worte können dem nicht gerecht werden.



    Und sowieso reagieren bei mir inzwischen leichte Abwehrreflexe, wenn ich die Formulierungen wie aus dem Zitat von dir oben lese. Das habe ich mit zehn oder elf schon mit Sicherheit auf irgendwelchen Webseiten mit wahnsinnig praktischen Ratschlägen zu Depressionen gelesen, auch von der tollen Online-Beratung, die die nutzloseste Zeitverschwendung meines Lebens war, und auch von einem ehemaligen Lehrer gehört, dem ich mich aus Verzweiflung dummerweise mal geöffnet habe. Ich bin dem langsam überdrüssig - sorry. Ohne einen riesigen Zufall wäre ich niemals auch nur irgendjemandem begegnet, von dem ich mir langfristig so gut einbilden kann, dass meine Gedanken tatsächlich verstanden werden - und überhaupt auch dauerhaft angehört werden wollen.

    Im Regelfall passieren solche Zufälle aber nicht. Und darum mag sich der Ratschlag ja vielleicht ganz hübsch anhören, aber letzten Endes ist er nach meinem Ermessen eine leere Phrase. Zumindest für all jene unsoziale Wesen wie mich, die ihre Abende oft ganz gerne vorm Rechner verbringen und ihr wesentliches Sozialleben maximal im Internet errichten. Für eine oberflächliche Bekanntschaft, der man sein Herz ausschütten kann, genügt auch jede beliebige Online-Beratung. Oder vielleicht bin ich nach anderen Maßstäben ja gerade deswegen nur allzu sozial: Es genügt mir nicht, nur in der äußeren Wechselwirkung meines Wesens "in der Welt" zu leben, indem ich wie eine Hülle agiere und den Ball der anderen nur zurückwerfe. Nein, ich brauche mehr - man muss mein Inneres erkennen. Im realen Leben gibt niemand viel davon preis. Mit Oberflächlichkeiten brauche ich dafür gar nicht erst anfangen. Selbst für Menschen, die sich nahestehen, ist es schwer, ein Stück des anderen wirklich wahrzunehmen und genauso zu interpretieren wie es der andere tatsächlich empfindet, und auch dies ist dann nur ein Schnappschuss, weil das eine permanente Weiterentwicklung ist. Man lebt in seiner eigenen Welt mit seinen eigenen Filtern, Wünschen und Gedanken, die in ihren Nuancen auch mal unausgesprochen bleiben, die überhaupt nicht immer vollständig vermittelt werden können, ohne in der Haut des anderen zu stecken. Wenn keine natürliche Ähnlichkeit des Wesens zweier Menschen gegeben ist, dann ist diese Grundlage nicht vorhanden, dann gibt es höchstens ein paar markante Schnittstellen in den Gemeinsamkeiten, höchst beliebig und austauschbar, aber bei Weitem nicht so wie bei streckenmäßigen Überschneidungen.

    Ach, ich habe meine Ansprüche. Umso größer das Wunder, dass sie nun durch einen verfickten Zufall besser gedeckt werden als bei Menschen, die ohne Anspruch nach irgendjemandem für ihr Leben suchen, der ebenso anspruchslos ist ... Bis beide bemerken, dass es doch irgendwo unterbewusste Ansprüche gab, sobald sie nicht mehr erfüllt werden, was dann zunehmend auch für mehr Reibung sorgt, weil sie nur von den wenigen Schnittstellen verbunden waren ... Das ist meistens zum Scheitern verurteilt.

  • Dann läuft das bei dir völlig anders als zu meiner Schulzeit, denn da war die Mitarbeit nur das Zünglein an der Waage, wenn man schriftlich zwischen 2 Noten stand. Für die schriftlichen Leistungsnachweise, musste man sich im Unterricht für niemanden verbiegen oder sonst was vortanzen. Einfach den Stoff fressen und pünktlich wieder ausspucken. Wer freiwillig mehr ablieferte, war entweder besonders ehrgeizig oder hatte tatsächlich Interesse an einem Thema.

    Das Zünglein an der Waage ist mittlerweile eher das, was man schriftlich im Unterricht erarbeitet.

    Es gibt Fächer, in denen werden schriftliche Leistungen erbracht, also Klausuren geschrieben. In der Gewichtung gilt fifty-fifty zwischen der mündlichen Note und den Klausuren. Es gibt auch Fächer, in denen werden keine Klausuren geschrieben. Und da gilt insofern hundert Prozent mündliche Leistung, dass der Lehrer nur das bewerten kann, was ihm präsentiert wird. In die Ausführlichkeit der Hausaufgaben bekommt er zum Beispiel nur dann einen Einblick, wenn du sie mündlich präsentierst. Sie überhaupt zu präsentieren ist schon die halbe Miete (ok, nur, wenn er mal kontrolliert, wer die Hausaufgaben gemacht hat, dann ist das mal eine kleine Abweichung von der rein mündlichen Leistung). Da man in der Regel aber nicht nur Hausaufgaben bespricht, sondern auch auf die Frontalunterrichtsfragen antwortet, gilt auch da wieder mündliche Leistung. Oder wenn man die Ergebnisse einer kurzen Arbeitsphase bespricht. Mündliche Leistung. Ob man während der Arbeitsphase wirklich etwas aufs Papier geschrieben hat oder nur am Handy war, ist im Grund völlig egal, solange der Lehrer nichts davon mitbekommt und man danach trotzdem dazu in der Lage ist, so zu performen, als hätte man es sich erarbeitet. Das sagt doch schon viel über den Anspruch dieser Aufgaben aus.


    Und ich glaube, darüber hinaus unterschätzt du ganz wesentlich die Wirkung der wahrgenommenen Kompetenz. Wenn dich der Lehrer innerlich erst einmal als kompetent eingestuft hat, dann geht er mit einer ganz anderen Einstellung an die Korrektur deiner Klausuren oder an das, was du im Unterricht sagst. Da greift dann der Halo-Effekt, die fehlende Objektivität kann man sich zunutze machen. Es gibt ziemlich viel, was in die Richtung geht - ist ein spannendes Themengebiet.