OK, mal ganz einfach gefragt: Hast du eine Vertrauensperson in deinem realen Leben, jemanden, dem du vertraust, dem du quasi alles erzählen kannst bzw gerne erzählen würdest, was dich bedrückt? Es scheint dich ja einiges zu bedrücken, wobei bedrücken ein sehr harmloser Begriff ist, wenn ich mir so vorstelle, was das konkret für dich bedeutet...
Eine Vertrauensperson könnte auch jemand sein, mit dem du gut klarkommst, mit dem du aber vielleicht sonst nur oberflächlich zu tun hast, wo du dir vorstellen könntest, dass du dich an diese Person wenden könntest. Zusammengefasst und ganz banal gesagt, Ärger mit der Schule, Ärger mit der Familie, was gleichzeitig das Wohnumfeld ist, Zukunftsängste, das ist ein gewaltiger Batzen an Ärgernis, wo ich persönlich finde, dass du damit nicht alleine dastehen solltest.
Das war mir nicht bewusst, als ich auf deine Einstellungen zu Schule, Lehrern, Mitschülern etc. eingegangen bin. Ende der Schulzeit, das ist eine besonders schwierige Phase im Leben, weil so vieles neu sein wird und das macht berechtigterweise erst mal Angst, weil eben die Gewohnheiten sich ändern werden, so oder so, früher oder ein bisschen später.
OK, bla bla, ich habe ja leicht reden, ich habe das alles schon über 13 Jahre hinter mir (also fast alles), ich bin schon mit 17 ausgezogen, weil "zu Hause" einfach nicht mehr ging, hatte also das Halbelternhaus schon länger verlassen, als ich mit der Schule fertig war. Das war auch nötig, sonst wäre ich bestimmt, naja, ich will es nicht konkretisieren, es ging einfach nicht mehr, das Verhältnis war zu vergiftet. Details dazu würde ich auf Anfrage preisgeben, aber ich will jetzt nicht alles im Detail hier so hinklatschen.
Jedenfalls kann ein Austritt aus dem Elternhaus durchaus eine gute Entscheidung sein. Normalerweise helfen Eltern ihren Kindern ja dabei, wenn aber das Problem schon mit den Eltern verknüpft ist (und/oder etwaigen anderen Personen, mit denen man zusammenlebt, ob verwandt oder nicht), dann kann man doch nicht von einem jungen Menschen erwarten, dass dieser Mensch das alles super alleine managt, neben der Absolvenz der dann doch so entscheidendsten Phase im Schulsystem, nämlich den Abschluss zu erreichen. Das ist zu viel auf einmal! Ganz abgesehen da erst mal noch von dem, was man sonst so für Strukturen im Leben hat, die man ggf auch aufgeben müsste durch Auszug oder whatever.
Für mich war das auch alles zu viel, ich hatte zwar einen guten Schulabschluss, aber am Abend der Abschlussfeier mit der Zeugnisvergabe, bin ich so was von zu Hause abgekracht, ich hatte mich so dermaßen volllaufen lassen, dass ich doppelt sah und sogar das Fenster aufriss und laut durch die Gegend krähte, das war richtig brutal. Ich glaube, der Abiball war am nächsten Tag, ich bin da auch hin, die anderen alle mit Anzug, ich mit Jogging-Anzug oder so, whatever, am nächsten Montag rief ich dann direkt morgens in der nächstgelegenen bzw zuständigen Psychiatrie an und war eine Woche später dort Patient.
Diese eine Woche hatte ich aber wirklich zelebriert, da hatte ich jeden Tag mich so gefühlt, ich müsste mein altes Leben noch mal komplett leben und dann verabschieden. Kurz auf 1 einzigen Studienplatz beworben, Psychologie, weil mir nichts Besseres einfiel und dann war ich, mit kurzer Unterbrechung, in der wieder einiges Unzumutbares in mein inneres Chaos reingegrätscht war, bis eine Woche vor Semesterbeginn in der Klinik. Wo es mal so, mal so war. Die Medikation war definititv ein Fehler und auch, dass ich von einem Zimmernachbarn geschlagen wurde, war gewiss, ja war richtig behindert. Aber ich war so chaotisch und kreativ-stürmisch drauf damals, ich habe sogar eine Art Musik-Album daraus gemacht, inklusive Cover-Art, total wahnwitzig.
Etwa knapp 2 Monate nach Studienbeginn war ich dann total ausgebrannt und habe das Studium wenig später geschmissen. Ich bin nie angekommen in einer für mich passenden Umgebung, in einer gesicherten Umgebung (erst heute gab es wieder eine dubiose Situation mit Bauarbeitern im Haus, die mich provozieren oder gar beklauen wollten, whatever), immer wieder versucht und gehofft, eine neue Identität aufzubauen, teilweise durch Arbeit, teilweise durch politische Ambitionen (Bürgermeister oder wenigstens Meisterbürger von Syke werden, teilweise durch das Rappen oder dann das Gärtnern) ,sogar später noch mal versucht, neu mit dem Studieren anzufangen, aber es ging so schnell vorbei, dass es nicht mal angerechnet wurde.
Ähm, mein Lebensweg war bisher ein echt behinderter und er ist die letzten Jahre auch noch behinderter geworden, aktuell jeden Tag um so mehr, es ist schon fast lächerlich. Wenn ich so zurückdenke an die Zeit, als ich noch so naiv, aber eben auch so feurig-kreativ und energetisch war, wenn ich doch nur bessere Umstände gehabt hätte, über die ich mich von meiner behinderten Vergangenheit hätte emanzipieren können, wenn ich so was wie einen Manager gehabt hätte, einen väterlichen oder großväterlichen Freund oder whatever, vielleicht wäre es anders gekommen, vielleicht hätte ich nicht so viele Entscheidungen getroffen aus dem Affekt heraus, die ich später bereut habe und iwie immer noch tue, obwohl mir schon klar ist, dass es eben nicht anders ging und es halt auch egal ist, da weiter drüber nachzudenken, weil Zug abgefahren.
Ich hatte immer den Eindruck, nicht als derjeniche gesehen worden zu sein, der ich im Grunde war und bin, aus niederen Beweggründen anderer und meinem so flehentlichen Wunsch nach Anerkennung und Gemeinschaft bin ich so dermaßen oft an kaputte Leute geraten, manche davon sogar auch sehr intelligent, durchaus auch an gute, die aber entweder komplett verpeilt sind, fast nie Zeit haben oder aber für Geld sich mit mir zeitlich befristet befassen, also Ärzte, Betreuer, Therapeuten, whatever, aber im Endeffekt bin ich schon lange untergegangen im Strudel meines von Anfang an sinkenden Sterns, ich kann nur besonders gut die Luft anhalten, oder so ähnlich.
Etwas auch nur ansatzweise Ähnliches sei dir wirklich nicht gewünscht! Was ich auch mit dem wahren Selbstbewusstsein meinte, ist, auch zu dir selbst zu stehen, wenn du am Boden bist und andere dir vorgaukeln, dir bedingungslos aufhelfen zu wollen, in Wahrheit aber doch Bedingungen daran knüpfen wollen, um dich zu benutzen, solches Gewese gibt es da draußen in so mannigfaltigen Formen und Farben, es ist schon fast lächerlich. Aber es gibt auch andere menschen, Menschen, die noch Kapazitäten frei haben, die sich Zeit nehmen, die zuhören, mit anpacken, die mal auf den Tisch hauen bei irgendwelchen Stressoren, auf die man sich verlassen kann, die einem helfen und die einem helfen, sich selbst zu helfen. Diese Menschen muss es doch geben...
Aber eine gewisse Prise Überheblichkeit oder nennen wir es anders, Erhabenheit, die Fähigkeit zur Ihr-könnt-mich-alle-mal-Einstellung, ein hämischer Blick von oben auf die kleinen Ameisen, die sich da unten ferngesteuert einen abrackern, das kann durchaus auch ganz nützlich sein für einen selbst, das ist durchaus eine Stärke, die aber auch ein Gegengewicht braucht, sonst kippt das alles womöglich einmal und das kann nicht der Sinn des Leidens sein.