Beiträge von Lissaminka

    Zusammen mit Nestor Machno kriege ich diesen Song gerade nicht aus dem Kopf. Und nein, ehrlich gesagt bemerke ich in meinem Verhältnis zur Musik nicht einmal einen relevanten Unterschied zwischen menschengemachter und KI-generierter Musik.

    Wenn ich sie selbst generieren lasse, haben meine Rezeptoren streng genommen auch viel eher die Tendenz, sich unkritisch auf sie einzulassen.


    So, da ich nur noch 22 Schultage vor mir habe und ich heute wahrscheinlich zum letzten Mal körperlich in einer "Schülerratssitzung" anwesend war, muss ich auch dazu noch ein paar Worte loswerden, also ganz viel Vergnügen damit:



    Stufen- oder Klassensprecher zu sein ist die verlogenste und heuchlerischste Scheiße überhaupt, die jemals von der Schule erfunden wurde. Es wäre mir auch im Traum nicht eingefallen, früher mal Klassensprecher zu werden, denn das würde ja Verantwortung bedeuten, die oben drauf zu überhaupt nichts führt. In der Oberstufe gibt es nur noch Stufensprecher und -vertreter, und davon gleich mehrere. Und der Posten heißt immerhin nichts weiter, als die freiwillige Teilnahme an besagten Schülerratssitzungen zu Unterrichtszeiten mit ein paar großmäuligen Lehrern und der Schulleitung. Man sitzt rum, schwänzt Unterricht, darf mitschwatzen oder die Klappe halten. Das konnte ich mir mit Anbruch der Oberstufe natürlich nicht entgehen lassen.

    Seither stelle ich mit jeder Sitzung allerdings erneut fest, dass der gewöhnliche Unterricht vielleicht weniger mentalen Schaden bei mir anrichten würde, als dieser "Bundestag auf Schulebene" (den Vergleich hat die Schulleitung heute gezogen).


    Ach, ich kaue mit euch einfach mal die heutigen Programmpunkte durch, um die ganze Kacke aufzuarbeiten. :D

    Beginnen wir mit dem wunderschönen "Sicherheitskonzept", zu dessen Erarbeitung das Land NRW alle Schulen neuerdings aufgefordert hat, wegen der zunehmenden Gewalt an den Schulen und so, von welcher hier leider noch nicht viel zu sehen ist. Es gab ein wenig ödes Betroffenheits-Blabla, woraufhin fast schon feierlich die Maßnahme verkündet wurde: Eine anonyme Umfrage an alle Schüler unserer Schule! ... die ... mit etwas Glück ... irgendwann im Juni fertig werden könnte, um sie dann durchzuführen.

    Ja, nur zu, das wird uns beim nächsten Mal ganz sicher davor bewahren, dass ein frustrierter Schüler mit bleistiftverfasster Amokdrohnung aufm Klo die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzen kann - glaubt ihr nicht??


    Nächster Punkt: Das neue, geniale "Fahrtenkonzept". Der ÖPNV ist teuer geworden, sie hielt einen mehrminütigen Vortrag über die Inflation, weil das an der Schule auch mal endlich anzukommen scheint, nach den unzähligen Beschwerden seitens der Schüler und Eltern über die Preise der Schulwegtickets - was tun also? Genau: einfach eine weitere Klassenfahrt streichen und diese Idee den Schülern als Genialität auf den Tisch servieren!

    Diese Fahrten sind aber auch arschteuer geworden. Für die Abschlussfahrt nach Dresden mussten wir so viel bezahlen wie die anderen Leistungskurse für Kopenhagen und Bristol. Es war teurer als die Klassenfahrt nach London damals in der neunten Klasse gewesen wäre (und von den schäbigen Verhältnissen auf dieser Schiffsherberge fange ich besser gar nicht erst an), die coronabedingt zusammen mit dem geplanten Israel-Austausch über Bord gegangen war. *schnief*

    Da fällt mir noch ein, dass die das damals durch eine kleine Wanderung an der frischen Luft zum nächstgelegenen See ersetzen wollten, aber das hat die Stadt nicht genehmigt, weil wir 30+ Schüler im engen Klassenraum natürlich besser vor dem gefährlichen Virus aufgehoben waren. :hurtself:


    Dann waren ein paar bemitleidende Floskeln an die Oberstufe gerichtet, weil sie es im neuen Oberstufengebäude, ehemals Hauptschule, nicht geschafft haben, eine Cafeteria organisiert zu kriegen, die das mit dem Verkauf länger als genau eine Woche durchgehalten hat. Aber jetzt wurden ja überteuerte Snackautomaten aufgestellt! ... die die meiste Zeit außer Betrieb sind.


    Weiter ging's mit dem "Sponsorenlauf". Dass die Schule arm ist und sich ständig unkreative Wege sucht, den Eltern und deren Familien das Geld aus der Tasche zu ziehen, ist keine Neuigkeit. Dieser Lauf funktioniert so, dass man seine Familienmitglieder und Nachbarn erst mal damit belästigt, daran teilzunehmen, also sich als Spender zu beteiligen. Sie dürfen für die Zukunft einen bestimmten Betrag pro gelaufene Runde "setzen", aber wissen auch nicht, wie viele Runden am Ende gelaufen werden. Dann wird das Kind so lange auf dem zubetonierten Schulhof im Kreis herumgescheucht, bis die Zeit abläuft. Die Anzahl der gelaufenen Runden zahlen dann die, die sich vorher freiwillig eintragen ließen.

    Abgesehen davon, dass dieses gesamte Konzept völlig bescheuert ist und all die Jahr bislang nur freiwillig war (außer in der Grundschule), so scheint es ab dem nächsten Mal verpflichtend für alle zu werden, weil sich die Schule eine neue Cafeteria-Terrasse nicht leisten kann. Die Schulleiterin gab sich echt große Mühe, das auf eine konkrete Rückfrage hin schwammig durchschimmern zu lassen. Am Ende wurde aber deutlich, dass sie die Frage nach der Verpflichtung für alle bejahte. Gott sei Dank bin ich bald fort von diesem Knast.

    Diese ... inspirierenden Formulierungen der verantwortlichen Webseite sind doch völlig fürn Arsch!

    Zitat von https://www.das-macht-schule.net/sponsorenlauf/

    So ein Sponsorenlauf ist ein einzigartiges emotionales Erlebnis für die gesamte Schulgemeinschaft und schafft eine echte Erfahrung von Zugehörigkeit und Wir-Gefühl.

    Jeder kann seinen Beitrag zum Gelingen des großen Ganzen leisten. Das stärkt Selbstbewusstsein und Identifikation. Es entsteht ein festes Fundament für eine Schulentwicklung, an der alle beteiligt sind.

    Der Erlös schafft finanzielle Spielräume für Wünsche, die sonst nicht verwirklicht werden könnten. Die Beziehungen zu den Eltern und zu Unternehmen im Umfeld der Schule werden gestärkt. Und oft gibt es schöne Presse-Berichte.

    :lol: Nicht einmal ICH habe so eine fragile Persönlichkeit, dass ich mich mit einer Spendenlaufveranstaltung oder ... ihgitt ... mit dem Gemeinschaftsgefühl für meine Schule identifizieren muss! (Und das sind nicht einmal schlechte Ausreden dafür, dass ich Lauch einfach überhaupt keine Ausdauer habe.)



    Letzter wesentlicher Punkt, zu dem ich ausführlicher werden möchte, weil der mich am meisten angekotzt hat: Vandalismus auf den Toiletten. Es geht mir nicht um dieses an Schulen so unfassbar unerwartetes Phänomen an sich, sondern vielmehr über Diskussionen, die die Maßnahmen betreffen. Am Hauptstandort der Schule, für die Mittelstufe, sah und sieht es eben immer aus wie sau. Zu "meiner Zeit" in der fünften Klasse waren die schon so bekloppt, dass es eine Schlüsselregel gab. Wenn man während des Unterrichts auf Toilette wollte, musste man sich im Sekretariat den Toilettenschlüssel ausleihen und seinen Schülerausweis als Pfand dalassen. Die Lehrer, die Pausenaufsicht hatten, mussten die Toiletten in den Pausen aufschließen, was zu ellenlangen Warteschlangen vor dem Gebäude führte. Zuverlässig war das auch nicht, manche Lehrer hatten das nämlich einfach vergessen oder tauchten gar nicht auf, sodass die Schüler den Schlüssel wieder selbst holen mussten. Irgendwann wurde das glücklicherweise wieder aufgehoben, aber nun denken sie über die Wiedereinführung nach und überlegen, welche weiteren Möglichkeiten es noch gibt. Eigentlich darf mir das ruhig am Arsch vorbeigehen, weil ich mich zum einen nicht mehr oft in diesem Gebäude aufhalte und zum anderen bald für immer fertig damit bin.

    Ich fand ja nicht nur die Überlegungen der Schulleitung total absurd, sondern vor allem die Vorschläge, die seitens der Schüler aller Altersgruppen kamen, und wie das kurz darauf darin endete, Aktionen der eigenen Mitleidenden zu verpfeifen. Von jung bis alt kamen Ideen wie Protokolle mit Namen und Uhrzeiten zu führen, einen Aufsichtsdienst zu schaffen, Kameras im Waschbeckenbereich zu installieren und schließlich wurden Sachen erzählt, wie, dass sich Schüler alleine die ganze Pause lang auf der Toilette einschließen und damit die Kabine besetzen - teilweise geschieht das in Gruppen, die sich in eine Kabine einschließen und dort am Handy sind und laut TikToks gucken. Dann stiegen die vernünftigen Oberstüfler ein und exposten sich selbst, indem sie anfingen, von den Rauchern und Vapern erzählen und das Problem auch auf das Oberstufengebäude "auszuweiten", weil Schüler sich gezielt regelmäßig übers Handy während des Unterrichts verabreden, um aufm Klo ein paar Züge zu ziehen. Als ob zehn Toiletten je Geschlecht für zwei Jahrgänge nicht genug wären, meine Güte. Und auch dagegen muss man ja so dringend vorgehen.

    Zum einen ist das alles reine Symptombekämpfung und zum anderen wird man moralisch ja nur dazu ermutigt, den Satz "leben und leben lassen" aktiv NICHT auszuleben. Ist schließlich auch gar nicht im deutschen Sinne. Natürlich sehe ich mich gewissermaßen auch persönlich angegriffen, weil ich die achte, neunte Klasse niemals ohne meine ruhige Toilettenkabine überlebt hätte, in der ich dann immer Bücher auf meinem Handy gelesen habe ( Dian Heroic Bloodshed war mitunter auch dabei, das war ja das erste, was ich von dir gelesen habe ;) Hach. Das werde ich für immer mit diesem hochromantischen Schultoilettenflair verbinden).



    Ich habe den Wahnsinn bald hinter mir. Mir tun die Schüler von morgen leid.

    Ich habe neulich eine Dokumentation wiedergefunden, die ich vor etlichen Jahren mal zusammen mit meinem Vater geschaut habe. Inhaltlich konnte ich mich nur noch an Anfang erinnern.

    Es ist jedenfalls ein spannendes Gedankenexperiment.


    Dem würde ich wiedersprechen: Wenn man z.B. von Arbeitern und Arbeiterinnen spricht, dann findet eine klare Geschlechtertrennung, und es ist offensichtlich, dass mit "Arbeitern" ausschließlich Männer gemeint sind. Es gibt also definitiv Fälle, in denen "Arbeiter" ausschließlich männlich ist.

    Die indirekte Zuweisung des Geschlechts geschieht der ursprünglichen Grammatik nach allein durch den Kontext.

    Die Geschlechtertrennung entsteht eben erst, wie gesagt, durch die movierte Form des generischen Maskulinums, also der besonderen Hervorhebung des weiblichen Geschlechts. (Auch wenn ich mich hier ebenfalls wiederhole: Natürlich ist in dem Moment die movierte Form, also "Arbeiterinnen" der Kontext, der darauf schließen lässt, dass mit "Arbeiter" die männlichen Arbeiter gemeint sind, aber auch das hat aus grammatischer Sicht eigentlich nun mal keine Stütze. Aus diesem Grund rührte die Schlussfolgerung mit einer Extraform nur für das geschlechtliche Maskulinum).


    Bei Bauarbeitern gibt es z.B. auch nur einen verschwindend geringen Anteil an Frauen, und vor etwa 30 Jahren war es Frauen noch verboten, überhaupt im Bauhauptgewerbe zu arbeiten. Von daher rechnen viele vielleicht gar nicht damit, dass "Bauarbeiter" auch Frauen mit einschließen kann, und wenn man klarstellen möchte dass auch Frauen gemeint sein können ist es denke ich gut wenn man das explizit ausdrückt.

    Naja, es gibt Gegenbeispiele, siehe Arztberuf. Die Frau hatte nur als Arzthelferin etwas in dem Bereich zu suchen, und Anfang letzten Jahres schlug die dominierende Seite in der Quote um. Eine Entwicklung, die sich über Jahre hinweg schon so abgezeichnet hat - darum ist es zweifelhaft, ob die woke Sprache etwas Wesentliches dazu beigetragen hat. ;)

    Und der Beruf des Bauarbeiters ist nun wegen des Körperbaus sowieso kein glänzendes Beispiel.


    Ich finde "Geiseler" oder "Geiselin" hört sich relativ unschön an. Ich hatte mir zuerst gedacht, dass man bei einer Geiselbefreiung manchmal schnell agieren muss, wenn sich eine Situation ändert; da könnte man evtl. tatsächlich wichtige Sekunden sparen wenn man von "Geiselern" statt von "männlichen Geiseln" spricht, um schnell abzusprechen wie man vorgeht. Deshalb dachte ich, dass es vielleicht Gründe geben könnte, da zu gendern. Aber dann ist mir aufgefallen dass sich die Geiselnehmer so auch schneller absprechen könnten, von daher kommt es denke ich auf's gleiche raus ob man gendert oder nicht.

    Und "Geisel" ist für mich vom Sexus her klar neutral, ich kann mir da keinen Fall vorstellen wo nur Frauen gemeint sind (außer natürlich dem Fall dass alle Geiseln weiblich sind). Von daher muss man dieses Wort m.M.n. nicht unbedingt gendern.

    Zwei Sachen:

    1.) Im Ernstfall ist es eigentlich ziemlich egal, von welchem Geschlecht eine Geisel ist, wenn du nicht gerade nur das eine Geschlecht befreien willst. ;)

    2.) "Geisel" ist vom Sexus her genauso neutral wie die generisch feminine "Leiche", oder ansonsten eben auch "Arbeiter", "Lehrer", "Bauarbeiter", "Ärzte" oder wer auch immer.


    Die meisten Menschen interessieren sich bei Liebesdingen ja entweder grundsätzlich für Frauen oder für Männer. Dann gibt es getrennte Räume oder Bereiche wie Toiletten, Umkleiden oder Internatswohnungen. Es gibt noch biologische Aspekte wie Schwangerschaft wo es einfach Sinn macht zu differenzieren. Und aus praktischen Gründen ist es oft einfach, wenn man sich ohne umständliche Formulierungen auf weibliche oder männliche Personen oder Teile einer Gruppe beziehen kann.

    Billiges Argument, aber: Das hat bisher doch auch immer gut geklappt. Auch wenn das eine möglicherweise vorhersehbare Entwicklung war, dass die alleinige Existenz und gelegentliche Nutzung der movierten Formen über kurz oder lang die Forderung einer absoluten (sprachlichen) Gleichstellung nach sich ziehen würde.


    Und um den Gedanken mal weiterzuführen ...

    Mir erscheint der gesamte Stellenwert dieser Debatte in der Gesellschaft vollkommen absurd. Das hat sich eben merkwürdig hochgeschaukelt, unter anderem, weil "niemand anecken oder jemanden ausschließen möchte", und weil die Medien vorsichtshalber lieber aktionistisch handeln, als das Thema ernsthaft zu reflektieren.

    War die Sprache bisher denn wirklich so gender-ungerecht? Diese (Gegen-)darstellung alleine ist bereits zugunsten der aktuellen "Correctness" wertend. Sind wir als Gesellschaft besser dran, wenn die Mehrheit der Bevölkerung klar dagegen stimmt, während nahezu alle Medien doch gendern (dazu uneinheitlich und inkonsequent, achtet mal besonders auf den GENETIV)?

    Es ist absurd genug, dass wir das Geschlecht überhaupt als Attribut in die Sprache integriert haben und nicht bei adjektivischen Beschreibungen aka. "männlich" und "weiblich" geblieben sind. Diese Wurzeln liegen nach wie vor in der Differenzierung zwischen Ehemann und Ehefrau in Familien vor langer Zeit. Bedauerlicherweise aber auch darin, dass die Auseinanderhaltung von Genus und Sexus in der Gesellschaft leider misslungen ist. Den meisten ist dieser Unterschied überhaupt nicht klar und die Argumente berufen sich oberflächlich auf Inklusion oder vermeintliche Exklusion. Der Aufschrei, dass die Sprache nicht inklusiv sei, kam dabei von radikalen Feministen, während der Rest der Gesellschaft kein Problem erkannte und auch heute nicht so recht weiß, wen sie vor was durch das Gendern schützt.

    Das driftet immer schnell ins Ideologische ab. Oder ins "es fühlt sich halt richtig an, das machen alle so".


    P.S.: Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache rät übrigens vom Gebrauch der movierten weiblichen Form (also dem Gendersternchen) ab. Findet nur keine Beachtung.

    Letzten Endes ist es mir auch scheißegal, ob jemand gendert oder nicht. Ich für meinen Teil mache es vielleicht noch aus Gewohnheit, wenn ich mich zum Beispiel konkret auf mich oder eine andere weibliche Person beziehe. Wenn es nicht gerade zum besseren Verständnis eines Sachverhalts notwendig ist, verzichte ich aktuell zunehmend darauf.

    Und wenn ich das in zwei Wochen wieder anders sehe, ist doch auch egal.


    Just my two cents.

    Ich muss zugeben, dass mich das auch an der deutschen Sprache stört, dass oft nicht klar ist, ob z.B. mit "Arbeiter" nur Männer gemeint sind, oder ob auch Frauen mit einbezogen sind.

    Doch, das sind sie - und zwar eigentlich grundsätzlich.

    Im Deutschen gibt es nämlich das grammatische Geschlecht, also das Genus, allerdings nicht immer ein reales Geschlecht, also den Sexus. Bei Personenbezeichnungen, die über ein reales Geschlecht verfügen, stimmt das Genus in jedem Fall überein, zum Beispiel "die Frau", "die Mutter", "die Tochter" und "der Junge", "der Vater", "der Onkel" usw.

    Anders verhält es sich mit rein generischen Personenbezeichnungen, die also keinen Sexus haben. Der Arbeiter, der Lehrer, das Mitglied, die Wache, die Geisel - ganz klassische Beispiele -, sie haben nur ein grammatisches Geschlecht, das heißt, ihr reales Geschlecht ist undefiniert und lässt sich auf männliche und weibliche Personen gleichermaßen anwenden.

    Wenn man jetzt allerdings die movierte Form für generische Maskulina bildet, indem man das Suffix "-in" anhängt, also Arbeiterin, Lehrerin usw., erschafft man sich eine künstliche Form dieses Wortes, der auf einmal ein Sexus zugeordnet werden kann. Konsequenterweise müsste man also, um an der Stelle nicht nur das eine Geschlecht zu privilegieren, auch eine männliche Form dieser Wörter kreieren und andersherum auch selbiges für generische Feminina umsetzen (die Geisel - "die Geiselin", "der Geiseler"). (Ergänzend dazu sind Wörter wie "das Mitglied" oder "das Elternteil" auch generisch neutral - da gäbe es kaum etwas bescheuerteres, als diese auch noch zu gendern.)

    Ein Versuch dieser Umsetzung würde sowieso zu noch radikaleren Aufständen führen, weil Sprache sich in ihrer natürlichen Entwicklung eher vereinfacht als verkompliziert, und weil sich das hier wie eine ganz große Reglementierung von oben anfühlen würde.


    Deutlich einfacher wäre es, am Sprachverständnis in der Gesellschaft zu feilen. Denn gerade dieses ist flexibel und formbar. Bei dem Stichwort kann ich jetzt noch wunderbar den historischen Aspekt anführen, dass die movierten Formen generisch maskuliner Wörter ursprünglich lediglich Bezeichnungen für die Ehefrauen der berufstätigen Männer war. Die Ärztin war nur die Ehefrau des Arztes und die Bürgermeisterin war auch nur die Ehefrau des Bürgermeisters (selbiges galt übrigens für Familiennamen, das symbolisiert sprachlich die Abhängigkeit vom Mann wie nichts anderes). Erst später setzte sich die movierte Form als Berufsbezeichnung durch, ergo verändertes Sprachverständnis.

    Auch damit, dass man für die Bundeskanzlerin Merkel erst die weibliche Form für den Beruf schuf, wurde das Sprachverständnis wieder geprägt und die Verwendung der weiblichen Form nahezu obligatorisch. Hätte man darauf insgesamt verzichtet, wer weiß, dann wäre es heutzutage vielleicht normal, dass sich arbeitende Frauen wie in der DDR mit dem generischen Maskulinum bezeichnen und darin kein Problem sehen.


    Zudem ist es ironisch, dass von einer geschlechtergerechten Sprache gesprochen wird, sich aber ein Wort wie "Arbeiter*innen" sehr ähnlich zu "Arbeiterinnen" anhört. Wer zynisch ist könnte annehmen, dass ein paar frustrierte Feminist*innen den Spieß umdrehen wollten: Beim ursprünglichen Sprachgebrauch wurde beim "Arbeiter" suggeriert, dass es sich um Männer handelt. Jetzt hat man die Form "Arbeiter*innen", was sich so anhört als ob Frauen gemeint sind, obwohl auch Männer mit einbezogen sind; ein Problem wurde durch ein anderes ausgetauscht.

    Tatsächlich existiert der radikale Vorschlag (war der nicht sogar von der Luise F. Pusch?), dass man zukünftig ausschließlich die weibliche gegenderte Form verwenden und nach dem Rotationsprinzip davon ausgehen sollte, dass die Männer halt mitgemeint werden. Unsinnig und radikal, ebenso wie der Vorschlag mit dem Gendersternchen * übrigens von einer radikalen Gruppierung ausging und unkritisch von Institutionen, Bildungseinrichtungen und den Medien übernommen wurde.

    Ohne den Diskurs ist das schwierig. Es fehlt die einheitliche Form und die Konsequenz. Bei Privatpersonen mag das egal sein, aber wenn es an Unis dann auf einmal in die Bewertung einfließt, was dann auch von Uni zu Uni verschieden ist, oder wenn in jedem zweiten Online-Artikel anders gegendert wird ... Das hat negative Folgen für andere Minderheiten, die im Diskurs häufig außen vor gelassen werden, Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, Menschen, die die deutsche Sprache gerade lernen wollen, Menschen mit Sehbehinderung, wo Screenreader-Programme aktuell auch überfordert sind, weil nicht einheitlich gegendert wird.

    Und darüber hinaus wäre das Ausmerzen der grammatischen "Probleme" der Sprache noch immer nicht ausreichend, denn weiter geht's dann beim männerdominierten Wortschatz ...


    und es hört sich auch nicht wie ein deutsches Wort an, wenn man mittendrinne stockt. Es wirkt irgendwie unnatürlich.

    Darf ich fragen, wie du die Wörter "Spiegelei" oder "Hebamme" aussprichst? :D


    Weiß eigentlich jemand, ob es da in anderen Sprachen, im Französischen, Englischen, Russischen oder sowas ähnliche Überlegungen gibt, die Sprache geschlechtsneutraler zu machen, und ob da auch so ein erbitterter Kampf darüber geführt wird?

    Das ist mir im russischen Nachrichtensender, mit dem ich hier regelmäßig beschallt werde, bisher noch nicht aufgefallen. ;)

    Gut, vielleicht liegt das auch daran, dass hier fast nur die konservativen Sender laufen. Jedenfalls habe ich davon noch nichts mitbekommen und wenn ich auf Russisch recherchiere, dann ist das dritte Suchergebnis schon folgendes:

    (= "genderneutrale Sprache in Deutschland - deutschland.de")

    Kann auch sein, dass das an meiner deutschen IP liegt - keine Ahnung.

    Weibliche Formen gibt es im Russischen aber natürlich auch sowohl in den Artikeln und Pronomen als auch in der movierten Form, die mir auch vom generischen Maskulinum abgeleitet zu sein scheint. Ob das schon immer so war, kann ich nicht beurteilen.



    Nun - und wozu das alles, wenn es im Endeffekt nur die Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein betont und künstliche Spaltung schafft, obwohl wir das im Sinne der Gleichheit doch hinter uns bringen wollten? Sprache schafft alleine im Endeffekt sowieso keine Realität, und da bin ich ganz bei Yatan mit dem Gedanken, dass es wichtigere Baustellen in der Gesellschaft gibt ...

    Das einzige, was sich hier meiner Meinung nach wirklich ändern muss, ist das Sprachverständnis. Mich kotzt diese Überempfindlichkeit in der Gesellschaft an, dieses penible Korinthengekacke. So ließe sich all das Gegendere mit den neuen Formen auch einfach wieder abschaffen und man könnte mit dem Eintrichtern der deutschen Grammatik von vorne beginnen. Genus und Sexus zu kapieren ist wirklich nicht schwer. Aber das mit dem Genus hab ich auch erst im Lateinunterricht gerafft, während es im Deutschunterricht viel zu kurz kam.

    paradigm.shift(); Ja, ich habe den Satz unterbewusst wohl mit deinem Disclaimer im Eingangspost (dass du viel um die Ohren hast) und dem ganzen Paranoia-Geschreibsel mit der Privatsphäre und den mehreren Accounts usw. in Verbindung gebracht. ;)

    Ich war noch mit anderem Kram nebenher beschäftigt.


    Also - in diesem Sinne freue ich mich natürlich, dass du gekommen bist, um zu bleiben und dass du es nicht bei substanzlosen Oberflächlichkeiten belassen möchtest. :) (Mittelfristig werden auch meine Kapazitäten fürs Forum hoffentlich wieder steigen, sodass es nicht bei sinnlosen Rants über den Alltag bleiben muss.)