So langsam gehen mir diese Woke-Moralisten echt auf den Sack!
Und nein, ich will mich hier gar nicht ein weiteres Mal über politisch korrekte Wortschöpfungen und Gendersternchen lustig machen, dafür haben wir ja schon andere Threads... Und schon gar nicht will ich etwas gegen Vielfalt, Aufklärung und Toleranz in der Gesellschaft sagen.
Im Gegenteil! Ich bin mega-tolerant, bin für sehr viel Vielfalt, und halte "Leben und leben lassen" immer noch für den Schlüssel zu einer besseren Welt.
Aber gerade deshalb... gerade deshalb gehen mir diese Woke-Moralisten und "Social Justice Warriors" so sehr auf den Sack, und ich muss das hier leider immer mal wieder ansprechen. Weil die eben nicht "Leben und leben lassen" kapiert haben. Weil die eben nicht eine vielfältige Welt in all ihren Facetten (zu denen auch negative Gefühle gehören) haben wollen, sondern eine aufgeräumte, klinisch reine Welt, in der nur ihre eigenen Moralvorstellungen gelten. So eine fünfziger Jahre-Idylle wie im Film "Truman Show" oder während des deutschen Wirtschaftswunders, nur halt in gay und ohne Patriarchat und mit ganz vielen Transen bevölkert. Aber nichts desto trotz eine doppelmoralische, gleichgeschaltete Spießerwelt, in der eifrige Hexenjäger dafür sorgen, dass keiner von den Idealen der Gründungsväter/*innen/Mütter/x abweicht.
Was mich gerade konkret so aufregt?
Harry Potter! Bzw. Hogwarts Legacy, das neue Open World-Spiel in der Harry Potter-Welt, auf das ich schon sehr gespannt bin... und über das eben gerade selbst in der eigentlich traditionell unpolitischen Gamer-Szene viele Diskussionen entbrannt sind. Und dabei geht es so gut wie gar nicht um die Qualität des eigentlichen Spiels.
Für alle, die es nicht wissen: Es geht eben darum, dass J.K.Rowling Transmenschen bzw. das Konzept davon nicht so toll findet, und dass sie sich gegen neue Gesetze ausgesprochen hat, die Transen das Leben erleichtern sollen, oder irgendsowas.
Und da J.K.Rowling an allem wo Harry Potter draufsteht, mitverdient, gab es nun Boykottaufrufe von einigen "Gamern" und woken Journalisten aus der Spielebranche. Und "Gamer" setze ich hier ganz bewusst in Anführungszeichen, weil meiner Meinung nach kein echter Gamer auch nur auf die Idee kommen würde, sich solche Gedanken zu machen, so lange das Spiel gut ist. Seit wann haben sich Gamer jemals für Politik interessiert? Wenn es danach ginge, hätte man in den 80ern und 90ern auch kein Commando oder Streets of Rage spielen dürfen und schon gar nicht irgendwelche Rambo- oder Chuck Norris-Filme anschauen. Die meisten Actionfilme und sämtliche Spiele, die darauf basieren oder sich davon inspirieren ließen, hätten gar nicht existieren dürfen, wenn es danach ginge, und wenn es damals schon "woke" Gamer gegeben hätte.
Aber offenbar haben die Woke-Leute mittlerweile nicht nur die Printmedien, sondern auch die Gaming-Szene ein Stück weit infiltriert, und bringen dort nun ebenfalls ihren Moralismus mit ein. Und so hagelte es für das eigentlich solide Spiel, dessen Macher sich übrigens längst von J.K.Rowlings politischen Ansichten distanziert haben, negative Reviews und Boykottaufrufe.
Im Prinzip ist das ohnehin alles, was diese Leute können... Shitstorms abhalten, mit Scheiße auf Dinge schmeißen, die sie Scheiße finden. Es ist ein Kulturkampf auf niedrigstem Niveau.
Und ich würde es nicht immer wieder kommentieren, wenn nicht immer wieder doch erstaunlich viele Internetseiten oder Medien, die einen gewissen Einfluss haben, diese neo-moralistische Woke-Denkweise verbreiten und salonfähig machen würden.
Das Lächerliche geht halt schon los bei den völligen Übertreibungen dieser Leute. Es ist alles gleich "hate", sobald mal jemand die woke Kultur kritisiert. Alles ist gleich "feindlich", was nicht der eigenen Denkweise entspricht. So ist J.K.Rowling natürlich gleich "transenfeindlich" und "menschenverachtend". Da denkt man ja, die Frau hätte sowas gesagt wie: "Transen gehören totgeschlagen oder müssen umerzogen werden" oder ähnliches. Dabei findet sie wohl einfach nur, dass unsere Gesetzgebung und die Einteilung der Geschlechter, so wie wir sie heute haben, gut ist und nicht verändert werden muss, und dass Menschen, die sich im falschen Körper wähnen, psychische Probleme haben... und das hat sie eben etwas zu offensiv geäußert.
Ich meine, dazu kann man ja stehen, wie man will. Manches, was sie zu dem Thema gesagt hat, fand ich auch etwas engstirnig. Aber hallo? Das ist doch kein Hass! Das ist eine Meinungsäußerung, die halt ein paar sensible Betroffene vielleicht kränken könnte. Aber gehört das nicht zum Leben dazu? Das kapieren nur diese Woke-Aktivisten nicht, dass Vielfalt eben auch bedeutet, Schwule nicht zu mögen oder schwarze Behinderte unattraktiv zu finden und das auch äußern zu dürfen.
Und auch Fußballfans sind nicht gleich "homophob", wenn sie Fans des anderen Vereins als Tunten bezeichnen.
Die Grenze würde ich persönlich da ziehen, wo zu Gewalt gegen Minderheiten aufgerufen wird. Alles andere sollte einfach erlaubt sein, und die Aktivisten sollten meines Erachtens ihre Energie lieber dafür verwenden, selber kreativ zu werden und "woke" Spiele wie z.B. "Life is strange" zu entwickeln. Oder auch die Schwulen-Episode der "The Last of Us"-Serie würde ich da als positives Beispiel anführen... Auf die Art kann man positiven Einfluss auf die Kultur nehmen, und die Leute mitnehmen und sensibilisieren.
Aber diese negative, destruktive Einflussnahme nach dem Motto "Wir zerstören euch, wenn uns die Werte nicht gefallen, die ihr mit eurer Kunst transportiert"... sowas ist absolut kontraproduktiv. Und als Künstler kann ich gar nicht anders, als dies als Angriff auf jegliche Kunst zu betrachten und diese Woke-Aktivisten, die so etwas tun, in eine ganz ähnliche Kategorie einzuordnen wie Nazis, die Bücher verbrennen.
Noch ein weiteres Beispiel, für diese vor Negativität der Woke-Aktivisten und deren verschrobene Sichtweise:
"Knock at the Cabin", der neue Film von M.Night Shyamalan, gestern erst im Kino gesehen.
In der Hauptrolle ein schwules Pärchen, das ein asiatisches Mädchen adoptiert hat. Und diese etwas andere Familie wird auch sehr sympathisch dargestellt.
Also eigentlich sollte man ja meinen: Der Traum eines jeden Woke-Aktivisten, der sich für mehr Diversität in den Medien einsetzt.
Nur leider sind wohl einige Aktivisten nicht damit einverstanden, dass die Gegenspieler, die wie religiöse Hardliner wirken (obwohl sie es eigentlich nicht sind), am Ende positiv dargestellt werden und die Gewalt gegen das schwule Paar verharmlost wird, weil sie ja einem guten Zweck dient, und weil einer von dem schwulen Paar sterben muss, um die Welt zu retten, und es dadurch so wirken würde, dass Schwule die typischen Opfer sind und das auch gut so ist oder sowas...
Ist nicht ganz so einfach, das hier ohne große Spoiler wiederzugeben. Jedenfalls haben da wohl einige in eine Story, in der es eigentlich darum geht, wie weit man zu gehen bereit wäre, um die Menschheit zu retten, wenn es von einem selbst abhängen würde, ihre politische Agenda reininterpretiert.
Und selbst, wenn es von den Machern des Films politisch gemeint wäre (worin ich mir gar nicht so sicher bin)... es wäre eben deren fucking Meinung. Eine Sichtweise von vielen, die noch dazu vom Zuschauer interpretiert werden kann, weil sie sehr vage gehalten ist und höchstens angedeutet wird.
Ist es nicht das, was Kunst eigentlich bewirken soll? Uns verschiedene Sichtweisen aufzuzeigen? Uns zum nachdenken zu bringen, uns dazu zu bringen, Dinge gut und schön zu finden, oder sie vielleicht auch hässlich zu finden und anderer Meinung zu sein?
Und genau das wird von diesen Aktivisten meines Erachtens mit Füßen getreten, wenn sie alles nur noch in woke oder nicht-woke einteilen... "Entweder, du bist für uns, oder gegen uns!", anstatt auch die vielen Zwischentöne wahrzunehmen, und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie eben sind... selten ganz schwarz, und selten ganz weiß, sondern eben vielfältig, widersprüchlich, und vielleicht auch nicht immer "nett" oder politisch korrekt.
Jedenfalls finde ich, das, was ich hier kritisiere, hat nichts mit rechts oder links zu tun. Sondern es ist die Frage, ob wir diesen neuen Moralismus wirklich haben wollen... und ob wir ihm gestatten sollten, die Gesellschaft zu unterwandern (und irgendwann dann natürlich auch die Politik und die Gesetzgebung.)
Ist das wirklich ein Schritt in die Zukunft, wenn wir in diesem Sinne "moralischer" und "bewusster" werden? Oder ist es nicht eher ein Schritt Richtung Vergangenheit, Richtung Hexenjagd, Puritaner und Inquisition? Ein Schritt Richtung Dinge, die eine zivilisierte Spezies eigentlich irgendwann mal hinter sich lassen sollte?
Dazu passen Kommentare einiger Woke-Leute dazu, die ich im Netz zu der Meldung gelesen habe, dass Leonardo di Caprio mal wieder eine dreißig Jahre jüngere Freundin hat. (ja ja, sowas soll es geben...)
So ein großer Altersunterschied wäre zwar nicht gesetzlich strafbar, aber unmoralisch, und di Caprio sollte sich was schämen, und er wäre ein dominantes männliches Raubtier... bla bla...
"Woke sein" ist das neue Spießertum. Es geht überall nur noch um Verurteilung, um Empörung. Darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen, um sich selbst dadurch moralisch zu erhöhen. Und damit letztlich um Intoleranz. Und das genau von den Leuten, die eigentlich von sich immer glauben, für Toleranz und Vielfalt zu sein.
Wirklich kapiert hat die Menschheit das mit dem "Leben und leben lassen" jedenfalls noch lange nicht. Und ich fürchte, diese Woke-Leute bringen die Gesellschaft eher wieder weiter von diesem Gedanken weg, anstatt ihn wahrscheinlicher werden zu lassen.