Stop that "woke" shit!

  • So langsam gehen mir diese Woke-Moralisten echt auf den Sack!

    Und nein, ich will mich hier gar nicht ein weiteres Mal über politisch korrekte Wortschöpfungen und Gendersternchen lustig machen, dafür haben wir ja schon andere Threads... Und schon gar nicht will ich etwas gegen Vielfalt, Aufklärung und Toleranz in der Gesellschaft sagen.

    Im Gegenteil! Ich bin mega-tolerant, bin für sehr viel Vielfalt, und halte "Leben und leben lassen" immer noch für den Schlüssel zu einer besseren Welt.

    Aber gerade deshalb... gerade deshalb gehen mir diese Woke-Moralisten und "Social Justice Warriors" so sehr auf den Sack, und ich muss das hier leider immer mal wieder ansprechen. Weil die eben nicht "Leben und leben lassen" kapiert haben. Weil die eben nicht eine vielfältige Welt in all ihren Facetten (zu denen auch negative Gefühle gehören) haben wollen, sondern eine aufgeräumte, klinisch reine Welt, in der nur ihre eigenen Moralvorstellungen gelten. So eine fünfziger Jahre-Idylle wie im Film "Truman Show" oder während des deutschen Wirtschaftswunders, nur halt in gay und ohne Patriarchat und mit ganz vielen Transen bevölkert. Aber nichts desto trotz eine doppelmoralische, gleichgeschaltete Spießerwelt, in der eifrige Hexenjäger dafür sorgen, dass keiner von den Idealen der Gründungsväter/*innen/Mütter/x abweicht.


    Was mich gerade konkret so aufregt?

    Harry Potter! Bzw. Hogwarts Legacy, das neue Open World-Spiel in der Harry Potter-Welt, auf das ich schon sehr gespannt bin... und über das eben gerade selbst in der eigentlich traditionell unpolitischen Gamer-Szene viele Diskussionen entbrannt sind. Und dabei geht es so gut wie gar nicht um die Qualität des eigentlichen Spiels.
    Für alle, die es nicht wissen: Es geht eben darum, dass J.K.Rowling Transmenschen bzw. das Konzept davon nicht so toll findet, und dass sie sich gegen neue Gesetze ausgesprochen hat, die Transen das Leben erleichtern sollen, oder irgendsowas.

    Und da J.K.Rowling an allem wo Harry Potter draufsteht, mitverdient, gab es nun Boykottaufrufe von einigen "Gamern" und woken Journalisten aus der Spielebranche. Und "Gamer" setze ich hier ganz bewusst in Anführungszeichen, weil meiner Meinung nach kein echter Gamer auch nur auf die Idee kommen würde, sich solche Gedanken zu machen, so lange das Spiel gut ist. Seit wann haben sich Gamer jemals für Politik interessiert? Wenn es danach ginge, hätte man in den 80ern und 90ern auch kein Commando oder Streets of Rage spielen dürfen und schon gar nicht irgendwelche Rambo- oder Chuck Norris-Filme anschauen. Die meisten Actionfilme und sämtliche Spiele, die darauf basieren oder sich davon inspirieren ließen, hätten gar nicht existieren dürfen, wenn es danach ginge, und wenn es damals schon "woke" Gamer gegeben hätte.


    Aber offenbar haben die Woke-Leute mittlerweile nicht nur die Printmedien, sondern auch die Gaming-Szene ein Stück weit infiltriert, und bringen dort nun ebenfalls ihren Moralismus mit ein. Und so hagelte es für das eigentlich solide Spiel, dessen Macher sich übrigens längst von J.K.Rowlings politischen Ansichten distanziert haben, negative Reviews und Boykottaufrufe.

    Im Prinzip ist das ohnehin alles, was diese Leute können... Shitstorms abhalten, mit Scheiße auf Dinge schmeißen, die sie Scheiße finden. Es ist ein Kulturkampf auf niedrigstem Niveau.

    Und ich würde es nicht immer wieder kommentieren, wenn nicht immer wieder doch erstaunlich viele Internetseiten oder Medien, die einen gewissen Einfluss haben, diese neo-moralistische Woke-Denkweise verbreiten und salonfähig machen würden.

    Das Lächerliche geht halt schon los bei den völligen Übertreibungen dieser Leute. Es ist alles gleich "hate", sobald mal jemand die woke Kultur kritisiert. Alles ist gleich "feindlich", was nicht der eigenen Denkweise entspricht. So ist J.K.Rowling natürlich gleich "transenfeindlich" und "menschenverachtend". Da denkt man ja, die Frau hätte sowas gesagt wie: "Transen gehören totgeschlagen oder müssen umerzogen werden" oder ähnliches. Dabei findet sie wohl einfach nur, dass unsere Gesetzgebung und die Einteilung der Geschlechter, so wie wir sie heute haben, gut ist und nicht verändert werden muss, und dass Menschen, die sich im falschen Körper wähnen, psychische Probleme haben... und das hat sie eben etwas zu offensiv geäußert.

    Ich meine, dazu kann man ja stehen, wie man will. Manches, was sie zu dem Thema gesagt hat, fand ich auch etwas engstirnig. Aber hallo? Das ist doch kein Hass! Das ist eine Meinungsäußerung, die halt ein paar sensible Betroffene vielleicht kränken könnte. Aber gehört das nicht zum Leben dazu? Das kapieren nur diese Woke-Aktivisten nicht, dass Vielfalt eben auch bedeutet, Schwule nicht zu mögen oder schwarze Behinderte unattraktiv zu finden und das auch äußern zu dürfen.

    Und auch Fußballfans sind nicht gleich "homophob", wenn sie Fans des anderen Vereins als Tunten bezeichnen.

    Die Grenze würde ich persönlich da ziehen, wo zu Gewalt gegen Minderheiten aufgerufen wird. Alles andere sollte einfach erlaubt sein, und die Aktivisten sollten meines Erachtens ihre Energie lieber dafür verwenden, selber kreativ zu werden und "woke" Spiele wie z.B. "Life is strange" zu entwickeln. Oder auch die Schwulen-Episode der "The Last of Us"-Serie würde ich da als positives Beispiel anführen... Auf die Art kann man positiven Einfluss auf die Kultur nehmen, und die Leute mitnehmen und sensibilisieren.

    Aber diese negative, destruktive Einflussnahme nach dem Motto "Wir zerstören euch, wenn uns die Werte nicht gefallen, die ihr mit eurer Kunst transportiert"... sowas ist absolut kontraproduktiv. Und als Künstler kann ich gar nicht anders, als dies als Angriff auf jegliche Kunst zu betrachten und diese Woke-Aktivisten, die so etwas tun, in eine ganz ähnliche Kategorie einzuordnen wie Nazis, die Bücher verbrennen.


    Noch ein weiteres Beispiel, für diese vor Negativität der Woke-Aktivisten und deren verschrobene Sichtweise:

    "Knock at the Cabin", der neue Film von M.Night Shyamalan, gestern erst im Kino gesehen.

    In der Hauptrolle ein schwules Pärchen, das ein asiatisches Mädchen adoptiert hat. Und diese etwas andere Familie wird auch sehr sympathisch dargestellt.

    Also eigentlich sollte man ja meinen: Der Traum eines jeden Woke-Aktivisten, der sich für mehr Diversität in den Medien einsetzt.

    Nur leider sind wohl einige Aktivisten nicht damit einverstanden, dass die Gegenspieler, die wie religiöse Hardliner wirken (obwohl sie es eigentlich nicht sind), am Ende positiv dargestellt werden und die Gewalt gegen das schwule Paar verharmlost wird, weil sie ja einem guten Zweck dient, und weil einer von dem schwulen Paar sterben muss, um die Welt zu retten, und es dadurch so wirken würde, dass Schwule die typischen Opfer sind und das auch gut so ist oder sowas...

    Ist nicht ganz so einfach, das hier ohne große Spoiler wiederzugeben. Jedenfalls haben da wohl einige in eine Story, in der es eigentlich darum geht, wie weit man zu gehen bereit wäre, um die Menschheit zu retten, wenn es von einem selbst abhängen würde, ihre politische Agenda reininterpretiert.

    Und selbst, wenn es von den Machern des Films politisch gemeint wäre (worin ich mir gar nicht so sicher bin)... es wäre eben deren fucking Meinung. Eine Sichtweise von vielen, die noch dazu vom Zuschauer interpretiert werden kann, weil sie sehr vage gehalten ist und höchstens angedeutet wird.

    Ist es nicht das, was Kunst eigentlich bewirken soll? Uns verschiedene Sichtweisen aufzuzeigen? Uns zum nachdenken zu bringen, uns dazu zu bringen, Dinge gut und schön zu finden, oder sie vielleicht auch hässlich zu finden und anderer Meinung zu sein?

    Und genau das wird von diesen Aktivisten meines Erachtens mit Füßen getreten, wenn sie alles nur noch in woke oder nicht-woke einteilen... "Entweder, du bist für uns, oder gegen uns!", anstatt auch die vielen Zwischentöne wahrzunehmen, und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie eben sind... selten ganz schwarz, und selten ganz weiß, sondern eben vielfältig, widersprüchlich, und vielleicht auch nicht immer "nett" oder politisch korrekt.

    Jedenfalls finde ich, das, was ich hier kritisiere, hat nichts mit rechts oder links zu tun. Sondern es ist die Frage, ob wir diesen neuen Moralismus wirklich haben wollen... und ob wir ihm gestatten sollten, die Gesellschaft zu unterwandern (und irgendwann dann natürlich auch die Politik und die Gesetzgebung.)

    Ist das wirklich ein Schritt in die Zukunft, wenn wir in diesem Sinne "moralischer" und "bewusster" werden? Oder ist es nicht eher ein Schritt Richtung Vergangenheit, Richtung Hexenjagd, Puritaner und Inquisition? Ein Schritt Richtung Dinge, die eine zivilisierte Spezies eigentlich irgendwann mal hinter sich lassen sollte?


    Dazu passen Kommentare einiger Woke-Leute dazu, die ich im Netz zu der Meldung gelesen habe, dass Leonardo di Caprio mal wieder eine dreißig Jahre jüngere Freundin hat. (ja ja, sowas soll es geben...)

    So ein großer Altersunterschied wäre zwar nicht gesetzlich strafbar, aber unmoralisch, und di Caprio sollte sich was schämen, und er wäre ein dominantes männliches Raubtier... bla bla...

    "Woke sein" ist das neue Spießertum. Es geht überall nur noch um Verurteilung, um Empörung. Darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen, um sich selbst dadurch moralisch zu erhöhen. Und damit letztlich um Intoleranz. Und das genau von den Leuten, die eigentlich von sich immer glauben, für Toleranz und Vielfalt zu sein.

    Wirklich kapiert hat die Menschheit das mit dem "Leben und leben lassen" jedenfalls noch lange nicht. Und ich fürchte, diese Woke-Leute bringen die Gesellschaft eher wieder weiter von diesem Gedanken weg, anstatt ihn wahrscheinlicher werden zu lassen.

  • Da stimme ich dir voll und ganz zu Dian.

    Mich f**kt die falsche Toleranz von diesen Leuten ab.

    Im Grunde ist es mir egal, welche Herkunft, Religion, Neigung oder Meinung die Menschen haben, solange die Person als Individuum nett ist.

    Natürlich sind wir Deutschen auch nicht besser, hab es schließlich letztes Jahr in jener Aufzugsfirma erleben dürfen, bei dieser ich nun gekündigt hatte.

    Aber ja und amen zu irgendwelchen Proleten und Halbstarken mit ungehobelten Verhalten zu zeigen, nur weil diese es selbst so "schwer" haben und es angeblich nicht "besser" können, sehe ich einfach nicht ein.

    Und außerdem halte ich Rot-Rot-Grün (die "Woke-Parteien" schlechthin) mittlerweile für unwählbarer als Union, FDP und AFD, von welche ich natürlich auch kein Fan bin.

    Wenn ausgerechnet RRG großspurig für Inklusion von Behinderten werben, dann würde ich (selbst Asperger-Autist) mich gerne mit folgendem Hashtag gegen diese Instrumentalisierung positionieren: #notinmyname

    If I was a flag I'd have no nation. Just the colours and the wind. - Marian Gold (from the song "Like Thunder")

  • Das große Problem ist erstmal, dass man in unserer Parteien-Demokratie alles nur als Paket bekommt.

    Wenn man Union und AfD wählt, bekommt man halt nicht nur eine "etwas andere" Asylpolitik, sondern gleich auch noch mehr soziale Ungerechtigkeit und Intoleranz in anderen gesellschaftlichen Themengebieten (z.B. bei der Drogenpolitik) mitgeliefert, und die Natur wird noch mehr zugebaut zum Wohle der Industrie. Und in vielen Dingen bekommt man auch einfach nur dieselbe Soße in schwarz bzw. braun, weil sich die Ansichten eh kaum noch unterscheiden.


    Beim Thema Integrationspolitik bin ich bei dir. Da wurde meines Erachtens viel zu lange nicht mit gesundem Menschenverstand, sondern allein nach der jeweiligen Ideologie Politik gemacht. Wenn man links war, und sich dadurch identifiziert hat, dass man ein fortschrittlich denkender Humanist ist, war das sowas wie eine heilige Kuh, dass man (übertriebene) Toleranz gegenüber Fremden praktiziert und auf diesem Auge blind zu sein hat, wenn man zur linken Bewegung dazugehören will.

    Viele haben auch die Probleme gesehen, aber etwas dagegen zu sagen hätte einen sofort "rechts" gemacht. Und das ist gerade in der linken Szene natürlich immer noch so. Ich persönlich sehe das aber inzwischen eher so, dass es einfach Dinge gibt, bei denen die Linken Bullshit labern und auf dem Holzweg sind, ohne dass ich deshalb alles, was von links kommt, für falsch halten würde. (denn grundsätzlich muss unsere Gesellschaft ja schon sozialer und gerechter werden, und das Kapital darf nicht länger so viel Macht über uns alle haben)

    Aber wenn einer hier her kommt und Hilfe sucht, weil er verfolgt wird, und dann hier, anstatt dankbar zu sein, andere Menschen belästigt oder verprügelt , dann würde ich den in den nächsten Flieger setzen... und wenn ihn das Heimatland nicht zurückhaben will, dann mit dem Fallschirm rauswerfen und gar nicht erst landen.

    Ich setze mich da mittlerweile gern in die Nesseln, wenn sich Linke noch über so eine Meinung aufregen. Aber nur, weil man für Toleranz ist und Menschen nicht nach ihrer Herkunft beurteilen will, heißt das ja nicht, dass man doof ist und sich gern ausnutzen lässt.

    Hier muss einfach in Zukunft noch ein großes Umdenken stattfinden. Weniger Ideologie, mehr echte Menschlichkeit, und das heißt halt auch: Nicht Mitleid mit asozialen Subjekten oder religiösen Fanatikern haben, sondern mit denen, die von denen verprügelt werden. Es gibt wahrlich genug Asylsuchende, die wirklich verfolgt werden und dankbar sind, wenn man ihnen hilft. Homosexuelle, intellektuelle Regimekritiker oder Frauen, die von ihren Männern verprügelt und unterdrückt wurden. Und auch denen hilft man eher damit, indem man die Macho-Arschlöcher rauswirft, die sich daneben benehmen und sich auch noch einen auf ihre Kultur wichsen, vor der sie doch eigentlich geflohen sind. Dann wäre nämlich auch mehr Platz für die anständigen, intelligenten Leute da.
    Ich fürchte nur, wir werden ein Umdenken in dieser Hinsicht von RotRotGrün nicht bekommen (außer von der Wagenknecht), weil es zum ideologischen Selbstverständnis der Linken dazugehört, in dieser Frage dogmatisch zu sein.


    Aber natürlich ist das auch nicht nur ein Problem der Linken, sondern die Rechten sind ja in der Hinsicht genauso und haben auch wiederum ihre eigenen ideologischen Verblendungen und Grenzen, über die sie nicht zu gehen bereit sind, aus Prinzip und weil sie sich sonst zu sehr selbst hinterfragen müssten.

    Es ist generell ein menschliches Problem, und daher eben auch ein Problem von menschgemachter Politik, dass Menschen von Ideologien und ihrer Prägung ein wenig geistig behindert werden.

  • Na ja, wenn ich mir nur die Blockade des Bürgergeldes durch die CDU ansehe, fallen für mich 'nervige Wokies' bei der Wahlentscheidung dann doch weniger ins Gewicht. Der Feind steht weiterhin rechts. Ich habe auch den Eindruck, manche verwechseln die Grünen mit der Linkspartei. 'Woke' sind doch eher Erstere, und innerhalb der Linken gibt's unterm Strich mindestens genauso viele Gegner wie Anhänger der neuen Identitätspolitik. nur dass letztere oft am lautesten schreien und daher die meisten Aufmerksamkeit erhalten.


    Zu Rowling: Interessant ist, dass sie bzw. ihr Werk nun sogar schon mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert wird. Nach einer langen Rezeptionsgeschichte, in der HP eher als Parabel auf den Faschismus und die Ausgrenzung von 'Andersartigen' gelesen wurde, werden gemäß dieser Interpretation nun die Kobolde zur jüdischen Verschwörung gegen die 'edlen Zauberer' umgedeutet. Auf den Quatsch ist man natürlich erst gekommen, seitdem Rowling zum transphoben Feindbild geworden ist.

    Die Sache ist natürlich etwas komplexer. In der Causa Rowling spiegelt sich ein derzeitiger Machtkampf um die Deutungshoheit über den wahren Feminismus wider. Dabei findet man auf beiden Seiten auch Extreme, d.h. transphobe Old-School-Feministinnen und auch misogyne Queer-Aktivisten. Dazwischen gibt's aber viele meines Erachtens berechtigte Sorgen, die sich außerhalb meines Urteils als Nichtbetroffener bewegen. Sollen Transfrauen in Frauengefängnisse oder Frauenhäuser dürfen? Ab wann und in welcher Form soll eine Selbstbestimmung über das Geschlecht erfolgen? Das sind Themen, die nicht ideologiegeprägt sein sollten, sondern die so bestimmt sein sollten, dass alle Menschen, die Schutz benötigen, mit dem Ergebnis leben können. Denn darum geht's ja letztendlich.

    Rowling gehört eben zu den Old-School-Feministinnen, die sich Sorgen darüber machen, dass Safe Spaces für Frauen nun auch für Menschen offenstehen sollen, die sich nur als Frauen ausgeben. Denn um 'echte' Transfrauen, die keine Bedrohung darstellen, geht's ja nicht. Dabei verbeisst sie sich etwas stark in krasse Einzelfälle. Der Shitstorm gegen sie ist meines Erachtens dennoch überzogen, aber das Übers-Ziel-Hinausschießen ist sowieso ein Kennzeichen dieses neuen rigorosen Moralismus bestimmter Gruppen, die ich eigentlich gar nicht links nennen will, auch wenn sie ebenfalls in der linken Szene existieren, und oft eben gegen linke Gruppen agieren. In Halle haben kürzlich rot-grüne Hochschulgruppen den dortigen Antifa AK aus der Uni geworfen, mit dem Vorwurf der Transphobie.


    Dian: Hast du deine Wagenknecht-Sympathie noch nicht aufgegeben? Ich hab ja lange mit ihr gehadert, aber spätestens mit ihrer Haltung zum Ukraine-Konflikt ist sie ein absolutes No-Go geworden.

  • Ist außer mir noch jemandem aufgefallen, wie extrem penetrant die Wokebürger sind? Ich bin ja für Meinungsfreiheit und Pluralität, und wenn jemand meint, es gäbe mehr als zwei Geschlechter, soll er das denken und äußern dürfen. Aber keine Community geht Menschen mit anderen Meinungen derart aggressiv an, wie die Woken. Zum Beispiel der regelrechte Shitstorm gegen JK Rowling: War doch eine legitime Meinung, zu behaupten, in der Natur gäbe es halt nur zwei Geschlechter.

  • Zu Rowling: Interessant ist, dass sie bzw. ihr Werk nun sogar schon mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert wird.

    Ok, ich gebe zu, immer wenn ich die Kobolde in der Bank sehe, muss ich auch sofort unwillkürlich an Juden denken. :pardon_gif:

    Also wenn man dem Werk nun unbedingt böse Absicht unterstellen will, KANN man sicherlich Belege dafür finden. Genauso wie fundamentale Christen auch schon ganz viele Belege dafür gefunden haben, dass Harry Potter die Kinder zum Satanismus verführen soll.

    Wenn man nur fanatisch genug nach etwas sucht, wird man immer Belege dafür finden. Genau, wie ja auch die rechten Verschwörungsheinis immer Hinweise finden werden, dass ihre Theorien richtig sind. In der Hinsicht unterscheiden sie sich gar nicht so sehr von den Woke-Leuten, denn man betrachtet die Welt einfach nicht mehr objektiv, sondern von vornherein mit einem gewissen Suchfilter, oder wie unter einer Lupe mit extremem Vergrößerungsfaktor... und entsprechend nimmt man dann auch nicht mehr die Wirklichkeit wahr, sondern es erscheint einem alles, was von diesem Suchfilter gefunden wird, übermäßig bedeutsam, und man erkennt darin schnell bestimmte Muster, Absichten und Zusammenhänge (die aber eher im eigenen Kopf als in der Realität existieren)


    Wenn ich die Sache jetzt mal ernsthaft einordnen sollte, würde ich sagen: Rowling kommt aus der Unterschicht, und ihre Sympathien sind auch eher bei Leuten aus der Unterschicht wie den Weasleys, und weniger bei den Angehörigen der Upper Class. Und so ist eben auch ihre Sicht auf Banker und deren Geschäft eher eine negative, mit den dazugehörigen Klischees verbundene Sichtweise, wie Leute aus der Unterschicht eben über Banker denken. Und natürlich gehört da auch das historische Juden-Klischee dazu. Aber "antisemitisch" würde ich das nun nicht nennen. Wenn, dann vielleicht "Anti-Banker" oder "Anti-Rothschild und Co.". Aber die transportierte Message ist ja nun nicht: "Alle Kobolde sind heimtückisch und böse, weil viele von denen in der Bank arbeiten." oder "Das steckt denen so im Blut!"

    Man muss da schon auch den Gesamtkontext sehen, und der ist eben der, dass Rowling sich eindeutig auf die Seite von Menschen stellt, die aufgrund ihrer Herkunft oder weil sie falsches Blut in sich tragen, verfolgt und diskriminiert werden. Generell habe ich die Harry Potter-Filme auch deshalb sofort gemocht (obwohl ich ja zu der Zeit eigentlich schon zu alt für solchen "Kinderkram" war), weil es eben darin sehr viel um Freundschaft und Toleranz geht, und an unzähligen Stellen auch Rowlings Sympathie für gesellschaftliche Außenseiter und Mobbingopfer zu erkennen ist.

    Daher hat mich ihre abwehrende Haltung gegenüber Transmenschen auch etwas gewundert, zumal sie ja noch kurz davor Dumbledore als schwul geoutet hat und es mich auch nicht gewundert hätte, wenn sie als nächstes gesagt hätte: "Übrigens war Minerva McGonagall früher mal ein Mann." ;)

    Vor dem von dir erklärten feministischen Hintergrund macht es dann vielleicht irgendwie Sinn, dass sie beim Thema Transen aggressiv reagiert und den Frauen ihre Einzigartigkeit oder Weiblichkeit genommen sieht, oder was auch immer da das Problem ist... Es scheint mir aber bei ihr, genau wie bei ihren Gegnern, schon ein sehr konstruiertes, intellektuelles Problem zu sein, dass man viel zu viel Energie in eine banale Sache steckt, um irgendwas zu bekämpfen, woran die Welt nun wirklich nicht zu Grunde gehen wird... was einem aber aus der eigenen, subjektiven Sichtweise heraus wie ein rotes Tuch erscheint, auf das man sich sofort wutschnaubend stürzen muss, um die Werte zu verteidigen, die einem wichtig sind.

  • Dian: Hast du deine Wagenknecht-Sympathie noch nicht aufgegeben? Ich hab ja lange mit ihr gehadert, aber spätestens mit ihrer Haltung zum Ukraine-Konflikt ist sie ein absolutes No-Go geworden.

    Was das angeht, kann ich dich absolut beruhigen. Ich sympathisiere nicht mit Wagenknecht, sie hat nun wirklich schon genug Bullshit von sich gegeben. Ich benutze sie nur gelegentlich als Beispiel dafür, dass man theoretisch auch links sein kann, ohne diese übertriebene "Kommt alle in unser Land, wir sorgen für euch, denn wir wollen die ganze Welt retten"-Mentalität.

    In anderer Hinsicht, gerade was das Russland-Bild angeht, ist sie dann aber wiederum selbst sehr befangen und tut reflexartig das, was man als guter Linker schon vor fünfzig und sechzig Jahren getan hat... nämlich Mao und die Sowjetunion und dergleichen schon allein aus Prinzip zu verharmlosen, weil sie eben einen Gegenentwurf zum verhassten westlichen Imperialismus darstellen. Das ist mir aber auch zu billig, und die Geschichte sollte einem ja eigentlich mittlerweile zu genüge gezeigt haben, dass nicht alles, was gegen den Westen ist, automatisch menschlicher oder sozialer ist.

  • Zu Rowling: Interessant ist, dass sie bzw. ihr Werk nun sogar schon mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert wird.


    Vor dem von dir erklärten feministischen Hintergrund macht es dann vielleicht irgendwie Sinn, dass sie beim Thema Transen aggressiv reagiert und den Frauen ihre Einzigartigkeit oder Weiblichkeit genommen sieht, oder was auch immer da das Problem ist... Es scheint mir aber bei ihr, genau wie bei ihren Gegnern, schon ein sehr konstruiertes, intellektuelles Problem zu sein, dass man viel zu viel Energie in eine banale Sache steckt, um irgendwas zu bekämpfen, woran die Welt nun wirklich nicht zu Grunde gehen wird... was einem aber aus der eigenen, subjektiven Sichtweise heraus wie ein rotes Tuch erscheint, auf das man sich sofort wutschnaubend stürzen muss, um die Werte zu verteidigen, die einem wichtig sind.


    Es ist ja tragischerweise kein intellektuelles, sondern ein sehr reales Problem, dass tatsächlich mörderischer Antisemitismus, Rassismus und Sexismus existieren. Mir erscheinen diese Debatten auf kultureller oder wissenschaftlicher Ebene auch eine Kompensationsfunktion zu besitzen - sie bieten die Möglichkeiten, die erlittenen Demütigungen endlich mal heimzahlen zu können, weil man manchen Personen mit Shitstorms und Canceling massiv schaden kann, während man leider an anderer Stelle wenig gegen Gewalt und Unterdrückung ausrichten kann. Hier sind Leute wie Rowling einfach der Blitzableiter.

  • Social Justice Warrior sind die Nazis der Neuzeit.

    Das Krebsgeschwür in der Diskussionskultur einer Gesellschaft.


    Ich hatte neulich besonderen Spaß mit denen ...

    Wie ihr vielleicht wisst, bin ich psychisch krank (hauptsächlich chronische Depression) und deshalb nehme ich Ambulant Betreutes Wohnen in Anspruch. Das ist an sich ganz cool - ich bleibe der Chef, niemand darf mir etwas befehlen oder auf mein Konto gucken, jedoch kriege ich Hilfe bei Dingen wie Haushalt, Bürokratie etc.


    Jedenfalls bin ich vor zwei Jahren nach meinem Umzug nach Köln an so einen Social Justice Warrior-Verein geraten. Die haben Kugelschreiber mit Holzverkleidung, verschenken an Weihnachten Bio-Saft und gendern. Ich dachte mir nichts dabei.

    Ironischerweise sage ich seit langer Zeit schon, dass ich die SJW-Fraktion für auffallend militant und penetrant halte.

    Dass es nun mich treffen würde, hatte ich nicht geahnt.


    Jedenfalls bin ich ja Autor (https://www.amazon.de/Marc-Gerhard/e/B09YVQ1CT3) und versuche mittlerweile, das Ganze kommerziell zu betreiben. Ich schreibe Liebesromane. Schon oft habe ich bei der Betreuung Teile meiner Werke ausgedruckt, um sie später mit einer literarisch sehr fitten Person zu besprechen. War nie ein Problem.

    Aktuell schreibe ich jedoch an einer an Fifty Shades of Grey angelehnten Reicher dominanter Millionär und junge Studentin-Story. Und nachdem 25 Seiten geschrieben waren, druckte ich den Beginn des Buchs beim Betreuungsbüro aus, um es mitzunehmen und zu besprechen.


    Und dann ... KAM DER SHITSTORM!


    Ich wurde zur Chefin zitiert ... habe jedoch dem Termin nicht zugestimmt und habe sie stattdessen angerufen.

    Was nach dem Drucken geschah: Die Betreuerin (eine besonders woke, gendernde Veganerin) hat das Werk gelesen, war entsetzt, dann haben es ALLE MITARBEITERINNEN gelesen (was recht unfair ist, ohne zu fragen) und nun nimmt die Firma es als BEWUSSTE PROVOKATION wahr. Darüber hinaus hätte ich laut Chefin die junge Studentin extra so gestaltet, dass man beim Lesen darin die Berteuerinnen ihrer Firma wiederfindet.


    Aha.


    Und ich solle mich von einem Mann betreuen lassen, und da die keinen haben (warum wohl?) soll ich gehen. Ich wurd quasi rausgeworfen.


    Schlechte Google-Bewertung an den Verein wurde schon vergeben. Eventuell schreibe ich der fetten Betreuerin, die das Ganze ausgelöst hat, noch bisschen Hate-SMS. Wer gute Troll-Ideen hat oder mich supporten will (bspw. mit einer Ein-Sterne-Rezi bei Google), kann sich jederzeit bei mir melden. :)