• Ich wollte ja eigentlich im "Stop that "woke" shit!"-Thread schreiben, dachte mir aber dann dass man einen eigenen Thread dazu aufmachen könnte.


    Zur Gendersprache:

    Ich muss zugeben, dass mich das auch an der deutschen Sprache stört, dass oft nicht klar ist, ob z.B. mit "Arbeiter" nur Männer gemeint sind, oder ob auch Frauen mit einbezogen sind. Von daher ist mir die Idee, die Missstände der Sprache zu beseitigen auch irgendwie symphatisch. Die Umsetzung ist aber m.M.n. (und ich bin da natürlich nicht der Einzige) nicht wirklich gut:


    Die genderneutrale Form (ArbeiterInnen / Arbeiter:innen / Arbeiter*innen / Arbeiter_innen) ist ziehmlich lang, was unpraktisch ist, da im Allgemeinfall das Geschlecht bei Gruppen egal ist. Eine Form die man so häufig verwendet sollte kurz sein.

    Zudem liest es sich nicht wie ein deutsches Wort, wenn sich mittendrin die Groß-/Kleinschreibung ändert, oder Sonderzeichen auftauchen, und es hört sich auch nicht wie ein deutsches Wort an, wenn man mittendrinne stockt. Es wirkt irgendwie unnatürlich. Und braucht man wirklich so viele alternative Schreibweisen?

    Zudem ist es ironisch, dass von einer geschlechtergerechten Sprache gesprochen wird, sich aber ein Wort wie "Arbeiter*innen" sehr ähnlich zu "Arbeiterinnen" anhört. Wer zynisch ist könnte annehmen, dass ein paar frustrierte Feminist*innen den Spieß umdrehen wollten: Beim ursprünglichen Sprachgebrauch wurde beim "Arbeiter" suggeriert, dass es sich um Männer handelt. Jetzt hat man die Form "Arbeiter*innen", was sich so anhört als ob Frauen gemeint sind, obwohl auch Männer mit einbezogen sind; ein Problem wurde durch ein anderes ausgetauscht.

    Hinzu kommt, dass man, wenn jemand "Arbeiter" sagt, immer noch nicht weiß ob Frauen mit einbezogen sind oder nicht, da die Gendersprache optional ist, und man nicht unbedingt weiß ob sie gerade in Gebrauch ist oder nicht.


    Ich hatte mir mal selbt Gedanken zu einer Art Gendersprache gemacht, und hatte mir folgendes überlegt, was ich auch in einem der alten Foren mal erwähnt hatte:


    - Die Form "Arbeiter" ist geschlechtsneutral, und kann immer Männer oder Frauen (oder sonstige) mit einbeziehen.

    - Die eindeutig männliche Form von "Arbeiter" ist "Arbeiteron". Man fügt also bei Männern einfach ein -on an das Wort an, ähnlich wie wenn man -in anfügt wenn man von Frauen spricht.

    - Wer sich weder als männlich noch als weiblich identifiziert kann für sich die neutrale Form "Arbeiter" verwenden.

    - "Arbeiterin" und "Arbeiteron" bezieht sich nicht auf das biologische Geschlecht, sondern auf das Geschlecht mit dem man sich identifiziert.


    Ich denke das wäre eine sehr pragmatische Lösung, da die meist genutzte genderneutrale Form schön kurz ist, und Frauen und Männer hier sehr gleich behandelt werden. Zudem liest es sich wie eine natürliche Sprache, und sie eignet sich dazu dass man sie generell verwendet, statt nur optional wenn es wichtig ist sich genderneutral zu äußern.


    Aber vielleicht übersehe ich da was, und mein Konzept ist doch nicht so gut wie ich mir das selbst einrede? Nun denn, Feuer frei! :chowyunfat: :rocketlauncher:

  • Ja bist du denn wahnsinnig? Mit deiner Idee gäbe es ja überall neue Wörter, wie Baumeisteron oder Hebammon, da seh ich noch mehr vor allem männliche Menschen mit den Mistgabeln auf der Straße, weil sie vom Staat sprachlich umerzogen werden sollen und sich benachteiligt fühlen. Wenn jemand meint, er müsse von "ArbeiterInnen / Arbeiter:innen / Arbeiter*innen / Arbeiter_innen " sprechen, soll er das meinetwegen tun, ich pfeif aber drauf und sage, dass man sich besser mit den Strukturen befassen sollte, die Chancengleichheit in der Gesellschaft entgegenwirken. Die Sprache ist für mich nicht die 1. Adresse, sonst gäbe es ja keine Länder die bezüglich Chancengleichheit der Geschlechter besser dastehen, obwohl sie ihrer Bevölkerung keine Sprachoptimierung vorkauen.

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • Ein meines Erachtens entscheidender Punkt, der immer wieder unter den Tisch fällt, ist die Relativität von Sprache. Sprache ist nicht universell, sondern kennt verschiedene Milieus und hat verschiedene Sprecher und Adressaten. Damit kann sie eigentlich kaum jemals allumfassend und inklusiv sein, so wie sich das die feministische Linguistik vorstellt. Gendersensible, 'inklusive' Sprache spricht auch nur ein bestimmtes Milieu an - nämlich diejenigen, die dafür empfänglich sind bzw. bei denen dann die richtigen Assoziationen entstehen (diese und jene Personen sind gemeint).

    Dementsprechend ist die Frage, ob und wie man gendern sollte, abhängig vom sprachlichen Milieu, das man erreichen will. Ein Bewerbungstext eines Unternehmens hat mitunter andere Adressaten als z.B. eine bestimmte Fernsehsendung. Es wäre hilfreicher, den viel zu großen Fokus, der im Sinne der Inklusion auf die Sprache gelegt wird, woanders hinzulegen, bzw. auf tatsächlich Ungleichbehandlung von Menschen unterschiedlichen Geschlechts.

  • - Die eindeutig männliche Form von "Arbeiter" ist "Arbeiteron". Man fügt also bei Männern einfach ein -on an das Wort an, ähnlich wie wenn man -in anfügt wenn man von Frauen spricht.

    Also wenn schon, dann schlage ich vor, wir verwenden eine Endung, die bereits irgendwie in der deutschen Sprache existiert. Wie wäre es zum Beispiel mit dem guten alten "-rich" am Ende, mit dem man aus einem eigentlich weiblichen Wort wie "Ente" einen "Enterich" machen kann.

    Dann hätten wir einen "Arbeiterrich" oder einen "Krankenschwesterrich." Klingt doch cool und schön männlich.

    Alternativ könnte man auch einfach ein "-bock" anhängen, so wie man aus dem "Reh" einen "Rehbock" macht. Dann hätten wir den "Arbeiterbock" und den "Krankenschwesterbock". (Oder meinetwegen "Arbeitermann" und "Krankenschwestermann".)

    Oder vielleicht doch eher einen "Krankenbruder"? Darf man "Krankenschwester" überhaupt noch sagen, oder ist das stigmatisierend, weil Frauen ja theoretisch auch mehr sein können als nur die Gehilfin des Arztes?

    Hier besteht tatsächlich noch viel Optimierungsbedarf, und ich hoffe, dass die Ampel das in ihrer Amtszeit noch auf die Reihe bekommt, bevor die CDU alles wieder rückgängig macht und uns ins sprachliche Mittelalter zurückkatapultiert. :tongue2:


    Aber mal ernsthaft:

    Weiß eigentlich jemand, ob es da in anderen Sprachen, im Französischen, Englischen, Russischen oder sowas ähnliche Überlegungen gibt, die Sprache geschlechtsneutraler zu machen, und ob da auch so ein erbitterter Kampf darüber geführt wird? Oder ist das schon ein speziell deutsches Phänomen, weil die deutsche Sprache extremer als in anderen Sprachen zwischen Geschlechtern unterscheidet, etwa durch die unterschiedlichen Artikel und weil jedes Wort entweder männlich, weiblich oder sächlich sein muss, während man im Englischen einfach "the" hat? Im Englischen heißt es eben "the worker", und damit sind dann alle gemeint... oder gibt es da auch Leute, die darauf bestehen, dass man in Zukunft "worker and workeresses" oder irgendsowas sagen soll?

  • Ich denke du hast schon recht, Yatan: Wenn sich so viele neue Wörter ergeben wird es schwer, eine größere Menge an Menschen dazu bewegen, sich auf ein neue Sprachform einzulassen.

    Ich muss auch sagen dass mir Dian's Idee sehr gut gefällt, -rich statt -on bei der männlichen Form anzuhängen. Ich hatte mir von der Theorie her gedacht, dass -on gut geeignet wäre, weil es so ähnlich wie -in klingt, und man dann so eine schöne Symmtrie in der Sprache hat, und weil nach meinem Gefühl -in eher weiblich klingt und -on eher männlich. Aber jetzt wo ich Dian's Beispiele sehe fällt mir doch auf, dass -rich natürlicher klingt, und man das auch direkt mit Männchen assoziiert. Ich glaube auch dass es vielen Leuten Spaß machen würde, -rich an bestehende Wörter anzuhängen, und dass sich das in einzelnen Gruppen durchsetzen könnte, und dann vielleicht mit der Zeit von mehr Leuten übernommen wird.


    -bock ist auch interessant, aber irgendwie verbinde ich das mit Machogehabe und triebhaftem Denken ("ich hab' jetzt Bock auf ..."). Könnte vielen Leuten auch gefallen, aber ist nicht so meins.


    Wörter wie "Krankenschwester" oder "Hebamme" würde ich nicht durch -on oder -rich etc. verändern, da Schwester und Amme ja weiblich sind, und eine Vermännlichung irgendwie komisch klingt (aber "Krankenbruder" gefällt mir :thumb_up4:). Und Wörter wie Auszubildende oder Auszubildender funktionieren schon perfekt, da ist klar was männlich und was weiblich ist. Und man kann "Azubi" verwenden, wenn man sich nicht auf eines der beiden Hauptgeschlechter festlegen will.


    Lonewolf: Die Frage, welches Milieu man anspricht, ist interessant. Ich denke am Besten spricht man das einfache Volk an, das setzt sich besser durch weil man eine größere Menge anspricht. Außerdem hat diese Menge durchschnittlich einen geringeren IQ, und solche Menschen haben weniger Verständnis warum eine gendergerechte Sprache notwendig sein soll, da ist es von der Überzeugungsarbeit sicher besser wenn man ein Konzept hat was diese Menschen anspricht. Von daher mag ich Dian's eingängigere und "coolere" Idee, -rich oder -bock zu verwenden.


    Dian: Ein sexistisches Beispiel was mir aus der englischen Sprache einfällt ist "man", was auch für Menschen im Allgemeinen stehen kann, obwohl es gleichzeitig "Mann" heißen kann, und "mankind" (also "Menschheit"), was suggeriert dass Männer das wichtigere Geschlecht ist.


    Ich habe mich auch mal mit Japanisch befasst. Ich bin jetzt nicht so gut darin, aber von meinem Sprachgefühl her ist es so, dass es erst mal hauptsächlich eine genderneutrale Sprache ist, bei der Nomen z.B. kein Geschlecht zugeordnet wird. Es gibt auch z.B. geschlechtsneutrale Endungen, die man an Namen anhängen kann wie -san ("Herr", allgemeine höfliche / formelle Anrede), oder auch -sama (Anrede in Briefen, oder für Menschen mit sehr hohem Status, oder die man verehrt), und -dono (veraltete höfliche Anrede).

    Es ist aber generell schon so, dass Frauen und Männer unterschiedlich reden. Es gibt z.B. Namenszusätze wie -chan (eher weiblich / niedlich) oder -kun (eher männlich), die typischerweise bei bestimmten Geschlechtern verwendet werden. Und "boku" / "ore" / "atashi" heißen zwar "ich", aber erstere beiden werden haupsächlich von Männern benutzt, und "atashi" ist sehr weiblich. Man kann aber auch völlig neutral "watashi" sagen, wenn man "ich" meint.

    In Animes kommt es aber auch schon mal vor, dass -kun bei weiblichen und -chan bei männlichen Charakteren benutzt wird, oder dass weibliche Charaktere "ore" / "boku" sagen. Es ist also zumindest unter engeren Freunden denke ich nicht unbedingt kultureller Zwang, dass man die Geschlechterklischees bedient. Ich denke aber in der Öffentlichkeit kann man sich sehr leicht blamieren, wenn man sich dort ungewöhnlich verhält.

  • Ich muss zugeben, dass mich das auch an der deutschen Sprache stört, dass oft nicht klar ist, ob z.B. mit "Arbeiter" nur Männer gemeint sind, oder ob auch Frauen mit einbezogen sind.

    Doch, das sind sie - und zwar eigentlich grundsätzlich.

    Im Deutschen gibt es nämlich das grammatische Geschlecht, also das Genus, allerdings nicht immer ein reales Geschlecht, also den Sexus. Bei Personenbezeichnungen, die über ein reales Geschlecht verfügen, stimmt das Genus in jedem Fall überein, zum Beispiel "die Frau", "die Mutter", "die Tochter" und "der Junge", "der Vater", "der Onkel" usw.

    Anders verhält es sich mit rein generischen Personenbezeichnungen, die also keinen Sexus haben. Der Arbeiter, der Lehrer, das Mitglied, die Wache, die Geisel - ganz klassische Beispiele -, sie haben nur ein grammatisches Geschlecht, das heißt, ihr reales Geschlecht ist undefiniert und lässt sich auf männliche und weibliche Personen gleichermaßen anwenden.

    Wenn man jetzt allerdings die movierte Form für generische Maskulina bildet, indem man das Suffix "-in" anhängt, also Arbeiterin, Lehrerin usw., erschafft man sich eine künstliche Form dieses Wortes, der auf einmal ein Sexus zugeordnet werden kann. Konsequenterweise müsste man also, um an der Stelle nicht nur das eine Geschlecht zu privilegieren, auch eine männliche Form dieser Wörter kreieren und andersherum auch selbiges für generische Feminina umsetzen (die Geisel - "die Geiselin", "der Geiseler"). (Ergänzend dazu sind Wörter wie "das Mitglied" oder "das Elternteil" auch generisch neutral - da gäbe es kaum etwas bescheuerteres, als diese auch noch zu gendern.)

    Ein Versuch dieser Umsetzung würde sowieso zu noch radikaleren Aufständen führen, weil Sprache sich in ihrer natürlichen Entwicklung eher vereinfacht als verkompliziert, und weil sich das hier wie eine ganz große Reglementierung von oben anfühlen würde.


    Deutlich einfacher wäre es, am Sprachverständnis in der Gesellschaft zu feilen. Denn gerade dieses ist flexibel und formbar. Bei dem Stichwort kann ich jetzt noch wunderbar den historischen Aspekt anführen, dass die movierten Formen generisch maskuliner Wörter ursprünglich lediglich Bezeichnungen für die Ehefrauen der berufstätigen Männer war. Die Ärztin war nur die Ehefrau des Arztes und die Bürgermeisterin war auch nur die Ehefrau des Bürgermeisters (selbiges galt übrigens für Familiennamen, das symbolisiert sprachlich die Abhängigkeit vom Mann wie nichts anderes). Erst später setzte sich die movierte Form als Berufsbezeichnung durch, ergo verändertes Sprachverständnis.

    Auch damit, dass man für die Bundeskanzlerin Merkel erst die weibliche Form für den Beruf schuf, wurde das Sprachverständnis wieder geprägt und die Verwendung der weiblichen Form nahezu obligatorisch. Hätte man darauf insgesamt verzichtet, wer weiß, dann wäre es heutzutage vielleicht normal, dass sich arbeitende Frauen wie in der DDR mit dem generischen Maskulinum bezeichnen und darin kein Problem sehen.


    Zudem ist es ironisch, dass von einer geschlechtergerechten Sprache gesprochen wird, sich aber ein Wort wie "Arbeiter*innen" sehr ähnlich zu "Arbeiterinnen" anhört. Wer zynisch ist könnte annehmen, dass ein paar frustrierte Feminist*innen den Spieß umdrehen wollten: Beim ursprünglichen Sprachgebrauch wurde beim "Arbeiter" suggeriert, dass es sich um Männer handelt. Jetzt hat man die Form "Arbeiter*innen", was sich so anhört als ob Frauen gemeint sind, obwohl auch Männer mit einbezogen sind; ein Problem wurde durch ein anderes ausgetauscht.

    Tatsächlich existiert der radikale Vorschlag (war der nicht sogar von der Luise F. Pusch?), dass man zukünftig ausschließlich die weibliche gegenderte Form verwenden und nach dem Rotationsprinzip davon ausgehen sollte, dass die Männer halt mitgemeint werden. Unsinnig und radikal, ebenso wie der Vorschlag mit dem Gendersternchen * übrigens von einer radikalen Gruppierung ausging und unkritisch von Institutionen, Bildungseinrichtungen und den Medien übernommen wurde.

    Ohne den Diskurs ist das schwierig. Es fehlt die einheitliche Form und die Konsequenz. Bei Privatpersonen mag das egal sein, aber wenn es an Unis dann auf einmal in die Bewertung einfließt, was dann auch von Uni zu Uni verschieden ist, oder wenn in jedem zweiten Online-Artikel anders gegendert wird ... Das hat negative Folgen für andere Minderheiten, die im Diskurs häufig außen vor gelassen werden, Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, Menschen, die die deutsche Sprache gerade lernen wollen, Menschen mit Sehbehinderung, wo Screenreader-Programme aktuell auch überfordert sind, weil nicht einheitlich gegendert wird.

    Und darüber hinaus wäre das Ausmerzen der grammatischen "Probleme" der Sprache noch immer nicht ausreichend, denn weiter geht's dann beim männerdominierten Wortschatz ...


    und es hört sich auch nicht wie ein deutsches Wort an, wenn man mittendrinne stockt. Es wirkt irgendwie unnatürlich.

    Darf ich fragen, wie du die Wörter "Spiegelei" oder "Hebamme" aussprichst? :D


    Weiß eigentlich jemand, ob es da in anderen Sprachen, im Französischen, Englischen, Russischen oder sowas ähnliche Überlegungen gibt, die Sprache geschlechtsneutraler zu machen, und ob da auch so ein erbitterter Kampf darüber geführt wird?

    Das ist mir im russischen Nachrichtensender, mit dem ich hier regelmäßig beschallt werde, bisher noch nicht aufgefallen. ;)

    Gut, vielleicht liegt das auch daran, dass hier fast nur die konservativen Sender laufen. Jedenfalls habe ich davon noch nichts mitbekommen und wenn ich auf Russisch recherchiere, dann ist das dritte Suchergebnis schon folgendes:

    (= "genderneutrale Sprache in Deutschland - deutschland.de")

    Kann auch sein, dass das an meiner deutschen IP liegt - keine Ahnung.

    Weibliche Formen gibt es im Russischen aber natürlich auch sowohl in den Artikeln und Pronomen als auch in der movierten Form, die mir auch vom generischen Maskulinum abgeleitet zu sein scheint. Ob das schon immer so war, kann ich nicht beurteilen.



    Nun - und wozu das alles, wenn es im Endeffekt nur die Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein betont und künstliche Spaltung schafft, obwohl wir das im Sinne der Gleichheit doch hinter uns bringen wollten? Sprache schafft alleine im Endeffekt sowieso keine Realität, und da bin ich ganz bei Yatan mit dem Gedanken, dass es wichtigere Baustellen in der Gesellschaft gibt ...

    Das einzige, was sich hier meiner Meinung nach wirklich ändern muss, ist das Sprachverständnis. Mich kotzt diese Überempfindlichkeit in der Gesellschaft an, dieses penible Korinthengekacke. So ließe sich all das Gegendere mit den neuen Formen auch einfach wieder abschaffen und man könnte mit dem Eintrichtern der deutschen Grammatik von vorne beginnen. Genus und Sexus zu kapieren ist wirklich nicht schwer. Aber das mit dem Genus hab ich auch erst im Lateinunterricht gerafft, während es im Deutschunterricht viel zu kurz kam.

  • Letzten Endes ist es mir auch scheißegal, ob jemand gendert oder nicht. Ich für meinen Teil mache es vielleicht noch aus Gewohnheit, wenn ich mich zum Beispiel konkret auf mich oder eine andere weibliche Person beziehe. Wenn es nicht gerade zum besseren Verständnis eines Sachverhalts notwendig ist, verzichte ich aktuell zunehmend darauf.

    Und wenn ich das in zwei Wochen wieder anders sehe, ist doch auch egal.


    Just my two cents.

  • Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag, Lissaminka! :)

    Ich muss zugeben, dass mich das auch an der deutschen Sprache stört, dass oft nicht klar ist, ob z.B. mit "Arbeiter" nur Männer gemeint sind, oder ob auch Frauen mit einbezogen sind.

    Doch, das sind sie - und zwar eigentlich grundsätzlich.

    Dem würde ich wiedersprechen: Wenn man z.B. von Arbeitern und Arbeiterinnen spricht, dann findet eine klare Geschlechtertrennung, und es ist offensichtlich, dass mit "Arbeitern" ausschließlich Männer gemeint sind. Es gibt also definitiv Fälle, in denen "Arbeiter" ausschließlich männlich ist.

    Bei "Mitarbeitern" ist m.M.n. auch nicht unbedingt klar, ob nur Männer gemeint sind oder auch Frauen. Oft sind beide Geschlechter gemeint, aber z.B. können ja Frauen von den männlichen Mitarbeitern schwärmen oder über sie herziehen, und dabei von den "Mitarbeitern" sprechen. Und wenn man z.B. von dem jüngsten oder ältesten Mitarbeiter spricht ist m.M.n. auch nicht klar, ob Frauen in betracht kommen oder nicht.

    Bei Bauarbeitern gibt es z.B. auch nur einen verschwindend geringen Anteil an Frauen, und vor etwa 30 Jahren war es Frauen noch verboten, überhaupt im Bauhauptgewerbe zu arbeiten. Von daher rechnen viele vielleicht gar nicht damit, dass "Bauarbeiter" auch Frauen mit einschließen kann, und wenn man klarstellen möchte dass auch Frauen gemeint sein können ist es denke ich gut wenn man das explizit ausdrückt.

    Zitat von Lissaminka

    Konsequenterweise müsste man also, um an der Stelle nicht nur das eine Geschlecht zu privilegieren, auch eine männliche Form dieser Wörter kreieren und andersherum auch selbiges für generische Feminina umsetzen (die Geisel - "die Geiselin", "der Geiseler").

    Interessanter Punkt. Ich finde "Geiseler" oder "Geiselin" hört sich relativ unschön an. Ich hatte mir zuerst gedacht, dass man bei einer Geiselbefreiung manchmal schnell agieren muss, wenn sich eine Situation ändert; da könnte man evtl. tatsächlich wichtige Sekunden sparen wenn man von "Geiselern" statt von "männlichen Geiseln" spricht, um schnell abzusprechen wie man vorgeht. Deshalb dachte ich, dass es vielleicht Gründe geben könnte, da zu gendern. Aber dann ist mir aufgefallen dass sich die Geiselnehmer so auch schneller absprechen könnten, von daher kommt es denke ich auf's gleiche raus ob man gendert oder nicht.

    Und "Geisel" ist für mich vom Sexus her klar neutral, ich kann mir da keinen Fall vorstellen wo nur Frauen gemeint sind (außer natürlich dem Fall dass alle Geiseln weiblich sind). Von daher muss man dieses Wort m.M.n. nicht unbedingt gendern.

    Zitat von Lissaminka

    Bei dem Stichwort kann ich jetzt noch wunderbar den historischen Aspekt anführen, dass die movierten Formen generisch maskuliner Wörter ursprünglich lediglich Bezeichnungen für die Ehefrauen der berufstätigen Männer war.

    Vielen Dank für die Info, das wusste ich noch nicht. :)

    Darf ich fragen, wie du die Wörter "Spiegelei" oder "Hebamme" aussprichst? :D

    Lol, da hatte ich wohl nicht genug nachgedacht! ^_^

    Klar, es gibt diese Wörter wie "Spiegelei", "beinhalten" oder "Urinstinkt", wo man eigentlich eine kurze Sprechpause macht (und denen man eine unsinnige Bedeutung geben kann wenn man sie anders betont 8o). Ich muss aber dennoch sagen dass ich finde dass es unnatürlich klingt, wenn man bei "Lehrer*innen" kurz stockt. Vielleicht liegt es daran, dass sich in diesem Fall das Wort tatsächlich auf sinnvolle Art ändern kann, je nachdem ob man eine Sprechpause einfügt (-> "Lehrer*innen") oder nicht (-> "Lehrerinnen")? Ich weiß es nicht.


    Nun - und wozu das alles, wenn es im Endeffekt nur die Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein betont und künstliche Spaltung schafft, obwohl wir das im Sinne der Gleichheit doch hinter uns bringen wollten?

    Wie ich in manchen Beispielen in meinem Beitrag angedeutet habe kann es m.M.n. durchaus oft sinnvoll sein, zwischen den Geschlechtern zu unterscheiden. Die meisten Menschen interessieren sich bei Liebesdingen ja entweder grundsätzlich für Frauen oder für Männer. Dann gibt es getrennte Räume oder Bereiche wie Toiletten, Umkleiden oder Internatswohnungen. Es gibt noch biologische Aspekte wie Schwangerschaft wo es einfach Sinn macht zu differenzieren. Und aus praktischen Gründen ist es oft einfach, wenn man sich ohne umständliche Formulierungen auf weibliche oder männliche Personen oder Teile einer Gruppe beziehen kann.


    Und wenn man Geschlechter trennen kann dann ist es auch sinnvoll, diese Trennung aufheben zu können, falls Unklarheiten bestehen können.



    Noch mal zu @Dian's Idee, bei Männern "-ich" anzuhängen: Mir ist aufgefallen, dass sich "Polizistich" komisch anhören würde, "Polizisterich" würde mir da besser gefallen. Ich frage mich welche anderen solcher Berufsbezeichnungen etc. nicht auf "r" enden, und mit einer "-ich"-Endung komisch klingen würden(?).

    Man sagt ja "Frau Lehrerin" - würde man dann konsequenterweise auch "Herr Lehrerich" sagen, oder würde "Herr Lehrer" schon reichen, da in dem Fall klar ist dass es männlich ist?


    Noch ein paar Anmerkungen zum Schluss:

    • Ich bin etwas älter, und habe eine andere Sprachsozialisation als
      jüngere Menschen, und war längere Zeit kaum noch unter Leuten. Kann sein dass wir deshalb (oder auch aus anderen Gründen) manche Dinge unterschiedlich sehen.
    • Ich habe der Einfachheit halber nur zwischen Männern und Frauen unterschieden, und Diverse erst mal außen vor gelassen. Kann sein dass ich da ein paar wichtige Aspekte übersehen habe.


    ...und noch ein paar völlig unwichtige Korrekturen:

    Ergänzend dazu sind Wörter wie "das Mitglied" oder "das Elternteil" auch generisch neutral

    Nicht ganz, es heißt "der Elternteil".

    Auch damit, dass man für die Bundeskanzlerin Merkel erst die weibliche Form für den Beruf schuf

    Ich bin mir sicher, dass auch schon vor Merkel darüber gesprochen wurde, dass es eine "Bundeskanzlerin" geben könnte, und dass man dabei dieses Wort verwendet hat. Ich denke es ist auch einfach ein natürlicher Vorgang in unserer Sprache, an ein Wort mit männlichem Genus und Sexus (edit: oder uneindeutig männlich/neutralem Sexus) das auf "er" endet "-in" anzuhängen, um es zu verweiblichen. Das funktioniert ja sogar mit aus dem Englischen übernommenen Wörtern wie "Gamer" -> "Gamerin".

  • Dem würde ich wiedersprechen: Wenn man z.B. von Arbeitern und Arbeiterinnen spricht, dann findet eine klare Geschlechtertrennung, und es ist offensichtlich, dass mit "Arbeitern" ausschließlich Männer gemeint sind. Es gibt also definitiv Fälle, in denen "Arbeiter" ausschließlich männlich ist.

    Die indirekte Zuweisung des Geschlechts geschieht der ursprünglichen Grammatik nach allein durch den Kontext.

    Die Geschlechtertrennung entsteht eben erst, wie gesagt, durch die movierte Form des generischen Maskulinums, also der besonderen Hervorhebung des weiblichen Geschlechts. (Auch wenn ich mich hier ebenfalls wiederhole: Natürlich ist in dem Moment die movierte Form, also "Arbeiterinnen" der Kontext, der darauf schließen lässt, dass mit "Arbeiter" die männlichen Arbeiter gemeint sind, aber auch das hat aus grammatischer Sicht eigentlich nun mal keine Stütze. Aus diesem Grund rührte die Schlussfolgerung mit einer Extraform nur für das geschlechtliche Maskulinum).


    Bei Bauarbeitern gibt es z.B. auch nur einen verschwindend geringen Anteil an Frauen, und vor etwa 30 Jahren war es Frauen noch verboten, überhaupt im Bauhauptgewerbe zu arbeiten. Von daher rechnen viele vielleicht gar nicht damit, dass "Bauarbeiter" auch Frauen mit einschließen kann, und wenn man klarstellen möchte dass auch Frauen gemeint sein können ist es denke ich gut wenn man das explizit ausdrückt.

    Naja, es gibt Gegenbeispiele, siehe Arztberuf. Die Frau hatte nur als Arzthelferin etwas in dem Bereich zu suchen, und Anfang letzten Jahres schlug die dominierende Seite in der Quote um. Eine Entwicklung, die sich über Jahre hinweg schon so abgezeichnet hat - darum ist es zweifelhaft, ob die woke Sprache etwas Wesentliches dazu beigetragen hat. ;)

    Und der Beruf des Bauarbeiters ist nun wegen des Körperbaus sowieso kein glänzendes Beispiel.


    Ich finde "Geiseler" oder "Geiselin" hört sich relativ unschön an. Ich hatte mir zuerst gedacht, dass man bei einer Geiselbefreiung manchmal schnell agieren muss, wenn sich eine Situation ändert; da könnte man evtl. tatsächlich wichtige Sekunden sparen wenn man von "Geiselern" statt von "männlichen Geiseln" spricht, um schnell abzusprechen wie man vorgeht. Deshalb dachte ich, dass es vielleicht Gründe geben könnte, da zu gendern. Aber dann ist mir aufgefallen dass sich die Geiselnehmer so auch schneller absprechen könnten, von daher kommt es denke ich auf's gleiche raus ob man gendert oder nicht.

    Und "Geisel" ist für mich vom Sexus her klar neutral, ich kann mir da keinen Fall vorstellen wo nur Frauen gemeint sind (außer natürlich dem Fall dass alle Geiseln weiblich sind). Von daher muss man dieses Wort m.M.n. nicht unbedingt gendern.

    Zwei Sachen:

    1.) Im Ernstfall ist es eigentlich ziemlich egal, von welchem Geschlecht eine Geisel ist, wenn du nicht gerade nur das eine Geschlecht befreien willst. ;)

    2.) "Geisel" ist vom Sexus her genauso neutral wie die generisch feminine "Leiche", oder ansonsten eben auch "Arbeiter", "Lehrer", "Bauarbeiter", "Ärzte" oder wer auch immer.


    Die meisten Menschen interessieren sich bei Liebesdingen ja entweder grundsätzlich für Frauen oder für Männer. Dann gibt es getrennte Räume oder Bereiche wie Toiletten, Umkleiden oder Internatswohnungen. Es gibt noch biologische Aspekte wie Schwangerschaft wo es einfach Sinn macht zu differenzieren. Und aus praktischen Gründen ist es oft einfach, wenn man sich ohne umständliche Formulierungen auf weibliche oder männliche Personen oder Teile einer Gruppe beziehen kann.

    Billiges Argument, aber: Das hat bisher doch auch immer gut geklappt. Auch wenn das eine möglicherweise vorhersehbare Entwicklung war, dass die alleinige Existenz und gelegentliche Nutzung der movierten Formen über kurz oder lang die Forderung einer absoluten (sprachlichen) Gleichstellung nach sich ziehen würde.


    Und um den Gedanken mal weiterzuführen ...

    Mir erscheint der gesamte Stellenwert dieser Debatte in der Gesellschaft vollkommen absurd. Das hat sich eben merkwürdig hochgeschaukelt, unter anderem, weil "niemand anecken oder jemanden ausschließen möchte", und weil die Medien vorsichtshalber lieber aktionistisch handeln, als das Thema ernsthaft zu reflektieren.

    War die Sprache bisher denn wirklich so gender-ungerecht? Diese (Gegen-)darstellung alleine ist bereits zugunsten der aktuellen "Correctness" wertend. Sind wir als Gesellschaft besser dran, wenn die Mehrheit der Bevölkerung klar dagegen stimmt, während nahezu alle Medien doch gendern (dazu uneinheitlich und inkonsequent, achtet mal besonders auf den GENETIV)?

    Es ist absurd genug, dass wir das Geschlecht überhaupt als Attribut in die Sprache integriert haben und nicht bei adjektivischen Beschreibungen aka. "männlich" und "weiblich" geblieben sind. Diese Wurzeln liegen nach wie vor in der Differenzierung zwischen Ehemann und Ehefrau in Familien vor langer Zeit. Bedauerlicherweise aber auch darin, dass die Auseinanderhaltung von Genus und Sexus in der Gesellschaft leider misslungen ist. Den meisten ist dieser Unterschied überhaupt nicht klar und die Argumente berufen sich oberflächlich auf Inklusion oder vermeintliche Exklusion. Der Aufschrei, dass die Sprache nicht inklusiv sei, kam dabei von radikalen Feministen, während der Rest der Gesellschaft kein Problem erkannte und auch heute nicht so recht weiß, wen sie vor was durch das Gendern schützt.

    Das driftet immer schnell ins Ideologische ab. Oder ins "es fühlt sich halt richtig an, das machen alle so".


    P.S.: Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache rät übrigens vom Gebrauch der movierten weiblichen Form (also dem Gendersternchen) ab. Findet nur keine Beachtung.