• Da ich in letzter Zeit viel The Cure gehört habe, bin ich durch die Lieder A letter to Elise und At night irgendwann auf Kafka gestoßen und mir gefällt seine Literatur und seine Ansichten in gewissen Punkten.

    Am Liebsten mag ich bisher Der Prozess, der ja auch ziemlich herrschaftskritisch ist oder Nachts, weil ich auch öfter mal Schlafprobleme habe durch Overthinking usw. und mir diese Interpretation der Schlaflosigkeit gefällt und ich auch das Versunkensein in die Nacht kenne und schätze. Es ist irgendwie eine Bürde und schön zugleich.


    Mögt ihr Kafka auch oder habt ihr schon was von ihm gelesen, was euch gefallen hat oder was ihr vielleicht auch nicht so gut fandet?

  • Kafka hab ich zu Uni-Zeiten erst so richtig entdeckt und bis auf 'Amerika' auch so ziemlich alles gelesen (vllt. fehlen mir noch ein paar seiner Erzählungen). Den Zugang zu seinem Werk hab ich damals vor allem durch die Philosophie des Absurden gefunden, mit deren Schlüssel sich das ein oder andere kafkaeske Schloss aufschließen lässt. Camus hat Kafka ja auch einen Essay gewidmet. Bemängeln kann ich eigentlich nichts, auch wenn die labyrinthische Ausweglosigkeit seiner Werke sicher ein Grund ist, wieso ich heute eigentlich keinen Blick mehr in die Bücher werfe. Was den Schreibstil anbelangt, hat mich Philip K. Dick bisher am ehesten an Kafka erinnert.

  • Wir haben neulich "Die Verwandlung" im Rahmen des Deutschunterrichts gelesen. Mir hat dieser merkwürdig-akribische Stil gut gefallen. Die Darstellungen sind einmalig bizarr, aber der weitere Handlungsverlauf hat mich inhaltlich leider nicht so richtig angesprochen, um es herausragend gut zu finden.

    Bemängeln kann ich eigentlich nichts, auch wenn die labyrinthische Ausweglosigkeit seiner Werke sicher ein Grund ist, wieso ich heute eigentlich keinen Blick mehr in die Bücher werfe.

    Alles andere hätte mir dieses Werk aber auch irgendwie abgewertet.


    Zusammengefasst für mich nichts besonderes.

  • Bemängeln kann ich eigentlich nichts, auch wenn die labyrinthische Ausweglosigkeit seiner Werke sicher ein Grund ist, wieso ich heute eigentlich keinen Blick mehr in die Bücher werfe.

    Ich glaube, dass er einfach den Ist-Zustand beschreibt, der ja doch oft auswegslos scheint (Rechtssystem, Herrschaft, Leistungsprinzip usw.)


    Ich lese gerade den Briefwechsel mit Felice Bauer. Dieser ist wesentlich abwechslungsreicher als seine eigentlichen Werke, wenn auch oft etwas zwanghaft, jedoch facettenreicher.

  • Wir haben neulich "Die Verwandlung" im Rahmen des Deutschunterrichts gelesen. Mir hat dieser merkwürdig-akribische Stil gut gefallen. Die Darstellungen sind einmalig bizarr, aber der weitere Handlungsverlauf hat mich inhaltlich leider nicht so richtig angesprochen, um es herausragend gut zu finden.

    Schade, dass solche Literatur Schülern aufgezwungen wird und dann wahrscheinlich nicht mal die eigentliche Bedeutung deutlich gemacht wird. Ich glaube, dass man derartige Literatur nur lesen sollte, wenn man auch darauf Lust hat und nicht "zwangsmäßug' im Unterricht. Kafka und andere Schriftsteller hätten darauf sicher auch keine Lust, dass dies mit ihren Werken passiert.


    Bei der Verwandlung geht es um Kritik am Leistungsprinzip und spiegelt auch das nicht so gute Verhältnis zu Kafkas Vater wider, der ja Kafka eine parasitäre Lebensweise unterstellt, wenn dieser sich ausschließlich der Kunst widmet.

    Kafka hat ja in einem Büro gearbeitet und das Ganze hat ihn echt angekotzt, nur wusste er nicht, wie er aus der Situation rauskommen soll, ohne andere Menschen zu enttäuschen.


    Mir gefällt am Schreibstil, dass er ein bisschen abstrakt ist und somit Interpretationsspielräume offenlässt.

  • Bemängeln kann ich eigentlich nichts, auch wenn die labyrinthische Ausweglosigkeit seiner Werke sicher ein Grund ist, wieso ich heute eigentlich keinen Blick mehr in die Bücher werfe.

    Ich glaube, dass er einfach den Ist-Zustand beschreibt, der ja doch oft auswegslos scheint (Rechtssystem, Herrschaft, Leistungsprinzip usw.)


    Ich lese gerade den Briefwechsel mit Felice Bauer. Dieser ist wesentlich abwechslungsreicher als seine eigentlichen Werke, wenn auch oft etwas zwanghaft, jedoch facettenreicher.


    Mein gewählter Zugang zu Kafka war wie erwähnt eher lebensphilosophischer/existenzialistischer und weniger gesellschaftskritischer Natur, auch wenn Letzteres natürlich ein legitimer Ansatz ist, insbesondere bei der Verwandlung.

    Der Mensch sieht sich mit einem absurden Schicksal konfrontiert und geht daran zugrunde, weil er nicht die richtigen Fragen stellt - doch was wären diese 'richtigen Fragen'? Wie könnte ein Ausweg für die Protagonisten im 'Prozess' und im 'Schloss' aussehen? Im Grunde geht es in beiden Romanen um die verzweifelte Suche nach Antworten und das Schweigen der Welt. Hätte es keine Option der Flucht für K. gegeben, keine Möglichkeit, dieses 'Spiel' nicht mitzuspielen?

  • Schade, dass solche Literatur Schülern aufgezwungen wird und dann wahrscheinlich nicht mal die eigentliche Bedeutung deutlich gemacht wird.

    Das vielleicht nicht direkt, weil in der Schule erst mal andere Aspekte im Vordergrund stehen, aber zwischen den Zeilen kommt das schon hervor, wenn man halbwegs aufmerksam liest oder sich werkübergreifend auch nur minimal damit befasst. Mal sehen, ich krame mal kurz raus, was ich mir da noch aus dem Anhang inzwischen reingezogen habe ...

    Sein "Brief an den Vater" von 1919. Die Zerrüttung seines Verhältnisses zu ihm kommt bestens zur Geltung. Wo, wenn nicht da.

    Und "Der Nachbar", 1917. Sein Büro, seine kack Arbeit, ist nichts anderes als das, was du schreibst, und was eben auch in seiner Verwandlung deutlich wird. Es entgeht einem nicht, dass das schwerwiegende Kernpunkte in seinem Leben sind, die er für sich verarbeiten möchte.


    Auch wenn mich die Lektüre persönlich nicht angesprochen hat, wollte ich aber sowieso mal etwas von Kafka gelesen haben, darum kam das diesmal ganz gelegen. Es hätte noch etwas sinnloseres sein können. Im Prinzip kann ich mit dem Kram doch immer noch mehr anfangen als meine ganzen Mitschüler. ;)

  • Kafka und andere Schriftsteller hätten darauf sicher auch keine Lust, dass dies mit ihren Werken passiert.

    Der größte Witz ist ja, dass wir uns im Musikunterricht neulich mit Claude Debussy, und mehr noch: mit Monsieur Croche, dem selbsternannten Antidilettanten, beschäftigt haben. Dass wir seine Texte lesen und wiedergeben mussten, deren Kernaussagen nichts anderes als Kritik an eben dieser Art der musikalischen Bildung und Auffassung beinhalten.

  • Zitat

    Mein gewählter Zugang zu Kafka war wie erwähnt eher lebensphilosophischer/existenzialistischer und weniger gesellschaftskritischer Natur, auch wenn Letzteres natürlich ein legitimer Ansatz ist, insbesondere bei der Verwandlung.

    Der Mensch sieht sich mit einem absurden Schicksal konfrontiert und geht daran zugrunde, weil er nicht die richtigen Fragen stellt - doch was wären diese 'richtigen Fragen'? Wie könnte ein Ausweg für die Protagonisten im 'Prozess' und im 'Schloss' aussehen? Im Grunde geht es in beiden Romanen um die verzweifelte Suche nach Antworten und das Schweigen der Welt. Hätte es keine Option der Flucht für K. gegeben, keine Möglichkeit, dieses 'Spiel' nicht mitzuspielen?

    Ich kenne nur den Prozess von Kafka, fand aber auch die gesellschaftskritischen Aspekte eher hintergründig. Im Vordergrund stand ganz klar die Absurdität des Ganzen und die draus resultierende Hilflosigkeit von K., der sich mit der Absurdität seiner Situation und der ihn umgebenden Welt nicht abfinden konnte und gerade durch die verzweifelte Anstrengung diesen aussichtslosen Prozess dennoch irgendwie zu seinen Gunsten wenden zu wollen am meisten litt. Die Ungewissheit über die Dauer und den Ausgang der Verhandlung wäre erträglicher geworden, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre seinen Frieden mit der Unwägbarkeit des ganzen zu machen und die Absurdität des Ganzen zu akzeptieren. Statt verzweifelt dagegen anzukämpfen, hätte er anstatt gegen die Strömung zu schwimmen und sich dabei zu verausgaben, sich auch einfach der Absurdität hingeben können und sich von der Strömung treiben lassen um spontan und gelassen auf alles zu reagieren was ihm entgegengeschleudert wird. Indem er aufgegeben hätte die äußere Umstände kontrollieren zu wollen auf die er keinen Einfluss hatte, hätte er zumindest wieder die Kontrolle über sich selbst zurückerlangt und damit die innere Freiheit über den Ausgang dieses Prozesses erlangt und womöglich diesen Prozess sogar genießen und sein Schicksal Locker und mit Humor nehmen können.

    Ich lese gerade im Tao Te Ching und da geht es auch viel um das akzeptieren und lassen und die Aufgabe vom Verlangen und ums nicht Festhalten wollen an Dingen die ihrer Natur nach vergänglich sind und sich stetig wandeln und daher niemals wirklich besessen oder kontrolliert werden können. Irgendwie sehe ich da auch eine gewisse Konnektivität zum Existenzialismus und zu dem was uns Kafka und Camu vermutlich mit ihren Werken auch vordergründig vermitteln wollten. Aber sicher gibt es auch noch andere Möglichkeiten der Interpretation und Anwendung die nicht weniger falsch sein müssen.

    ''Everyone around me, they feel connected to something. Connected to something, I'm not.''
    Motoko Kusanagi

  • Wahrscheinlich gibt es so viele Interpretationsmöglichkeiten wie es Leser gibt und gerade das gefällt mir. Dass es Werke gibt, die frei interpretierbar sind und nicht in ein enges Korsett geschnürt sind.


    Mit dem Taoismus habe ich mich auch eine Zeit lang beschäftigt.

    Ich glaube aber eher an die Chaostheorie.

    Der Taoismus ist mir persönlich zu passiv und Untätigkeit kann Unrecht legitimieren. Andererseits muss einem aber auch bewusst sein, dass der Handlungsspielraum eines einzelnen Menschen leidet nur begrenzt und das Handeln an sich keine Garantie für gravierende Veränderungen darstellt.