der Wunsch, angenommen zu sein

  • Was "angenomen sein" wirklich bedeutet, ist eine Frage, die mich schon lange begleitet. Und mich auf die Suche nach der Antwort zu machen, eine Art Lebensaufgabe.

    Mein bisher Stand: angenommen sein ist nicht dasselbe wie akzeptiert sein, sondern viel mehr. es heißt, für andere von Bedeutung zu sein zwar schlicht, weil man ein Mensch ist. Und dass man sich nicht erst beweisen oder ein besonders guter Bedürfniserfüller für andere sein muss, um das zu bekommen. Vielleicht ist es der Liebe ähnlich, ich würde nur sagen, angenommen sein und Liebe gehen zusammen, aber Liebe muss nicht Teil des Pakets/Voraussetzung dafür sein. (Wobei ich trotzdem denke, dass Liebe von selbst viel mehr entstehen würde, würden sich alle annehmen.) Es heißt, auch dann wichtig für jemanden zu sein, auch wenn das Spezialgefühl von Liebe sich nicht einstellt.

    Ich hab das Gefühl, bisher nur Puzzlestücke zu haben und selbst nicht zu begreifen, was das heißt.


    Ich glaube, dass es den Menschen an angenommen sein mangelt. Was man vielleicht auch daran sehen kann, dass z.B. Jesus/Gott diese Idee bewerben, oder andere Spiri-Varianten.

    Und dass alle eine Sehnsucht dazu spüren und viele so ihre Idee davon haben.

    Eine Idee davon ist vielleicht, dass man angenommen ist, wenn man einen Gedanken von jemand anderem übernommen hat. Etwas, was ich überhaupt nicht glaube.

    In der Extremform fühlen sich dann in einer Diktatur alle (scheinbar) angenommen, weil sie alle demselben Gedanken nachrennen.

    Aber der jeweilige Gedanke, das jeweilige Thema ist aus dieser Perspektive egal, weil's um das Nachrennen geht und das Thema austauschbar ist.


    Mehr hab ich grad nicht dazu.

  • Der Wunsch angenommen zu sein ist vielleicht sowas wie eine Rückmeldung von außen, so sein zu dürfen, wie man ist, ohne das Alleinsein fürchten zu müssen oder ständig dafür kritisiert zu werden und im Idealfall natürlich Menschen zu finden, die ähnlich ticken, wie man selbst.

  • Der Wunsch angenommen zu sein ist vielleicht sowas wie eine Rückmeldung von außen, so sein zu dürfen, wie man ist, ohne das Alleinsein fürchten zu müssen oder ständig dafür kritisiert zu werden und im Idealfall natürlich Menschen zu finden, die ähnlich ticken, wie man selbst.

    ja, ich denke, das trifft es.


    meine Gedanken gehen weiter in die Richtung, dass jeder Mensch einen Seelenhafen haben sollte. einen Ort mit anderen Menschen, an dem er zeigen kann, wie es wirklich in ihm aussieht und das wohlwollend entgegengenommen und sich dafür interessiert wird.


    Und hier ergibt sich oft eine Schwierigkeit; ich rede da auch von vielen persönlichen Erfahrungen.

    Ich versuch es mal zu beschreiben:

    und zwar haben Menschen ja einerseits etwas, was sie in ihrer Seele bewegt. Und dann ist das "Originalempfinden" meist mit einer geistigen Interpretation überlagert. Und viele Menschen fordern, dass ihre Interpretation geteilt wird und fühlen sich erst dann angenommen. Manchmal werden richtige Dramen deswegen aufgeführt und oft gehen sie mit dem Vorwurf einher, dass man sich eben nicht für den anderen interessiert (weil man ja sonst auch so denken würde).

    Und mein Empfinden ist, dass das Originalempfinden und die Interpretation (das Selbstbild) oft nicht zusammenpassen. Und ich denke das ergibt sich daraus, dass die Interpretation oft nicht einfach nur der Versuch ist, sich selbst tiefer zu verstehen, sondern dahinter oft Strategien stehen. Muster, die sich Menschen (z.B. aus Selbstschutz in nicht verarbeiteten Situationen von Hilflosigkeit) angeeignet haben und es eigentlich darum geht, das Muster zu schützen und nur eine passende Interpretation gesucht wurde, die etwas bestätigt und somit das Muster auch wieder als sinnvoll und wichtig erscheinen lässt.


    Somit klappt das mit dem annehmen und angenommen fühlen aus meiner Sicht nur, wenn alle das grundsätzliche Verständnis mitbringen, dass andere sich durchaus für einen interessieren können, ohne dasselbe Narrativ zu teilen. Und ich denke das geht wiederum nur, wenn die Bereitschaft von allen da ist, Originalempfinden von der Interpretation trennen zu können oder zumindest zu sehen, dass beides sehr verschieden sein kann.

  • Hmm... irgendwie habe ich bei manchen deiner Beiträge den Eindruck, du hast in deinem Leben bisher überdurchschnittlich häufig mit überkomplizierten Menschen zu tun gehabt. Und jetzt zermarterst du dir das Hirn darüber, wie man mit solchen Menschen am Besten umgeht oder welche Strategien des Zusammenlebens man entwickeln kann, damit es funktioniert.

    Ich zitiere mal sinngemäß aus meinem Beziehungs-Video: Liebe (und es trifft in gewisser Weise wohl auch auf Freundschaft zu) sollte die einfachste, unkomplizierteste Sache auf der ganzen Welt sein. Wo es das nicht ist, ist eh schon der Wurm drin, und man sollte besser rechtzeitig das Weite suchen, anstatt sich daran abzuarbeiten. Das ist vergeudete Energie.

    Die Praxis hat mich im Grunde auch ganz gut darin bestätigt, dass meine Theorie richtig ist. Wenn du die richtigen Menschen triffst, stellen sich diese Fragen gar nicht. Dann gibt es da kein "Originalempfinden" und irgendwelche falschen Interpretationen und alle möglichen damit zusammenhängenden Missverständnisse. Dann funktioniert es einfach.


    Würdest du sagen, du hast deine Erfahrungen bei den unterschiedlichsten Arten von Menschen gemacht hast... oder ist eher so ein bestimmtes Umfeld, in dem du dich aufhältst, und wo man vielleicht besonders häufig auf solche Menschen trifft? Du hast ja mal erwähnt, dass du viel in so polyamourösen Kreisen verkehrst. Kann es vielleicht sein, dass Leute dort besonders kompliziert oder "schwierig" sind? (Einen kenne ich ja... der war definitiv schwierig. ;))

    In so einem Fall würde möglicherweise ein Milieuwechsel bzw. einfach eine andere Prioritätensetzung bei der Freundes- bzw. Partnerwahl eine Möglichkeit sein.

    Aber generell verstehe ich natürlich schon deine Sehnsucht nach so einem "Seelenhafen" und die damit verbundenen Schwierigkeiten.

    Die Freundschaften, die ich früher hatte, als ich noch zur Schule ging oder kurz danach, waren mir auch alle nicht tief und intensiv genug. Und auf der Suche nach dem, was ich mir als Ideal vorgestellt habe, bin ich dann auch oft genug an die Falschen geraten und habe da auch immer Energie investiert, nur um am Ende festzustellen, dass es nichts bringt, wenn man zu verkrampft versucht, zu verbinden, was nicht verbunden gehört... und sich mit Menschen, die eine zu unterschiedliche Wahrnehmung wie man selbst haben, irgendwie zu arrangieren in der Hoffnung, dass man sich schon noch aneinander gewöhnen wird (was natürlich theoretisch sicher passieren kann).

  • Ich denke das ist eine sehr zutreffende Beobachtung die du da gemacht hast, das was wir glauben was uns wichtig ist und was uns bewegt ist selten das was uns tatsächlich umtreibt. Da gibt es meist noch mehrere Ebenen die den Urgrund unseres Empfindens überlagern, da muss man schon sehr tief in sich hinein blicken bis man zum letztendlichen Grundempfinden gelangt aus dem alle weiteren Gründe hervorgehen, die der Verstand entwickelt hat um einen intellektuellen Überbau zu schaffen der seiner eigenen Egostruktur Dauer verleihen soll und als Selbstschutz dient. Die Identifikation mit diesen gedanklichen Konstrukten und Erzählungen welche erst im Nachhinein mit dem eigentlichen Grundgefühl verknüpft wurden überlagern unsere tatsächlichen Empfindungen und versperren dabei den Blick auf das was uns wahrhaftig Motiviert und Bewegt. Wie glaubst du kann diese Trennung der Interpretationen von dem Ursprungsempfinden am besten gelingen?


    Zum Thema angenommen sein kommt mir direkt Gerald Hüther in den Sinn.

    Ich denke bevor man erwarten kann von anderen angenommen zu werden muss man ohnehin zunächst in der Lage sein sich selbst so rückhaltlos wie möglich anzunehmen, denn nur dann kann man auch zu seinem Grundempfinden stehen ohne sich hinter irgendwelchen vorgeschobenen Narrativen zu verstecken und sich bei jeder Gelegenheit rechtfertigen zu wollen. Wenn man das kann stellt man eventuell auch fest, dass einem das womöglich bereits genügt und es gar nicht mehr so sehr darauf ankommt zusätzlich noch von anderen angenommen zu werden.

    ''Everyone around me, they feel connected to something. Connected to something, I'm not.''
    Motoko Kusanagi

  • Hmm... irgendwie habe ich bei manchen deiner Beiträge den Eindruck, du hast in deinem Leben bisher überdurchschnittlich häufig mit überkomplizierten Menschen zu tun gehabt. Und jetzt zermarterst du dir das Hirn darüber, wie man mit solchen Menschen am Besten umgeht oder welche Strategien des Zusammenlebens man entwickeln kann, damit es funktioniert.

    Ich zitiere mal sinngemäß aus meinem Beziehungs-Video: Liebe (und es trifft in gewisser Weise wohl auch auf Freundschaft zu) sollte die einfachste, unkomplizierteste Sache auf der ganzen Welt sein.

    Word. Ich hatte ja auch solche Neigungen in der Vergangenheit, was ich allerdings primär darauf zurückführe, irgendwas 'Besonderes' gesucht und mit 'besonders kompliziert' verwechselt zu haben. Oder ich habe mich zu lange an Beziehungen bzw. Menschen geklammert, obwohl ich früher die Reißleine hätte ziehen sollen. Letztlich spielt hier wieder der Drang zu einer ungesunden Romantisierung oder eher Verklärung mit rein, anstatt seinen Umgang und seine Erwartung zu 'normalisieren' und vor allem zu 'entdramatisieren'. Menschen machen sich dieses ohnehin kurze Leben viel zu schwer.

  • Zitat

    Hmm... irgendwie habe ich bei manchen deiner Beiträge den Eindruck, du hast in deinem Leben bisher überdurchschnittlich häufig mit überkomplizierten Menschen zu tun gehabt. Und jetzt zermarterst du dir das Hirn darüber, wie man mit solchen Menschen am Besten umgeht oder welche Strategien des Zusammenlebens man entwickeln kann, damit es funktioniert.

    Vielleicht liegt das Problem ja aber auch viel mehr darin, dass die meisten Menschen sich der Komplexität und der Bedeutung ihres eigenen Empfindens und der Motive hinter ihrem Denken und Handeln welche dieses maßgeblich mitbestimmt gar nicht wirklich bewusst sind und sie daher regelrecht dazu verdammt sind ihre unbewussten Reaktionsmuster immer aufs neue ausleben zu müssen, ohne zu verstehen woher das eigentlich kommt. Und man könnte womöglich sogar so weit gehen zu behaupten, dass alle großen Menschheitsprobleme in irgendeiner Form ihren Ausgangspunkt in diesem Unvermögen haben mit den eigenen Grundempfindungen in kontakt zu stehen und die Probleme dort an der Wurzel zu packen.

    Zitat

    Die Praxis hat mich im Grunde auch ganz gut darin bestätigt, dass meine Theorie richtig ist. Wenn du die richtigen Menschen triffst, stellen sich diese Fragen gar nicht. Dann gibt es da kein "Originalempfinden" und irgendwelche falschen Interpretationen und alle möglichen damit zusammenhängenden Missverständnisse. Dann funktioniert es einfach.

    Vielleicht funktioniert es ja gerade deshalb in diesen Fällen so gut weil es dann eine höhere Übereinkunft mit dem Originalempfinden gibt, also das genaue Gegenteil zu einer zweckmäßigen Zwangsgemeinschaft wo es mehr um Verpflichtungen und Vorteile geht die man sich erhofft und wo alles an bestimmte Bedingungen geknüpft ist.

    Mir schien es aber auch mehr darum zu gehen wie Menschen lernen könnten miteinander besser umzugehen die nicht schon ein Herz und eine Seele sind, sondern komplett gegensätzliche Ansichten haben. Bei diesen Streitthemen gibt es aber oft nur wenig Bereitschaft sich auf den Standpunkt seines Gegenübers einzulassen und auch mal die Perspektive des anderen einzunehmen und somit gibt es selten die Möglichkeit dazu die Streitigkeiten beizulegen und Verständnis für die Position des anderen aufzubringen. Wenn man aber mal erkannt hat, dass es eigentlich nur selten um die Streitthemen geht wegen derer man sich gegenseitig in die Haare kriegt oder um die vorgebrachten Argumente welche man wie Schild und Schwert vor sich herträgt, sondern es in Wahrheit viel mehr um solche unterschwelligen Empfindungen und Gefühle geht welche jeder selbst schon mal in unterschiedlicher Ausprägung durchlebt hat und daher gut nachvollziehen kann, im Gegensatz zu den gedanklichen Positionen des anderen welche einem nicht annähernd so vertraut sind, dann ergibt sich eine völlig neue Perspektive. Es könnte passieren, dass man aufhört im Anderen einen bloßen Feind oder eine Bedrohung zu erkennen, sondern das verletzte und geängstigte Wesen welches dort tatsächlich sitzt, oder was für ein Grundempfinden es auch immer sein mag welches dort gerade besonders Präsent ist und vielleicht sogar so weit zu gehen das eigene Grundempfinden welches in einem Selbst vorherrscht ebenfalls wahrzunehmen und zu bemerken, dass es um etwas ganz anderes geht als das worüber gerade gestritten wurde.

    Die meisten von uns wollen doch ganz häufig einfach nur Recht behalten, egal ob in Diskussionen mit anderen deren Meinung von der eigenen Abweicht oder indem man immer nur nach Bestätigungen für jene Thesen Ausschau hält die man ohnehin bereits glauben möchte und daher alles andere rausfiltert und ausblendet was nicht ins eigene Bild passt. Hier gilt es jetzt etwas tiefer zu gehen und sich zu fragen woher z.b. dieser Drang kommt immer im Recht zu sein. Und wenn man dann den Grund dafür ausfindig machen konnte warum man immer Recht behalten will, geht es vielleicht noch einige weitere Etagen tiefer bis man schließlich bei diesem ursprünglichen Grundempfinden ankommt aus dem all die weiteren Gründe und Motive hervorgegangen sind die schließlich dazu führten permanent im Recht sein zu wollen und den Handlungen und Verhaltensweisen die daraus erwuchsen.

    ''Everyone around me, they feel connected to something. Connected to something, I'm not.''
    Motoko Kusanagi

  • Würdest du sagen, du hast deine Erfahrungen bei den unterschiedlichsten Arten von Menschen gemacht hast... oder ist eher so ein bestimmtes Umfeld, in dem du dich aufhältst, und wo man vielleicht besonders häufig auf solche Menschen trifft? Du hast ja mal erwähnt, dass du viel in so polyamourösen Kreisen verkehrst. Kann es vielleicht sein, dass Leute dort besonders kompliziert oder "schwierig" sind? (Einen kenne ich ja... der war definitiv schwierig. ;) )

    Ich bin und war immer eher ein extrovertierter mensch (bzw. so 60% extro, 40% intro) und habe daher schon viele menschen kennegelernt/in meinem leben gehabt. und da ich mich mal als menschenoffene person bezeichnen würde, die sich mit menschen umgibt die mitunter sehr unterschiedlich ticken und denken, würde ich schon sagen, dass ich die erfahrung mit unterschiedlichen menschen gemacht habe. gerade die poly-leute erleben ich da eher als positv, was nicht heißt, dass ich da mit jedem eine große connection habe, aber polys haben sich für einen lebensweg entschieden, bei dem gute kommunikation notwendig ist, weil ja immer so viele in den sogenannten "polykülen" (molekülartige strukturen die sich in den beziehungen untereinander ergeben) involviert sind.


    eine erfahrung, die ich auch oft gemacht habe, ist, dass beziehungen sehr fragil und instabil sein können und zwar, ohne dies zunächst zu ahnen. das läuft meist so, dass alles eine ganze weile ganz prima und harmonisch läuft, und dann gibt es auf einmal was, irgendein neuer faktor der ins leben kommt, der einen konflikt erzeugt. und erst in dieser situation zeigt sich auf einmal ein empfindlicher punkt am anderen (oder an einem selbst), für den es zuvor einfach keinen auslöser gab, so dass es zuvor auch nicht lediglich "gespielt" war, dass alles gut geklappt hat.

    daher sage ich manchmal heute auch, dass ich einen kontakt dann als gut bezeichne, wenn man die ersten drei streits hinter sich hat (der erste könnte noch ein zufallsbefund sein), und sie konstruktiv lösen konnte. ich hab auch gar nichts dagegen, dass es ohne streit funktioniert. es ist nur meine bisherige lebenserfahrung, dass irgendwann was um die ecke kommt. aber auch gegen streit habe ich nichts, solange er sich positiv und nachhaltig (!) lösenlässt (nachhaltig in dem Sinne, dass es auch bei schwierigen Themen irgendein positives Weiterkommen gibt, und man sich nicht immer mit derselben Krütze befasst und im Kreis dreht, denn das ist einfach nur zermürbend). im gegenteil: ich hatte als kind ein ungünstiges umfeld, wodurch ich recht angepasst wurde um möglichst wenig ärger auf mich zu ziehen. und streits, die ich mit leuten positiv lösen konnte (die erfahrung gab es ja auch), haben mich sehr in dem glauben an eine sichere bindung bestärkt, nämlich, dass es möglich ist auch mal aneinanderzugeraten, und dadurch nicht gleich die welt zusammenbricht.


    ich glaube nicht, dass ich schon alle faktoren die zu diesen erfahrungen führen/geführt haben, auf dem schirm habe.


    ein faktor war sicher, dass ich nicht so gut zu mir gestanden habe und sich daher dinge über einen längeren zeitraum zugespitzt haben, weil ich mich nicht früh genug mit meinen bedürfnissen eingebracht habe. oder sehr unsicher war, als ich sie eingebracht habe, was wiederum unsicherheit beim anderen erzeugen kann.


    ein anderer punkt ist, dass ein paar leute auch etwas arg neurotisch waren, so dass man das kontaktende auch positiv sehen kann. aber sie waren ein wirklich gutes trainingsfeld um zu mir zu stehen und mich durch das ganze defensive verhalten nicht einschüchtern zu lassen.


    was dann auch der nächste puntk wäre, nämlich, dass ich leuten oft sage, wenn ich was wahrnehme, von dem ich denke, dass es destruktiv ist (und sei es nur in bezug auf sie selbst). das empfinden leute oft als angriff, während ich eher aus der ecke komme, dass man auch sehr wohlwollend über sowas sprechen kann.


    Wie glaubst du kann diese Trennung der Interpretationen von dem Ursprungsempfinden am besten gelingen?

    puh, du stellst fragen ;-) ich hab das gefühl es ist eine lebens- vielleicht sogar menschheitsaufgabe, das rauszukriegen. und ich forsche gerne mit :)


    wie man die frage beantwortet, hängt wohl auch ganz von der perspektive ab, mit der man draufschaut.

    allen voran das menschenbild das man hat, wie frei oder unfrei man den menschen sieht. es gibt ja viele studien, die zeigen, wie wir uns im schnitt in bestimmten situationen verhalten, nur treffen sie ja keine aussage über den grund, und ob auch ein anderes verhalten möglich wäre (das sich aber nicht allgemein durchgesetzt hat).


    ich denke, dass es nicht primär eine frage von wissen und fähigkeiten ist, sondern vom willen.

    es kann ja sein, dass man sich in irgendeiner inneren scheiße verrannt hat, aus der man nicht selbst rausfindet. aber spätestens wenn ein anderer mensch auftaucht der einem sagt "versuch doch mal diese (andere) sichtweise drauf" weiß man, dass es offenbar noch eine andere perspektive gibt als die eigene. und spätestens dann ist es eine wahl und wenn man den menschen und seine sichtweise von sich fern halten muss (egal ob man dabei eher aggressiv vorgeht oder eher passiv und sich entzieht), entscheidet man sich dafür, in seiner bubble zu bleiben. im anderen positiven fall könnte man sich ja einfach anhören was der andere, ergebnisoffen drauf schauen und es auf sich wirken lassen.

    ich denke es geht hierbei um die prinzipielle überlegung, ob man die welt in sich reinlassen oder eher von sich fernhalten will. und dass, wenn man sie in sich reinlassen will, kein cherrypicking möglich ist, sondern man dann auch die ganzen verletzungen und grausamkeiten in sich reinlässt. und ja, ich halte das für eine gute sache ;-).


    und dann istr noch eine erfahrung, dass von tiefe labern und tiefe leben zwei unterschiedliche dinge sind. denn ersteres ist einfach, aber es dann wirklich zu tun wenn ein verletzter oder gar traumatisierter bereich von einem betroffen ist, das ist nochmal eine ganz andere sache.


    und ich glaube weiterhin, dass menschen mehr angst vor verbundenheit als vor verletzung haben (warum ich das glaube, kann ich nicht gut erklären).

    es wird ja gern die verletzung herzitiert, als grund, andere von sich fern zu halten.

    ich sehe das ganze aber auch stark aus der von mir schon weiter obenen beschriebenen sicht, dass menschen auch gerne ihre inneren muster schützen, und um muster zu schützen muss man verhindern beeinflussbar und berührbar zu sein.

    würde man verbundenheit (wenn sie sich natürlicherweise zeigt) zulassen, könnte sich vieles oder sogar alles ändern und man müsste sich innerlich nochmal ganz neu sehen.

    Wenn man das kann stellt man eventuell auch fest, dass einem das womöglich bereits genügt und es gar nicht mehr so sehr darauf ankommt zusätzlich noch von anderen angenommen zu werden.

    da denke ich vermutlich anders als die meisten.

    ich finde selbstannahme grundsätzlich erstmal eine gute sache, vor allem dann, wenn man sich anfängt für jemanden zu verfälschen.

    ich sehe diese haltung aber auch als selbstschutzmechanismus, sich vor enttäuschenden erfahrungen zu schützen.

    ich halte den menschen für ein viel zu soziales wesen (bzw. es deckt sich mit meinem empfinden), als dass ich denke, er könnte sich alles selbst geben. dafür sind viel zu viele anteile in uns auf soziale interaktion ausgelegt. auf welche art die gestaltet sein können, da denke ich sind wir oft sehr engstirnig und sehen oft viel zu eingeschränkte varianten. oft fehlt es an freiheit; aber auch die freiheit kann so hoch gehalten werden, dass sie aus meiner sicht wieder einschränkt (letzteres vielleicht auch eine sichtweise, die eher untypisch ist).


    und dann hab ich noch so ganz persönliche ansichten. ich hab beispielsweise das gefühl, dass wir alle (bis auf wenige ausnahmen vielleicht) eigentlich viel liebevoller sind oder sein könnten, als wir sind/glauben zu sein/uns verhalten. ich habe auch einen großen liebevollen teil, der sich in der welt viel zu selten auslebt, und der, auch wenn mir nicht alle menschen gleich wichtig sind, sich auf mehr als eine person bezieht; er fühlt sich mehr an wie ein tiefer charakterteil in bezug auf das ganze leben. und ich hab halt noch die annahme, dass ich damit nicht alleine bin, und sich alle nicht so recht trauen das zu zeigen ;-).

  • Zitat

    ich denke, dass es nicht primär eine frage von wissen und fähigkeiten ist, sondern vom willen.

    es kann ja sein, dass man sich in irgendeiner inneren scheiße verrannt hat, aus der man nicht selbst rausfindet. aber spätestens wenn ein anderer mensch auftaucht der einem sagt "versuch doch mal diese (andere) sichtweise drauf" weiß man, dass es offenbar noch eine andere perspektive gibt als die eigene. und spätestens dann ist es eine wahl und wenn man den menschen und seine sichtweise von sich fern halten muss (egal ob man dabei eher aggressiv vorgeht oder eher passiv und sich entzieht), entscheidet man sich dafür, in seiner bubble zu bleiben. im anderen positiven fall könnte man sich ja einfach anhören was der andere, ergebnisoffen drauf schauen und es auf sich wirken lassen.

    ich denke es geht hierbei um die prinzipielle überlegung, ob man die welt in sich reinlassen oder eher von sich fernhalten will. und dass, wenn man sie in sich reinlassen will, kein cherrypicking möglich ist, sondern man dann auch die ganzen verletzungen und grausamkeiten in sich reinlässt. und ja, ich halte das für eine gute sache ;-).

    Aber du hast doch sicher auch irgendwo eine persönliche Grenze oder? Sich den inneren Schattenaspekten eines Menschen rückhaltlos zu öffnen ist sicher das eine, was schon schwer genug fallen kann, wenn jetzt aber ein Mensch auch nach außen verletzend oder aggressiv auftritt und entweder dir selbst oder anderen Menschen mit Grausamkeit begegnet gibt es sicher irgendwann einen Punkt an dem eine rote Linie überschritten ist oder? Wie würdest du mit besonders schwierigen Personen umgehen, denen es an Feingefühl mangelt und die vielleicht auch offen Hass und Aggression ausleben oder anderweitig toxische und belastende Verhaltensweisen an den Tag legen? Ich habe da leider so meine eigenen negativen Erfahrungen aus meinem eigenen Freundeskreis machen müssen und natürlich auch oft genug mit Fremden. Und während es mir selbst relativ leicht fällt auch mal andere Perspektiven einzunehmen, nichts allzu persönlich zu nehmen und die Dinge differenzierter zu betrachten, wird von meinem Gegenüber häufig das genaue Gegenteil verlangt, ich solle mich gefälligst bekennen, klar Stellung beziehen oder mich rechtfertigen wenn ich nicht vollumfänglich ihren Ansichten beipflichten möchte. Oder man wird gar angefeindet manchmal geschieht dies sogar völlig Grundlos, in anderen Situationen wiederum liegt es daran dass man nicht bereit ist sich in ihr ideologisches Gedankenkonstrukt einzureihen und mitzumarschieren. Ich habe so meine Schwierigkeiten mit schwierigen Menschen :-D

    Zitat

    und ich glaube weiterhin, dass menschen mehr angst vor verbundenheit als vor verletzung haben (warum ich das glaube, kann ich nicht gut erklären).

    es wird ja gern die verletzung herzitiert, als grund, andere von sich fern zu halten.

    ich sehe das ganze aber auch stark aus der von mir schon weiter obenen beschriebenen sicht, dass menschen auch gerne ihre inneren muster schützen, und um muster zu schützen muss man verhindern beeinflussbar und berührbar zu sein.

    würde man verbundenheit (wenn sie sich natürlicherweise zeigt) zulassen, könnte sich vieles oder sogar alles ändern und man müsste sich innerlich nochmal ganz neu sehen.

    Ist die Angst davor seine inneren Muster infrage stellen zu müssen nicht letztendlich auch bloß wieder die Angst vor einer möglichen Verletzung oder zumindest davor dadurch ein Stück weit Verwundbar zu werden? Ironischerweise ist ja das genaue Gegenteil der Fall, solange man sich vor Veränderungen fürchtet und die Angst vor dem Zusammenbruch gewohnter Muster und der eigenen Identität bestehen lässt, solange bleibt man Verletzlich und Verwundbar. Und gerade durch die Bereitschaft sich zu öffnen und verletzt zu werden schwindet auch die Verletzlichkeit und man wird ein Stück weit unverwundbar. Ich denke Angst macht einen immer auch Verwundbar und diese Verwundbarkeit führt wiederum zu stärkerer Angst, beide stehen also irgendwo in einem partnerschaftlichen Verhältnis zueinander und sind wie treue Weggefährten die einander bedingen und verstärken. Angst und Verletzung brauchen einander, daher kann ich mir schon vorstellen wie beide eher Synergetisch funktionieren. Wohingegen Offenheit und Verbundenheit stärker in Bezug zu Vertrauen stehen, welches als direkter Gegensatz zur Angst von unseren eigenen ängstlichen Mustern natürlich am meisten gefürchtet wird, weil es als einziges den Kampf mit der Angst aufnehmen und siegreich daraus hervorgehen kann.

    Zitat

    da denke ich vermutlich anders als die meisten.

    ich finde selbstannahme grundsätzlich erstmal eine gute sache, vor allem dann, wenn man sich anfängt für jemanden zu verfälschen.

    ich sehe diese haltung aber auch als selbstschutzmechanismus, sich vor enttäuschenden erfahrungen zu schützen.

    ich halte den menschen für ein viel zu soziales wesen (bzw. es deckt sich mit meinem empfinden), als dass ich denke, er könnte sich alles selbst geben. dafür sind viel zu viele anteile in uns auf soziale interaktion ausgelegt. auf welche art die gestaltet sein können, da denke ich sind wir oft sehr engstirnig und sehen oft viel zu eingeschränkte varianten. oft fehlt es an freiheit; aber auch die freiheit kann so hoch gehalten werden, dass sie aus meiner sicht wieder einschränkt (letzteres vielleicht auch eine sichtweise, die eher untypisch ist).

    und dann hab ich noch so ganz persönliche ansichten. ich hab beispielsweise das gefühl, dass wir alle (bis auf wenige ausnahmen vielleicht) eigentlich viel liebevoller sind oder sein könnten, als wir sind/glauben zu sein/uns verhalten. ich habe auch einen großen liebevollen teil, der sich in der welt viel zu selten auslebt, und der, auch wenn mir nicht alle menschen gleich wichtig sind, sich auf mehr als eine person bezieht; er fühlt sich mehr an wie ein tiefer charakterteil in bezug auf das ganze leben. und ich hab halt noch die annahme, dass ich damit nicht alleine bin, und sich alle nicht so recht trauen das zu zeigen ;-).

    Das ist halt auch wieder abhängig von der jeweiligen Lebenssituation eines Menschen und den daraus resultierenden Perspektiven. Du hast geschrieben du seist eher Extrovertiert wohingegen ich mich eher als Introvertiert bezeichnen würde. Ich muss aber auch sagen dass ich in den letzten Jahren stärkere Tendenzen in Richtung einer zunehmenden Extrovertiertheit festgestellt habe. Zu meiner Schulzeit war ich noch das absolute Paradebeispiel eines verschlossenen Einzelgängers, heute kann ich dagegen viel leichter aus mir herausgehen und offener auf andere zugehen. Aber es bietet sich mir halt selten die Gelegenheit diese extrovertiertheit und die liebevollen Anteile von mir auszuleben und in eine Gemeinschaft oder Beziehung einbringen zu können. Gerne würde ich dazu mehr die Gelegenheit erhalten, aber es ist jetzt auch nicht so dass ich deshalb verbittert wäre oder mich verzweifelt danach verzehren würde. Ich akzeptiere meine Situation da wo sie sich aktuell nicht ändern lässt und versuche an anderer Stelle eine innere Ausgeglichenheit für den Mangel an äußeren Beziehungen aus mir selbst heraus zu verwirklichen. Im Gegensatz zu manchen Zeitgenossen die sich in einer solchen Situation bedauernswerterweise in ihrem Selbstmitleid ergießen oder in Verbitterung, Hass und Zynismus verfallen, habe ich für mich erkannt dass es immer auch auf die Wahl der eigenen Perspektive ankommt. Statt den Fokus zu sehr auf die Empfindung eines Mangels zu richten ist es immer auch möglich sich stattdessen stärker auf jene Aspekte der Fülle, Dankbarkeit und Zufriedenheit auszurichten welche bereits vorhanden sind und das eigene Glück nicht zu sehr an äußere Bedingungen zu knüpfen. Es hilft auch sich zu vergegenwärtigen dass nicht alle Beziehungen eine Quelle des Glücks und der Zufriedenheit sind, im Gegenteil gleichen viele Beziehungen doch eher einem Schlachtfeld und einem Hort des Unfriedens.

    Mittlerweile würde ich gerne mehr Kontakte zu Menschen aufbauen. Mit sozialen Kontakten ist es ein wenig so wie mit Geld, wer bereits viel Kapital besitzt kann dieses leicht vermehren, wohingegen ein armer Mensch häufig arm bleibt. Als arbeitsloser single Mann mit wenig sozialen Kontakten ist es halt unfassbar schwer neue Leute kennen zu lernen, insbesondere sobald man mal aus seinen Zwanzigern raus ist. Das während der Corona Zeit alles verboten wurde wo sich Menschen zuvor noch begegnen konnten und seither ein Großteil der Bevölkerung einen ordentlichen Knacks weg hat und jegliche ''falsche'' Meinungsäußerung direkt in einem Politikum und ermüdenden Grundsatzdebatten mündet hat es nicht leichter gemacht. Mir selbst das zu geben was ich nicht von außerhalb bekomme ist also schon aus rein pragmatischen Gründen eine Notwendigkeit. Bisher hat sich das als äußerst praktikabel herausgestellt. Es verleitet natürlich auch wieder ein Stückweit dazu es sich in seinen gewohnten Mustern gemütlich einzurichten, da ja der Leidensdruck nicht so sehr vorhanden ist, welcher aber womöglich nötig wäre um eine Veränderung einzuleiten. Und natürlich sind Beziehungen auch für den eigenen Reifungsprozess ganz gut geeignet, weil sie einem die Gelegenheit bieten wie beim durchqueren von reißenden Stromschnellen und dem Manövrieren durch felsige Abschnitte über sich selbst hinauszuwachsen. Aber dazu braucht es natürlich immer auch mindestens zwei die auch beiderseitig willens sein sollten sich darauf einzulassen und so jemanden zu finden ist noch mal eine ganz andere Herausforderung.

    ''Everyone around me, they feel connected to something. Connected to something, I'm not.''
    Motoko Kusanagi