Die Unity-Philosophie

    • Offizieller Beitrag


    Natürlich werden von nun an nicht nur meine Romane, sondern auch die Unity-Philosophie als E-Book erhältlich sein.


    Hier könnt ihr euch die Unity-Philosophie im für E-Books optimierten Format runterladen:

    Die Unity-Philosophie - Dian The Saint.zip


    Oder wie gehabt, als PDF:

    Die Unity-Philosophie.pdf


    Ich gebe zu, anfangs war ich etwas unmotiviert, mir die Überarbeitung der Unity-Philosophie anzutun, weil ich irgendwie befürchtet habe, dass ich heute einiges, was ich damals verzapft habe, ziemlich naiv und undurchdacht finden würde.

    Diese Befürchtung ist aber glücklicherweise ziemlich unbegründet gewesen. Das allermeiste, was ich damals geschrieben habe, sehe ich auch heute noch völlig genauso. Ich habe lediglich noch ein zusätzliches Kapitel über Beziehungen und Moralvorstellungen eingefügt, weil ich das Thema in der alten Version dann doch ziemlich oberflächlich abgehandelt habe, so nach dem Motto: "Seid einfach nur ehrlich zueinander, dann klappt es auch mit der ewigen Liebe". Da fühlte ich mich dann doch genötigt, ein bisschen mehr ins Detail zu gehen und die eine oder andere Aussage aus meinem "Beziehungs-Katastrophen"-Video mit einfließen zu lassen... und auch ein paar Seitenhiebe auf die immer spießiger werdende Gesellschaft mit ihrer Shitstorm-Mentalität und ihrer pseudo-aufklärerischen Doppelmoral konnte ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen.

    Selbstverständlich habe ich mich aber bemüht, dass sich die paar neuen Inhalte gut ins Gesamtbild einfügen und nicht wie ein Fremdkörper wirken, sondern so, als ob sie schon immer an dieser Stelle gestanden hätten. Ja, ich habe mich sogar bemüht, ähnlich unnötig komplizierte Schachtelsätze zu verwenden wie früher. :rofl:

    Alles in allem würde ich sagen, das Teil ist auch heute noch eine Lektüre wert. Gerade auch für all jene, die mit den Romanen nicht so viel anfangen können und lieber etwas lesen möchten, was wie ein 80 Seiten langes Foren-Posting von mir wirkt.

  • 2014 habe ich die Unity Philosophie zum ersten Mal gelesen. Damals hat mich das angesprochen. Ich möchte nun noch einmal überprüfen, inwieweit die Unity Philosophie mit meiner eigenen Philosophie übereinstimmt und einem kritischen Blick standhält.


    Eingangszitat

    PROLOG

    KAPITEL 1 - Der Mensch, das Herdentier

    KAPITEL 2 - Erziehung und Schule

    KAPITEL 3 - Arbeit macht unfrei

    KAPITEL 4 - Der Terror der Paragraphen

    KAPITEL 5 - Heiliger Schein

    KAPITEL 6 - Die Lüge vom Vaterland

    KAPITEL 7 - Abstand zum Wahnsinn

    KAPITEL 8 - Das Kind in uns

    KAPITEL 9 - Liebe und Konvention

    KAPITEL 10 - Verweichlichung

    KAPITEL 11 - Was zu tun ist

    DER FREMDE

    FAZIT

  • Erst mal schön, dass du noch unter uns weilst, und offensichtlich auch nicht assimiliert worden bist. :thumb_up_:

    (natürlich wusste ich aber auch vorher schon, dass du noch unter uns weilst... neue Videos von Schuschinus lasse ich mir schließlich nicht entgehen und staune jedes Mal über die professionelle Qualität und die gestörten, äh fantasievollen Ideen.)


    Deiner Kritik zur Unity-Philosophie kann ich im Großen und Ganzen zustimmen.

    Auch mir ist im Lauf der letzten Jahre durch den Kopf gegangen, dass ich zwar immer noch ganz ähnlich denke wie damals, als ich das Buch verfasst habe, dass es aber Stellen gibt, an denen ich heute wohl anders argumentieren würde. Bevor ich wieder von anderen Projekten abgelenkt wurde, hatte ich dieses Jahr darüber nachgedacht, eine Art Unity-Philosophie 2.0 zu schreiben, basierend auf meinen heutigen Erfahrungen. Dann kam ich auf die Idee, ob es nicht doch besser wäre, mehr so eine Unity-Philosophie 1.5 draus zu machen... die guten Teile (wie z.B. viele Formulierungen aus dem Arbeits-Kapitel) zu übernehmen und die Teile, wo du ja teilweise berechtigterweise ansprichst, dass es argumentativ nicht ganz überzeugt oder dass ich es mir etwas zu einfach gemacht habe, noch einmal von Grund auf neu zu verfassen.

    Ich glaube, ich kam so bis Kapitel 3 oder 4, seitdem liegt das wieder auf Eis. Aber falls ich irgendwann daran weiter machen sollte, werden deine Anmerkungen dazu, wie du das eine oder andere Kapitel aus heutiger Sicht empfunden hast, sicher von Nutzen sein.


    Dass es zu irgendwelchen speziellen Themengebieten, sei es jetzt über Psychologie, die Wirtschaft oder was auch immer, umfangreichere und tiefergehendere Werke gibt, und dass die Menschen dafür sicher nicht jemanden wie mich brauchen, der ihnen die Welt erklärt, ist mir schon klar. War mir auch damals eigentlich schon klar.

    Mir ging es eher darum, so einen groben Überblick zu liefern, jedes Thema ein bisschen anzuschneiden, und die verschiedenen Aspekte unseres Daseins miteinander zu verknüpfen, und das eben irgendwie noch unterhaltsam und locker geschrieben. Wir haben z.B. tolle Bücher über anarchistische Theorie und all das, viel fundierter als ich das je schreiben könnte... aber die beschäftigen sich eben oft dann nur mit dieser Sache und der politischen Dimension, während andere Aspekte, wie etwa die psychologischen Zusammenhänge, warum Menschen so sind, wie sie sind, oder die Beziehungen, die sie führen, der Werteverfall, die zunehmende Verblödung, die Entfremdung des Menschen von sich selbst, etc. dann wieder zu kurz kommen... obwohl das eine eben mit dem anderen zusammenhängt, wie alles in der Welt zusammenhängt.

    So gesehen war die Unity-Philosophie sowas wie mein Versuch, das Dilemma unserer Zivilisation und die Fehlentwicklungen auf diesem Planeten in ihrer Gesamtheit darzustellen, was sicher etwas optimistisch ist auf 176 Seiten. Um nicht zu sagen unmöglich. Jedenfalls ein sportliches Ziel, an dem man im Grunde nur scheitern kann. So gesehen bin ich irgendwie im Zwiespalt zwischen "Ich hab mich eigentlich ganz gut geschlagen" und "Ich denke, es ginge noch besser".

    Aber braucht die Welt eine optimierte Unity-Philosophie? Brauch ich es? Bin ich bei meinen Romanen und der Musik nicht besser aufgehoben?

    Andererseits denke ich, ich hab es schon irgendwie drauf, unterhaltsam zu schreiben, auch über solche Themen, und nicht nur Fantasiegeschichten.

    Ach, schwierig... jünger werde ich ja auch nicht, und die Zeit läuft mir davon. Ich werde irgendwann sterben und nicht mal die Hälfe von dem getan haben, was ich theoretisch hätte tun können mit meinen Talenten.


    Also was ich sagen will... keine Ahnung, was da draus wird, ob es irgendwann noch ein ausführlicheres Remaster oder einen kompletten Reboot geben wird. Oder ob wir es einfach als eine einmalige Sache aus meiner (und eurer) idealistischen Jugendphase in Erinnerung behalten sollten.

  • Unterm Stich also alles sehr unausgegoren, widersprüchlich und inkonsequent. Das praktische Resultat dieser 'Philosophie' sehen wir im Politik-Thread: Gejammer über 'Cancel Culture' und Gendersternchen, ein Verständnis von 'Meinungsfreiheit', das so wohl auch Trump und Musk unterschreiben würden, Verharmlosung und Apeacement gegenüber Rechten, ständiges Bashen gegen 'links' und 'woke' etc. (Das Feindbild Feminismus lasse ich mal außen vor. Vielleicht gibt's ja dafür mal ein Unterkapitel in der neuen Unity-Philosophie;))


    Ich weiß, das ist jetzt etwas einseitig und zugespitzt ;) Aber man sieht eben, wie viele Fallstricke sich ergeben, wenn man versucht, empfundene oder tatsächliche Missstände, reelle oder eingebildete Formen von Unterdrückung zu überwinden. Dass sich Vögel wie Seebee hierher verirrt haben, ist alles andere als ein Zufall. Wenn wir mal von einem anarchistischen Standpunkt ausgehen (und ich würde mal ein großes Fragezeichen machen, ob die Unity-Philosophie tatsächlich anarchistisch ist), ergibt sich immer das Problem der Dualität zwischen Herrschaft und Freiheit - zwei Begriffe, die eben vieldeutig sind, insbesondere in modernen Gesellschaften, in denen Systeme tendenziell immer auch den Anspruch haben, Freiheiten zu bewahren.

    (Im Feudalismus ist alles relativ einfach, und die ersten anarchistischen Theorien sind in solchen Gesellschaften entstanden. Heute sehen wir, dass weltweit Anarchisten z.B. dem Postkolonialismus anhängen, der Idee der 'unterdrückten Völker', und dabei ausblenden, dass in diesen Gesellschaften mitunter selbst Formen von Gewalt und Herrschaft existieren, die sich nicht mit anarchistischem Idealismus aufheben lassen. Um sich also nicht mit dem Unterdrücker identifizieren zu müssen, verklärt man den Unterdrückten.)

    Was bleibt, ist eben vor allem ein radikaler Individualismus, die Suche nach dem 'wahren Ich' jenseits von 'Entfremdung' und Fremdbestimmung. Das ist im besten Fall ein Ansatz, um das Individuum immer wieder vor dem Zugriff von Autoritäten zu bewahren, im schlechtesten Fall ist es ein Freibrief für Elitismus und Chauvinismus. Und wenn wir uns die immer wiederkehrenden Debatten auf der Zeitleiste anschauen, schlägt das Pendel des 'Unity-Anarchismus' eben mal in die eine, mal in die andere Richtung.

  • Verharmlosung und Apeacement gegenüber Rechten, ständiges Bashen gegen 'links' und 'woke' etc. (Das Feindbild Feminismus lasse ich mal außen vor. Vielleicht gibt's ja dafür mal ein Unterkapitel in der neuen Unity-Philosophie;))

    Naja, ganz so ist es ja nun nicht. Die Unity-Philosophie ist eigentlich doch über weite Strecken politisch ziemlich linksradikal (wenn wir mal von dem Krieger-Zeugs und Kritik am strengen Waffenrecht etc. absehen). In der Hinsicht bin bzw. war ich ja gar nicht so weit von dem entfernt, was viele "klassischen" Anarchisten oder Kommunisten auch sagen würden.

    Allerdings darf man eben auch nicht die Augen verschließen vor den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten 20 Jahre...

    Und damit meine ich eben vor allem Flüchtlingswellen und die damit zusammenhängenden Probleme, die Corona-Maßnahmen, oder Parteien aus dem linken Spektrum, die sich autoritärer Methoden bedienen, um ihre politische Agenda durchzusetzen und Menschen zu bevormunden. Oder zum Beispiel auch der Klimaschutz, der ja eindeutig wichtig ist, aber der meiner Meinung nach vor allem durch eine Abkehr vom Kapitalismus geschaffen werden muss, und nicht indem man die Kosten einfach auf jeden einzelnen Bürger abwälzt, während das grundsätzliche kapitalistisch-industrielle System nicht in Frage gestellt wird.

    Sind alles Dinge, auf die es sich lohnen würde, bei einer Revision der Unity-Philosophie etwas genauer einzugehen. Und nein, es würde ganz sicher nicht "rechts" werden dadurch. Was die Rechten wollen, sieht man ja zur Zeit ganz gut an den Forderungen von Merz und Co., das ach so "kommunistische" Bürgergeld wieder abzuschaffen.

    Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was in der Unity-Philosophie steht. Nur weil ich manchen Dingen die z.B. Musk über Meinungsfreiheit gesagt hat zustimme, heißt es ja nicht, dass ich dadurch zum Populisten oder Trumpianer werde. Es ging immer um die Schaffung eines neuen, menschlicheren Systems, aber eben nicht durch Ideologie und Zwangsmaßnahmen von oben herab, sondern indem die Menschen anfangen nachzudenken und gewisse irrsinnigen Dinge in ihrem Leben zu hinterfragen.

    (Im Feudalismus ist alles relativ einfach, und die ersten anarchistischen Theorien sind in solchen Gesellschaften entstanden. Heute sehen wir, dass weltweit Anarchisten z.B. dem Postkolonialismus anhängen, der Idee der 'unterdrückten Völker', und dabei ausblenden, dass in diesen Gesellschaften mitunter selbst Formen von Gewalt und Herrschaft existieren, die sich nicht mit anarchistischem Idealismus aufheben lassen. Um sich also nicht mit dem Unterdrücker identifizieren zu müssen, verklärt man den Unterdrückten.)

    Richtig. Und da sind wir eben dann auch bei aktuellen Problemen, vor deren Hintergrund sich das ein oder andere, was ich zum Beispiel im Kapitel Nationen über offene Grenzen geschrieben habe, heute ein wenig naiv anfühlt. Einerseits ist es natürlich im anarchistischen Sinn klar, dass es in einer idealen Welt keine Grenzen und Nationen geben sollte, und jeder sich niederlassen darf, wo er möchte. Nur muss man sich eben auch die Frage stellen: Wenn alle hier her kommen und dann noch ihr autoritäres Denken aus der Heimat mitbringen (das man den meisten Leuten halt leider auch nicht einfach in einem Integrationskurs abtrainieren kann), führen offene Grenzen dann nicht früher oder später dazu, dass sich die Anarchie (bzw. ein nach anarchistischen Idealen ausgerichtetes System) selbst abschafft?

    Solche und ähnliche Fragen würde ich heutzutage durchaus auch etwas stärker berücksichtigen, ohne deshalb vom grundsätzlichen Ideal einer herrschaftsfreien Welt abrücken zu wollen.

    Wie würde denn deine Antwort auf das oben genannte Dilemma aussehen? Erstmal alle reinlassen, die kommen wollen, und dann eine Art Gesinnungspolizei haben, die die "schwarzen Schafe" wieder rauswirft?

  • (Im Feudalismus ist alles relativ einfach, und die ersten anarchistischen Theorien sind in solchen Gesellschaften entstanden. Heute sehen wir, dass weltweit Anarchisten z.B. dem Postkolonialismus anhängen, der Idee der 'unterdrückten Völker', und dabei ausblenden, dass in diesen Gesellschaften mitunter selbst Formen von Gewalt und Herrschaft existieren, die sich nicht mit anarchistischem Idealismus aufheben lassen. Um sich also nicht mit dem Unterdrücker identifizieren zu müssen, verklärt man den Unterdrückten.)

    Richtig. Und da sind wir eben dann auch bei aktuellen Problemen, vor deren Hintergrund sich das ein oder andere, was ich zum Beispiel im Kapitel Nationen über offene Grenzen geschrieben habe, heute ein wenig naiv anfühlt. Einerseits ist es natürlich im anarchistischen Sinn klar, dass es in einer idealen Welt keine Grenzen und Nationen geben sollte, und jeder sich niederlassen darf, wo er möchte. Nur muss man sich eben auch die Frage stellen: Wenn alle hier her kommen und dann noch ihr autoritäres Denken aus der Heimat mitbringen (das man den meisten Leuten halt leider auch nicht einfach in einem Integrationskurs abtrainieren kann), führen offene Grenzen dann nicht früher oder später dazu, dass sich die Anarchie (bzw. ein nach anarchistischen Idealen ausgerichtetes System) selbst abschafft?

    Solche und ähnliche Fragen würde ich heutzutage durchaus auch etwas stärker berücksichtigen, ohne deshalb vom grundsätzlichen Ideal einer herrschaftsfreien Welt abrücken zu wollen.

    Wie würde denn deine Antwort auf das oben genannte Dilemma aussehen? Erstmal alle reinlassen, die kommen wollen, und dann eine Art Gesinnungspolizei haben, die die "schwarzen Schafe" wieder rauswirft?


    Gesinnungspolizei spielst du doch schon von vornherein, wenn du jedem Menschen, der aus einer bestimmten Region kommt, rückständiges Denken unterstellst. Ich sage: Wenn man sich als 'Anarchist' begreift, sollte man zumindest die Position vertreten, dass Menschen erstmal als Individuen zu betrachten sind und nicht als reine Repräsentanten einer bestimmten Gruppe. Denn letzteres ist das Einfallstor für rassistische Kategorisierung. Dementsprechend bestünde eine 'anarchistische' Position natürlich darin, jedem Menschen eine Chance zu geben, und sollte er sich als autoritär und freiheitsfeindlich in seinem Handeln herausstellen, ihn eben wieder aus der Gemeinschaft zu entfernen. Wohlgemerkt, WENN wir überhaupt am Label des Anarchismus festhalten wollen. Denn wie du vielleicht bemerkt hast, geht es mir eher um die Mogelpackung, die du hier aufmachst. Man kann eine Menge an Gründen aufführen, aus denen man Menschen fernhalten will. Beispielsweise erschöpft sich der 'linke' bzw kapitalismuskritische Kern bei dir doch im Wesentlichen darauf, den Menschen durch ein Grundeinkommen von der Arbeitspflicht zu befreien. Auch hier könnte man argumentieren, dass dieses Einkommen nur als Privileg von einer überschaubaren Anzahl an Menschen durchgesetzt werden kann, weshalb wir geschlossene Grenzen brauchen. Das KANN man natürlich fordern, nur ist eben fraglich, ob man sich dann noch als Anarchist begreifen sollte, wenn im Grunde ein ausgefeiltes staatliches System erforderlich ist, um die eigenen Privilegien abzusichern.

  • Verharmlosung und Apeacement gegenüber Rechten, ständiges Bashen gegen 'links' und 'woke' etc. (Das Feindbild Feminismus lasse ich mal außen vor. Vielleicht gibt's ja dafür mal ein Unterkapitel in der neuen Unity-Philosophie;))

    Naja, ganz so ist es ja nun nicht. Die Unity-Philosophie ist eigentlich doch über weite Strecken politisch ziemlich linksradikal (wenn wir mal von dem Krieger-Zeugs und Kritik am strengen Waffenrecht etc. absehen). In der Hinsicht bin bzw. war ich ja gar nicht so weit von dem entfernt, was viele "klassischen" Anarchisten oder Kommunisten auch sagen würden.

    Genau das würde ich in Zweifel ziehen ;) Ich habe keine Zweifel, dass du ein ausgesprochener Individualist bist, der Autorität verabscheut, und der auch Menschen theoretisch dieselben Recht zuspricht. Nur ist das noch nicht anarchistisch oder kommunistisch, eher liberal/'libertär', vielleicht auch 'radikaldemokratisch'. Das mag wie Sophisterei klinge, aber zur Thematik 'linksradikal, 'Anarchistisch', kommunistisch' etc. gehört schon eine gewisse materialistische Analyse von gesellschaftlichen Machtverhältnissen, die in der Form bei dir nicht unbedingt vorhanden ist. Wie gesagt, ich sehe bei dir eher viel 'Essenzialismus' , die Suche nach dem 'natürlichen', 'edlen' und 'freien' Individuum. Vielleicht so wie bei radikalen Reformern wie Thoreau, aber eben nicht im Sinne von Leuten wie Bakunin oder Machno ;)

    Das ist zunächst mal eine simple Feststellung und nicht wertend. Das Problem, das sich ergibt, sehe ich eben beispielsweise bei deinen fehlenden Vorstellungen von konkreter politischer Praxis außerhalb der bekannten demokratischen Form. Denn letztlich läuft es doch am Ende immer wieder auf Liberalismus hinaus, auf den Staat als Garant von Freiheiten und Möglichkeiten.

  • Was wären denn die Revisionen vor dem Hintergrund der genannten Entwicklungen? Meine Befürchtungen, und ich meine, dass mir die Diskussionen der letzten Jahre im Politikfaden hier recht geben, sind eben folgende:

    - Wunsch nach mehr Abschottung und Abwehr 'unerwünschter Menschen'

    -Kampf gegen empfundene 'Cancel Culture' im Sinne eines falschen Verständnisses von 'Meinungsfreiheit' (sprich: alles muss zugelassen und akzeptiert werden, wobei der Begriff eigentlich nur die Freiheit vor staatlicher Verfolgung meint), das, wie wir gesellschaftlich ja konkret sehen, auf zunehmende Verrohung, Hetze und Fakenews hinausläuft.

    -in diesem Kontext die Verharmlosung der Bedrohung durch rechte Strömungen, die sich natürlich nicht darin erschöpfen, gegen das Bürgergeld zu sein. Das geht, wie wir gesehen haben, bei dir soweit, dass du einforderst, Minderheiten sollten Kompromisse eingehen, um die Befindlichkeiten von Rechten nicht zu verletzen.

    -eine zunehmende Entsolidarisierung und das Abschieben von Verantwortung, denn Einschränkungen oder Änderungen des Lebensstils sind natürlich immer 'autoritär' und damit abzulehnen.

    -die latente Misogynie, Täter-Opfer-Umkehr, generelles Misstrauen gegenüber Frauen (die tendenziell mehrheitlich naiv oder aber hinterhältig sind) kommen erschwerend hinzu ;-)


    Für mich klingt das schon nach einem - meinetwegen ungewollten oder nicht reflektierten - Rechtsruck in deinen Überzeugungen. Da kommt eben hinzu, dass es sehr nebulös wird, wenn du was zum Thema 'Überwindung des Kapitalismus' sagst. Klingt eben wie 'Anarchie' eher nach Etikette und weniger nach durchdachten Konzepten.


    Ich weiß, dass dies wieder etwas einseitig und zugespitzt erscheinen mag ;-)


    Es ist auch nicht so, dass ich die Probleme nicht sehe, die du angesprochen hast. Nur sehen wir ja die Schwierigkeit, hier wirklich fortschrittliche Lösungen bzw Ideen zu entwickeln. Und die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Menge Menschen von Montagsdemos hin zu Wagenknecht und Co. in verschwurbelte Abgründe stürzen, während die progressiven Stimmen immer weniger wahrnehmbar sind.

  • Wie gesagt, ich sehe bei dir eher viel 'Essenzialismus' , die Suche nach dem 'natürlichen', 'edlen' und 'freien' Individuum. Vielleicht so wie bei radikalen Reformern wie Thoreau, aber eben nicht im Sinne von Leuten wie Bakunin oder Machno ;)

    Naja, es gibt eben auch nicht DEN Anarchismus, sonst würde auf der Wikipedia-Seite über Anarchismus auch nicht der halbe Artikel nur von den Unterschieden zwischen den verschiedenen anarchistischen Strömungen handeln. ;) Irgendwelche anarchistischen Feminist*innen, die sich über kulturelle Aneignung und toxische Männlichkeit aufregen, haben mit Machno und Bakunin vermutlich auch nicht all zu viel gemeinsam, außer halt dem Grundegedanken, auf den man sich einigen kann, dass man eine Herrschafts- bzw. Hierarchielose Gesellschaft anstrebt. Und dann gibt's eben auch noch den Individualistischen Anarchismus, Zitat Wikipedia:

    Zitat

    Der individualistische Anarchismus ist eine im 19. Jahrhundert in Nordamerika entstandene Lehre, die das Individuum und seine Interessen als Mittelpunkt der Gesellschaft ansieht, der keinen Gegensatz zu den vorgenannten sozial orientierten Formen darstellt und in Opposition zum Kollektivismus steht. Die individualistische Strömung wurde in den USA vor allem von Benjamin Tucker entwickelt. In Deutschland vertrat ihn der Anarchist und Schriftsteller John Henry Mackay, der sich hauptsächlich auf Benjamin Tucker und Max Stirner berief.[19] Der Individualanarchismus wird häufig als Extremform des Liberalismus beschrieben.

    Der Gegensatz zwischen Individualismus-Egoismus und Kollektivismus-Altruismus stellt eine wichtige anarchistische Auseinandersetzung dar.

    Dass ich eher in diese Richtung tendiere, als in Richtung Anarcho-Syndikalismus oder ähnliches, sollte klar sein. Ich sehe mich nun aber auch nicht als radikaler Liberaler oder sowas, da dies ja meistens mit impliziert, dass man wirtschaftspolitisch für einen freien Markt ist und den Kapitalismus ganz gut findet, oder zumindest keine Probleme damit hat. Aber dass der Kapitalismus eine ziemlich kranke Scheiße ist, sag ich ja nun auch wirklich schon seit es das Forum gibt. Nur ist das Entwickeln von Alternativen dazu auch nicht unbedingt mein Spezialgebiet... aber Ansichten dazu geäußert habe ich ja durchaus hier und da mal.