Wonderboy Hm. Ich wollte diesen Thread von Anfang an nicht in diese Richtung ausarten lassen, aber nun gut, jetzt ist es so - lass dich nicht von diesem Gedankenfragment von mir einschränken.
Eine Vertrauensperson könnte auch jemand sein, mit dem du gut klarkommst, mit dem du aber vielleicht sonst nur oberflächlich zu tun hast, wo du dir vorstellen könntest, dass du dich an diese Person wenden könntest. Zusammengefasst und ganz banal gesagt, Ärger mit der Schule, Ärger mit der Familie, was gleichzeitig das Wohnumfeld ist, Zukunftsängste, das ist ein gewaltiger Batzen an Ärgernis, wo ich persönlich finde, dass du damit nicht alleine dastehen solltest.
Keine Sorge, mittlerweile habe ich eine solche Person - und noch viel besser als das: es ist nicht oberflächlich. Grob formuliert ist das auch der einzige Grund, warum ich heute noch versuche, eine Woche nach der anderen rumzukriegen und nicht bereits vor einiger Zeit alles an den Nagel gehängt habe. Alternativ wäre da nicht mehr viel gegangen, denn ursprünglich hat sich das alles mehr durch Zufall ergeben als dadurch, dass ich aufrichtig und konstruktiv noch irgendeine nahestehende Person in meinem Leben haben wollte. Für den Abgang war halt alles bereit und mental hatte ich mich zu dem Zeitpunkt auch schon größtenteils dazu durchgerungen (aussagekräftig ist das freilich nicht, denn wenn man wirklich kurz davor steht, dann sind es ganz andere Komponenten, die über die Handlung entscheiden, und weniger die gedanklichen Luftschlösser, in denen man sich den Tod vorher zum Ziel gesetzt hat).
Fakt ist, eine Vertrauensperson wertet das eigene Leben halt irgendwie auf, selbst wenn man sich doch eigentlich umbringen wollte, und dann kommt man nicht mehr davon los, weil man sich instinktiv in diesem Zustand an alles klammert, was man in die Finger kriegt. Nun hatte ich zusätzlich noch das Glück, dass daraus nicht nur ein kurzer, netter Zeitvertreib wurde, sondern etwas Stabiles, Langfristiges und vor allem Wohltuendes, das mir heute noch genug Halt und Boden unter den Füßen gibt.
Vergiftet sind die Verhältnisse hier zu Hause genauso. Du musst da jedenfalls keine Hemmung haben, von deinen Erfahrungen zu berichten. Ganz besonders nicht, wenn du irgendwie Angst hast, es könnte mich triggern oder sowas. Das passiert nicht so schnell. Am ehesten noch beim Thema Schule und wenn irgendjemand behauptet, dass Kritik an dieser unberechtigt sei ... Oder sogar noch Öl ins Feuer kippt und selbst Lehrer wird oder irgendjemand, der sich all den stetig bescheuerter werdenden Kram des Schulsystems persönlich ausdenkt.
Ansonsten weiß ich jetzt nicht, was ich darauf antworten soll. Ist eben alles etwas dumm verlaufen bei dir. Worte können dem nicht gerecht werden.
Und sowieso reagieren bei mir inzwischen leichte Abwehrreflexe, wenn ich die Formulierungen wie aus dem Zitat von dir oben lese. Das habe ich mit zehn oder elf schon mit Sicherheit auf irgendwelchen Webseiten mit wahnsinnig praktischen Ratschlägen zu Depressionen gelesen, auch von der tollen Online-Beratung, die die nutzloseste Zeitverschwendung meines Lebens war, und auch von einem ehemaligen Lehrer gehört, dem ich mich aus Verzweiflung dummerweise mal geöffnet habe. Ich bin dem langsam überdrüssig - sorry. Ohne einen riesigen Zufall wäre ich niemals auch nur irgendjemandem begegnet, von dem ich mir langfristig so gut einbilden kann, dass meine Gedanken tatsächlich verstanden werden - und überhaupt auch dauerhaft angehört werden wollen.
Im Regelfall passieren solche Zufälle aber nicht. Und darum mag sich der Ratschlag ja vielleicht ganz hübsch anhören, aber letzten Endes ist er nach meinem Ermessen eine leere Phrase. Zumindest für all jene unsoziale Wesen wie mich, die ihre Abende oft ganz gerne vorm Rechner verbringen und ihr wesentliches Sozialleben maximal im Internet errichten. Für eine oberflächliche Bekanntschaft, der man sein Herz ausschütten kann, genügt auch jede beliebige Online-Beratung. Oder vielleicht bin ich nach anderen Maßstäben ja gerade deswegen nur allzu sozial: Es genügt mir nicht, nur in der äußeren Wechselwirkung meines Wesens "in der Welt" zu leben, indem ich wie eine Hülle agiere und den Ball der anderen nur zurückwerfe. Nein, ich brauche mehr - man muss mein Inneres erkennen. Im realen Leben gibt niemand viel davon preis. Mit Oberflächlichkeiten brauche ich dafür gar nicht erst anfangen. Selbst für Menschen, die sich nahestehen, ist es schwer, ein Stück des anderen wirklich wahrzunehmen und genauso zu interpretieren wie es der andere tatsächlich empfindet, und auch dies ist dann nur ein Schnappschuss, weil das eine permanente Weiterentwicklung ist. Man lebt in seiner eigenen Welt mit seinen eigenen Filtern, Wünschen und Gedanken, die in ihren Nuancen auch mal unausgesprochen bleiben, die überhaupt nicht immer vollständig vermittelt werden können, ohne in der Haut des anderen zu stecken. Wenn keine natürliche Ähnlichkeit des Wesens zweier Menschen gegeben ist, dann ist diese Grundlage nicht vorhanden, dann gibt es höchstens ein paar markante Schnittstellen in den Gemeinsamkeiten, höchst beliebig und austauschbar, aber bei Weitem nicht so wie bei streckenmäßigen Überschneidungen.
Ach, ich habe meine Ansprüche. Umso größer das Wunder, dass sie nun durch einen verfickten Zufall besser gedeckt werden als bei Menschen, die ohne Anspruch nach irgendjemandem für ihr Leben suchen, der ebenso anspruchslos ist ... Bis beide bemerken, dass es doch irgendwo unterbewusste Ansprüche gab, sobald sie nicht mehr erfüllt werden, was dann zunehmend auch für mehr Reibung sorgt, weil sie nur von den wenigen Schnittstellen verbunden waren ... Das ist meistens zum Scheitern verurteilt.