Beiträge von Lissaminka


    Das Ausmaß der Entwicklung ist doch größer, als ich vermutet hätte, und das ist schon immer wieder erschreckend. Mal im Ernst - die führen Tests an kleinen Kindern durch, um mit den ausgewerteten Daten Unterhaltung zu produzieren, die den Betreibern Klicks und Konsumenten von den jüngsten Jahren an einbringt?? Sie an den Bildschirm fesselt und die Aufmerksamkeitsspanne von Geburt an völlig sabotiert?

    Ich meine, es wundert mich ja eigentlich nicht ... Ich hielt die gesunde Aufmerksamkeitsspanne bisher bloß für eine Sache, die zwar exponentiell weiter abnimmt und in meiner Generation bereits als etwas Kostbares, zu Bewahrendes bzw. auch schon wieder als Erstrebenswertes gilt - aber doch zumindest noch als etwas, für das man sich im Zweifelsfall noch selbst entscheiden kann und eher auf Social Media, besonders TikTok und Co. eine "Bedrohung" darstellt (das gilt freilich gleichermaßen auch für YouTube, aber das Kurzvideoformat, das durch TikTok so populär geworden ist, steckt noch eine Spur tiefer in der Scheiße - solche Dinge setzen sich in aller Regel nicht grundlos durch). Aufmerksame Eltern sind vielleicht aufmerksam genug, um ihre Zweijährigen nicht auf TikTok rumswipen zu lassen (nagelt mich nicht darauf fest, auch von diesen Deppen gibt es viel zu viele, ich sehe sie nahezu jede Woche im Bus, darum rede ich hier ausschließlich von den Eltern, die das Gut der Aufmerksamkeit noch überhaupt selbst besitzen), aber Kindersendungen auf einem stinknormalen YouTube-Kanal, die ans Fernsehformat erinnern, sind doch kaum mehr zu unterscheiden.

    Ist doch widerlich, alle auszunutzen und so erfolgreich damit zu werden, aber ich erzähle euch nichts Neues. Es kotzt mich halt an. Auch, weil ich sehe, wie wenig Aufmerksamkeit meine Mitschüler haben, ohne, dass wir vor fünfzehn, zwanzig Jahren täglich mit kunterbunt-psychedelischem Schwachsinn gefüttert wurden. Naja, zumindest mit ein bisschen weniger davon.


    Nicht falsch verstehen, für mich persönlich war es mit Abstand das Beste, was mir passieren konnte, als ich mit zehn Jahren nachzüglermäßig endlich ein Handy bekam und meinen Wissensdurst so richtig schön stopfen konnte. Fantasie, Bücher und Computerspiele allein hätten mir schon damals nicht mehr genug eskapistischen Raum bieten können, um mich langfristig über Wasser zu halten. Damit bin ich bestimmt nicht alleine. Heutzutage ist man sonst auch kein vollwertiger Mensch mehr. Ich war auch mal auf TikTok, mit zwölf oder so, und ich fand es ganz unterhaltsam. Aber auch zu dem Zeitpunkt hatte es schon einen faden Beigeschmack ... Mit den Communities war nichts anzufangen und der Stoff, auf den man den Algorithmus so trimmt, wiederholt sich andauernd. Auf Menschen mit Charakter traf ich praktisch nie (letzten Endes hat mich der Mist auf dieser Ebene so frustriert und gelangweilt, dass die App kurz darauf wieder weg war). Das war nicht das, wonach ich gesucht habe ... Discord und die Unity konnten mir da viel mehr und nachhaltiger was von bieten.

    Was denkt ihr dazu? Habt ihr davon gewusst? Seht ihr das ähnlich? Na gut, ich erwarte keinen Widerspruch, aber bevor ihr schweigt, sagt doch wenigstens: "Ja, Lissaminka, du hast recht, es ist alles völlig bescheuert und wir finden es supertoll, dass du das erkannt hast und dich wichtigeren Dingen wie dem Forum hier gewidmet hast und darum vergött- äh, ja."

    Ach, schreibt einfach irgendwas für ein bisschen mehr Leben in dieser staubigen Ecke des Internets. Und nicht nur die üblichen Verdächtigen!

    Kafka und andere Schriftsteller hätten darauf sicher auch keine Lust, dass dies mit ihren Werken passiert.

    Der größte Witz ist ja, dass wir uns im Musikunterricht neulich mit Claude Debussy, und mehr noch: mit Monsieur Croche, dem selbsternannten Antidilettanten, beschäftigt haben. Dass wir seine Texte lesen und wiedergeben mussten, deren Kernaussagen nichts anderes als Kritik an eben dieser Art der musikalischen Bildung und Auffassung beinhalten.

    Schade, dass solche Literatur Schülern aufgezwungen wird und dann wahrscheinlich nicht mal die eigentliche Bedeutung deutlich gemacht wird.

    Das vielleicht nicht direkt, weil in der Schule erst mal andere Aspekte im Vordergrund stehen, aber zwischen den Zeilen kommt das schon hervor, wenn man halbwegs aufmerksam liest oder sich werkübergreifend auch nur minimal damit befasst. Mal sehen, ich krame mal kurz raus, was ich mir da noch aus dem Anhang inzwischen reingezogen habe ...

    Sein "Brief an den Vater" von 1919. Die Zerrüttung seines Verhältnisses zu ihm kommt bestens zur Geltung. Wo, wenn nicht da.

    Und "Der Nachbar", 1917. Sein Büro, seine kack Arbeit, ist nichts anderes als das, was du schreibst, und was eben auch in seiner Verwandlung deutlich wird. Es entgeht einem nicht, dass das schwerwiegende Kernpunkte in seinem Leben sind, die er für sich verarbeiten möchte.


    Auch wenn mich die Lektüre persönlich nicht angesprochen hat, wollte ich aber sowieso mal etwas von Kafka gelesen haben, darum kam das diesmal ganz gelegen. Es hätte noch etwas sinnloseres sein können. Im Prinzip kann ich mit dem Kram doch immer noch mehr anfangen als meine ganzen Mitschüler. ;)

    Und all das kumulierte dann irgendwann in einem Zusammenbruch im Alter von 12 Jahren, wo ich das alles nicht mehr ertragen konnte, aber dann doch noch nicht ganz aufgeben wollte.

    Ich bin hier echt die Letzte, die dir einen gescheiten Ratschlag geben könnte oder jetzt in eine längere Konversation einsteigen würde, weil mir nach spätestens nach drei Antworten die Energie ausgehen wird (scheiß November), aber ich kann dir zumindest versichern, dass du nicht alleine damit bist. Ich kenne es zur Genüge und ich weiß, wie das ist, eine zerrüttete und hirngefickte Familie zu haben oder Abend für Abend in dem ganzen Depressionssumpf zu versinken. Zu hoffen, dass die Sonne nicht mehr aufgeht und dass die Nacht und der Schlaf ewig währen werden, all das melancholische, semi-suizidale Gesülze eben.

    Hier im Forum bist du nicht allein. Auch wenn es vielleicht mal so wirkt, wenn du hineinschreist und das Echo erst Wochen später erahnen kannst ... ;)

    Wir haben neulich "Die Verwandlung" im Rahmen des Deutschunterrichts gelesen. Mir hat dieser merkwürdig-akribische Stil gut gefallen. Die Darstellungen sind einmalig bizarr, aber der weitere Handlungsverlauf hat mich inhaltlich leider nicht so richtig angesprochen, um es herausragend gut zu finden.

    Bemängeln kann ich eigentlich nichts, auch wenn die labyrinthische Ausweglosigkeit seiner Werke sicher ein Grund ist, wieso ich heute eigentlich keinen Blick mehr in die Bücher werfe.

    Alles andere hätte mir dieses Werk aber auch irgendwie abgewertet.


    Zusammengefasst für mich nichts besonderes.

    Die Lehrer an unserer Schule, insbesondere der Fächer Sozialwissenschaften, Religion und Geschichte, wurden vom Bildungsministerium aufgrund unserer ach-so-schweren Betroffenheit durch die Kriege dazu aufgefordert, uns Schüler nach Redebedarf zu fragen und über die Situation und die geschichtlichen Hintergründe aufzuklären.
    Wir haben natürlich alle ganz dringenden Bedarf, zuzuhören, eine Frage nach der nächsten zu stellen und so jeglichen Unterrichtsstoff zu pausieren.
    SoWi - ok, da bot es sich an, die Stunde war sehr entspannt.
    Religion - haha. Der hat sich erst minutenlang über diese rührseligen Schleimformulierungen des Ministeriums aufgeregt, oder besser gesagt: er hat sich gar nicht mehr eingekriegt. Einer der wenigen, der kapiert, dass es uns doch sowieso Schnuppe ist und wir nur Unterrichtszeit verschwenden wollen. Der hat von seinen Fünftklässlern erzählt, die auf einmal alle so unglaublich viele dringende Fragen hatten. Aber ihm ist es zum Glück auch egal. Ähnlich wie die Schüleranzahl in diesem Kurs, die geht ihm ebenfalls am Arsch vorbei, und dass locker dreißig Prozent jede Stunde schwänzen. Letzte Stunde schmiss er ein YouTube-Video zum aktuellen Geschehen an und verabschiedete sich für den Rest dieser ins Lehrerzimmer. Aber ihm höre ich eigentlich gerne zu. Der hat es drauf.
    Spannend wurde es in Geschichte - diese völlig überforderte und ständig hetzende Frau fragte erst ganz besorgt, ob wir Redebedarf hätten, und verschiebt es seither stündlich weiter, weil wir - wie immer - mit dem Stoff angeblich so arg hinterherhinken. Die verteilt mit Abstand die meisten und umfangreichsten Hausaufgaben und schafft es trotzdem, regelmäßig deutlich zu überziehen.


    Heute haben wir noch die Zettel verteilt bekommen, in denen die Schule wie jedes Jahr um Kopiergeld bettelt (äh, habe ich was verpasst oder werden eigentlich praktisch keine Kopien mehr gemacht, weil die Lehrer sich vor Angst einscheißen, Ärger mit den Autoritäten zu kriegen? Ich bekomme oft keine Kopie, weil die meisten halt mit iPads arbeiten und die Lehrer für die fünf, sechs Papierschreiber nicht in den Kopierraum rennen).

    Zitat meines Mathelehrers: "Seht - so viel seid ihr der Bundesregierung wert." Touché.


    Wir haben zwar Apple TVs und keine Smartboards, aber dem scheiß Konzern noch Geld in den Arsch zu schieben, ist sicherlich mindestens so geil wie der schöne Schein der Digitalisierung (und nicht einmal den bekommen die vernünftig hin).

    Um die Ausbeutung der Schulen kümmert sich doch sowieso niemand. Oder wisst ihr, wie viel so ein scheiß Holzstuhl kostet, der vor hundert Jahren wahrscheinlich nicht viel anders aussah als heute?

    Ach, von meinem Religionskurs habe ich noch gar nicht berichtet.

    Während wir in Physik und Musik im wahrsten Sinne des Wortes sieben Kursteilnehmer sind, sind wir in Religion ... 45. Ja, richtig gelesen. Resultierend aus

    der Unfähigkeit der Verantwortlichen zur Organisation der Stundenpläne.

    Der Lehrer hat sich zu Beginn natürlich beschwert. Die Schule hat nicht reagiert. Mittlerweile ist es unwichtig, weil immer mindestens zehn Schüler gleichzeitig schwänzen, sodass gerade noch genug Stühle reinpassen, wenn man noch ein paar extra aus den benachbarten Räumen holt.

    Ich kann mich nicht so hundertprozentig an die Dauer einer Klausur erinnern. Aber das war wohl kaum länger als 90 Minuten.

    Wir hatten zudem auch generell eher selten Doppelstunden. Und wenn doch, dann hatte man dazwischen definitiv seine 5 Minuten Pause gehabt, und der Lehrer hat während dieser Pause für 10 Minuten das Zimmer verlassen, denn die Pause war heilig.


    Ich weiß, das klingt jetzt irgendwie fast idyllisch...

    dabei hab ich die Schule gehast. Vermutlich würde ich sie heute noch viel mehr hassen.

    Das klingt ja fast nach einem Traum ...

    Unsere Schule hat die vergangenen zwei Jahre das Konzept der gelegentlichen Einzelstunden erprobt. Die Lehrer kamen damit nicht klar und es gab viele Beschwerden und Blockungsschwierigkeiten in den Stundenplänen, weswegen in diesem Schuljahr wieder alles ist wie vorher. Also seit der fünften Klasse gibt es demnach ansonsten ausschließlich Doppelstunden à 90 Minuten.

    Früher hatten wir zwei normale Pausen, 20 Minuten, 25 Minuten, und die einstündige Mittagspause. Letztes Jahr im ersten Quartal, während ich mehr Zeit krank zu Hause als in der Schule verbracht habe, wurde das plötzlich geändert. Die 25-minütige Pause wurde auf 20 Minuten runtergekürzt und stattdessen wurde eine 5-Minuten-Pause zwischen der fünften und sechsten (Doppel-)stunde eingeführt. Daran hielten sich einige Lehrer nicht, die Unterrichtsunterbrechung gefiel ihnen nicht und das Pausenklingeln wurde gestrichen. Nach und nach hat es sich eingebürgert, die Existenz dieser Pause schlicht zu ignorieren. Unsere fünf Minuten Pausenzeit bekamen wir nie wieder zurück.

    Direkten Protest schülerseits gab es selbstverständlich nicht.


    Achso, und Pausenklingeln zum Beginn der Pause hatten wir an unserer Schule, soweit ich weiß, noch nie. Es klingelt nur zum Ende. Und auch das schon zwei Minuten vor dem eigentlichen Ende. Zumindest im Hauptgebäude. Im Oberstufengebäude haben wir gar keine Klingel, da müssen wir eigenverantwortlich auf Pünktlichkeit achten und kriegen bei ein, bis zwei Minuten von manchen Lehrern Anschiss, während die anderen standardmäßig noch ihren Kaffee trinken und à la 'akademisches Viertel' mindestens fünfzehn Minuten später kommen.

    Ein Schüler hat heute, wenn es dumm läuft, 8 reguläre Schulstunden

    Auch das ist übrigens nicht ganz richtig. Für mich ist es zutreffend, weil ich den Sportunterricht über gewisse Umwege heimlich loswerden konnte. :D

    ABER: Meine Mitschüler haben teilweise elf Stunden Unterricht, nicht immer ist tatsächlich eine Freistunde dabei (also Unterricht von 7:50 bis 17:15 Uhr). Natürlich ist das nicht legal, das wissen auch unsere Lehrer. Aber wo kein lauter Kläger ...

    Die Alternative wäre nun mal noch länger Unterricht. Oder der Missstand, der ohnehin schon existiert und für einige meiner Mitschüler wöchentliche Realität ist: Schlicht und ergreifend parallel gelegter Unterricht. Betrifft insbesondere die Fächer Spanisch, Russisch, Vokal- und Instrumentalpraktikum und rührt wahrscheinlich aus der Unfähigkeit der Verantwortlichen zur Organisation der Stundenpläne. Je nachdem, was gerade wichtiger ist, wo Klausuren anstehen, wie angepisst der Lehrer ist und was vielleicht ein Abifach ist, laufen sie entweder innerhalb des Unterrichts mehrmals hin und her oder wechseln die Unterrichtsstunden ab. Natürlich gab es da klagen. Die Alternative wurde ihnen aufgetischt: Noch länger Unterricht. Aufstapeln nach oben. Darauf hat natürlich niemand Bock, sind doch nur "Einzelfälle". Dafür aber nicht gerade wenige.


    Schule war eher zur Selektion da. Das hat schon nach der 4. angefangen, nach dem Motto 'Die Noten stimmen und der kommt aus einer Akademikerfamilie, da können ihm sicher die Eltern bei den Hausaufgaben helfen: Gymnasium' oder eben 'Die Noten sind zwar befriedigend, aber der hat einen Arbeiterfamilienhintergrund, also ab auf die Realschule mit dem'.

    Ich weiß ja nicht, in welcher Welt du lebst, aber, ähm... Das hat sich nicht geändert. Kein bisschen.

    Hat mein SoWi-Lehrer vor einiger Zeit erst wieder darüber abgekotzt.

    Das mit der Fächerwahl nach Noten kenne ich gut, ja. Ich hätte Spanisch gerne weitergelernt, aber sowohl die Analysen als auch der Lernaufwand und die Noten, die ich bekommen hätte, wenn ich meine Leistungen auch nur minimal gedrosselt hätte, weil ich nicht gerade begabt bin im Sprachenlernen, haben mir den Spaß schnell ausgetrieben. Nach zwei Jahren warf ich das Fach wieder raus.

    Ich bin da voreingenommen und destruktiv, auf das Bildungsideal scheiße ich in diesem Kontext, Hauptsache: Abschaffen, abschaffen, abschaffen. Verderbt das System noch weiter, treibt jedem Gutgläubigen, der verblieben ist, die Motivation aus, Lehrer zu werden und lasst die Schüler so weit verkümmern, bis überhaupt nichts mehr mit ihnen anzufangen ist. Lasst es zugrunde gehen, lasst es zu spät für alles sein - denn vorher wird sich nichts ändern und stattdessen alles nur noch viel länger und gravierender summieren. Wie Amerikas Logik mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki - ohne den großen Crash wird hier nichts enden.


    Was übrigens auch die iPad-Klassen betrifft, die im Video angesprochen werden: Die gibt es bei uns auch in den jüngeren Jahrgängen. Davon abgesehen arbeiten sowieso schon locker neunzig Prozent unseres Jahrgangs digital mit iPads (teilweise benachteiligen einige Lehrer jetzt schon die analogen Papierschreiber wie mich, indem sie einfach keine Kopien von den Arbeitsblättern machen, aber wir nutzen zu Hause halt weder Apple noch hätte ich bei Bedarf das nötige Geld dafür) und in unseren Klassenräumen des Oberstufengebäudes wurden Apple-TVs aufgehängt, damit die alten Säcke jetzt zwei Meter nach rechts rücken müssen, um das Licht ihres uralten Overheadprojektors an die Wand beamen zu können. :D Nee, Quatsch, ein paar Lehrkräfte verwenden die Teile schon, wenn sie denn mal funktionieren.