Ich halte Elon Musk ja für einen arroganten Arsch mit leichter Tendenz zum Größenwahn...
Aber dass er jetzt versucht, für etwas mehr Meinungsfreiheit bei Twitter zu sorgen und diesen ganzen Political Correctness-Mainstream-Idioten mal den Stinkefinger entgegenstreckt, finde ich schon ganz sympathisch.
Allein schon, wenn man sieht, wie kritisch das fast überall von den Mainstream-Medien gesehen wird, und wie es viele Journalisten als total schlimm anprangern, wenn man versucht, im Internet wieder eine etwas lockere Haltung zu diesen Dingen durchzusetzen (wie sie noch vor 10 oder 15 Jahren völlig selbstverständlich war)... dann muss einem doch auffallen, wie sich die öffentliche Meinung und das Internet in den letzten Jahren verändert haben. Und wie sich dabei eben vor allem die Hardliner mit ihren Ansichten durchgesetzt haben, die schon vor zwanzig Jahren das Internet nicht als "rechtsfreien Raum" sehen wollten, sondern es genauso kontrollieren und überwachen wollten wie den ganzen Rest unserer Gesellschaft.
Und das waren damals übrigens noch hauptsächlich Leute von der CDU und CSU. Die Konservativen.
Mittlerweile wird die Meinungsfreiheit im Netz aber auch zunehmend von links bedroht, und von allen möglichen "Aktivisten", die ihre politische Agenda aus der realen Welt auch unbedingt im virtuellen Raum durchsetzen wollen und kein Problem mit Zensur haben, so lange die Zensur nur die Meinung des jeweiligen politischen Gegners betrifft. Bösartige Kommentare, die nunmal zum Internet dazugehören, werden von Menschen, die das Internet nie verstanden haben, als "Hassbotschaften" bezeichnet... mittlerweile nennen sie es selbst "Hassposting", wenn jemand sich über einen dicken Politiker lustig macht oder einen frauenfeindlichen Spruch raushaut. Und in diesem Zuge ist es eben auch bei den Mainstream-Medien und den (hauptsächlich mitte-links-orientierten) Journalisten dazu gekommen, dass man eine restriktivere Kontrolle und strafrechtliche Verfolgung von Meinungsäußerungen im Internet regelrecht bejubelt. Weil man sich eben auch immer moralisch schön auf der richtigen Seite wähnt.
Das ist der Status Quo, den wir heute haben. Dass eigentlich aufgeklärte, humanistisch denkende Menschen die Argumente von konservativen, menschenfeindlichen Hardlinern übernommen haben, und teilweise auch schon deren Weltbild ("Wir brauchen einen starken Staat, eine strenge Justiz, etc. Die Menschen müssen vor sich selbst geschützt werden, weil sonst Chaos und Anarchie herrschen würde, bla bla")
Viele von denen merken vielleicht nicht einmal, wie sie sich gedreht haben im Lauf ihres Erwachsenwerdens, und wie sie nun selber ein Weltbild vertreten, für das sie irgendwelche CSU-Innenminister in ihrer rebellischen Jugendphase vielleicht noch verachtet haben.
Natürlich muss man andererseits auch sagen, dass das Netz von heute einen anderen Stellenwert hat als vor 20 Jahren. Dass heute damit Wahlen entschieden werden, und dass leider Gottes auch so dermaßen viele Vollidioten im Internet unterwegs sind, die jeden noch so grottenschlecht gelogenen Lügenmist glauben, dass man sich schon manchmal fragt: Müssen die Menschen vielleicht doch wie kleine Kinder vor Lügen und Fake-News geschützt werden, weil sie schlicht zu dumm dafür sind, um sowas selber erkennen zu können?
Aber mit derselben Argumentation können wir dann auch gleich Bücher verbrennen, die unwahre Behauptungen enthalten, und am besten auch noch den Kopp-Verlag verbieten und alle sonstigen Medien, in denen politisch unerwünschte Dinge geäußert werden. Nicht wenigen würde diese Vorstellung vermutlich sogar gefallen... und genau da sehe ich eben auch das Problem. (welches viele leider nicht zu sehen scheinen)
Es gibt keine "gute" Zensur. Viele Jahrhunderte lang wird schon zensiert, und eigentlich immer im Namen von Moral und Sitte. Und immer mit den gleichen Argumenten, wie auch heute noch: "Wir müssen die dummen Menschen vor unmoralischen Dingen schützen, sonst ist der gesellschaftliche Frieden bedroht." Nur was Moral ist, und was die richtigen Sitten sind, das verändert sich nunmal mit dem Zeitgeist. Und zu jeder Zeit waren die Menschen felsenfest davon überzeugt, dass ihre Moralvorstellungen die einzig wahren sind, für die es sich zu zensieren und zu unterdrücken lohnt. Mindestens genauso, wie heute eben der Mainstream wieder felsenfest davon überzeugt ist, dass die heutige Moral so perfekt ausgereift und fehlerfrei ist, dass man in ihrem Namen gern alle Andersdenkenden mundtot machen darf.
Und nur um das klarzustellen: Es geht mir nicht darum, dass jeder Idiot überall nach Lust und Laune andere User belästigen darf. Ich bin durchaus ein Freund davon, dass es eine gewisse Netiquette gibt, und dass User, die sich zu sehr daneben benehmen, auch mal vor die Türe gesetzt werden, etwa in Diskussionsforen wie unserem hier. Das ist ganz selbstverständlich, auch in der realen Welt. Wer sich unbeliebt macht und anderen Menschen ständig auf den Sack geht, der kriegt irgendwann einen Arschtritt verpasst.
Es geht mir um Seiten wie Youtube, Facebook, Twitter und Co. Es ist krass, was mittlerweile auf Youtube alles gelöscht wird. Von Facebook und Twitter hab ich keine Ahnung, interessiert mich ehrlich gesagt auch nicht. Aber ich bin einfach dafür, dass das Internet ein Ort bleibt, an dem man nicht zweimal nachdenken muss, was man sagen darf, sondern wo es etwas direkter und ehrlicher zugeht. ("ehrlicher" in dem Sinn, dass man sich so geben kann wie man ist. Und wenn man ein verlogenes Stück Scheiße ist... tja, meinetwegen, dann soll man so sein dürfen im Internet. Zumindest auf seinem eigenen Twitter-Profil. Selbst wenn man Donald Trump heißt.)
Was denkt ihr? Brauchen wir Regeln im Internet? Wie viele Regeln brauchen wir? Wer soll das festlegen?
Und würde wirklich die Welt untergehen, wenn das Netz heute wieder so unreguliert wäre wie zu seiner Anfangszeit?