Vielleicht etwas vereinfacht, aber im Grunde auf den Punkt gebracht. Was soll also das Gerede, "weder links noch rechts" zu sein (auch hier im Forum)? Müsste man nicht dezidiert auch die Unity-Philosophie als links bezeichnen?
Ich stimme vielem von dem, was er in dem Video anspricht, ja völlig zu, und finde den Herrn so wie er redet auch ziemlich sympathisch.
Allerdings frage ich mich: wenn man "links" so definiert wie er, nämlich dass man für Gleichheit aller Menschen und gegen Hierarchien ist... ist das, was er meint, dann nicht in Wirklichkeit "anarchistisch"?
Ich meine, ich hab ja auch ein Video zu dem Links-Rechts-Thema gemacht, und habe mir das auch alles durch den Kopf gehen lassen mit der französischen Revolution, und wie die Begriffe "links" und "rechts" eigentlich historisch entstanden sind. Aber es war eben schon damals nicht so einfach, dass links die toleranten und menschlichen Kräfte saßen, und rechts die fiesen Unterdrücker. Es ging eher um die Frage "Weitermachen wie bisher" oder "Die Gesellschaft radikal verändern". So gesehen wäre damals vermutlich auch die AfD auf der linken Seite gesessen, weil sie definitiv einen Umsturz möchte. Und wenn es damals schon nicht zutreffend war, dass links grundsätzlich immer die Toleranten und Guten saßen, und rechts die Intoleranten und Bösen, dann ist es das heute erst recht nicht.... da kann der Macher des Videos noch so oft behaupten, dass seine Definition von "links" jetzt die ultimative einzig wahre Definition ist, und dass jeder automatisch links sein muss, wenn er für Chancengleichheit und gegen Rassismus ist.
Wir haben heute in der gesellschaftlichen Mitte zweifellos viele Menschen, die sich eine tolerante und vor allem friedliche Gesellschaft wünschen, ganz ohne Gewalt und Rassismus. Also sind die links? Aber gleichzeitig wollen sie die totale Überwachung, glorifizieren die freie Marktwirtschaft und schreien nach noch mehr Polizei, nicht weil sie Uniformen und Unterdrückung so geil finden, sondern weil sie Angst um ihre friedliche, menschliche und ach so tolerante Bürgergesellschaft haben. Aber sind sie deshalb dann automatisch rechts? Wenn dem so wäre, dann hätte die Linke ein Problem, weil sie dann nämlich nur in etwa aus genauso vielen Menschen bestehen würde, die sich heute bereits als "Anarchisten" bezeichnen. Und der ganze Rest wären dann Rechtsextremisten. Ich würde sagen, der Drops ist gelutscht. Bei solchen Mehrheitsverhältnissen bräuchte man gar nicht mehr zu kämpfen, sondern kann gleich die Koffer packen und irgendwo hin flüchten, wo es noch keine Menschen gibt.
Also was ich sagen will:
"Es könnte so einfach sein" ist zwar ein netter Gedanke, aber es ist halt leider nicht so einfach. Natürlich könnte es so einfach sein. Wir könnten auch einfach alle erkennen, dass wir als Kinder alle Anarchisten waren, und uns ganz einfach wieder darauf zurückbesinnen. Dann würde auch ganz wie von selbst eine neue Weltordnung entstehen. Ähnlich, wie ich es auch in meinem Video gemeint habe, als ich sagte, wir müssen alle unregierbar werden, dann kann es auch kein Unterdrücker-Regime mehr geben. Das ist eigentlich ganz logisch und völlig richtig. Aber "einfach" ist es deshalb leider noch lange nicht.
Hier zum Vergleich nochmal das angesprochene Video von mir, das teilweise in eine ähnliche Richtung geht wie das von dir verlinkte... zumindest darin, dass die Mitte in Wahrheit keine gemäßigte Fraktion, sondern Extremisten sind, dürften wir uns einig sein. Nur die Sache mit den Unterschieden zwischen Links und Rechts sehe ich eben ein bisschen anders, weil die Unterschiede eben wie gesagt auch immer mehr verwischen, und klare Definitionen immer schwieriger werden, auch wenn ich die Sehnsucht nach einer einfachen, verständlichen Rollenverteilung natürlich nachvollziehen kann.