Tiefe Gespräche

  • Schwierige zwei Fragen. :unknw_gif: Es ist ja nicht so, dass ich auf ein "mir gehts so lala" jetzt nicht nachforschen würde. Bei nem "mir gehts gut" hinterfrage ich da weniger, weil ich hoffe, man ist mir ehrlich gegenüber. Blöd ist nur, wenn das wirklich einfach nur zu leeren Worthülsen verkommt, weil man kein Bock hat, seinen wahren Gemütszustand mit einem zu teilen. Keine Ahnung.

    Aber wenn wir doch ehrlich sind, dann ist ein "mir gehts gut" schon eine sehr bekannte Standardfloskel geworden.

    Nicht weil man unehrlich ist, sondern weil es schon fast ein Reflex ist. Oder weil man es selber nicht weiß, den anderen nicht belasten will, Angst hat, etc.

    Es kann viele Gründe haben - für mich ist ein Hinterfragen, ein "Türe-öffnen", eine Sicht dahinter und eine Einladung, dass es einem nicht gut gehen muss, ich es aber auch nicht wissen muss.

    Zitat von Celdur

    Die meiste Tiefsinnigkeit, so bilde ich mir ein, hab ich hier im Forum. Hier gehts teilweise um Sachen, die ich so nie im Real Life kommuniziere. :unknw_gif:

    In der Tat. Kommt viel tiefsinniges bei rum, wenn die eigene Seele erkrankt ist. Aber irgendwie, je besser man sich fühlt, desto mehr flacht auch diese Tiefsinnigkeit ab und man bewegt sich mehr an der Oberfläche. So hab ich zumindest bei mir den Eindruck. Vielleicht ist das auch normal?

    Kann gut sein, schätze das kommt drauf an, welche Freunde & Freundschaften man hat.

    Es lebe die Freiheit, die Meinungsäußerung und der Respekt anderen gegenüber.


    Will man einen Menschen genauer beurteilen, so muß man die Geschichte seiner Kinder- und Jugendjahre kennen.

    - August Bebel

  • Ich finde einerseits versucht ihr euch gegenseitig was rauszukitzeln um es an anderer stelle wieder zu bashen.

    Ich finde es durchaus interessant, was du hier so ausbreitest und muss nicht jede Ungereimheit großartig breit treten, aber in einem öffentlichen Forum muss man eben in Kauf nehmen, dass das dann als öffentliche Diskussionsmasse behandelt werden kann. Da kannst du doch als Neuankömmling nicht ernsthaft erwarten, dass jeder auf deine Eigenheiten Rücksicht nimmt und ahnt, was du in den falschen Hals bekommen könntest. Schon garnicht, wenn du selbst eher mit dem verbalen Brecheisen unterwegs bist, sowas finde ich peinlich.

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • Wenn die Seele "kränkelt" ist Abwechslung und Abkehr von den eigenen Problemen nicht oberflächlich sondern schlicht notwendig. Wenn besser fühlen immer bedeutet, dass man nurnoch über oberflächliche Dinge spricht, verdächtige ich das eher als Verdrängung und nicht als Normalität im Sinne von seelischem Gleichgewicht.

    Ich wollte das nicht so rüberbringen, dass man gleich oberflächlich ist, wenns einem gutgeht. Ist natürlich Blödsinn.

    Meine Probleme verdräng ich nicht weg - muss ja mit ihnen leben bzw. mich auch mal mit ihnen auseinandersetzen, damits vllt besser werden kann.

  • Aber wenn wir doch ehrlich sind, dann ist ein "mir gehts gut" schon eine sehr bekannte Standardfloskel geworden.

    Jo schade. Ich bin da für Ehrlichkeit und aufrichtiges Interesse! Wenns mich nicht interessiert, wies einem geht, frag ich doch nicht? Aber gut, der Höflichkeit wegen. :blah:

    Kann gut sein, schätze das kommt drauf an, welche Freunde & Freundschaften man hat.

    Kommt auch ganz allgemein aufs Umfeld drauf an, denke ich. Kann ich mich da öffnen? Gut, Freunde für hochtiefe Gespräche kann man sich sicher suchen, wenns man drauf angelegt. Oder man fängt von selber mal an, so wie du. Oder man weicht aufs Internet aus und sucht sich dort eine kleine Nische für hochqualitativen Shit. :420:

  • Da ich keine Freundschaften im herkömmlichen Sinne pflege, hat mir noch niemand ein tiefes Gespräch angeboten.


    Die ergeben sich eher spontan mit Fremden, die ich entweder vorher noch nie gesehen habe, oder mit Fremden, die ich hin und wieder sehe, dass sich spontan geöffnet wird.


    Da erfährt man dann Dinge, die man dieser Person nie zugetraut hätte. Die Palette reicht von freudig überrascht bis zu total schockierend.

    Aber alles ist gut zu erfahren und zu seiner Zeit.


    Im Internet ist das etwas anderes. Dort gibt es Informationen rund um die Uhr, und man saugt sich da alles rein, auch wenn man es momentan nicht alles verarbeiten kann.

    Erschwerend komnt noch hinzu, dass man die Menschen hinter ihren Geschichten nicht persönlich kennt. So ergeht es mir zumindest.

    Da brauche ich dann länger bis ich eine Person auf ihre Story anspreche, meistens kommt nur jemand anderes zuvor.


    Wahre Begegnungen (mit tiefen Gesprächen) sind eben Mangelware geworden in einer konsumgetriebenen, schnelllebigen, und für mich, 'versauten' Zeit.


    Ich hab da gar keine Ambitionen mithalten zu wollen, nicht um diesen Preis.


    In einem Forum könnte das schon wieder anders aussehen, da lernt man sich unter Umständen auch erst langsamer kennen.


    Aber im Allgeneinen habe ich festgestellt, dass mir diese Anonymität nicht sehr gut tut. Wenn man sich im realen Leben gegenüber steht, sagt man einfach andere Dinge und hat mehr Hemmungen als im Netz.


    Auch die Gruppendynamik spielt hier eine sehr tragende Rolle. Da hilft es nur, sich dem ganzen für eine Weile zu entziehen.

    Aber meistens hilft das auch nichts, es steht ja geschrieben und das Internet vergisst trotz Löschungen nichts.


    Wenn der reelle Bezug zu dieser Person dann auch nicht da ist, fehlt mir eben die entscheidende Komponente zu tieferen Ansätzen, und dem Gegenüber mangelt es oft an Zeit und Interesse. Wie soll da jemals etwas vernünftiges stattfinden ohne sinnbefreit im Sand zu verlaufen?

  • Ich hab mal wieder im 'Weg zur Brücke' geschmökert, ja geschmökert, und da ist mir aufgefallen, dass das ein ungemein tiefsinniges Gespräch (eher ein Monolog) ist. So wie es mir auch gerade geht, ist das Gelesene seit langem etwas das mir annähernd hilft.

    Ich bin froh dass das veröffentlicht wurde, auch wenn das in einigen negative Erinnerungen hervorrufen mag. Dafür kann ich aber wiederum nichts.

  • dass das ein ungemein tiefsinniges Gespräch (eher ein Monolog) ist

    'Weg zur Brücke' könnte ich z.B. als Beispiel für Tiefsinnigkeit nehmen. Hast du schon viel daraus gelesen? Hab paar mal angefangen zu lesen, kam aber irgendwann immer an einen Punkt, an dem ich nicht mehr richtig folgen konnte. Sind ziemlich komplexe Gedankengänge.

  • 'Weg zur Brücke' könnte ich z.B. als Beispiel für Tiefsinnigkeit nehmen. Hast du schon viel daraus gelesen? Hab paar mal angefangen zu lesen, kam aber irgendwann immer an einen Punkt, an dem ich nicht mehr richtig folgen konnte. Sind ziemlich komplexe Gedankengänge.

    Hin und wieder, ja. Anfangs hab ich von oben angefangen, und wenn ich dann nicht mehr folgen konnte, hab ich aufgehört und gelegentlich wieder an einer Zufallsstelle reingescrollt.


    Jetzt tut mir der 'shit' gerade ziemlich sehr gut! Das ist wirklich wie Balsam auf die Seele, ein Gefühl von -da versteht gerade jemand wie ich mich fühle- und der kann das auch noch in wunderbare Worte fassen.


    Wenn ichs gelesen hab als es mir gut ging, kam da eher ein wertendes Gefühl in mir hoch- ich hab wahrscheinlich einen Grund dafür gesucht, wieso sie es durchziehen musste.


    Jetzt hilft es mir unwahrscheinlich! Vor allem die Passagen, in denen sie über ihre sozialen Interaktionen und ihre niedrigen Erwartungen darüber spricht.

    Ich denke mir auch gerade, dass ihr Schreiben nicht umsonst war, aber hoffe, dass sie von der Veröffentlichung damals durch ihren Freund nichts mitbekommen hat.

    Mir wäre sowas peinlich und ein Zünglein an der Waage. Für ihren Freund war es sicherlich ebenso ein Hilferuf, deswegen hat er den Text veröffentlicht.


    Für mich wäre soetwas wie Verrat, und ich bin ja damals auch durch meinen Bruder verraten bzw.verpetzt worden über meine Pläne. Ich hatte ihm ebenfalls meine Entscheidung mitgeteilt, dass ich mich pro- leben entschieden habe, aber das hat er in seinem Schock wohl überhört.


    Man kann nicht sagen, ob es besser ist drüber zu reden oder drüber zu schweigen- ich halte aufschreiben für ein geeignetes Mittel.


    Wie dem auch sei, irgendeinen trifft es dann immer, weil sich diverse Menschen eben Dinge sehr zu Herzen nehmen.

    Jedenfalls kam mein Bruder nicht klar, führte ein Doppelleben und ging zum Psychiater. Er hatte ebenfalls tiefe Gespräche mit Fremden- je weiter weg, desto besser. Achja, und er wollte auch keine Gelegenheit verpassen, bei einer seiner Extremsportarten ganz 'zufällig' abzuratzen.


    So hat er sich aus dem Leben geschlichen. Meines hat er damals gerettet irgendwie, das von meiner Mutter durch den Unfall (noch mehr) zerstört.

    Nun gut, wir müssen alle mal gehen, aber er hat uns ausgegrenzt als Familie, hat nicht mit uns geredet. Zumindest hätte er mit mir reden können, aber da ich Teil seines Problems war, ging das wohl nicht.


    Dies könnte ein Grund dafür sein, warum man sich Menschen auf Abstand hält. Man möchte niemanden mit runterziehen in die eigenen Abgründe, der einem lieb geworden ist.

    Wenn sich diese Menschen dann partout nicht abwimmeln lassen, verletzt man sie halt einfach (altbewährtes Mittel ;))


    Also wiegesagt, ich lese das nicht gerne um zu glorifizieren, eher ist es so, als würde dich jemand in einer dunklen Gletscherhöhle an die Hand nehmen und das Licht halten, weil er sich darin auskennt.


    Bei welchem Therapeuten bekommt man je so ein Gefühl vermittelt?

    Da ist es eher so ein 'Hosen runter, jetzt wird geschlachtet!' -gefühl, oder.


    Mein Grauen liegt auch darin begründet, dass ich danach gefälligst zu funktionieren habe, nachdem Therapie beendet ist, und den zeitlichen Rahmen habe ich nicht mitzubestimmen.


    Ich habe ansatzweise versucht meine Gedanken Fachleuten gegenüber zu artikulieren, aber nur zu hören bekommen, dass sie mir nicht helfen können.


    Hin und wieder treffe ich Fremde, die mir ihr Herz ausschütten, und mir berichten, dass sie es ohne Therapie nicht geschafft hätten. Das sind dann aber auch echt krasse Fälle, wo ich dann einsehe, dass Ärzte mich zurecht als 'Simulant' abtun.


    So kommt das vielleicht, wenn der Körper noch zu gesund ist, und noch kein Ventil als Symptom deutlich erkennbar, und man mit dem Schmerz zusammen im eigenen Körper eingesperrt ist.

    (Alles nur Einbildung/Phantomschmerz?)


    Diagnosen haben ihre Berechtigung, nur will keine so richtig passen, also lebt es sich leichter ohne, weil sich das sonst wie in Stein gemeisselt anfühlt und mich erstarren liesse, falls die Heilung doch mal vorbeiflattert -und das tut sie oft- und ich hätte dann die Schuhe aus Beton an, das wäre echt ungeschickt.


    Ups, so viel geschrieben, sorry kommt nicht wieder vor ;) Schöner Philosophie-Thread übrigens, ganz prima :thumbup: gefällt mir:)

  • Da ich früher nicht dabei war, lass ich mal die Spekulationen über das Thema/die Beiden. Was bleibt für mich als Außenstehender, sind archivierte Hinterlassenschaften im Internet, die sich anspruchsvoll lesen lassen.

    Für mich wäre soetwas wie Verrat, und ich bin ja damals auch durch meinen Bruder verraten bzw.verpetzt worden über meine Pläne.

    Schwierig. Du empfandest es als sowas wie Verrat bzw. Verpetzen, er vielleicht aber als einzige Möglichkeit, dir zu helfen, indem er auch mit anderen darüber redet. Vielleicht war es auch zu viel für ihn alleine.

    Zitat von Igno von Rant

    Ich hatte ihm ebenfalls meine Entscheidung mitgeteilt, dass ich mich pro- leben entschieden habe, aber das hat er in seinem Schock wohl überhört.

    Da waren seine Alarmglocken evtl. schon lauter am lärmen, als dein Einwurf, dich fürs Leben entschieden zu haben?

    Man kann nicht sagen, ob es besser ist drüber zu reden oder drüber zu schweigen- ich halte aufschreiben für ein geeignetes Mittel.

    Persönlich bin ich immer für reden (und/oder schreiben). Negative Gedanken/Gefühle, die unausgesprochen in einem schlummern, können sich innerlich aufblähen und die eigene Welt noch schlimmer werden lassen.

    Man möchte niemanden mit runterziehen in die eigenen Abgründe, der einem lieb geworden ist.

    Das ist aber auch ein guter Punkt. Man will keine allzu große Belastung für andere darstellen. Auch nicht jeder ist ein geborener Psychologe/Psychiater, der sich den ganzen Tag die Probleme anderer Menschen anhören kann, ohne selbst in einen Abgrund zu geraten.


    Sich jemanden anzuvertrauen können, wenn einen alles erdrückt, halte ich dennoch für sinnvoll. Es gibt viele Arten von Hilfen in solchen Fällen.

    Zitat von Igno von Rant

    Wenn sich diese Menschen dann partout nicht abwimmeln lassen, verletzt man sie halt einfach (altbewährtes Mittel ;))

    Sollte nicht nötig sein. Eine klare Ansage bzw das Setzen von Grenzen sollte da Anwendung finden, die der Andere zu akzeptieren hat.

    Zitat von Igno von Rant

    Ups, so viel geschrieben, sorry kommt nicht wieder vor

    Passt schon. ;)


    *edit*: irgendwie schreib ich in letzter Zeit etwas widersprüchlich. Einerseits spekulier ich nicht, "da ich früher nicht dabei war", anderseits spekuliere ich über die Beweggründe deines Bruders, obwohl ich früher nicht dabei war. Hätte ich einfach "da ich früher nicht dabei war" weggelassen im ersten Satz, wäre kein Widerspruch entstanden. #firstworldproblems

    3 Mal editiert, zuletzt von Celdur () aus folgendem Grund: *edit*

  • @Celdur Du hast das ganz richtig aufgefasst. Man trifft Entscheidungen, und dann führt das so oder so zu Konsequenzen. Menschen mit grosser Bereitschaft Opfer zu erbringen sind oft ebenfalls grosse Idealisten.

    Manchmal ist es eben alles zu viel auf einmal und es bricht über einem herein.

    Alternativen sind unsichtbar in dem Moment. Positive Skills, sofern vorhanden, müssen erstmal ins Gedächnis reinkommen. Das ist alles nicht so einfach wenn man keinen Zugang hat.


    Ich hätte mir im Erwachsenenalter gerne ein tiefes Gespräch mit meinem Bruder gewünscht, habe aber auch Erinnerungen an Rollen die wir als Kinder spielten, die auf tiefem Vertrauen fussten, und die ich als hübsch sprirituell bezeichnen würde.


    Schade dass die klassischen Heilmethoden von heute das alles zerstören und unterdrücken. Aber das war sein Weg und ich akzeptiere das. Er war ein absoluter Realist geworden und hat auf mich herabgesehen.