Neonazi-Pegida-AfD-"Besorgte Bürger"-Fest in Chemnitz

  • In Chemnitz (ehemals Karl-Marx-Stadt) rottete sich am Wochenende ein großer Mob zusammen. Es kam offenbar zu Hetzjagden auf Migranten und alternativ Aussehende. Die Polizei hatte mal wieder nicht den Durchblick bzw. ließ die Nazis schalten und walten, wie sie wollten. Aber bekanntlicherweise ist die Polizei ohnehin von braunem Gedankengut unterwandert, das war sie schon immer. Die Einschläge kommen jedenfalls immer näher. Die Linke dreht aber weiterhin Däumchen und überlässt das Internet, das diesmal auch wieder intensiv beim Zusammentrommeln ("Wir zeigen denen, wer in der Stadt das Sagen hat!") den rechten Rattenfängern. Wenn man sich Kommentarspalten auf diversen Newsseiten (wenn Meldungen, was oft der Fall ist, sowieso nicht kommentierbar sind) weiterhin träumend dem Feind und kloppt sich lieber auf der Straße, worüber die Neue Rechte aber nur müde lächelt, weil die zumindest das Internet und die neuen Medien richtig verstanden hat und sie effektiv zu nutzen weiß. Die Linken haften immer noch in irgendwelche 70er/80er-Jahre-Fantasien fest und denken, sie könnten die breite Masse mit 30 seitigen Pamphleten beeindrucken. Das wird aber niemals klappen, weil die breite Masse so was Ermüdendes nicht lesen will und oft auch nicht versteht, weil dort meist von intellektuellen linken Schreibern mit Klassenkampf-Phrasen, verschachtelten Dogmen und Fremdwörtern nur so um sich geschmissen wird, als wenn es darum ginge, die Leute möglichst schnell und schmerzhaft zu langweilen. Auch wenn es weh tut, leider macht es die Rechte besser und mich würde es nicht wundern, wenn sich irgendwann die ganze Scheiße, die zwischen 1933 und 1945 geschah, wiederholt. Alles wiederholt sich, weil die Menschen in solchen Dingen nicht lernfähig ist und der Mensch von Grund auf rassistisch veranlagt ist.


    Das so was immer wieder im Osten passiert, wundert mich nicht. Meine Mutter wuchs in der DDR auf und damals gab es dort offiziell keine Neonazis bzw. keine rechte Szene, sondern die waren laut DDR-Propaganda nur im Westen, also der BRD, beheimatet. Die Staatsführung wusste aber durch seine penibel genaue Schnüffelei sehr gut über die rechte Szene in der DDR bescheid, die ab den 1970er-Jahren verstärkt aufkam. Es gab zwar Ausländer in der DDR, aus den sozialistischen Bruderstaaten, oder solche, die so gesehen wurden, aber Kontakt der Bevölkerung mit diesen Menschen war von oben her offiziell nicht gestattet. Ausländische Gastarbeiter hatten ihre eigenen Pausenräume, eigenen Abteilungen und wurden auch abgeschottet in den Städten einquartiert. Mit den Russen war es ähnlich, mit denen wollte auch niemand wirklich Kontakt haben und diese lebten ohnehin streng abgetrennt in den Kasernen. Es wurde sogar überhaupt nicht gerne gesehen, wenn dies geschah. Dann wurde man drangsaliert, wo es nur ging und wenn alles nichts half, wurde man "freundlich" gebeten, einen Ausreiseantrag zu stellen, der dann auch relativ zügig genehmigt wurde. Die BRD, das war der Nazi-Staat, die DDR war in den Augen der SED das "gute Deutschland". Es gab keine wirkliche Aufarbeitung der Zeit des Dritten Reichs, und genau das war der große Fehler. Und wenn man wenig Kontakt zu fremden Kulturen hat, entwickelt sich Angst vor dem Fremden. Ist man teilweise in de Gegenden im Nordosten unterwegs, kommt es einem wie ein Kulturschock vor, wenn man wieder in den Westen zurückkehrt, weil man auf einmal wieder zig Nationalitäten auf er Straße sieht. In beispielsweise Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) muss man da schon länger suchen, dafür fallen einem mehr blonde Menschen auf, als im süddeutschen Raum. Man kann keine Fehler, die über 40 und mehr Jahre gemacht wurden, einfach so wieder in Ordnung bringen und ich bezweifle ehrlich gesagt auch, dass dies überhaupt möglich ist.

  • Statt pauschal auf "die Linke" zu schimpfen, würde ich gerne eigenes Engagement erwarten. "Die Linke", die ich kennengelernt haben, war zumeist die einzige (!) Größe, die sich gegen den rechten Mob gestellt hat - ganz egal ob wir von Neonazis, türkischen Faschisten oder anderem Klientel reden. Natürlich werden diverse Fehler gemacht, aber das ständige Rumreiten und die ewige (Selbst-)Zerfleischung hilft da nicht weiter.
    Im Internet präsent sein ist schon nicht unwichtig, aber auch das ersetzt nicht Organisierung im reellen Leben. Einen rechten Mob hält man nicht mit Postings in Foren auf.
    In Rostock lief das so:


    Leider haben sich zu viele von elementaren antifaschistischen Tugenden entfernt und in Parallelwelten eingerichtet - das stimmt schon und das gilt es zu kritisieren.
    Aber dieses ewige Pauschalisieren, auch gegen "den Menschen an sich" geht mir langsam auf den Senkel. Der Kampf um die Gesellschaft ist noch längst nicht entschieden. Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass man den Rat, den man jeder abgemagerten Wagenplatz-Zecke geben kann, auch an so einige Kandidaten hier im Forum richten sollte: Schluss mit dem Drogenkonsum und der beschissenen Ernährung, Schluss mit der bescheuerten Party-Kultur, Schluss mit Debatten, die nichts als elitäre Spiegelfechterei sind, und dafür mehr Bodenständigkeit, Networking und Nahkampftraining. Langsam sollte man echt begriffen haben, wie der Hase läuft.

    • Offizieller Beitrag

    Ehrlich gesagt kapier ich nicht ganz, was in den Köpfen der Leute da abgeht, dass die für so einen Scheiß auf die Straße gehen, aber nicht für mehr soziale Gerechtigkeit, bedingungsloses Grundeinkommen oder eine Reichen-Steuer oder sowas. Wenn ich schon arm bin und in der Platte lebe, und um mich herum sehe ich den ganzen Luxus der anderen (meist Deutschen), dann würde ich doch lieber deshalb ausrasten, und nicht wegen ein paar Negern im Stadtpark. :dash:


    Finde es krass, dass das immer wieder im Osten passiert. Ok, damals in Rostock oder Hoyerswerda, da konnte man vielleicht noch sagen, das sind perspektiv- und ahnungslose Idioten, die vom Zeitgeschehen überrollt worden sind und dann eben irgendeinen Sündenbock gesucht haben, um ihren Frust rauszulassen. Aber inzwischen sind ja gut 25 Jahre vergangen... das ist eigentlich ja mittlerweile eine ganz andere Generation. Und dennoch scheint es die selbe Scheiße in den Köpfen zu sein wie damals.


    Wenn man im Osten unterwegs ist in den ländlichen, abgehängten Gegenden, wirkt es zwar immer noch so, als ob die Zeit stehen geblieben wäre... da begegnet man, wenn nicht zufällig irgendwo ein Asylantenheim steht, keinem Ausländer. Selbst an der Kasse im Billigsupermarkt oder Fastfood-Restaurant wird man von blonden, blauäugigen Bilderbuch-Ariern bedient. Das ist schon ein richtiger Kulturschock, wenn man aus dem Westen kommt und es eigentlich gewohnt ist, dass die "niederen Tätigkeiten" nur von Ausländern ausgeführt werden. (Wahrscheinlich sind in manchen Gegenden im Osten selbst die Müllmänner noch Deutsche.)
    Aber in größeren Städten? Chemnitz? Dresden? Cotbus? Die meiste Scheiße passiert ja scheinbar nicht auf dem öden Land, sondern in größeren Städten, wo eigentlich inzwischen schon ein anderer Zeitgeist eingekehrt sein sollte...


    Was ist da los im Osten? Und was denken die User darüber, die selber im Osten wohnen? Gibt es bei euch in der Gegend viele Ausländer? Merkt man irgendwas von Ausländerfeindlichkeit, wenn man mit den "normalen" Leuten auf der Straße redet? Oder ist das alles mehr inszeniert von ein paar fanatischen Ewiggestrigen, die halt im Osten etwas zahlreicher vertreten sind als anderswo?

  • Als "Wahl-Ossi" muss ich leider festhalten, dass sich bestimmte Negativ-Klischees bestätigen lassen. Die Grenzen zwischen "Normalos" und Nazi-Gruppen sind viel durchlässiger, da letztere einfach von einem großen Anteil der Bevölkerung als normaler Teil der gesellschaftlichen Realität akzeptiert werden. Sie sind überall, in den Sportvereinen, den Behörden, dem Fußball sowieso etc. Auch wenn man sich durch die Internet-Profile von Bekannten wühlt, stößt man mindestens auf einen AfD-Like. Mir scheint es zudem ein typisch ostdeutsches Nationalbewusstsein zu geben, das sich ganz konkret vom Rest des Landes abgrenzt. Insofern sind sehr viele Leute auch explizit nicht zu erreichen durch öffentliche Debatten o.ä. - das ist dann in etwa so, als ob die deutsche Presse Vorgänge in Ungarn oder der Türkei kommentiert, das wird als feindliche Einmischung wahrgenommen.
    Und natürlich sind die ganze Nicht-Arier ein eher neues Phänomen und kein vertrauter Anblick wie bei uns im Süden. Also hast du in Vierteln mit hohem Migrantenanteil eben oft unter der angestammtem deutschen, älteren Wählerschaft eine AfD-Dominanz. Und umgekehrt in Käffern mit wenig Migranten das Gleiche, da man hier schließlich "keine Zustände wie in den Großstädten" will.
    Die Durchschnittsgesellschaft ist extrem rassistisch. Es reicht, ein oder zwei Haltestellen aus den hippen Vierteln rauszufahren, sich in einen Imbiss zu setzen und den Gesprächen zu lauschen, um das große Kotzen zu bekommen. Es fehlt an elementaren zivilisatorischen Mindeststandards, man ist hier dezidiert kein Weltbürger sondern WILL in seinem provinziellen Mief hocken bleiben.
    Von den Behörden will ich gar nicht anfangen - ich wüsste nicht, was hier helfen könnte außer einer umfassenden Entnazifizierung, die mit massenhaften Entlassungen einhergehen müsste. Der Fisch stinkt vom Kopf her, da helfen keine Appelle mehr.
    Und natürlich sind es nicht (nur) die Abgehängten. Das ist einer der hartnäckigen Wessi-Mythen. Es ist vielmehr - siehe Dresden - auch vor allem alteingesessenes Bürgertum mit relativem Wohlstand. Sprich jenes Klientel, das auch schon damals das ursprüngliche Rückgrat der Nationalsozialisten gebildet hat. Was ein weiterer Grund ist, wieso ich linkspopulistische Lösungen der Marke Wagenknecht scheitern sehe, wenn es darum geht, Alternativen zum Rechtsruck zu formulieren.

  • Und noch eine kleine Ergänzung, um das Mobilisierungspotenzial zu erklären: Wir haben im Osten ein großes Klientel an rechten Hooligans, also erlebnis- und gewaltorientierte Personen, die sofort spontan losschlagen können. Das ist schon ein anderes Kaliber als vieles, was mir an Nazi-Nerds im Süden über den Weg gelaufen ist. Entsprechend lassen sich Pogrome sehr schnell organisieren, wenn der Anlass da ist.
    In Revolten auf der ganzen Welt haben Ultras und Hools anfänglich eine Rolle bei den Straßenkämpfen gespielt, z.B. in Ägypten, der Ukraine etc.
    Die mediale Öffentlichkeit begeht oft den Fehler, das entweder nicht zu beachten oder zu entpolitisieren, was von einem Unverständnis dieser Subkulturen zeugt. Wenn man etwas verändern will, könnte man daher z.B. gezielt im Bereich Fußball bzw im Vereinswesen ansetzen.

  • (Wahrscheinlich sind in manchen Gegenden im Osten selbst die Müllmänner noch Deutsche.)

    Wahrscheinlich? Mir sind nur Deutsche als Müllmänner bekannt. Und hier scheint das Problem zu liegen: die Angst vor dem Unbekannten. So wie man in manchen Gegenden in Süd- oder Westdeutschland wohl die Bevölkerung in helles Erstaunen versetzen würde, wenn ihr Müll oder ihre Toiletten von Deutschen bereinigt werden würden, so ist es im Osten mitunter bereits ein Drama, wenn man sich mit jemanden, der eine andere Hautfarbe hat, den Fußweg teilen muss. Hat der auch noch ein besseres Handy als man selbst, ist der Sozialneid die treibende Kraft für so manche Tat, zumindest aber Bemerkung oder wenigstens den entsprechenden Gedanken. Dabei geht es den Meisten von den vermeintlich Abhängten noch nicht mal schlecht. Wenn das eines Tages aber mal so sein sollte, rechne ich in gewissen Landstrichen mit Bürgerkrieg.


    Die Saat steckt bereits. Wie Lonewolf das schon richtig geschildert hat, muss man nicht lange suchen, um auch im engeren Umkreis auf afd-Anhänger zu stoßen. Das Gedankengut ist in jedem Fall vorhanden und die Flüchtlingskrise hat das Ganze leider immens befeuert. Die bisherigen Wahlergebnisse in z.B. Sachsen-Anhalt bestätigten das. In ein paar Monaten ist dann Landtragwahl in Sachsen und es darf vom schlimmsten ausgegangen werden. Dass selbst nicht mal weltoffene Großstädte immun sind, zeigen die Beispiele Dresden und Chemnitz. Leipzig hingegen ist ein Lichtblick und macht Hoffnung. Die gesamtdeutsche Entwicklung wiederum nicht. Meist sind es Männer ab 50, die ihre Midlifecrisis anders bewältigen, als man das vielleicht noch vor einigen Jahren getan hat. Im Osten hat das sicherlich auch mit der Wende zu tun und eine Position in der neuen Gesellschaftsordnung, die nicht für jeden die Erfüllung brachte. Schuld sind dann Andere, auch wenn man hier tatsächlich selber keine trug. Aber die falschen Schlüsse daraus zu ziehen, das sollten sich diese Leute zurecht vorhalten lassen. Ist halt nur schwierig, wenn um einen herum alle ähnlich denken wie man selbst. Das trägt dann nicht gerade zur Selbstreflektion bei, sondern vielmehr zur Radikalisierung.
    In kleinen Schritten, aber doch fortwährend. Ich rechne nicht damit, dass das in naher Zukunft abebben wird. Im Gegenteil. Legt erst mal der Verteilungskampf zu, wird dasselbe auch bei reaktionären Ansichten passieren.

  • Die mediale Öffentlichkeit begeht oft den Fehler, das entweder nicht zu beachten oder zu entpolitisieren, was von einem Unverständnis dieser Subkulturen zeugt. Wenn man etwas verändern will, könnte man daher z.B. gezielt im Bereich Fußball bzw im Vereinswesen ansetzen.

    Das ist doch in sehr vielen Vereinen schon der Fall. Bei zb Cottbus oder Rostock kann man das wohl eher vergessen. Aber es gibt sehr viele Vereine, in denen Antifaschismus groß geschrieben wird und in denen Rassismus nicht geduldet wird.

    Schluss mit dem Drogenkonsum und der beschissenen Ernährung, Schluss mit der bescheuerten Party-Kultur, Schluss mit Debatten, die nichts als elitäre Spiegelfechterei sind, und dafür mehr Bodenständigkeit, Networking und Nahkampftraining. Langsam sollte man echt begriffen haben, wie der Hase läuft.

    Ich wüsste nicht, ob ich mich gerne in einer Antifa Sportgruppe aktiv beteiligen wollen würde. Ich kenne genügend Leute aus solchen Gruppen, die mir übel aufstoßen. Genug Leute die sich selber für die perfekten Linken halten und alle anderen Ansätze nicht tollerieren. Ich bin diese Debatte über guter Linker schlechter Linker sowas von Leid. Ich drehe da lieber mein eigenes Ding und halte mich körperlich ein wenig fit. Nun, wo ich wieder arbeiten gehe kommt das automatisch langsam wieder zurück. Ich verstehe zwar deine Intension, aber so einfach ist das nicht.


    Was das Grundproblem des Rassismusses angeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein kategorisches todschweigen und stillreden dieser Thematik irgend etwas verändert. Unmensch und Lonewolf. Ihr meint, es lohnt nicht mit Nazi, besorgten Bürgern oder wer auch immer sich als Rassist mit einordnen möchte, zu sprechen. Das ist am Ende die gleiche Situation wie in der DDR. Das Problem wird nicht mit Worten sondern mit Gewalt gelöst.


    Wie stellt ihr euch denn eine komplette Endnazifizierung Europas vor ? Es kann mir keiner erzählen, dass der Osten ein so dermaßen größeres Problem mit Nazis hat, als der Westen und der Rest Europas. Die Prozentzahlen mögen im Osten Deutschlands vielleicht um 10 oder 20 Prozentpunkte höher liegen, aber grundsätzlich gibt es überall dieses Problem. Was macht man also mit diesen Menschen. Ich sehe da als einziges Mittel die Bildung. Aber gerade an dieser wird ja überall gespart. Es kann nur sinnvoll sein, dass sich die Menschen überall in die Haare bekommen. So ist für genügend Ärger gesorgt und wichtigere Themen werden nicht angesprochen. Divide et Impera. Und ich bin es Leid, dass mir andauernd vorgeworfen wird, dass sei doch ein rechter Standpunkt. Mir ist es in gewissen Punkten so egal, wie da nun die politische Richtung zu aussieht. Fakt ist, dass dies die Realität ist. Wenn ich nach Amerika schaue, dann ist das die Zukunft Europas. Da haben die Rechten und die Linken gnadenlos aufgerüstet. Trump polarisiert mit dummen Reden, während seine (meist unbekannten) Handlanger im Hintergrund, den noch vorhandenen Sozialstaat immer weiter verkleinern und Grundrechte minimieren. Ein klein wenig mehr Umweltschutz, ein bißchen hier weniger Steuern für Reiche. Das kann doch kein Vorbild sein. Und doch steuern wir genau darauf zu. Auf eine komplett endsolidarisierte Gesellschaft, in der sich jeder gegenseitig hasst. Die einen hassen die Ausländer, die anderen hassen die Deutschen. Ein bißchen Rassismus hier ein bißchen Sozialneid da. Mit aufgerüsteteten Schlägertrupps wird man diese Situation wohl nicht in den Griff bekommen, sondern es nur schlimmer machen. Gewinnen kann hier keiner etwas. Meine Meinung.
    Lonewolf, du sagst, eine Debatte in Foren ist zu elitär und etwas mehr Bodenständigkeit muss her. Was bringt dir diese Bodenständigkeit, wenn keiner dort weiß, wohin die Fahrt geht. Soll das ein Revival von den 30ern werden, wo sich Rotfront und SA Trupps auf den Straßen Schlachten lieferten. Ist dass die unvermeidliche Zukunft. Oder ist es schon längst Realität ?



    Das ist doch alles nur noch Scheisse !

  • Okay, eins nach dem anderen.


    Niemand muss Gewalt toll finden oder gezielt suchen, aber sich nicht darauf vorzubereiten, dass Situationen gewalttätig werden können, ist grob fahrlässig. Ich rede hier nichtmal primär von "Sportgruppen", sondern erstmal von eigentlich selbstverständlichen Dingen wie Sicherheitskonzepten, Veranstaltungsschutz etc., die dann eben nicht vom Gutdünken der lokalen Polizei (und die Cops haben den rechten Mob in Chemnitz gezielt und aus polit. Kalkül gewähren lassen) abhängen.
    Wenn ich physisch oder mental nicht in der Lage bin, einem Angriff standzuhalten, dann stelle ich mich nicht in die erste Reihe, um dann beim ersten Ansturm davon zu rennen. Und ständig "entsetzt" über "neue Dimensionen der Gewalt" zu philosophieren ist auch auf die Dauer langweilig - fascists gonna kill! Das wissen wir nicht erst seit gestern. So sehr ich mich auch in der Vergangenheit gegen das Label "Gutmensch" gestellt habe, aber ja - es gibt sie, die rechtsstaatsgläubigen, treudoofen "Demokraten", die sich hinterher wundern, dass sie von der Polizei nicht beschützt worden sind, die aber mit die ersten sind, die sich von der "Gewalt der Autonomen" distanzieren.


    Zum Beispiel USA: In einem waffenstarrenden Land ist es absurd, wenn linksliberale College-Kids für strengere Waffengesetze auf die Straße gehen, während rechte Milizen aufrüsten. Da sind mir Gruppen wie Redneck Revolt oder Socialist Rifle Association, die eine "left gun culture" propagieren, weitaus sympathischer.


    Zum Thema Totschweigen: Ich bin dafür, ÜBER, aber nicht MIT Faschisten zu diskutieren. Das kann jeder persönlich handhaben wie er will - auf Grundlage meiner persönlichen Erfahrung muss ich sagen, dass mir einfach zu wenige Fälle bekannt sind, in denen eine Diskussion zu einem Umdenken geführt hätte. Es KANN manchmal sinnvoll sein, Rechte in öffentlichen Debatten bloßzustellen. Aber es wird gerade sehr sichtbar, dass all der Müll, der seitens AfD verzapft wird, den Umfrageergebnissen in keiner Weise schadet. Man kann sich nicht auf Diskussion und Aufklärung verlassen, so wichtig diese Aspekte auch weiterhin bleiben. Aber sie stoßen an Grenzen, und ja, ich fürchte, wir werden manche Probleme einfach gewaltsam "befrieden" müssen, um den Brandherd zumindest einzudämmen.


    Bodenständigkeit, Organisierung, Ernsthaftigkeit. Wenn in anderen Ländern Geld benötigt wird, um Leute von der Justiz freizukaufen, für Anwälte etc., dann wird kollektiv gesammelt. In Deutschland besäuft man sich am Soli-Tresen, denn schließlich muss es für alles auch eine Gegenleistung geben, und natürlich darf die Party niemals fehlen... Von sinnlosen Texten und Redebeiträgen, die niemand ohne Politikwissenschaft-Studium versteht, und einer generellen Sprachverschandelung, bei der sich jeder Normalo denkt: "Was für Spasten" will ich gar nicht anfangen.


    Viele legen wert darauf, als erstes ihre Unterschiede hervorzuheben. Ich bin sehr froh, dass ich auch Beispiele kenne, in denen das Unmögliche möglich wird: Dass man sich manchmal als Anarchist, Maoist und Sozialdemokrat auf einen minimalen Konsens einigt, um wenigstens effektive Feuerwehrpolitik zu betreiben, die besser ist, als sie von manchen linken Elitisten gemacht wird.


    Ach ja, ich habe noch ein ostdeutsches Problem vergessen: Antideutsche Gruppierungen, die hier etwas relevanter sind als anderswo, haben leider einen gewissen Schaden angerichtet und einige der genannten Probleme verstärkt.


    Dass all dies "einfach" zu lösen ist, habe ich nirgends behauptet. Aber wie Unmensch angedeutet hat, kann sich niemand mehr herausreden, wenn wir bald ein Ungarn 2.0 - oder etwas noch viel Schlimmeres - im Osten haben. Ich will auch kein Sachsen-Bashing betreiben, die Probleme wachsen auch anderswo - aber hier eben ein bißchen schneller und sichtbarer aus den genannten Gründen.