Beiträge von Calgmoth
-
-
Ich schau das Ding die Tage irgendwann mal wieder an.
Aber so wie ich das erinnere, ist Marla doch nicht wirklich ein Charakter, oder? Wir haben keine Ahnung, was ihre Probleme sind und es geht die ganze Zeit nur um die realen oder eingebildeten Probleme des Protagonisten. Im Prinzip ist sie doch 'ne bessere Wichsvorlage - sie ist da, damit der Protagonist in der Handlung/Entwicklung weiter, sozusagen zum Punkt (oder Schuss) kommt. Dazu kommt, dass Marla immer der weibliche Eindringling in geschlossene Männerwelten ist. Zwischen das Frauenbild von 'Fight Club', 'Spiel mir das Lied vom Tod und 'Die Leiden des jungen Werther' passt in der Hinsicht kein Blatt Papier... Im Prinzip nimmst du doch für Marla genau die Rolle in Anspruch, die Deborah Kerr als Lygia für Marcus Vinicius in 'Quo Vadis?' spielt - die der Frau, die dem Mann seinen Irrtum vor Augen führt. Das ist in keiner Weise progressiv. Frauen als passive Retterin/Inspiration für Männer gab's mindestens seit der schönen Helena.
Dass es da nur um Männer geht, kann man ja gerade daran sehen, dass es keine Frauen im Fight Club gibt.
Klar, das ganze Ding ist ironisch gebrochen oder kann so gesehen werden. Aber Chuck selbst sagt ja auch, dass es da irgendwie um Selbstermächtigung durch Leid/Schmerz/extreme Erlebnisse geht - und das ist halt auch ein klassisch männliches Ding. Man geht durch das Tal der Schmerzen, wie Jesus, danach ist man aber wer. Die Drohnen in Tylers Armee haben ja irgendeine 'Wahrheit' verstanden. Und die Rezensentin hat ja auch gerade damit recht - dass das Geheule in dem Film (bezogen auf den 'Verlust der Männlichkeit', nicht bezogen auf die 'Konsumkritik', aber den Aspekt klammert sie ja auch aus) absolut ungerechtfertigt ist, weil Männer zu jeder Zeit aggressiv und gewalttätig sein durften.
Auf der Ebene trifft der Film halt exakt den Ton von Maskulisten und Co.
Und auf der darstellerischen Ebene ist das natürlich sehr lächerlich, wenn man durchtrainierte, attraktive Kerle kämpfen sieht, nachdem gerade über dieses Ideal hergezogen wurde.
Man muss sich schon fragen, wieso diese Vögel nicht einfach 'nen Marathon laufen oder sich am Iron Man versuchen, Bergsteigen gehen oder American Football spielen. Irgendwie wird da was mystifiziert, das überhaupt nichts Außergewöhnliches ist.
Aber ich glaube gerade das dürfte auf heranwachsende Männer einen Reiz ausüben: 'Wow, Tyler sagt, dass Kloppen nicht einfach nur Kloppen sondern bedeutungsschwangeres Kloppen ist - COOL!'
Von daher ist mir schon klar, wieso der Film einen Nerv getroffen hat.
-
LW, hab erst eben die von dir verlinkte Rezension gesehen - an den misogynen Aspekt hatte ich mich gar nicht so stark erinnert. Inhaltlich ist das schon sehr stark was für männliche Babys, die weinen, weil Papi weggelaufen ist. Ist in der Hinsicht halt was für Scheidungskinder wie Palahniuk selbst - und da sieht man dann auch die Parallele zu Houellebecq.
Der Aspekt dürfte dich damals nicht so dolle angesprochen haben, aber das ist halt schon das wesentliche Problem des Protagonisten.
Wen's interessiert: Ich hab mir die englischen Comics beschafft, aber noch nicht gelesen. Könnte man ja auch mal drüber quatschen. Hilfe beim Beschaffen braucht hier wahrscheinlich niemand, oder?
-
Oh, und keine Ahnung ob Chuck das damals wusste oder nicht - Hodenkrebs-Patienten brauchen weder Selbsthilfegruppen noch wachsen denen Titten. Die werden auch nicht irgendwie entmännlicht oder haben Angst vor dem Tod. Die werden geheilt und dann geht es denen gut.
-
In der Story geht es halt vor allem um Männer, denen das Männlichkeitsgefühl abhanden gekommen ist, und die sich durch Tylers Fight-Club endlich wieder selbst spüren können.Aber auch, wenn sich dieses archaische Männlichkeits-Gerede durch den ganzen Film zieht, würde ich trotzdem nicht sagen, dass sich der Grundgedanke des Films nur um diese Zielgruppe dreht. Man könnte im Prinzip auch eine ganz ähnliche Story über Frauen machen, die sich von ihren Männern oder ihrem öden Hausfrauen-Dasein emanzipieren. Es würde sogar funktionieren, wenn man das Geprügel weglässt und gleich mit "Projekt Chaos" anfängt. Es würde auch funktionieren, wenn der Protagonist eine Familie hätte und in einem spießigen Vorort lebt, anstatt in einem Single-Appartement.
Ich denke einfach, die eigentliche Aussage, die hinter Fight-Club steckt, ist universeller. Es geht um die Frage, ob eine überzivilisierte, verweichlichte Gesellschaft, wie wir sie heute haben, überhaupt unsere Bedürfnisse befriedigen kann, oder ob wir nicht alle längst aufgehört haben, richtig zu leben und wirklich "wild" zu sein. Und das meine ich jetzt gar nicht mal so sehr in dem Sinne, dass wir wieder in die Steinzeit zurückkehren sollten und Jäger und Sammler werden, so wie sich das Tyler Durden vorstellt. Die Figur des Tyler Durden ist ja nur der radikale Gegenentwurf zum Jetzt-Zustand, den sich der Protagonist ausgedacht hat, um seinem trostlosen Dasein zu entfliehen.
Dass im radikalen Gegenentwurf nicht die Lösung liegt, sondern dass es dann auch nur ziemlich bekloppt werden würde, wenn man alles total ins Gegenteil umkehrt, das wird vom Film ja selbst auch wunderbar thematisiert.Nichts desto trotz wirft der Film wichtige Fragen auf, die sich die modernen Menschen meiner Meinung nach noch viel häufiger stellen sollten. Man denke an die Szenen im Büro-Alltag, die Kopie einer Kopie. Die Schlaflosigkeit... der Pillen-Cocktail, den sich der Protagonist einwirft. Die Gedanken über Promis und Models, die Werbe-Industrie, die uns vorgibt, wie wir auszusehen haben. Die Sehnsucht nach einer Katastrophe, weil das eigene Leben so eintönig ist... gleichzeitig aber auch die Angst der Passanten davor, eine Prügelei zu beginnen... die Angst des Chefs vor seinem durchgeknallten Psycho-Angestellten. Die Angst, dass irgendwas passieren könnte, was sie aus ihrem geordneten Alltag reißt. Dieses geradezu zwanghafte Ordnungs- und Sicherheitsdenken der Menschen... was ja gerade auch jetzt in Zeiten von Corona wieder hochaktuell ist.
Ich frage mich, was Tyler Durden wohl in Zeiten von Corona machen würde. (oder, lieber nicht. Es wäre vermutlich etwas ziemlich ekliges und hätte was mit verseuchter Krankenhaus-Kleidung zu tun )
Jedenfalls finde ich schon, dass da unzählige gesellschaftskritische Aspekte drin stecken, die über die archaischen Männlichkeitsfantasien und die gespaltene Persönlichkeit des Protagonisten weit hinaus gehen.Ich würde halt sagen, dass die Tatsache, dass 'Jack' eigentlich verrückt ist und Tyler nicht wirklich existiert, schon den interpretatorischen Rahmen dafür setzt, dass ihm etwas fehlt, das er kompensieren muss. Das ist eben keine Gesellschaftskritik sondern wenn überhaupt Männlichkeitskritik - und die ist dann eben auch ironisch gebrochen, weil Tyler eben verrückt ist, genau wie die Vögel, die ihm wie Lemminge hinterherrennen ;-).
Als Gesellschaftskritik bleibt das ja an der Oberfläche bzw. dem Individuellen stehen - es geht darum, dass bestimmte Männer mit ihrem Leben nicht klarkommen. Und die springen dan ja von einer Zombiehaftigkeit in die andere - da ändert sich eigentlich nichts. Erst scheint Konsum der Gott zu sein, dem man nacheifert und dann ist es halt Tyler. Für die ändert sich da strukturell erstmal gar nichts.
Und wenn man politischen Kram individualisiert ist das halt nicht wirklich kritisch oder gar revolutionär.
Ich würde auch sagen, dass Männlichkeitsstereotype in dem Film ziemlich auf die Schippe genommen werden, auch wenn das uns damals sicher nicht so bewusst war. Man denke nur an Bob mit seinen Weibertitten, der in seinem ersten Kampf seinen Gegner platt macht... oder die homoerotischen Umarmungen nach den überstandenen Kämpfen.
Na ja, Chuck hatte sich öffentlich ja erst 2008 geoutet - aber genauso wie bei Billy Martin (ehemals Poppy Z. Brite) ist auch bei 'Fight Club' klar, dass Männer da nicht nur interessieren, weil sie so gut kämpfen können ... man denke nur an die Szene, wo das Gesicht des hübschen Jungen kaputtgeschlagen wird. Das ist schon alles homoerotisch geprägt - wenn er sich in den 90ern getraut hätte, wäre Marla vielleicht auch ein Mann gewesen. Aber dann wäre das halt Schwulenliteratur und kein Roman gewesen, der sich im Mainstream verkauft hätte oder gar verfilmt worden wäre.
Auf der Männlichkeitsebene ist der Film halt problematisch, weil er dieses dämliche 'Männer müssen Versorger und Krieger sein'-Klischee als coolen Action-Film verpackt an 'ne junge Zielgruppe verkauft.
Aber ich weiß schon, dass Palahniuk anders als Houellebecq auch noch ein anderes Thema hat ;-).
-
Ich finde es lächerlich, wenn die Rechten Merkel als "links" oder gar "linksradikal" bezeichnen. Merkel ist immer noch so viel Mitte, wie man nur sein kann.
Mann, Dian, das ist das rechte Narrativ, das schon in den Nuller-Jahren gepusht wurde - wenn die CDU 'sozialdemokratisiert' wurde, dann kann sie bald noch rechter werden, ohne dass das jemand - das ist rechte Diskursverschiebung.
Und dann ist die Merkel ja noch 'ne Frau, was schon ziemlich unerhört ist.
-
Na ja, 'Fight Club' führt doch eigentlich nirgendwohin.
Der Protagonist ist irre und Tyler ist 'ne verrückte Illusion.
Tylers Ziel ist anarcho-primitivistischer Unsinn.
Was da auf der interpretativen Ebene bleibt, ist die ekelhafte Interpretation der Probleme des Protagonisten - und der ist halt so kaputt und hat deshalb Tyler 'erschaffen', weil ihm seine Mutter/die Frauen irgendwie die Männlichkeit weggenommen hat/haben.
Wenn man's auf die Machtebene runterbricht und noch 'n bisschen Houellebecq reinbringt, sind doch gerade die Vögel, die sich in der 'neuen Welt' zurecht finden, die Gewinner - die häufen Status und Besitz an, während der Protagonist ein Verlierer mit 'ner Wahnvorstellung ist.
Das Lustige ist natürlich, dass das schon sehr subversiv die Männerwelt karikiert - zuerst sind sie Ikea-Zombies und dann rennen sie einer Wahnvorstellung wie Zombies hinterher. Welche 'Gehirnwäsche' lässt die jetzt dämlicher aussehen?
In der Steinzeit würden die alle doch keine zwei Wochen überleben.
Ein wirklich gesellschaftskritischer Film würde tatsächlich die Gesellschaft kritisieren und echte Probleme aufzeigen.
Auf einer Ebene hatte der Film aber massive Effekte - auf der rechtlichen Ebene des damals noch jungen product placement. 'Fight Club' war der erste und der letzte Film, in dem jemals ein Markenprodukt, das vom Hersteller gestellt wurde, zur Schrott gekloppt wurde (der BMW). Seither gibt's klare Klauseln, die sowas verbieten und sogar verlangen, das Produkte in positiver Weise und nicht in Assoziation mit negativen Charakteren/Situationen gezeigt werden.
Da hat dann Tyler seinen Job sehr gut gemacht ;-).
-
Re: "FIGHT-CLUB" ist ein Meisterwerk !!!!!!! - dian 18.9.2000 20:52(23)
Auf Dian kann man sich halt verlassen ;-).
-
Leute, in dem Zeug da ist schon ein guter Schuss Kunst. Das ist ästhetisch aufpoliert oder verzerrt, je nachdem wie man das sehen will.
Und, klar, sie hatte 'ne krasse Depression - ist halt leider so, dass man sich da konstant einredet, das die Dinge scheiße sind, auch wenn sie das nicht sein müssten. Und, klar, der objektive Schluss 'nichts ist von Dauer/wichtig, weil wir ohnehin ins Gras beißen müssen' klingt halt doch sehr viel überzeugender wenn man subjektiv massive Probleme auf der Gefühlsebene hat.
Ihre eigene Isolation sieht man halt auch gerade bei den Zerrbildern von Depressiven, die sie an der einen oder anderen Stelle entwirft - die sind nämlich nicht notwendig anders als sie und haben nicht unbedingt mit anderen Problemen zu kämpfen, auch wenn sie's nicht so schön ausdrücken können.
Was Traumata angeht, so weiß ich nichts von landläufigen schlimmen Sachen - aber natürlich reicht's bei vielen Leuten schon, wenn man keinen Ansprechpartner im Umfeld hat und sich nicht als zugehörig empfindet. Vor allem, wenn man 'ne genetische Veranlagung hat (was wir natürlich nicht wissen). Sie war ein Einzelkind, mit der religiösen Mutter gestraft und hat das ganze Leben am untersten Ende der sozialen Leiter in 'nem Bergdorf verbracht. Letzteres hat wahrscheinlich auch mit dazu beigetragen, dass sie sich an der Uni nicht wohl gefühlt hat.
Und natürlich ist man doppelt aus der 'normalen Masse' ausgehoben und fühlt sich fremd, wenn man verdammt schlau ist, Interessen hat, die der Rest nicht teilt, und sich auch noch mit niemandem emotional verbunden fühlt.
Eine der lustigsten Anekdoten, die ich eben erinnere, war ihre Überraschung darüber, dass man anderswo nicht erst noch mit dem Busfahrer tratscht, wenn man einsteigt - fragt, wie's geht, sagt, wo man hin will, was man so macht usw. - das war bei ihr üblich und normal ;-).
Wenn man mich fragt, dann hatte Jan eigentlich versucht, gerade nicht ihr Freitodgefährte zu werden - wieso das in die Hose gegangen ist, ist schwer zu sagen. Der hatte ja auch genug eigene Probleme. Und von seiner Seite gibt's eben deutliche Anzeichen, dass da auf der Rückfahrt auf seiner Seite Überredung/Überzeugung nötig war. Ob sich das nur auf Termin oder Ort und Art bezogen hat - die Brücke war ja dann doch Christinas und nicht sein 'Sehnsuchtsort' - oder ob das eine generellere Sache war, lässt sich jetzt nicht mehr klären. Man kann aber wohl sagen, dass Jan mit der Sache deutlich mehr gerungen hat, als Christina - zumindest so weit ich das mitbekommen habe.
-
Also, hier ist der Link zum uralten Unity-Forum. Einfach auf Forum klicken, dann weiter ins Archiv, wo man sich dann von Seite 1 bis Seite 100+ durchklicken kann.
Es wurden allerdings nicht alle Beiträge/Seiten ins Archiv aufgenommen. Manche Beiträge/Links sind tot.
Und man kann ja auch selbständig einfach nach 'theunity.de' im Internet-Archiv suchen, das ist nicht so schwer.
Kennst du zufällig noch Name oder Adresse des Forums davor? Wenn ich die wüsste, könnte man vielleicht sogar die allereste Version noch auftreiben...