[Hier könnte die aufgeweckte Hasstirade eines semifrustrierten Studenten stehen, wenn er die Zeit dafür hätte.]
Aber im Ernst: Dieser Thread entsteht aus der reinen Obligation heraus. Wenn wir ehrlich sind, liegt der Ursprung dieses Schriftwerks überhaupt nicht mehr im zuinnersten Hass auf das Studentenleben - ich komme nun um einiges besser zurecht.
Das Prinzip des mentalen Notizzettels funktioniert ganz gut, also führen wir das so fort.
Die derzeit unangenehmste Angelegenheit stellt konkurrenzfrei die übertriebene Auslastung dar, oder besser gesagt der extreme Zeit- und Schlafmangel als unausweichliche Folge einer 65+ Stundenwoche. Das ist wirklich ein Problem. Wochenlang nur vier Stunden die Nacht zu schlafen, ist wahnsinnig kräftezehrend und tut mir in keiner Form gut. Momentan bin ich bei etwas über fünf Stunden Schlaf die Nacht und ich arbeite dran, die sechs zu erreichen. (Edit: Nee, letzte Nacht war ich wieder bei vier, streicht den Optimismus.) Wirklich lustig ist das nicht. Vernünftige Freizeit ist dabei nicht einmal inbegriffen.
Ich erinnere mich gut daran, wie ich an meiner Studienfähigkeit zweifelte (ein winziger Teil von mir tut das immer noch), und jetzt habe ich mich mit den Vorlesungen der Mathematiker und viel zu vielen CPs für das Semester gleich wieder übernommen.
Naja, warten wir erst mal die Klausuren ab.
Ich bekomme de facto auch gar nix mehr von der Welt mit. Wahlkampf, Krieg, Ereignisse um die Ecke - gar nichts, seit das Fernsehprogramm meines Vaters beim Abendessen nicht mehr durch die Wohnung dröhnt.
Ähnlich isoliert bin ich von Bildung, Kultur und Büchern. Ich habe nur noch die Mathematik, die Musik und ein paar geniale Freaks um mich herum, die ich zutiefst schätze und mit denen sich jeder Scheiß anstellen lässt.
Die Zeit gibt nichts anderes her, aber zum Teil genieße ich das. Es wäre schlimm, wenn sich dieser Zustand nicht einmal mit dem Physikstudium erreichen ließe – doch wünsche ich mir, ich hätte die letzten Jahre intensiver genutzt. Psyche und Rahmenbedingungen fraßen mir ungeheuer viel Zeit weg, während die Liste der Bücher, die ich noch lesen wollte, immer weiter anwuchs.
Trotzdem wäre ich nicht Lissaminka, würde ich allem Zeitmangel zum Trotze nicht treu meinen Anwandlungen und Hirngespinsten Folge leisten und noch eine ehrenamtliche Sanitätshelferausbildung in der Nachbarstadt anfangen oder mich gelegentlich der chinesischen Sprache widmen oder (!) eine wilde, unangekündigte Wochenend-Heimsuchung eines ehemaligen Unitiyaners und zufalligerweise Plateaugründers mitten in der Berliner Nacht durchführen, im angebrachten Sektenkostüm mit meiner Chaostruppe – freilich noch mit chinesischer Schriftrolle, Heroldskript und anschließender Teezeremonie (sowie einem extra angefertigen Siegelstempel mit dem Wappen meines Dorfes, in dem ich nun wohne, um den händisch überreichten Brief angemessen zu versiegeln) –, die nicht nur eine ganz unerwartete Wendungen nahm, sondern auch den Anschein erweckt, ich verfüge über grenzenlose Mengen an Zeit.
(Erwähnte ich schon mal, dass ich gerne lange Sätze konstruiere? Das ist wie mit Rechnungen. Wenn mir das doch nur verbal so wunderbar gelingen würde!)
so viel zum melodramatischen "Burnout" vor ein paar Monaten.
Die Heidelberger Hügel tun es – ich sag's euch.