Dann wünsche ich viel Erfolg bei der Suche! ^^ Bei dir klingt das so, als ob an jeder Ecke irgendwelche Anarchisten wohnen und sich eine Wagenburg bauen. Vielleicht sollte man nicht verschweigen, dass deren Zahl und vor allem die gesellschaftliche Relevanz ihrer Projekte in etwa so unbedeutend ist wie dieses Forum hier. Wohlgemerkt, ich rede jetzt nicht über die Antifa, die sich ja auch hauptsächlich oder fast nur mit dem Bekämpfen von Nazis beschäftigt, weil sie sonst auch nix mit sich anzufangen wissen, sondern von echten anarchistischen Alternativen. Da wirst du schon ziemlich mit der Lupe suchen müssen, vor allem, wenn du dann auch noch einigermaßen Ansprüche hast und nicht bei irgendwelchen total irren Psychos oder Hare Krishna-Leuten im Indianer-Zelt landen möchtest.
Aber du kannst diesen Thread ja gern mal dafür nutzen, ein paar dieser Projekte hier zu verlinken... sind sicher einige Leute daran interessiert. Meiner Erfahrung nach haben die meisten dieser Projekte nicht mal eine vernünftige Internetseite, sei es, weil sie dazu nicht in der Lage sind oder weil sie die moderne Technik ablehnen. Da ist das Unity-Forum, so erbärmlich es auch sein mag, tatsächlich noch eine der profesionellsten Web-Präsenzen in diesem Bereich. Und was den kreativen Output angeht, wäre mir nebenbei bemerkt auch noch nicht aufgefallen, dass von den "echten" Anarchisten mehr kommen würde als von mir, dem möchtegern-anarchistischen Sofa-Revoluzzer mit seinem nicht ernstzunehmenden Internet-only Projekt, über dessen User du bei jeder sich bietenden Gelegenheit lästerst, weil sie es wagen über Politik zu philosophieren, ohne selbst aktiv am Straßenkampf teilzunehmen.
Aber wie gesagt... zeig ein paar Links die mich vom Gegenteil überzeugen, dann werde ich auch gern demütig sein und die Klappe halten. Andernfalls sollte vielleicht der Herr Lonewolf mal eine gewisse Demut walten lassen und sich eingestehen, dass er selbst auch schon längst nicht mehr hier rumhängen würde, wenn er bessere "anarchistische" Projekte mit cooleren Leuten in Dunkeldeutschland gefunden hätte.
Beleidigte Leberwurst, die x-te. Das Problem besteht möglicherweise darin, dass du ein höchst kritischer Mensch bist, dem es leider völlig an Selbstkritik mangelt. Das ist keine gute Voraussetzung dafür, in irgendeiner Form gesellschaftlich zu wirken (okay, ein Trump beweist gerade das Gegenteil... aber der ist eben mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und hat verdammt viele Ressourcen zur Verfügung).
Mir geht's überhaupt nicht darum, dir persönlich auf den Schlips zu treten. Grundsätzlich mag ich ja kreative Menschen - denen gestehe ich auch eine gewisses Maß an Narzissmus zu ;-) Nur nervt diese ständige Litanei über die angeblichen Verfehlungen von anderen. Es geht nicht um Selbstdarstellung. Auch wenn das nicht so rüberkommen mag, aber ich habe viele meiner Ansichten in den letzten Jahren einer kritischen Prüfung unterzogen. Dementsprechend fällt es mir auch mittlerweile schwer, mir irgendein Label wie "Anarchist" anzuheften, wenn ich mir vergegenwärtige, was dies für andere bedeutet bzw. was andere so zu opfern bereit sind.
In der Konsequenz, in Gesellschaften wie den heutigen, was heißt es denn konkret, "Anarchist" zu sein? Gerade in Deutschland ist es schwer bis unmöglich, die Bindungen zum Staat zu kappen. Besetz mal ein Haus, und du wirst morgen wieder rausgeprügelt. Insofern ist die Form des Anarchismus, die sich primär durch Opposition zum Staat definiert, in Deutschland bei Weitem nicht so ausgeprägt wie z.B. in Griechenland , wo alles konfrontativer ist.
Es gibt diverse Kollektive, sei es im Bereich Wohnen oder Landwirtschaft, die ein gewisses "anarchistisches" Selbstverständnis haben. Nur dürfte dir das wohl zu unspektakulär sein. Und hier liegt eben noch ein Problem: Der Begriff "Anarchismus" ist im Grunde irrelevant, wenn er einfach nur ein Label darstellt.
Wie genau stellst du dir ein "anarchistisches" Projekt denn vor? Wenn kein Eigentum mehr vorhanden sein soll, wird es schwer, denn ohne Grundbuch läuft eben wenig in Deutschland. Du hättest dir temporäre Besetzungen, wie sie im Hambacher Forst liefen, mal anschauen können. Das wäre vielleicht was nach deinem Geschmack gewesen, wer weiß. Wenn es etwas "authentischer" sein soll, hab ich auch Adressen in Griechenland (wobei ich einiges nicht mehr rausrücke, einfach, weil die Leute keinen Bock mehr auf Touristen haben). Aber auch hier gilt: Wie spektakulär willst du es denn haben? Wir habe eine von Staat und Kapital durchzogene Gesellschaft - niemand behauptet was anderes. Und angesichts der reaktionären Auswüchse halte ich nach wie vor antifaschistische Aktionen mit für das Wichtigste, das man aktuell tun kann - genau hier gibt's einige Ansatzpunkte und Leute, die Support benötigen. Nein, das ist nicht "anarchistisch", es werden "nur" simple zivilisatorische Grundlagen verteidigt, die es überhaupt möglich machen, dass sich Gesellschaften vielleicht mal zum Besseren und nicht zum Schlechteren entwickeln. In deiner bzw. meiner Region sah es mal vor einigen Jahren in manchen Käffern noch ganz anders aus.
Einen Fahrplan bekommst du also nicht von mir, pardon. Ich kann dir nur an dieser Stelle einen kleinen Hinweis geben, was ich in der Vergangenheit so gemacht habe: Nimm dir eine Karte und schaue mal, was es im Umkreis von 100km für Projekte und Gruppen gibt, die dir irgendwie progressiv erscheinen (zu dem Zeitpunkt hast du hoffentlich schon eine Handvoll Gleichgesinnter um dich herum versammelt). Dann schreibst du die Leute an, organisierst Treffen, und baust Netzwerke auf. Dann überlegst du dir, was konkret für Veranstaltungen in den Regionen Sinn machen könnten - Konzerte/Parties, Fußballspiele, was auch immer. Durch diese Form des sozialen Networkings kann man Step by Step auch Ideen vermitteln, die dann auch darüber hinausgehen können, dass Nazis scheiße sind. Ein paar Leute fragen weiter, politisieren sich, und eventuell laufen sie dir mal in einem anderen Teil der Welt über den Weg und du sagst dir: Cool, ohne dich würden die vermutlich noch in ihrem Kaff hocken.
Ist das alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Zumindest sehe ich, dass die Grundstimmung in vielen kleineren Ecken definitiv eine andere wäre, wenn sich jeder völlig ins Private zurückziehen würde.
Und auch wichtig (!!): Nicht gleich alles persönlich nehmen und beleidigt sein, wenn nicht alles sofort so läuft, wie man es gerne hätte. Es geht nicht um das eigene Ego. Radikaler Individualismus und Aktivismus vertragen sich nicht so gut... das ist vielleicht auch ein Problem des Unity-Anarchismus. Ich meine, schau dir mal Typen wie Bakunin, Machno oder Durruti an. Exil, Knast, Tod. Vielleicht ist das das Schicksal eines wahren Revolutionärs, der nicht für sich selbst, sondern für "die Welt" streitet. Willst du bzw. wollen wir das überhaupt?
P.S. Ich frag mich echt gerade, wie sowas wie die Makhnovtchina oder die CNT/FAI überhaupt möglich war ohne Internet-Präsenz. Ich meine, haben die etwa alle im selben Dorf gelebt? Anders ist es doch gar nicht möglich, dass sich Menschen über den Weg laufen. Wie haben denn potenzielle Mitstreiter an verschiedenen Orten jeweils von ihrer Existenz gewusst ohne WLAN-Zugang? Vielleicht war es Gedankenübertragung? Fragen über Fragen!