Natürlich konnte ich schon immer nachvollziehen, was mit der Normalophobie gemeint war in den Texten von Dian, aber heute Nacht kann ich eine perfekte Parallele zu meinem eigenen Leben ziehen, ich kann erkennen, warum ich mich innerlich mit aller Kraft dagegen wehre mein Leben auf die Linie zu bringen, auf die Linie, die von meinen Mitmenschen als die "normale" angesehen wird.
Ich kann in meinem gesamten Sein und Handeln nun einen Kampf gegen das Normalsein erkennen: in der Tatsache, dass ich Geburtstage hasse, meinen eigenen und den von anderen, mein Opa hatte letztens Geburtstag und ich war so ehrlich mich nicht zu melden.
Die Tatsache, dass ich jene, die ich meine echten Freunde nenne, niemals normal nennen würde; die Tatsache, dass ich mich nicht dem Notendruck beuge, obwohl ich kurz vor dem Abitur stehe; die Tatsache, ich mich an Orten wohlfühle, an denen sonst keiner meiner "Freunde" rumhängt, allein in Berlin, nachts, nur mit meiner DSLR, in komischen Bars und Lokalitäten, während es andere zum nächsten McDoof zieht; dass ich nachts in meinem Zimmer glücklicher bin, als in der Schule umgeben von "Fremden"; die Tatsache, dass ich mit Waffen und Drogen keine Probleme hab; die Tatsache, dass ich keine echte emotionale Bindung an meine Familie habe; mein Musikgeschmack ist auch nicht der Norm entsprechend, meine anderen Hobby sind für vielen normalen Menschen Fremdbegriffe, Sachbücher fassen ja sowieso kaum normale Menschen an,
Ja mein gesamtes Weltbild ist nicht normal, über so eine Scheiße sollte man sich gewöhnlich keine Gedanken machen, und als guter Bürger sollte man auch nicht die staatliche Autorität hinterfragen. Selbst unter Anarchisten scheint man nicht normal zu sein, wenn man den freien Markt für eine anstrebsame Gesellschaftsform hält,
Ich will nicht das wissen, was alle wissen, ich will nicht tun, was alle tun, ich will nicht leben, wie alle leben,
Und das Verrückteste an der Sache ist doch, dass es ein unbewusster Prozess zu diesem Punkt war; ich war nie derjenige, der versuchte cool und unnormal zu sein, ich hab nur versucht mich wohl zufühlen, aber das hat mich letztlich von der Herde weggeführt, und das hat mich dann wieder unglücklich gemacht...,aber ich wollte nie wirklich anders sein, denn oft mal hab ich mich auch wohlgefühlt mit normalen Leuten, normale Sachen zu machen; mittlerweile bin ich glaube ich an einem Punkt angelangt, an dem die Normalität meinen Lebenszustand zu bedrohen beginnt, denn dadurch, dass sich meine Schulzeit dem Ende neigt, werde ich mit Aufgaben konfrontiert, die ich mir bisher gut vom Leib halten konnte; jeden Tag kann ich mich nach der Schule in mein Zimmer zurückziehen, und im Internet versinken, statt mich um normale Sachen wie Lernen oder Zukunftsplänen zu kümmern, aber jetzt realisiere ich langsam, dass ich am Ende des Jahres wohl gezwungen bin, ein anderes Leben zu leben als ich es jetzt tue, nicht ich dass ich Angst vor Neuem hätte, aber ich hab Angst noch weiter in die Normalität abzurutschen.
Die Abgrenzen von meinem Umfeld geschieht automatisch, aber erst heute fällt mir das derartig deutlich auf,
ich glaube gerade auch, dass alle Menschen um mich herum spüren, wie ich mich abzugrenzen versuche, und sich so auch von mir abgrenzen, denn auch wenn alle nett zu mir sind und auch keiner ein Problem mit mir hat, so halten doch alle etwas Abstand und unfreiwillig wird man auch von allen als "der" angesehen, der nicht ins Muster passt, das macht mich leider nicht glücklich, denn ich würde so gerne ein echtes Mitglied ihrer Gruppe sein, aber keiner scheint zu merken, wie ekelhaft ihre Normalität ist...