Zitat
Mit dem Taoismus habe ich mich auch eine Zeit lang beschäftigt.
Ich glaube aber eher an die Chaostheorie.
Der Taoismus ist mir persönlich zu passiv und Untätigkeit kann Unrecht legitimieren. Andererseits muss einem aber auch bewusst sein, dass der Handlungsspielraum eines einzelnen Menschen leidet nur begrenzt und das Handeln an sich keine Garantie für gravierende Veränderungen darstellt.
Ich bin mir nicht ganz sicher was du mit Chaostheorie genau meinst, aber man kann es auch so sehen dass dem Chaos ebenfalls eine Ordnung zugrunde liegt die wir nur noch nicht verstanden haben oder mit den begrenzten Möglichkeiten unseres Verstandes auch nie ganz verstehen werden. Im Taoismus wird das Chaos auch nicht abgelehnt und verneint oder versucht es in eine bestimmte Ordnung zu bringen, die Ordnung entsteht von selbst indem man das Chaos sich entfalten lässt und ihm somit erlaubt seiner eigenen Natur zu entsprechen und genau darin liegt die eigentliche Ordnung. Man strebt zwar Harmonie an, aber eben nicht durch Zwang oder mit dem Kopf durch die Wand, sondern indem man lernt im Einklang mit seiner wahren Natur zu sein.
Einer der größten Missverständnisse über Taoismus ist wohl die Annahme es ginge um Passivität und Untätigkeit und dass man zu allem Ja und Amen sagen würde. Die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind bedeutet auch nicht dem was ist zustimmen zu müssen oder nichts mehr dagegen zu unternehmen, es geht eher darum die Dinge so zu sehen wie sie tatsächlich sind, ohne sich innerlich dagegen aufzulehnen oder die Augen vor der Realität zu verschließen und darauf zu bestehen die Dinge sollten anders sein als sie nun mal sind. Es bedeutet nicht sich aus allem raus zu halten und nicht mehr in der Welt zu bewegen, es geht viel mehr darum ein unbewegter Beweger zu sein, der frei und losgelöst von der Beschränkung des konditionierten Verstandes und den Zwängen seiner Leidenschaften und seines Verlangens zu seiner wahren Natürlichkeit zurückfindet, die Jenseits von Konzepten und Vorstellungen liegt. Dabei wird der Verstand und das Verlangen aber nicht bekämpft oder unterdrückt, es wird lediglich davon abgelassen, aber man kann diesen Zustand nicht wirklich bewusst herbeiführen oder erzwingen, man kann ihn empfangen indem man die passenden Bedingungen schafft aus denen er ganz natürlich aus sich selbst heraus in Erscheinung treten kann.
Aber keine Ahnung ob ich das hier überhaupt richtig erkläre, das ganze ist ziemlich paradox und schwer in Worte zu fassen, weshalb auch die ganzen Missverständnisse sich bis heute hartnäckig halten. Dieser Clip ist ein gutes Beispiel dafür wie die Prinzipien des Taoismus häufig falsch verstanden werden.
Weil er konfrontiert mit diesem was wäre wenn Szenario angibt gegen die Nazis kämpfen zu wollen sofern eine solche Situation eintreten würde, meint sein Kontrahent ihn in ein moralisches Dilemma gebracht zu haben und ihn mit dieser Antwort als Heuchler geoutet zu haben. Dabei ist die Antwort des Jungen völlig problemlos mit den Prinzipien des Taoismus vereinbar, es geht nicht um das Was sondern um das Wie. Der Begriff Wu Wei welcher im taoistischen Denken eine ganz entscheidende Rolle inne hat besagt im Grunde dass man sich eines Handelns enthält welches gegen die eigene Natur gerichtet ist. Wenn er jetzt wider seiner wahren Natur handeln müsste weil er aufgrund irgendwelcher Regeln und Vorgaben zu Passivität verdammt wäre obwohl es seiner Natur an diesem Punkt eher entspräche aktiv zu werden und zu handeln, dann wäre in dieser Situation ein solches nicht-Handeln aufgrund von Passivität eben nicht im Einklang mit seiner wahren Natur und somit auch nicht mit den taoistischen Prinzipien, die einem übrigens auch nichts vorschreiben oder verbieten wollen.
Aber so ganz habe ich das alles selbst noch nicht verstanden, also bin ich vielleicht auch nicht der Richtige um das am besten zu erklären.