Gesellschaftsmodell vs. Ziel der Menschheit?

  • Wie schon im anderen Thread geschrieben wurde: Das sind alles keine echten neuen Ideen. Das meiste haben wir schon ausprobiert und es ist gescheitert. Oder, wenn man es genau betrachtet, haben wir schon viele verschiedene Gesellschaftsmodelle, die sich zum Großteil erstaunlich friedlich miteinander austauschen. Noch vor 30 Jahren musste man damit rechnen, dass die Atombomben fliegen und heute findet man von Los Angeles bis über Europa nach Japan in allen Großstädten der Welt einen McDonalds etc. - unabhängig von der Regierungsform. Die aktuelle Weltumspannende und -vereinende Werteordnung ist der Kapitalismus.
    Warum wird es erstmal keinen dritten Weltkrieg geben? Weil chinesische Investoren das Ausland einfach kaufen und russische Oligarchen es angenehm finden an den Stränden der Welt Urlaub machen zu können. Selbst Saudi Arabien öffnet sich langsam dem Westen (Frauen dürfen schon Auto fahren :-))


    Okay, wenn die fossilen Brennstoffe aufgebraucht sind, endet diese lange Friedensphase. Also macht es sicherlich Sinn, jetzt über das Gesellschaftsmodell der Zukunft nachzudenken. Meine Antwort ist wohlüberlegt (ca. 20 Jahre lang), dennoch bin ich noch nicht vollständig zufrieden:


    1. Die Menschheit als Ganzes (und insbesondere jeder Einzelne) braucht ein gemeinsames Ziel.


    Mein Vorschlag: Abgesehen von dem absolut notwendigen Umweltschutz als Grundvoraussetzung (allem voran eine Strategie der Bevölkerungskontrolle!) sollte die Menschheit herausfinden "What the fuck is this shit!?". Wissenschaftliche Forschung und Philosophie sind die sinnvollste Methode, um herauszufinden, was hier eigentlich gespielt wird. Wo sind wir? Wer sind wir? Wie kann man alles Leid stoppen und Lust maximieren? Wie die Existenz der Nachkommen und den Erhalt unserer Erkenntnisse für alle Zeiten sichern? Wie schützt man die Umwelt? etc.


    2. Nachdem Fund des Ziels ergibt sich der Rest fast automatisch, wir haben jedoch mehrere Probleme:


    a) Wir sind etwas intelligentere Tiere, deren Hardware viele Makel besitzt
    b) Manche Gruppen haben bereits Ziele - z.B. Juden: Warten auf den Messias, Christen: Warten auf das jüngste Gericht/Missionierung, Moslems: Bekehrung aller zum Islam (mit friedvollem Dschihad oder dem anderen) etc.
    c) Manche/Viele Individuen interessieren sich nicht für das Schicksal der Menschheit, sondern nur für das eigene bzw. das der eigenen Familie (ist denke ich aber auch bedingt durch a))


    Deswegen würde ich vorschlagen:


    3. Jeder muss einen Teil seiner Arbeitskraft der Gemeinschaft widmen (in welcher Form auch immer und in den Grenzen der eigenen Fähigkeiten).
    4. Jeder erhält eine dementsprechende Wertschätzung von allen (Z.B. Bezahlung, Lob und Preis (dem Busfahrer))
    5. Alles weitere regelt mein Konzept der Helpokratie (systematische Unterstützung jedes Einzelnen in der Erfüllung all seiner Wünsche) in den Grenzen der Punkte 1,3 und 4


    Nach 20 Jahren eine etwas kurze Liste, aber im Moment mein bestes Ergebnis (Ich habe vor, weiter darüber nachzudenken - bis ich sterbe). Die Umsetzung ist relativ einfach: Werbung dafür machen und es vorleben.
    Obwohl das Konzept simpel ist und funktionieren müsste, braucht es vermutlich einige Jahre, bis auch nur eine Person seine biologische Programmierung überwunden hat, um danach leben zu können. Ganz zu schweigen, von den zusätzlichen Jahren der Aufarbeitung von persönlichen Schicksalsschlägen (z.B. Eltern, Umwelteinflüsse, Propaganda etc.).


    Allgemeingültige Gesetze gibt es bei mir so gut wie keine. Das meiste ergibt sich aus den Gesprächen mit seinen Mitmenschen.

  • Bin mir nicht sicher, dass meine Botschaft angekommen ist :huh:


    Es ist völlig sinnlos die Details eines besseren Zusammenlebens oder gar eines Gesellschaftsmodells festlegen zu wollen. Das haben zahllose Philosophen und Politiker vor uns versucht. Unser gesamter Gesetzesdschungel ist z.B. aus einer einzigen Prämisse entstanden: Gesetze und Regeln müssen allgemeingültig sein. Angeregt von Kant's kategorischen Imperativ und dem Gefühl, dass die Welt fair sein muss. (Ja, ich vernachlässige Jahrtausende an Geschichte, die hier zusätzlich ihre Rolle spielten.)
    Doch schon allein über das, was "fair" sein soll, gibt es keine allgemeingültige Meinung. Der eine findet es fair, wenn er als Herr über seine Sklaven lebt und unser aktuelles Grundgesetz hat da eine andere Meinung.


    Meine fünf Punkte sind aber alles andere als schwammig, sondern ein starkes Fundament. Du vergisst, dass ich naturwissenschaftlich geprägt bin. Mich interessiert keine große Anzahl an Regeln zum auswendig lernen, lehren und durchsetzen, sondern ein System von Axiomen bzw. Grundaussagen, die erfüllt sein müssen, damit man zu jeder Situation die passende "Regel" herleiten kann.


    Nehmen wie ruhig dein Beispiel:
    Du möchtest Menschen töten und ich soll dir helfen?


    Helpokratie habe ich sicherlich besser beschrieben, oder? Es geht nicht darum, DEINE Wünsche zu erfüllen, sondern die eines JEDEN.
    Es beginnt mit der Realisation, dass es keine moralisch schlechten Wünsche gibt und sich die gleichberechtigten Wünsche mehrerer Menschen widersprechen können.
    Klar möchte ich dir helfen, die Person zu töten. Gleichzeitig ist mein Ziel jedoch der anderen Person zu helfen, wenn sie nicht getötet werden möchte. Und überlagert wird das mit meinem eigenen Wunsch, aufgrund von den bestehenden Gesetzen nicht ins Gefängnis zu kommen, weil dein Vorhaben in der aktuellen Gesetzgebung (nicht in meiner!) als illegal angesehen wird.
    Somit ist meine Strategie in diesem Fall folgende: Warum willst du sie tot sehen? Was hindert dich daran, deinen Wunsch zu realisieren? Hast du den jeweiligen Personen deine Ansichten bereits mitgeteilt oder versucht, das, was dich an ihnen stört, unschädlich zu machen (insofern es nicht deren äußeres Erscheinungsbild ist)? etc.


    Mit einer Regel ("Helfe allen anderen bei der Umsetzung ihrer Wünsche") verbinde ich Mitgefühl, Verständnis für die Bedürfnisse anderer und eine Strategie für ein friedliches Miteinander.


    Und nein, die goldene Regel oder gar der kategorische Imperativ funktionieren nicht, weil sie die Entscheidung, was richtig und falsch ist entweder bereits getroffen haben oder auf eine persönliche Sichtweise reduzieren.


    Helpokratie ist die goldene Regel plus "Spare dir moralische Urteile über die Wünsche anderer" (Wenn du jemanden umbringen willst, ist das für mich vollständig gleichwertig zu dem Wunsch der anderen Person nicht getötet zu werden)


    willst du wirklich, dass innerhalb von einer neuen Weltordnung, alle dem gleichen Führer-Ziel nachfolgen, im Namen derselben, monotonen Ideologie?

    Wenn du mit monotoner Ideologie, Umweltschutz und das Streben nach mehr Wissen meinst, ja, dann fände ich das durchaus eine erstrebenswerte neue Weltordnung. Nur im Führer-Style wird das nicht gehen, denn Wissenschaft kann nur durch Gedankenfreiheit betrieben werden. Wer das Denken einschränkt, wird jede echte Forschung töten.

    >Wo sind wir? Wer sind wir?<
    Well, Du bist Hier. Und den anderen geht das übrigens auch so.

    Wo ist hier? Relativ zu was? Leben wir in einer Simulation? Startete alles mit einem Urknall? Gibt es mehr als diese Dimension? Besitzen wir eine Seele?
    Sorry, diese Frage kannst du für dich abgeschlossen haben, die Wissenschaft und ich wollen das etwas genauer wissen.

    Die wesentlich interessantere Frage ist die, die du leider ausgelassen hast: Wohin und Warum zur Hölle eigentlich überhaupt??

    Die Fragen waren absichtlich nicht dabei, da die für mich ziemlich offensichtlich sind - ich mein die Frage nach dem "Wohin?" ist zu sehr damit verbunden, wie die Welt aufgebaut ist und funktioniert. Aber eine Antwort auf "Warum?" kann es nicht geben. Selbst wenn wir nur eine Simulation einer anderen Existenzebene sind oder die Schöpfung eines oder mehrerer Götter. Letztlich wird es uns geben, weil es keine Alternative gibt. Es existiert alles was existieren kann, in der Form in der es existieren kann. Ein höherer Sinn unseres unbedeutenden Lebens ist nicht erkennbar. Was soll das denn sein?
    Um einem Gott zu dienen? Um danach sinnlos eine unendliche Zeitspanne im Paradies zu verbringen? Oder ... Vielleicht fehlt mir Fantasie, aber ein Sinn des Lebens ist Wunschdenken. Irgendwann ist von der Menschheit in dieser Zeitlinie nichts mehr übrig, sie wird verschwinden. Vielleicht kommt sie wieder, vielleicht in anderer Form, vielleicht ist auch alles für immer weg, aber im Grunde ist alles egal.
    Es ist auch schwer zu beschreiben. Für mich macht alles Sinn, auch wenn das Universum/die Welt keine höhere Bedeutung hat, als dass es existiert, weil das Gegenteil von ALLEM, ein NICHTS nicht möglich ist (weil ich etwas wahrnehme).

    Ich sage: Akzeptieren wir lieber, das jeder von uns auch die "dunkle Seite der Macht" in sich trägt - reden wir offen darüber - und KANALISIEREN wir das: Denn wegzaubern lässt sich unsere traditionelle Programmierung auch mit dem besten Willen nicht. Jedenfalls: nicht so schnell.

    Habe ich da irgendwo was dagegen geschrieben? Volle Zustimmung.

    Wie lebst du dein Ideal bitteschön aus? Tust du immer völlig frei, was DU selber für richtig hältst? Als anbetungswürdiges Vorbild, geknebelt einzig durch sein öffentliches Amt? Oder indem du (erfolglos) dein bestes bei "der Rettung" von Kindern gibst, die in deine Obhut gezwungen wurden - ohne große Wahlmöglichkeit? [...] Und wie sieht dein gemeinsames Ziel für jeden einzelnen noch mal IM DETAIL aus?
    Bist du stolz darauf, einen Teil deiner Arbeitskraft der aktuellen Gemeinschaft zu widmen? Erhältst du bereits eine dementsprechende Wertschätzung von allen? 20 Jahre allein dafür??

    Wir leben nicht in der Welt, in der alle meine Punkte oben anerkennen. Das schränkt ein. Aber Helpokratie war bei mir in der Hardware bereits fest installiert. Habe im Laufe der Jahre noch einiges an Software installiert. Ich mache prinzipiell keine Werturteile und versuche alle meine Mitmenschen zu unterstützen.
    Ja, ich bin glücklich über meine Arbeit der Gemeinschaft etwas zurück zu geben, die es mir immerhin ermöglicht, mir über mein tägliches Brot und meine Sicherheit kaum Gedanken machen zu müssen ("Nenne mir eine Sache, die die Römer für uns getan haben ..."). Nein, ich bekomme nicht die Wertschätzung, die angebracht wäre (wenn man z.B. dagegen die Wertschätzung für Fußballstars, Unternehmensberater etc. zum Vergleich heranzieht)
    - Aber geht ja auch darum, selbst Vorbild zu sein. Natürlich gelingt mir nicht alles optimal, aber ich denke, ich mache mich nicht schlecht.


    Im Detail für jeden Einzelnen?
    1. Einen Beitrag für die Wissenschaft leisten bzw. diese durch seine Arbeitskraft unterstützen ("Es braucht auch Bäcker für die Nahrungsversorgung der denkenden Köpfe")
    2. Jeden der sich Tätigkeiten widmet, die allen dienen, die entsprechende Wertschätzung zeigen (Es reicht ja schon, die "Putzfrau" freundlich und als gleichwertig zu behandeln)
    3. Bei all dem, die Umwelt nicht verschmutzen (Dazu gehört natürlich auch die reifliche Überlegung, ob die eigenen Gene wirklich so wertvoll sind, um einem weiteren Menschen, eine Existenz zuzumuten)
    4. Sich überlegen, was man selbst mit seinem Leben anfangen möchte und diesen Wunsch zu äußern
    5. Realisieren, dass der eigene Wunsch nicht mehr oder weniger Wert ist als der aller anderen!
    6. Die Wünsche der anderen nicht nach Inhalt, sondern nach dem einordnen, wie wichtig dem anderen der Wunsch ist (jeder hat unterschiedliche Intensitäten - z.B. Lust auf einen Burger ist deutlich unwichtiger als der Wunsch am Leben zu bleiben)
    7. Die Wünsche anderer nicht moralisch bewerten, sondern versuchen, sie im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu unterstützen - Eine mögliche Frage an sich selbst könnte lauten: "Gibt es einen gewichtigen Grund, dem anderen nicht zu helfen?"



    Und ja, nach 20 Jahren, finde ich mein Ergebnis relativ gut. Aber wie ich in der Diskussion mit dir bemerke, werde ich die nächsten 20 Jahre daran arbeiten müssen, die Idee in die Köpfe meiner Mitmenschen zu pflanzen lol