Freistadt Christiania, realexistierender Anarchismus.

  • Ich wollte die Thema aufwerfen, da ich bei Recherchen zum Anarchismus, nicht nur auf Katalonien 1936-39, sondern auch auf Christiania 1971-Heute aufmerksam geworden bin. Nun würde mich die Meinung anderer Anarchisten oder Kommunisten interessieren, zu eben dieser Freistadt, ob man dies schon als Anarchismus/Kommunismus beschreiben kann. Es gibt keine Polizei oder ähnliche Organisation, sonder diese Gewalt wird durch eine Vollversammlung ersetzt, deren Hauptstrafe eigentlich nur die Verbannung darstellt. Zwar gibt es keine hierarchischen Strukturen und alle Gesetze wurden durch die Vollversammlung erlassen, jedoch wird die Stadt stetig kommerzialisiert und auch hat es die Stadt in mehr als 40 Jahren nicht geschafft die Wirtschaft zu kollektivieren, was in Katalonien sofort geschah, oder gar Gemeindebetriebe aufzubauen, stattdessen haben sie noch Aktien ausgegeben und verkauft. Ich glaube man kann Christiania nicht als anarchistisch bezeichnen, da mir zum einen eine deutliche Abgrenzung zu Dänemark fehlt, da Bewohner nicht für Christiania arbeiten sondern in Unternehmen in Dänemark und zum anderen, dass eben keine Gemeindewirtschaft besteht.

  • Die Bewohner Christianias haben damals uns herumvagabundierenden Kellerbewohnern gestattet, für eine Nacht unsere Zelte in ihrem Refugium aufzuschlagen. Wirklich intensiv habe ich mich mit deren Konzept und Geschichte aber nicht befasst. Zumindest existiert das Projekt bis heute, auch wenn es dort wohl ebenfalls mittlerweile einen Prozess der Legalisierung gab (durch käuflichen Erwerb des Grundstücks).
    Es ist eben eine alternative Gegenwelt innerhalb eines kapitalistischen Staates. Das ist schon mal was, aber es bleibt eben eine Nische ohne gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Wie viel Anarchie da also drin steckt, ist eine Frage deiner Erwartungshaltung.
    Wenn ich mir die Konflikte um Drogen dort ansehe, scheinen aber die Genossen in Exarchia ein wenig konsequenter mit dem Problem umzugehen.

  • Würde Christiania auch eher in die alternative Lebensgestaltungsgruppe stecken. So wie das Zegg bei Berlin (etwa 100 Personen) oder Damanhur in Italien (etwa 1000 Personen), wobei letztere sowas wie einen "Guru"/spirituellen Führer hat. Die beiden kenn ich etwas, weil ich da zu Besuch war (die gibts beide noch).
    Bei einem Vortrag über Aussteigerkommunen gab es sogar ein Heftchen (leider weiß ich nicht mehr wie das hieß), da standen fast alle in Europa drinnen. Einige waren christlich angehaucht, andere versuchten nur aus der Gesellschaft auszusteigen. Ich glaub es gab sicherlich über 100 solcher Projekte damals (2008?). Eines in Schottland und ein sehr vielversprechendes in Indien wollte ich mir damals am liebsten auch mal anschauen, kam aber nie dazu.


    Die meisten Gruppen zerstreiten sich nach einer Weile, aber einige funktionieren recht gut. Meist indem die Mitglieder normale Jobs haben, ein Haus besetzen oder für Interessierte esoterisch angehauchte Kurse geben - auf jeden Fall würde ich es nicht wirklich anarchistisch nennen, tut mir leid.