@Dian Ja, man spricht von einem Kontinuum.
Ich glaube die Grenze zwischen Neurotypen und Autisten zeigt sich deutlich, wenn Du mit vielen Menschen nichts anfangen kannst. Für mich ist es schwer, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Es ist wie eine Hürde, die ich überwinden muss. Wenn ich eine Rolle spiele, ist es mir technisch möglich, Menschen kennenzulernen. Nur fühle ich selbst nichts dabei- nur Entfremdung. Es ist als wäre ich ein ferngesteuerter Roboter. Wenn ich diese Hürde genommen habe und sehe, was für die meisten Menschen Freundschaft oder Liebe bedeutet, dann hat das überhaupt nichts mit mir zu tun. Ich unterscheide mich in diesen Punkten stark von anderen Menschen. Ich hab mich schon häufig darüber geärgert, dass ich entsprechende Hürden überwinden habe - für was eigentlich? Ich habe große Probleme, Gefühle in Worte zu fassen, weil ich mir manchmal nicht sicher bin, ob es überhaupt schon Worte gibt, für das, was ich fühle.
Ob Du ein Autist bist, kann ich Dir nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich mich in vielem, was Du schreibst, wiederfinden kann und ich bin Autistin. Eine Diagnose bringt aber eh nicht viel. Eher wird man von anderen Menschen noch als völlig unzurechnungsfähig abgestempelt.
Positiv ist aber, dass man dann auch weitestgehend in Ruhe gelassen wird.
Manchmal frage ich mich, was Neurotypen wohl sozial miteinander fühlen. Ich spüre, dass da etwas zwischen ihnen ist, wenn sie in Gruppen sind, aber ich kann nicht identifizieren, was - geschweige denn selbst spüren. Ich bin die ewige Beobachterin, die sich das Sozialverhalten von Menschen wie ein Film anschaut und ich bin dabei völlig unbetroffen und fehl am Platz. Ich fühle mich wie ein Störfaktor, der eigentlich nicht dazu gehört. Aber wo gehöre ich denn dann hin? Diese Frage begleitet mich schon mein ganzes Leben.
Ich war mein ganzes Leben auf der Suche nach irgendwas ohne zu wissen, was es ist.
Meine Mutter ist auch nicht richtig mein Zuhause, weil da auch etwas Fremdartiges ist.
Das hat mich zunehmend frustriert.
Seit einiger Zeit weiß ich jedoch, dass es statt neurotypischer Empathie autistische Empathie gibt und das Verstandenwerden fühlt sich wie Zuhause an.
Es gibt einige Sachen, die als Autist belastend sind. Mein Hirn schaltet sich in bestimmten Situationen beispielsweise ab. Ich bin physisch da, aber geistig nicht aufnahmefähig. Ich bin dann wie taub und bekomme einen Tunnelblick. Von außen merken die Leute das kaum. Es wirkt dann nur so, als sei ich verträumt oder höre unhöflich nicht zu.
Ich bin geruchsempfindlich und geräuschempfindlich.
Das Verrückte ist: Ich dachte 31 Jahre lang, dass alle Menschen so wahrnehmen wie ich.