Teil 3
05. Anime: Egoism (2010) / Typ: Kurzfilm, 1 Episode / Die Rezension wurde veröffentlicht: 19.07.2016 / Bewertung: 7,5/10 (3,5/5*)
"Immer mehr und mehr, bis nichts mehr übrig ist."
Ein Volk hungert. Plötzlich erscheint neben einem älteren Mann ein übernatürliches Wesen, welches ihm etwas Nahrung "erzaubert". Der Mann bedankt sich und versorgt die hungernden Menschen. Das Volk fängt an jene Gottheit anzubeten und regelmäßig um Nahrung zu bitten. Eines Tages entschließt sich der oben genannte ältere Herr..
auf verräterische Art und Weise den Nahrungsbringer zu ermorden, was ihm auch gelingt. Er lässt sich mithilfe der Macht des toten "Gottes" Fabriken erbauen, in welchen die Nahrung systematisch hergestellt wird. Doch das ist erst der Anfang. Der Mann lässt sich einen Palast erbauen, von welchem aus er über das gesamte Volk herrscht. Nun muss jeder für den Herrscher arbeiten, um zu essen. Allerdings wird Arbeit nicht mit Essen, sondern mit der sogenannten Währung entlohnt, welche man für jenes Essen ausgeben kann, wenn man genug angespart hat, natürlich. Eine äußerst traurige Entwicklung der Dinge, doch Götter sterben nicht..
Einen solchen Short kann man nicht nach den gleichen Kriterien wie einen "richtigen" Anime bewerten, ich denke, das sollte klar sein. Hier werden einem sehr gut die widerwertigen Seiten der menschlichen Natur aufgezeigt. Ich finde gerade in der heutigen, hedonistischen, vom Kapital und Konsum zerfressenen Gesellschaft ist ein solches Werk äußerst wichtig. Es erinnert daran, dass es auch abseits der 1. Welt Menschen, und auch abseits des Menschen Leben gibt. Es erinnert daran, dass man wohlmöglich ein paar Gänge zurückschalten sollte, es vorsichtiger mit der Modernisierung anzugehen braucht und auch dem Primitiven seinen Wert nicht aberkennen darf. Die Umsetzung ist sehr gelungen, mich hat dieser Anime fasziniert.
Diese sechs Minuten kann ich nur jedem ans Herz legen, hier kann man wie ich finde nicht wirklich was falsch machen, gerade wenn man die Laufzeit beachtet.
06. Anime: Harmony (2015) / Typ: Film, 1 Episode / Die Rezension wurde veröffentlicht: 29.09.2016 / Bewertung: 9,2/10 (4,5/5*)
"Ja ich träume, ja ich träume, von Schmerz, Leid und all dem Schrecken, denn nichts so sehr wie diese Reinheit kann meine Sucht zum Tode wecken.."
In Harmony geht es um eine Zukunftsvision, in der die gesellschaftliche Ordnung stark an die aus Huxleys "Schöne neue Welt" erinnert, welchen ich im Übrigen bis heute nicht gelesen habe (Schande über mich). In dieser Gesellschaft herrscht Höflichkeit, Freundlichkeit, Sorge um seinen Nächsten. Ist es nicht die Welt, die wir uns alle wünschen? - Nein, das ist sie hoffentlich nicht, denn diese Werte werden gar nicht einmal so freiwillig gelebt, wie es der Anschein zu trügen vermag. Die Menschen, die in dieser Gesellschaft geboren werden, bekommen nicht nur eine Menge nützlicher Technik in ihr Kostüm des Lebens implantiert, sondern auch ein "Programm", welches sie mit ihrem Erwachsenwerden zu absolut system- und gesellschaftskonformen Nichtindividuen macht. In dieser krankhaft gesunden Welt wollen sich drei Mädchen dagegen stellen und mit ihrem Suizid dem Erwachsenwerden entfliehen, was aber nur einer der Dreien zu gelingen scheint. Eine der zwei Überlebenden schafft es der Infektion des Alters zu entfliehen und das System zu täuschen. Sie, Tuan, flieht vor der Normalität an die Front und wird zu unserer Protagonistin. Nun entwickelt sich eine Geschichte um Freiheit, Sicherheit, Definition von Glück und Loyalität.
Das Setting ist sehr interessant und ungewöhnlich (wenn auch abgeguckt, natürlich). Die Animationen sind gut, aber wohl kaum etwas Besonderes. Der Zechenstil sagt mir persönlich sehr zu. Die BGM ebenfalls, ich werde nie diese Pianoklänge vergessen. Die Charaktere sind relativ gut geschrieben und erwecken den Eindruck lebendig zu sein, was im Animegenre leider nicht allzu oft vorkommt. Sie sind mir mit Ausnahmen auch sehr sympathisch, vor allem unsere Protagonistin. Die Story ist gerade im späteren Verlauf sicherlich nicht das Highlight des Anime, aber auch bestimmt nicht das Letzte, was der Film zu bieten hat. Die Dialoge sind bis auf ein Paar Aussetzer gehaltvoll, interessant und durchdacht geschrieben (auch wenn Einige das wohl anders sehen werden). Der Anime weiß es eine äußerst stimmige Atmosphäre rüberzubringen, in der man sich einer Seits gefangen fühlt, aber anderer Seits gerne noch länger in ihr gefangen bleiben möchte. Kurz gesagt; es passt einfach rundherum.
Ich bin vor ein Paar Tagen auf diesen Film gestoßen und mit den Erwartungen einen sehr mittelmäßigen Anime zu sehen an jenen rangegangen. Harmony (nicht zu verwechseln mit Harmonie) hat meine recht niedrigen Erwartungen nicht nur übertroffen, es hat mich richtig überrascht, wie gut mir dieser Film gefallen hat. Wieso es mich so überrascht hat? - Nun ja, die Bewertungen hier auf aniSearch sind alles andere als vielversprechend, abgesehen davon hat auch der gute Noa, dem ich ziemlich guten Animegeschmack zuspreche eine eher negative Kritik hinterlassen. All das brachte ein Bild eines Anime auf, welcher zwar über ein interessantes Setting verfügt, sich aber immer mehr in sich selbst verläuft und zu nichts führt. Nun, damit bin ich nicht einverstanden. Ich finde dieses Werk mehr als gelungen und kann die eher schlechten Bewertungen nur sehr schwer nachvollziehen. Ich würde jedem raten, sich diesen Film anzuschauen, nicht auf die miese Durchschnittsbewertung zu achten und sich sein eigenes Urteil zu dem Gesehenen zu machen. Wer recht anspruchsvolle, gesellschafts- und sozialkritische Werke mag, sollte diesen Leckerbissen nicht verpassen!