hi dian :-)
ich hab ne ecke gebraucht, um den input zu verarbeiten und ein gefühl für das zu bekommen, was ich sagen will.
ich denke, wir unterscheiden uns im denken bei den schlussfolgerungen eines ähnlich wahrgenommenen problems. du hast dich z.b. darauf bezogen, dass leute in beziehungen oft widerwillig etwas für den anderen tun und das für dich ein dicker hinweis für einen dysfunktionalen kontakt ist. dem würde ich erstmal voll zustimmen, nur denke ich, dass die folgerung, das ideal sei eine große ähnlichkeit in allerlei hinsichten (so hab dich dich zumindest verstanden) nur wieder in eine weitere sackgasse führt.
selbst wenn ich mal von dem gedankenbeispiel ausgehe, dass zwei leute sehr große ähnlichkeiten aufweisen, so wird es ja dennoch dinge geben, in welchen die sich unterscheiden.
beispiel:
könnte ja sein, dass man sich im denken und fühlen sehr ähnlich ist, aber der eine hat einen fetisch, den man selbst so überhaupt nicht teilt. nun, was macht man jetzt? ich denke, da kommt es doch auf eine liebevolle haltung an, bzw. darauf, ob der andere einem ausreichend wichtig ist, dass man sich um dieses bedürfnis kümmern will. und das wäre ja dann genauso eine variante, dass man z.b. was für den anderen tut, was man jetzt selbst nicht so für sich bräuchte, weil man sich daran erfreut, dass es ihn happy macht. oder aber der fetisch ist so abgefahren oder man ist selbst wiederum sehr speziell drauf in seiner sexualität, dass man beispielsweise merkt, dass man das selbst nicht erfüllen kann oder will, aber sich darum kümmert, dass der andere das irgendwo anders ausleben kann.
fetisch lässt sich jetzt mit allen möglichen anderen bereichen und vorlieben ersetzen. der eine mag es vielleicht lieber draußen in der natur zu sein, der andere ist lieber zu hause. oder man ist in der sexualität voll auf einer wellenlänge, sieht aber dinge politisch etwas anders (muss ja nicht TOTAL anders sein, aber halt auch nicht unbedingt total gleich).
nicht nur denke ich, dass es rein realistisch betrachtet so keine chance gibt, einen total gleichgesinnten zu finden, sondern ich gehe noch weiter und würde sogar sagen, dass man sich auf ne art ja dann auch gar nicht tief für den anderen interessiert, wenn man das nur tut, wenn er einem sehr ähnelt.
ich würde auch noch sagen, dass viele von den sogenannten beziehungskatastrophen genau auf diesem prinzip beruhen: dass partner sich gegenseitig damit unter druck setzen, "ähnlich" sein zu müssen ("du musst jetzt auch das toll finden was ich toll finde"). okay, ich mache hier eine kleine einschränkung, denn ich verstehe dich so, dass du dir wünscht, dass das gar nicht erst teil eines mühseligen druckbehafteten verhandlungsprozesses ist, sondern von vornherein klar, weil die ähnlichkeit von alleine da ist, weil man eben gleich auf die welt blickt. aber ich halte es dann eben auch für naheliegend, dass genau ein solches denken schnell nach sich zieht, dass man den anderen auf ähnlichkeiten (unbewusst) "abcheckt" und dass man schnell abgestoßen ist und das interesse verliert, wenn man am anderen dinge sieht, die einem weniger gefallen oder die einen zumindest nicht vom hocker reißen.
hier kommt dann aus meiner sicht die kommunikation ins spiel, denn diese lässt sich ja so aufbauen, dass man eine gemeinsame kommunikationsbasis schafft. so lassen sich "probleme" oder auch einfach interessenunterschiede dann liebevoll und fair aushandeln (und mit liebevoll meine ich nicht eine angstbehaftete höflichkeit, sondern durchaus auch mit brutaler ehrlichkeit, die aber das wohl beider im blick hat). ich halte es auch für sehr wichtig, zu sich zu stehen. so wie ich dich verstehe sehen wir diesen punkt vielleicht sehr ähnlich, dass es der totale kontaktkiller ist, wenn man was von seiner persönlichkeit aufgibt.
dass es grundsätzlich eine basis geben sollte, wo man sich nicht mit irgendeinem bullshit zunölt, dass man sich sicher und gehalten fühlt und chillen kann und was man eben noch so alles grundsätzlich braucht, ist klar. also in anderen worten: man sollte das gefühl haben, dass man durch die beziehung was dazugewinnt oder selbst wenn man das nicht tut, einfach das gefühl, dass man wirklich gerne mit dem anderen zusammen ist. dementsprechend würde ich sagen, dass wir da sehr übereinstimmen und uns somit "nur" darin unterscheiden, wie man sowas erreichen kann ;-).
dass du sagst, du erträgst keine "nicht-unity", ist aus meiner sicht nichts in stein gemeiseltes. ich denke, dass das halt der totale kommunikationskiller ist. du sagst zwar, dass du da im forum auch dran gewachsen bist, schränkst es aber selbst wieder dadurch ein, dass das in deinem privatleben bzw. ich sag mal auf deiner wunschebene ganz anders aussieht. ohne dir was unterstellen zu wollen, klingt das für mich erstmal so, wie wenn du immer dann eine wand zwischen dir und dem anderen baust, sobald die "totale harmonie" mal gestört ist. und das hieße dann ja eigentlich, dass an der stelle dann gar keine auseinandersetzung damit stattfindet, was die harmonie gestört hat. vielleicht ist es ja auch mal etwas, das du suboptimal machst und was gar nicht so viel mit dem anderen zu tun hat.
damit will ich nicht über den wunsch hinwegreden, dass man sich tiefes verständnis wünscht. und ich finde diesen wunsch auch total wichtig und zentral, in dem sinne, dass eine gute beziehung/ein guter kontakt/eine gute freundschaft gar nicht funktionieren kann, wenn man den teil aufgibt oder bereits aufgegeben hat. nur ist es in meiner erfahrung eben so, dass alle leute ihre macken haben und dass sich echter kontakt für mich eher dadurch auszeichnet, dass man sich gegenseitig nicht auf dem weg aufgibt, rauszufinden, was das verständnis stört. so wie wenn liebe für mich nicht nur ist, dass dieses verständnis da ist, sondern auch ein "ich gebe dich nicht auf BIS das verständnis da ist" (wobei ich damit NICHT meine sich aufzuopfern oder jeden blödsinn mitzumachen).
in deinem video stimme ich auch bei deiner analyse von dysfunktionalen beziehungen überein. es ist auch aus meiner sicht so, dass menschen andauernd beziehungen aufgrund von falschen motivationen eingehen (status, rolle etc.) und dass sie ihre eigene vergangenheit gar nicht richtig verstehen und sich damit auch nicht auseinandersetzen um zu verstehen, warum sie dazu neigen, bestimmte muster zu reproduzieren. du zeigst das ja auch ganz treffend mit dem beispiel von dem mann, der nach hause kommt und auf dem sofa seine ruhe will und der frau, die im schönen kleid tanzen will: das ist ein gutes bild dafür, dass menschen primär über ROLLEN kontakte herstellen. und ja, menschen versuchen dann diese dinge über falsche sicherheiten wie z.b. monogamie zu kompensieren bzw. die "trigger" zu eliminieren, die wieder zu problemen führen könnten (was halt kein beseitigung des ursächlichen problems ist).
ich kann daher total nachvollziehen, warum du eine aversion gegen all das hast, was menschen da zu zombies macht. nur ist es aufgrund meiner eigenen erfahrung halt dennoch so, dass beziehungsprobleme auch mit leuten auftauchen, die keine zombies sind. weil eben auch diese menschen oft irgendwas in sich tragen, was mal verletzt wurde, und sich diese nicht verarbeitete verletzung dann wieder irgendwo in der beziehung zeigt (psychische probleme z.B.).
im wesentlichen würde ich meine gedanken so zusammenfassen, dass für mich "totales unverständnis" (was du z.B. im video zeigst und wo ich voll übereinstimme) und "totales verständnis" (das erstrebenswerte das du vorschlägst) zwei seiten derselben medaille sind.
ich will dir übrigens auch nichs aufzwingen falls sich das alles so anhört, sondern nur frei von meiner perspektive auf die dinge erzählen.