Der Westen und das Römische Reich - Parallelen

  • Ich habe mir in letzter Zeit Gedanken über unsere Gesellschaft, bezüglich Zusammenleben, Konsumverhalten und so manch anderen Gewohnheiten gemacht und frage mich, ob denn ein Vergleich zwischen "uns", dem Westen der Gegenwart und dem Römischen Reich in der Spätphase hinkt oder eher treffend ist.


    Was meint ihr dazu?

    If I was a flag I'd have no nation. Just the colours and the wind. - Marian Gold (from the song "Like Thunder")

  • Außenpolitisch betrachtet denke ich, dass die Ausgangslage eine gänzlich andere war, so dass man das römische Reich und den Westen nur schwer miteinander vergleichen kann.

    Das römische Reich zog seinen enormen Einfluss und Wohlstand vor allem aus seinen militärischen Eroberungen, und daraus, dass sie sich eben alle möglichen anderen Völker einverleibten und zum Wohle Roms arbeiten ließen. Es war ein Vielvölkergemisch mit einem ganz klaren politischen Zentrum, in dem alle Entscheidungen getroffen wurden.

    Und als dieses Zentrum die Übersicht und Kontrolle verlor, und die Vasallen keinen Bock mehr hatten, für die Römer den Arsch hinzuhalten, ist es eben den Bach runter gegangen. In dieser Hinsicht würde ich sagen, "Der Westen" ist kein zentralistisches Gebilde, auch wenn natürlich in Brüssel viele (und oft dumme) Entscheidungen getroffen werden. Und Vasallenstaaten haben wir sicher auch, die für uns die Drecksarbeit machen... die Türkei vielleicht oder sowas.

    Aber es ist nun noch nicht so weit, dass die für uns in den Krieg ziehen und uns an den Außengrenzen verteidi... äh, ok, Ukraine... *hust*

    Jedenfalls besteht ein Großteil unserer Armee noch aus Menschen, die auch in unserem Land leben, sagen wir es so. ;)


    Was die innenpolitische Themen angeht, die oft beschriebene Dekadenz, habe ich hierzu einen Artikel gefunden:

    Die wahren Gründe für den Untergang Roms
    Von "spätrömischer Dekadenz" sprach Guido Westerwelle im Zusammenhang mit seinen Vorstellungen über Hartz-IV-Empfänger. Wie war das damals wirklich im Rom der…
    www.zeit.de


    Ich sehe gewisse Parallelen, was die auseinandergehende Schere zwischen arm und reich angeht. Diese Parallelgesellschaft, in der die einen gar nicht wissen, wohin mit ihren MIllionen, und die anderen täglich die Preise vergleichen müssen, die haben wir natürlich irgendwie auch bei uns. Aber gut... in welcher Kultur ist das schon jemals anders gewesen?

    Parallelen sehe ich auch darin, dass wir uns immer mehr auf ausländische Hilfskräfte verlassen, man nennt sie heute nicht mehr Sklaven... aber Fakt ist, kein Deutscher arbeitet mehr bei McDonalds, bei Paketdiensten oder bei der Müllabfuhr (außer er ist wirklich komplett durch und kaputt). Und ohne diese freiwilligen Sklaven würde hier gar nichts mehr funktionieren.

    Dann wäre da noch das Thema der Verweichlichung, oder der Entfremdung vom Wesentlichen. Ich weiß ja nicht, inwiefern das in Rom auch so war, dass Kinder nicht mehr wussten, dass die Wurst von einem geschlachteten Tier stammt, oder dass sie sich nur noch für die Gladiatorenspiele interessierten und für nichts anderes mehr.

    Ich neige gerade zu der Überlegung, dass wir längst viel verweichlichter sind, als es die Menschen im alten Rom jemals waren. Aber dass man es eben auch nicht so wirklich direkt vergleichen kann. Was sich vergleichen lässt, ist vielleicht so das generelle Lebensgefühl, in einer Blase des Wohlstands und der Kultur zu leben, in der alles perfekt funktioniert, während jenseits der Außengrenzen die hungrigen Barbaren lauern. (und nein, damit meine ich jetzt nicht nur irgendwelche afrikanischen Flüchtlinge, sondern auch so Leute wie Putin und dessen Gefolgschaft, die Chinesen, etc.)