@daryus:
Ich antworte dir mal in Einzelzitaten, weil es sonst den Beitrag sprengt. Habe nämlich zu vielen Punkten eine ganz andere Sicht.
Zitat von daryustatsächlich glaube ich nicht mal an die Bedeutung von etwaigen Ländergrenzen und sehe jeden Bewohner des Planeten erstrangig als Weltbürger an
Dann scheinen in deiner Welt keine Reichsbürger, Nazis und sonstige Verschwörungstrottel zu existieren.
Aber wir halten uns den Satz trotzdem mal im Gedächtnis, ich werde gleich noch mal darauf zurückkommen...
Zitat von daryusa) gegen derartige Sprüche auf patriachalischen Herrschaftssymbolen, die Jahrtausende lang für das genaue Gegenteil von Toleranz und ("weibischer") Nächstenliebe standen
Ist doch toll, die Herrschaftsymbole der Alten einfach zu nehmen, um sie für die eigene Sache zu verwenden. Ähnlich wie, wenn wir über das Brandenburger Tor die Unity-URL ausrollen oder das Kanzleramt Nachts via Diaprojektor anstrahlen, um an einem Ort, an dem nachts nicht gearbeitet wird, auf die miserablen Bedingungen etlicher Schichtarbeiter in der Leiharbeit aufmerksam zu machen.
Oder damals, als die Punkband WIZO T-Shirts drucken ließ mit einem gekreuzigten Schwein als Motiv. Die Kirche hat getobt. Herrlich!
Zitat von daryusb) wurden diese territorialen Macht-Demonstranten (-Darstellungen einer direkten Verbindung zum "göttlichen"Himmelsreich -) IMMER im Zentrum von wichtigen Plätzen errichtet und nicht irgendwo am Rand
Auch hieran sehe ich nichts verwerfliches. Als ob nur Primark und McDonalds die erste Reihe zusteht, während alles Anspruchsvolle in Parks abgeschirmt von äußeren Blicken aufgestellt werden soll oder gleich direkt ins Randgebiet in die Hochhaussiedlung, wo dann Hunde dagegen urinieren oder jugendliche Höhlenmenschen ihre primitiven Schriften sprayen.
Zitat von daryusc) verärgert mich die Heuchelei: Anstatt sich um bessere Bedingungen für die Flüchtlinge zu kümmern, tut man so, als würde jeder Fremde sofort mit offenen Armen herzlich empfangen werden.
Soweit ich weiß, ist dieses Werk keine Auftragsarbeit der Stadt gewesen, die in irgend einer Form Einfluss auf den Text genommen hätte. Es ist vielmehr ein Werk des Künstlers. Und der tat seinen Job.
Sich um bessere Bedingungen für ihre Bevölkerung zu kümmern, das ist der Job von ganz anderen Instanzen. Du vergleichst hier also Äpfel mit Birnen.
Zitat von daryusNicht jeder "Anwesende" ist zwangsläufig ein guter Mensch
Hattest du nicht eingangs noch davon gesprochen, dass jeder Mensch für dich grundsätzlich ein Weltbürger ist?
Zitat von daryuswie hier vor noch nicht einmal 100 Jahren mit solch"Andersartigen" umgesprungen wurde, spricht ebenfalls dafür, dass Kassel Satan freundlich bei sich aufgenommen hat
Auch hier sehe ich kein Verschulden vom Künstler. Hat er damals Andersdenkende gefoltert, wodurch sein Werk heute heuchlerisch und verlogen ist?
Ganz ehrlich: dein Vorwurf erinnert mich unweigerlich an die ganzen Dumpfbacken mit ihren "Wo wart ihr Silvester"-Rufen. Das eine hat man mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.
Durch Leute, die solch eine Einstellung haben wie du heute, müsste man den Nazis von damals ja regelrecht einen mehr als genial geplanten Sachzug unterstellen.
Ihr Plan: "Lass uns jede größere Stadt irgend eine finstere Tat anhängen. In die eine bauen wir ein Foltergefängnis, anderswo ein KZ, in den restlichen machen wir Hitler zum Ehrenbürger. Das wird all die nachfolgenden Generationen daran hindern, jemals irgend etwas gegen unsere Herrschaft unternehmen zu können, ohne sich dabei komplett unglaubwürdig zu machen. Im Zweifelsfall findet sich immer irgendwer, der auf die NS-Zeit verweist und dadurch jegliche Versuche zur Erinnerung und Mahnung unterwandert. Genial!"
Zitat von daryusWofür sollen uns gewöhnliche Flüchtlinge denn überhaupt dankbar sein?
Ich bezog das gar nicht mal auf Flüchtlinge, sondern generell auf die Menschen. Dem Betrachter soll bewusst werden, dass jeder, schneller als ihn lieb ist, zum Fremden werden kann und er dann genauso froh wäre, wenn er von Anderen herzlich aufgenommen wird. Auch wenn sie ihn bis dato nicht kannten und er ihnen fremd war.
Sei es bei einem Hochwasser oder wenn die eigene Wohnung abgebrannt ist.
Einfach dieses Durchbrechen der dummen Mauern im Kopf, dass jemand hier nicht hingehört und nur deshalb verschwinden soll.
Leider muss ich erkennen, dass meine Assoziation zu dem Werk eine ganz andere ist als deine. Du stellst dich gegen Akzeptanz und rufst tatsächlich zum sofortigen Verschwinden auf.
Zitat von daryusIch BIN ein Künstler - und wenn jemand so wenig vom richtigen Einsatz gewisser Symbole versteht, dann gefährdet das meinen Berufsstand
Wenn du Künstler bist, dann weißt du, dass Kunst anecken darf. Dass Kunst nicht jedem gefällt und auch nicht gefallen soll. Dass man den Sinn oder Unsinn oft zunächst nicht versteht oder missinterpretiert.
Habe ich ehrlich gesagt so noch nicht erlebt, dass ein Künstler sich gegen einen anderen Künstler erhebt und dessen Werken jegliche Daseinsberechtigung entziehen will.
Zitat von daryusVor allem, wenn dieser graue Schrott, der schon in tausendfacher Form überall die Landschaft verunstaltet, darüberhinaus auch noch 600.000,- Euro Wert sein soll:
Hand aufs Herz: Du hättest auch zugelangt. Auch wenn du natürlich hier und da andere Akzente gesetzt hättest. Aber das macht ja jeder Künstler ohnehin für sich. Jetzt also so vehement auf dem Preis rumzureiten, finde ich unglaubwürdig. Das Geld kann jeder von uns gebrauchen. So wie es in der Kunst genug gibt, die eben neben ihren tiefsinnigen Werken auch Landschaftsbilder mit kräftigem grün in Auftrag malen.
Der Preis der Freiheit eben. Nur 1 % der Künstler können von ihrer Kunst leben. Damit man damit überhaupt weitermachen kann und sich nicht der Lohnarbeit im Callcenter hingeben muss, verkauft sich jeder.
Wobei bei dem Monolith dem Künstler dieser Vorwurf nicht mal zu machen ist. Es handelt sich um ein Werk seiner festen Überzeugung, keines was er für eine Geschäftsleitung angefertigt hat, welche es sich dann in den Meetingraum hängt.
Außerdem erlaubt ein Batzen Geld einem Künstler eine gewisse Unabhängigkeit, um sich bei den nächsten Werken verlässlich nicht reinquatschen lassen zu müssen. Es muss sich auch nichts rechnen, wodurch ganz neue Denkansätze entstehen. Die Aktion von Banksy neulich war zum Beispiel schon echt genial.
Zitat von daryusDamit hätte man mehreren Flüchtlingsfamilien 2 große Wohnhäuser schenken können.
Wie ich bereits sagt, sind das zwei paar Schuh. Ein Künstler baut mit seinen eigenen Materialien. Bund oder Land obliegt es die Backsteine in die Hand zu nehmen. Sie haben den Grund und Boden dafür, das Geld und auch die Verantwortung ihrer Bevölkerung gegenüber. Ein Künstler hat das alles nicht (deshalb ist er auch Künstler geworden und nicht Politiker).
Überdies funktioniert es nicht so, wie du dir das denkst. Man kann nicht einfach Wohnhäuser bauen und diese verschenken. Auch wenn es natürlich ein schöner Gedanke ist und ich nicht nein sagen würde.