Aggressivität/Genervtheit in der Gesellschaft

  • Neulich an der Kasse habe ich wieder beobachten dürfen, wie ein ungefähr mittelalter Herr (der ziemlich gesund aussah) einen hinter ihm stehenden deutlich älteren Herren (der eindeutig zur Risikogruppe gehörte) mit ziemlich unhöflicher Stimme dazu ermahnt hat, den Mindestabstand einzuhalten. Das war völlig unnötig in der Situation, aus meiner Sicht,

    Dass ausgerechnet hier im Forum die Abkehr von gesellschaftlicher Distanz propagiert wird, gibt's wohl wirklich nur zu Corona-Zeiten, wo eh alles anders ist. Dieselben, die sich vorher noch mit einer Grenze um Deutschland abschotten wollten, rufen heute dazu auf, alle Blockaden zwischen den Menschen runterzureißen. Und die Misanthropen wollen sich am liebsten im Supermarkt an alle ankuscheln.


    Verrückt. Das ist übrigens auch die Logik, hinter dem Vorfall mit den zwei diskutierenden Männer. Natürlich sind das dann zwei größere Virenschleudern, andererseits: hätte der eine sich dran gehalten, hätte es den anderen gar nicht auf den Plan gerufen. Jede Maßnahme wäre sinnlos, wenn Max Mustermann hustend ohne Maske den Supermarkt betreten könnte, und alle die Klappe halten müssten, weil sonst "dürfte sich das Risiko einer Ansteckung gleich mindestens verdoppelt haben."


    Das ist irgendwie auch ein Sinnbild unserer Gesellschaft. Jeder macht was er will, der gemeinsame Weg fehlt.






    • Offizieller Beitrag

    Dass ausgerechnet hier im Forum die Abkehr von gesellschaftlicher Distanz propagiert wird, gibt's wohl wirklich nur zu Corona-Zeiten, wo eh alles anders ist.

    Ich hätte sowas ja vor einem Jahr auch nicht für möglich gehalten, dass plötzlich die Karten neu gemischt werden, sich seltsame Bündnisse ergeben, und an anderen Stellen Gräben aufgerissen werden, wo es vorher Einigkeit gab. Manche Dinge sind eben wirklich ver-rückt dank Corona. Ich verspüre auf einmal den dringenden Drang, auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein zu trinken, und ins Fußballstadion zu gehen, und vielleicht auch nochmal aufs Oktoberfest. Und die geselligen Partyschwaben in der Nachbarschaft werden zu verschrobenen, menschenscheuen Einsiedlern. Wer hätte das gedacht. :D

    Das ist irgendwie auch ein Sinnbild unserer Gesellschaft. Jeder macht was er will, der gemeinsame Weg fehlt.

    Das Absurde an der oben erzählten Geschichte ist halt, dass derjenige, der eigentlich geschützt werden soll (der Risikogruppen-Rentner), die Sache lockerer gesehen hat als der moralisch und physisch überlegene Aufpasser. Und das ist ganz sicher kein schräger Einzelfall, sondern nunmal Tatsache, dass es auch ganz viele ganz normale Menschen gibt (keine Reichsspinner oder ähnliches), die das alles etwas lockerer nehmen als diejenigen, die in ihrem Namen die Gesetze erlassen. In den Altenheimen hat man die Senioren garantiert auch nicht darüber abstimmen lassen, ob es Besuchsverbote geben soll oder nicht. Sonst, wer weiß, hätte vielleicht gar eine Mehrheit angekreuzt: "Ich sterbe lieber heute und mit Besuch, als morgen und allein".

  • Ich hätte sowas ja vor einem Jahr auch nicht für möglich gehalten, dass plötzlich die Karten neu gemischt werden, sich seltsame Bündnisse ergeben, und an anderen Stellen Gräben aufgerissen werden, wo es vorher Einigkeit gab. Manche Dinge sind eben wirklich ver-rückt dank Corona. Ich verspüre auf einmal den dringenden Drang, auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein zu trinken, und ins Fußballstadion zu gehen, und vielleicht auch nochmal aufs Oktoberfest. Und die geselligen Partyschwaben in der Nachbarschaft werden zu verschrobenen, menschenscheuen Einsiedlern. Wer hätte das gedacht. :D

    Das Absurde an der oben erzählten Geschichte ist halt, dass derjenige, der eigentlich geschützt werden soll (der Risikogruppen-Rentner), die Sache lockerer gesehen hat als der moralisch und physisch überlegene Aufpasser. Und das ist ganz sicher kein schräger Einzelfall, sondern nunmal Tatsache, dass es auch ganz viele ganz normale Menschen gibt (keine Reichsspinner oder ähnliches), die das alles etwas lockerer nehmen als diejenigen, die in ihrem Namen die Gesetze erlassen. In den Altenheimen hat man die Senioren garantiert auch nicht darüber abstimmen lassen, ob es Besuchsverbote geben soll oder nicht. Sonst, wer weiß, hätte vielleicht gar eine Mehrheit angekreuzt: "Ich sterbe lieber heute und mit Besuch, als morgen und allein".

    Diesen 'gemeinsamen' Weg gibt es leider überall dort wo Menschen zusammengepfercht wohnen und leben müssen. In Seniorenheimen, wo man altersbedingt sowieso weniger an die frische Luft kommt (außer mit Angehörigen), müssen 100 Bewohner an 'einem Strang ziehen', nur weil es einen einzelnen Verdachtsfall gibt, und die Türen bleiben dann für Besucher bis auf weiteres geschlossen. Ganz schlimm für die Alten ist die Quarantäne auf den Zimmern einzuhalten, nachdem sie vom Krankenhaus zurück kommen. Es ist echt traurig.
    Ich bin eigentlich davon ausgegangen dass die Alten für die Angehörigen im 'Wert' gestiegen sind, und sie sich mehr um sie kümmern würden, aber das ist wohl genau gleich geblieben wie vor der Pandemie. Abgeschoben und vergessen. Man bemerkt die Lebenszeichen nur noch anhand der Rechnungen, die man zu bezahlen hat. Um die zu diskutieren ist man sich für ein persönliches Gespräch an der Pforte, mit dem eh schon überlasteten Personal, nicht zu schade. Da hat sich nicht viel geändert.


  • Das Absurde an der oben erzählten Geschichte ist halt, dass derjenige, der eigentlich geschützt werden soll (der Risikogruppen-Rentner), die Sache lockerer gesehen hat als der moralisch und physisch überlegene Aufpasser. Und das ist ganz sicher kein schräger Einzelfall, sondern nunmal Tatsache, dass es auch ganz viele ganz normale Menschen gibt (keine Reichsspinner oder ähnliches), die das alles etwas lockerer nehmen als diejenigen, die in ihrem Namen die Gesetze erlassen.

    ich bin mir nicht sicher ob das "absurd" ist. Ich würde schon fast sagen: logisch.
    Der gesunde Porschefahrer interessiert sich für sein Geld.
    Es ist glaube ich mittlerweile so, dass viele einfach nur Angst vor der staatlichen Strafe haben. Dabei ist das Bußgeld noch das geringste. Quarantäne und seinen Job dicht machen, weil man selbstständig ist.


    Ich habe es auch bei meinem Chef gesehen, da ist die Angst, das man den Laden zumachen muss und Haufen Geld flöten geht einfach viel größer.


    Aber er wäre nie so unverschämt, zum Glück.


    Ich glaube, die Gesellschaft spaltet sich aktuell etwas in zwei Lager: Sozial und Wirtschaft.
    Absurd nicht, logisch auf Existenzangst-Basis, trotzdem moralisch/sozial fragwürdig.


    Gähhn... Ich geh jetzt frühstücken. Guten Morgen.

    Es lebe die Freiheit, die Meinungsäußerung und der Respekt anderen gegenüber.


    Will man einen Menschen genauer beurteilen, so muß man die Geschichte seiner Kinder- und Jugendjahre kennen.

    - August Bebel

  • Was ist eigentlich ein Solidaritäter? Ich habe darüber nichts finden können. Verunglimpfung von Worten ist imho der Inbegriff der wachsenden sozialen Kälte schlechthin.
    Wer mal einen gewissen Lebensstandard erreicht hat, für den ist der Gedanke schwerer annehmbar, jetzt mit seinem Lebensgefühl auf Sparflamme fahren zu sollen. Diejenigen, die sich am Überfluss festgehalten haben kommen jetzt eben nur noch deutlicher zum Vorschein.

  • Was ist eigentlich ein Solidaritäter? Ich habe darüber nichts finden können. Verunglimpfung von Worten ist imho der Inbegriff der wachsenden sozialen Kälte schlechthin.
    Wer mal einen gewissen Lebensstandard erreicht hat, für den ist der Gedanke schwerer annehmbar, jetzt mit seinem Lebensgefühl auf Sparflamme fahren zu sollen. Diejenigen, die sich am Überfluss festgehalten haben kommen jetzt eben nur noch deutlicher zum Vorschein.

    Ist wohl ein rechtes Schimpfwort für Flüchtlingshelfer. Du hast recht, das sollte man nicht übernehmen. Ich hab den Begriff in Bezug auf Leute verwendet, die im Namen der Solidarität (bzw. was sie dafür halten) die Freiheit über Bord werfen und mit einem selbstgefälligen Moralismus andere dazu nötigen, sich ihnen anzuschließen. Ich hab u.a. das Bild vor Augen, wie eine Gruppe linker Hipster eine Gruppe ältere Hippies umringt und zusammengebrüllt hat, weil diese keine Maske getragen hatten.
    Dian hat schon recht - es ist dringend eine Neujustierung erforderlich, um auf dem Wege der Weltverbesserung nicht in die Diktatur der Vernünftigen zu geraten.

  • Ist wohl ein rechtes Schimpfwort für Flüchtlingshelfer. Du hast recht, das sollte man nicht übernehmen. Ich hab den Begriff in Bezug auf Leute verwendet, die im Namen der Solidarität (bzw. was sie dafür halten) die Freiheit über Bord werfen und mit einem selbstgefälligen Moralismus andere dazu nötigen, sich ihnen anzuschließen. Ich hab u.a. das Bild vor Augen, wie eine Gruppe linker Hipster eine Gruppe ältere Hippies umringt und zusammengebrüllt hat, weil diese keine Maske getragen hatten.Dian hat schon recht - es ist dringend eine Neujustierung erforderlich, um auf dem Wege der Weltverbesserung nicht in die Diktatur der Vernünftigen zu geraten.

    Achso, okay, danke für die Erläuterung.
    Ich tue mich mit 'normalen' Begriffen schon schwer genug. Mein Eindruck ist eben, dass alles ausufert, sich zuspitzen könnte und man zunehmend die Kontrolle über sein Verhalten, vllt auch das Denken verliert.


    Meine Passivität kommt oft daher, dass ich gemerkt hab, wie ungewollt sich alles aufstacheln kann, und dann erhitzen sich Gemüter, und der zündende Funke ist nur noch eine Frage der Zeit.

  • Das Absurde an der oben erzählten Geschichte ist halt, dass derjenige, der eigentlich geschützt werden soll (der Risikogruppen-Rentner), die Sache lockerer gesehen hat als der moralisch und physisch überlegene Aufpasser.

    Die Frage ist halt: was macht dich so sicher, dass der Typ statt das Thema einfach "lockerer" zu sehen, in Wirklichkeit nicht zu den Schwurblern gehört? In dem Fall greift nämlich die Argumentation nicht, dass er "trotz Risikogruppe" die Sache nicht ernst genommen hat. Vielleicht ist er schlicht dumm und glaubt daran, dass Corona von langer Hand geplant sei.
    Der Denkfehler ist nicht nur, hinter merkwürdigen Menschen "lockere Typen" zu vermuten, sondern der Fehler liegt auch darin, jeden, der kognitiv den Ernst der Lage nicht erkennen kann, im Kreise der erlesenen Rebellen zu begrüßen.


    Außerdem sollte es ja nun wirklich beim Letzten angekommen sein, dass man an Corona nicht nur als Rentner stirbt. Und weil dem so ist, halte ich es für vollkommen legitim, wenn sich auch ein Nichtrentner zu enge Tuchfühlungen verbittet. Oder ein 18-jährger Leistungssportler. Das gilt während Corona, als auch danach.


    Ich verstehe sowieso nicht, wieso jene Leute, und dazu zähle ich dich, die sich als Geschäftsmodell einen gebührlichen Abstand zum Menschenabschaum auf die Fahne geschrieben haben, plötzlich kein Problem mehr damit hätten, wenn ihnen jemand zu nah auf die Pelle rückt.
    Normalerweise kommen doch von dir die Rage-Threads, wenn jemand deine persönliche Komfortzone überschritten hat. Und nun wirst du exakt Zeuge dessen, doch der Böse, Porsche hin oder her, ist plötzlich jener, welcher vor der Pandemie genauso gut auch hätte Dian the Saint sein können.

    Ich bin eigentlich davon ausgegangen dass die Alten für die Angehörigen im 'Wert' gestiegen sind, und sie sich mehr um sie kümmern würden, aber das ist wohl genau gleich geblieben wie vor der Pandemie. Abgeschoben und vergessen.

    Wer jetzt abschiebt und vergisst, der rechtfertigt seine eigenen Unzulänglichkeiten mit Corona, was es ja leider leider nicht möglich macht, unsere Angehören zu besuchen.
    Soweit ich weiß, kommt das Virus noch nicht übers Telefon. Klar, ein Ersatz für einen Besuch ist es nicht, aber es kostet einen ähnlichen Zeitaufwand, sich mit seinem Gegenüber auseinanderzusetzen. Entweder man tut es, oder aber Corona ist die perfekte Ausrede, um selbst den Quartals-Pflichttermin sausen lassen zu können.

  • Wer sind denn diese bösen Schwurbler, das verstehe ich nicht, aber vermutlich bin ich zu blöd dafür.


    Ich nehme mal an das sind die bösen Coronakritiker, Verschwörungstheoretiker und Nazis.


    Diese neuen abwertenden undefinierten und diskriminierenden und denunzierenden Wortschöpfungen sind schon äußerst fragwürdig.


    Ich entdecke auch das mir die Nähe zu anderen Menschen viel wichtiger als früher ist. Früher habe ich das nicht so gespürt. Ich finde das schön und positiv. Das kann man doch niemanden vorwerfen.

    -- Liebe macht frei, Arbeit nicht immer! --


    Steckt nicht in uns allen ein kleiner Anarchist, Spießer, Kapitalist, Faschist, Kommunist, Individualist und Querdenker?

  • Beim Solidaritäter finde ich das relativ klar. Lonewolf hat das ja schon gut beschrieben. Negativ also jemand der hinter vorgeschobener Solidarität gegenüber anderen zum Täter wird, auch im negativen.


    Auch wenn der ursprünglich von rechts kommen mag.


    Hier wird es vorgemacht, das mit der Symbolguerilla im positiven Sinn:
    Solidaritäter


    den Ansatz finde ich gut, auch wenn die Schirmherrin von der FDP ist. ;)

    -- Liebe macht frei, Arbeit nicht immer! --


    Steckt nicht in uns allen ein kleiner Anarchist, Spießer, Kapitalist, Faschist, Kommunist, Individualist und Querdenker?