'Weg zur Brücke' von Christina Maria S.

  • Jan hatte wohl auch einen ausgeprägten Beschützerkomplex in Beziehungen, ich vermute, da konnte er sie nicht alleine gehen lassen. Dass er stark nach Verbundenheit gesucht hat, war schon deutlich. Am Anfang war auch die Suche nach (für ihn) glaubhaften sinnstiftenden Modellen noch latent, bevor er immer mehr seinen Nihilismus zelebriert hat. Ich erinnere mich noch gut an unsere erste Begegnung. 'Wie kann man so leben' war eine seiner typischen Aussagen mir gegenüber (bezogen u.a. auf das Aufgehen in bestimmten philosophischen Gedankenkonstrukten). Was konkrete Traumata angeht, weiß ich auch in Bezug auf ihn nicht viel. Aber er hatte wohl einige Konflikte mit seiner Umwelt im Filstal. Das ist auch gesellschaftlich 'ne ziemlich ekelhafte, bigotte Ecke in Schwaben, zumindest so wie ich es erlebt habe, sowohl unter Einheimischen als auch Zugewanderten.

    Ich erinnere mich noch an ein Erlebnis, als ich mit Jan und Dian auf Wanderung war und beide in eine Enge Höhle kletterten. Die Höhle war/ist wirklich scheiße eng, und ich habe Probleme in sehr engen Räumen, bekomme da Zustände. Ich wollte daher nicht mit da rein, darauf fragte mich Jan, warum ich nicht in die enge Höhle mit will. Es klang leicht danach, als würde er mein Problem nicht ganz nachvollziehen können. Ich habe ihn auch nur dieses eine Mal erlebt, daher weiß ich nicht, wie er sonst noch so drauf war. Aber schön, diese Erinnerungen hier zu lesen. Die Fotos im Kleinwalsertal sind übrigens auf meinem Mist gewachsen. Meine damalige 5-Megapixel-Digitalkamera, Baujahr 2005.

  • Ich erinnere mich noch an ein Erlebnis, als ich mit Jan und Dian auf Wanderung war und beide in eine Enge Höhle kletterten. Die Höhle war/ist wirklich scheiße eng, und ich habe Probleme in sehr engen Räumen, bekomme da Zustände. Ich wollte daher nicht mit da rein, darauf fragte mich Jan, warum ich nicht in die enge Höhle mit will. Es klang leicht danach, als würde er mein Problem nicht ganz nachvollziehen können. Ich habe ihn auch nur dieses eine Mal erlebt, daher weiß ich nicht, wie er sonst noch so drauf war. Aber schön, diese Erinnerungen hier zu lesen. Die Fotos im Kleinwalsertal sind übrigens auf meinem Mist gewachsen. Meine damalige 5-Megapixel-Digitalkamera, Baujahr 2005.

    Wie mir scheint, haben die beiden in vielerlei Hinsicht herausfordernd auf euch alle gewirkt ;)
    Devotionalien hier zu veröffentlichen (geiles Wort, danke Dian), finde ich demnach super angebracht.

  • Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, sehe ich einen einzelnen Stern flackern und leuchten. Ich stelle mir aber vor, dass es ein Feuer auf einem ziemlich hohen Berg ist das sie angezündet hat, um zu zeigen dass sie ganz nahe ist. Sie sitzt da oben, auf der Spitze des Berges vor ihrem Feuer und philosophiert- diesmal über uns. Das ist meine persönliche Brücke zu ihr.

    Einmal editiert, zuletzt von Igno von Rant ()

  • Ein enorm tragischer Todesfall.


    Ich kannte die beiden User nicht, und beziehe mich aufgrund des Texts nur auf Ina.
    Tragisch, da eine Depression zwar gut behandelbar ist - aber gleichzeitig unfassbar tückisch.
    Beim Lesen habe ich irgendwann gefragt, ob da eigentlich irgendetwas nicht typisch für eine Depression ist. Da lagen die klassichsten Phänomene vor: Selbstabwertung, Antrieb und Motivation gemindert, Annahme von düsterer Zukunft, Nihilismus, Neigung zu Schuld- und Schamgefühlen, insgesamt sehr niedergedrückte Gesamtstimmung, und - tragisch - Suizidalität.


    Sie wusste von ihrer Depression und sprach sie mehrmals an. Traurig ist, dass man depressiven Menschen gut helfen kann, doch tückischer Weise glauben die Betroffenen nicht an die Hilfe oder eine bessere Zukunft. Die Wahrnehmung ist verengt und fokussiert auf das Negative, ein konsistenter dunkler Schleier umhüllt depressive Menschen.


    Bei effektiver Behandlung hätte sie den ganzen Wahnsinn auf der Erde wohl immer noch verachtet, aber es hätte Wege geben, dennoch Spaß an bestimmten Dingen zu haben, ein berechtigtes positives Selbstbild zu haben, Energie für den Tag zu haben, eine gute Grundstimmung zu haben.


    Gegangen ist meines Erachtens ein vom Leben arg gebeutelter Mensch, dem die Krankheit den Glauben an eine gute Zukunft verwehrte. Ein intelligenter und feinfühliger Mensch.

  • Habe gestern viel (nicht alles) gelesen und es hat mich wirklich berührt.


    Mal eine Frage: Weiß jemand eventuell, wieviel Zeit zwischen dem ersten geäußerten Todeswunsch und dem Sprung von der Brücke vergangen ist?

  • Ich kann nicht sagen, wann sie den ersten Todeswunsch geäußert hat. Aber da sie ja schon im Alter von 14 Jahren versucht hat, sich zu erhängen, kann man wohl davon ausgehen, dass sie diese Gedanken schon mindestens 10 Jahre lang begleitet haben.


    Jedes Mal, wenn ich wieder über ihre Texte stolpere (so wie jetzt gerade in diesem Thread), denke ich mir, es hätte auch anders laufen können...

    Es war zwar irgendwie ein folgerichtiges, konsequentes Ende, aber es fühlt sich nicht wie das bestmögliche Ende an. Ich bin mir ziemlich sicher, es hat Momente in Inas Leben gegeben, da wäre eine Abzweigung abgegangen, die auf einen anderen Weg als zur Brücke geführt hätte.

    Und ihre Gedanken waren auch nicht nur nihilistischer und lebensverneinender Natur, das geht aus ihren Texten eindeutig hervor. Sie hat etwas gesucht. Sie hat es halt nur leider in dieser Welt nicht gefunden. Aber vielleicht wäre es ja irgendwo gewesen, im Grunde ganz nah, und doch scheinbar unerreichbar. Mehrere Menschen hier aus dem Forum inklusive mir waren nahe genug an ihr dran, hatten einen gewissen Zugang zu ihr. Hätten vielleicht was bewirken können, mit etwas mehr Hartnäckigkeit, und wenn wir nicht so viel mit unseren eigenen Dämonen beschäftigt gewesen wären.

    Leider ist das Leben kein Videospiel, in dem man unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass man gerade an einer wichtigen Abzweigung steht, die den weiteren Storyverlauf beeinflussen wird. Oder dass liebgewonnene Charaktere sterben könnten.


    Jedenfalls... wenn ich ihre Texte lese, muss ich immer wieder feststellen, diese Gedanken waren zu gut, um nur noch Teil der Vergangenheit zu sein. Sie hätten in die Gegenwart gehört, in das Leben. Ich hätte sie gern noch hier im Forum.