Wenn es nun eine Bewegung gibt, die versucht, möglichst viele Menschen zu vereinen, die dieser globalen Entwicklung skeptisch gegenüberstehen, und wenn diese Bewegung gleichermaßen nach links wie nach rechts offen ist, um sich nicht wieder (wie so oft in der Vergangenheit) wegen ideologischer Unterschiede spalten zu lassen, bevor sie überhaupt irgendwas bewirken konnte, dann ist das für mich erstmal kein Problem.
Wenn euch da zu viele Rechte dabei sind, dann frage ich halt zurück: Wo sind die Linken? Warum gehen die da nicht auch hin und machen mit, oder machen wenigstens ihre eigenen Anti-Lockdown-Demonstrationen, wenn sie es schon nicht ertragen können, Seite an Seite mit rechten Spinnern zu marschieren? Eigentlich findet man es doch sonst immer ganz schrecklich, wenn die Polizei neue Befugnisse bekommt oder irgendwo ein alternatives Jugendzentrum dichtgemacht wird. Aber wenn die komplette Kulturbranche plattgemacht wird und dem ganzen Land Ausgangssperren drohen, und Minister darüber fabulieren, dass man Quarantäne-Verweigerer ja vielleicht in die Irrenanstalt zwangseinweisen könnte, dann schweigt die Linke nahezu komplett.
Aber sich dann hinstellen und rumheulen "Bäh, die Querdenkenbewegung ist ja total von Nazis unterwandert..."
Irgendwie erweckt dass auf mich schon den Eindruck, dass sich Linke und Mainstream immer mehr annähern, und echtes rebellisches Potenzial bald wirklich nur noch bei den Rechten zu finden ist. (was natürlich wiederum eine fatale Entwicklung wäre, wenn man in Zukunft Revolution nur noch im Komplettpaket mit Ausländerfeindlichkeit und Vorurteilen bekommt, weil die Linken die Politik der Regierung und staatliche Zwangsmaßnahmen insgeheim gar nicht so schlecht finden, nur dass sie halt gern weniger Abschiebungen und weniger Vertreibungen von Hausbesetzern haben möchten.)
Eine Bewegung, die sich nach rechts hin öffnet, vereint nicht, sondern grenzt im Gegenteil alle Menschen aus, die sich zu Recht durch Rechte bedroht sehen müssen. Es gibt Positionen, die schlichtweg unvereinbar sind und nicht irgendwie versöhnt werden können. Nazis haben eine sehr klare Agenda und jede Bewegung, die sich nicht von ihnen deutlich abgrenzt, macht sich zu deren Erfüllungsgehilfen. Die Ereignisse vom Samstag sind sehr eindeutig und entlarvend. Es waren Faschisten, die den Weg freigeräumt haben, und die Tausenden angeblichen Normalbürger sind hinterhergedackelt. Wie denkst du würde eine Bewegung in großem Maßstab aussehen, die schon in verhältnismäßig kleinem Rahmen diese Form der rechten Dominanz zulässt? Wie würde eine solche 'Revolution' wohl aussehen, in der sich die faschistischen Banden völlig ungehindert austoben können?
Dass die Linke in der Corona-Krise zu orientierungslos agiert, habe ich nun schon mehrfach geschrieben. Ich kann mich hier keinem Lager mehr eindeutig zugehörig fühlen, würde aber auch den Linken nicht unbedingt zum Vorwurf machen, dass sie die gesellschaftliche Solidarität nicht über Bord werfen wollen, so wie es Querdenker zwangsläufig tun würden. Denn um die reine Ablehnung staatlicher Zwangsmaßnahmen geht es denen, die 'Maske runter' schreien und mit den obskursten Theorien um die Ecke kommen, längst nicht mehr. Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass es eine Menge wohlmeinende Menschen mit legitimen Forderungen auf den Demos gibt, nur sind die in keiner Form inhaltlich repräsentiert, und sie dominieren auch nicht die politische Stoßrichtung. Dazu fehlt es ihnen schlichtweg an politischer Erfahrung und Organisierung. In diese Bresche sind andere sehr schnell gestoßen, die es sehr gut verstehen, diffuse Bewegungen zu vereinnahmen.
Deine Vorstellung von 'Rebellion' läuft auf ein vages Dagegensein hinaus, motiviert durch reines Ressentiment. Mit dieser Haltung wärst du bei den Rechten tatsächlich gut aufgehoben, nur wirst du dadurch keine freiere Gesellschaft bekommen.