Anarchismus

  • Es geht doch bisher in jeder Form von Regierung darum, daß sich die Leute, die die Regeln aufgestellt haben selber nicht daran halten. Mal ganz vereinfacht ausgedrückt und so wie ich das ganze begreife. (Weis nicht ob ich den Kern des Problems richtig erfasst habe, aber ich will ja auch was lernen hier :))

    Es ist natürlich für Demokraten besonders empörend, wenn irgendwelche Herrscher sich nicht an die Gesetze des Staates halten, den sie anführen. Ich denke, was die anarchistische Perspektive hiervon unterscheidet, ist gerade, dass sie (die Regierungen) auch deswegen abgelehnt werden, WEIL sie sich an die Gesetze halten bzw diese umsetzen. Wir leben nicht zu Zeiten Makhnos, Unterdrückung hat für uns ein anderes Gesicht. Auch wenn man sich die Willkür (der Herrscher macht, was er will) wegdenkt, garantiert die Rechtsordnung des bürgerlichen Staates ein System aus Zwängen und Abhängigkeiten. Insofern geht es eben gar nicht um die Frage, ob Regeln für ein Zusammenleben nötig sind (Demokraten versuchen ja gerne, auf diese Weise gegen den Anarchismus zu argumentieren), sondern eben, welchem Zweck diese dienen.

  • Wenn eine relativ neutrale Instanz wie ein Schiedsrichter beim Fußballspiel entscheidet, würde es auch immer Regelverstösse bzw einen Missbrauch der "Macht" geben, sobald er wegsieht.
    Auch innerhalb der "eigenen" Mannschaft passiert so etwas. Mein Ansatz ginge also eher in die Richtung, entweder den Wettbewerb auszuschalten (zu verdeutlichen, es gibt nichts zu gewinnen oder zu verlieren), oder aber den moralischen Zeigefinger zu heben und sich unbedingt u.konsequenterweise an die Spielregeln zu halten.
    So oder so ein schwieriges Unterfangen. Die Frage der Umsetzung erst recht.

    Das Problem ist doch, dass derjenige, der gegen Regeln verstößt, natürlich was zu gewinnen hat ( z. B. einen materiellen Vorteil). Wie soll man diesen Wettbewerb ausschalten? Klar, man kann den 'objektiven' Grund beseitigen (jemand klaut Geld, weil er nicht genug hat), aber das wird vermutlich nicht genügen. (Jemand wie Kant hat wohl versucht, in seiner Ethik genau diese Überzeugungsarbeit zu leisten - sprich, Menschen durch Einsicht dazu zu bringen, anzuerkennen, dass Regelverstöße falsch sind und einem auch irgendwie selber schaden, indem man der idealen vernünftigen Gesellschaft das Fundament abträgt).
    Also muss man das wohl am Ende immer irgendwie sanktionieren.

  • @Lonewolf Ich weiß nicht, ob man schon von einem Scheitern sprechen kann, denn wir haben in der Vergangenheit lediglich anarchistische Experimente unter mehr oder weniger widrigen Umständen erlebt. Einerseits funktionierten Dinge, von denen viele Menschen nicht geglaubt hätten, dass sie auf diese Weise überhaupt funktionieren können, aber andererseits gab es natürlich auch Dinge, über die man streiten oder die man blöd finden kann.
    Ich finde eine Sache wesentlich interessanter: Wenn die Idee des Anarchismus so "unnatürlich" ist: Warum gibt es diese Idee dann noch? Und ohne sich jemals mit der Theorie beschäftigt zu haben, gibt es Menschen, die "von Natur aus" anarchistisch sind.
    Und folgenden Punkt würde ich auch noch gern einbringen: Die Menschen haben so lange unter herrschaftlichen Verhältnissen gelebt, dass Freiheit für sie sicher erstmal ungewohnt ist. Und auch wurden sie dazu erzogen, den Ellenbogen zu benutzen oder sich daran zu orientieren, wer besser, wer schlechter ist. Ich glaube diese Art von Erziehung so sie denn real stattgefunden hat (es gibt sicher auch Ausnahmen), ist nicht in so kurzer Zeit entgegenzuwirken in Form von beispielsweise anderer Pädagogik.
    Ich muss sagen, dass ich diese Nichtabgeschlossenheit von der Du schreibst sogar gut finde, denn wenn etwas nicht abgeschlossen ist, ist es offen, um dazuzulernen.


    Die Demokratie "funktioniert" auch teilweise nur aufgrund des Wohlwollens der Menschen.



    PS: Wenn ihr es an einigen Stellen merkwürdig findet, wie ich mich ausdrücke: Ich habe eine andere Art der Wahrnehmung und vielleicht benutze ich Wörter in einem anderen Kontext. Vielleicht wirken sie auf euch anders als auf mich. Sollte es diesbezüglich Missverständnisse geben, könnt ihr das gern offen und direkt ansprechen.

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    Auch interessant:
    rdl.de (Radio Dreyeckland- freies nichtkommerzielles Radio im Südwesten)
    freie-schule-wendland.de


    Oasen der Freiheit- Anarchistische Streifzüge
    https://www.youtube.com/watch?v=KCTcHcLQhK4


    Die Utopie leben
    https://www.youtube.com/watch?v=0uNSjlCkxwA


    Stowasser: Diagnose Kapitalismus- Therapie Anarchie
    https://www.youtube.com/watch?v=vQhYXg88AE8


    Kein Gott, kein Herr
    https://www.youtube.com/watch?v=zitXvKgUKM4https


    Anarchismus vs. Kommunismus - Ein Streitgespräch (aber streiten brauchen wir ja nich ;) )
    https://www.youtube.com/watch?v=JlmNp-fJve8


    Hanna Poddig- Work- Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert und Perspektiven, ihn zu überwinden
    https://www.youtube.com/watch?v=3vEif6KMp7I










    (Fortsetzung folgt und wenn euch noch was einfällt, gern immer her damit ^^ )

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  • Ganz grundsätzlich: Politische Theorie auf ihre Herrschaftslegitimation hin untersuchen. Also nicht nur anarchistische Texte als solche lesen, sondern schauen, wie Herrschaft und Macht in anderen Ansätzen gerechtfertigt werden. Dann kann man am besten sehen, ob und wie man diese Ansprüche widerlegen kann. Gerade bei der Gegenseite ( z.B. Carl Schmitt) findet man hier interessante Aspekte bzw Reibungsfläche.
    Für mich war jemand wie Foucault sicher auch ein wichtiger Einfluss, um zu verstehen, dass es ein 'Außerhalb' der Macht eigentlich nicht wirklich geben kann.


    Dann natürlich die Werke von Murray Bookchin und konkret dazu die hiervon beeinflussten Texte von Öcalan. Mit dem demokratischen Konföderalismus haben wir ein konkretes Beispiel für umsetzbare basisdemokratische Strukturen.

  • Das ganze Ding ist halt hoffnungslos paradox.


    Man kann sich vielleicht vorstellen, sich auf dem Weg hin zu einer anarchistischen Gesellschaft zu machen, indem man zuerst die Bedingungen dafür einübt (und das ist im Prinzip Legitimation und Funktion von diversen linken Projekten, wo eben ein anderes Leben 'geprobt' wird), und dann möglicherweise von einem breitflächig 'veränderten Bewusstsein' aus eine Gesellschaft gebaut wird, die mehr und mehr anarchistisch wird.


    Das darf aber nicht wirklich was mit dem autoritärem Staatssozialismus zu tun haben, indem der Staat angeblich irgendwann 'abstirbt'.


    Für sowas bräuchte man dann aber im Prinzip 'ne Gesellschaft wo's im Prinzip Konsens ist, dass wir alle Richtung Anarchismus wollen.


    Das andere Paradox ist, dass man im Rahmen von revolutionären Umbrüchen/Bürgerkriegen natürlich am besten überlebt bzw. besteht, wenn man 'ne schlagkräftige Truppe/Armee hat - und das bedingt dann ja gerade eine straff geordnete, hierarchische Ordnung militärischer Art.


    Ist halt nicht viel mit linker Utopie, wenn man die ganze Zeit ums Überleben kämpfen muss.


    Es ist absolut illusorisch zu glauben, dass irgendwelche größeren 'linken Experimente' geduldet werden. Wenn wir jetzt man annehmen, die Neuseeländer oder Australier würden 'ne Revolution machen und echte Grundlagen für 'ne linke Utopie über Enteignung u.ä. legen (und das nicht nur vorspielen würde), dann müsste dieses 'Experiment' natürlich auf Biegen und Brechen beendet werden - damit das Beispiel nicht Schule macht.


    Da hätte man im Zweifel wahrscheinlich die ganze Welt gegen sich...


    Andere Sache:


    Sinnvoll ist natürlich auch nur ein 'Anarchismus' der nicht Attitüde oder Individualismus ist, sondern auf echte Solidarität und auf Kooperation in der Verschiedenheit abzielt. Die Ablehnung von Herrschaft, damit man machen kann was man will, ist kindisch und gefährlich. Das würde im schlimmsten Fall wieder im Faschismus bzw. im Anarcho-Kapitalismus enden.

  • Man kann dies am Beispiel von Rojava sehr gut aufzeigen - die Weltmächte und auch die westlichen Demokratien können diesen Gegenentwurf nicht akzeptieren, da er letztlich auch ihre Legitimation in Frage stellen würde. Mal ganz ungeachtet dessen, wie effektiv das Ganze umgesetzt wurde, auch ohne 'Störungen' von außen, ist das Konzept des libertären Kommunalismus großartig. Vermutlich ist eine Verbindung aus Graswuzelbewegung und subversiver Arbeit hierzulande noch am erfolgversprechendsten, um zumindest eigene Strukturen auszubauen. Es passiert ja einiges - das hat aber oft nicht unbedingt einen explizit politischen Charakter, da die Leute eher ihr persönliches Ding durchziehen (also selbstverwaltete Projekte unterschiedlicher Art).
    Auf subversiver Ebene ist eine Lehre aus den gegenwärtigen Ereignissen sicherlich die, dass radikal staatskritische Positionen stärker vorangetrieben werden müssen. Die Linke hat sich hier, auch durch die bekannte Spaltung Anti-d/Anti-Imp, teils ziemlich in Irrwegen verrannt.
    Es gibt ein dramatisches weltumspannendes totalitäres Potenzial, das wird aktuell sehr deutlich - und gleichzeitig zu viele autoritäts- und "Experten"-hörige Menschen. Das kann natürlich auch umschlagen - gerade hier muss eben verhindert werden, dass die Rechte hiervon profitiert.
    Stichwort "wieso haben Anarchisten keine schöneren Internet-Seiten";) Was machen wir eigentlich, sollte es mal kein WLAN mehr geben? Das war's dann ja wohl mit dem Aufstand.
    Man wird schneller von den eigenen Aussagen eingeholt, als man denkt: " Man muss also meines Erachtens stärker den Aspekt der Vorbereitung auf Situationen, die wir nicht unmittelbar kommen sehen, betonen, anstatt nur abstrakt über die Möglichkeiten anarchistischer Gesellschaften zu philosophieren. "

  • ich würde sogar sagen, dass die Ossis, zumindest die älteren, Ausnahmesituationen und Krisen eher gewöhnt sind. Ebenso staatliche Gängelung, so dass ein Teil eben denunziert, aber viele auch einfach weiter ihr Ding machen, man kennt das ja schon. Der faschistische Bevölkerungsanteil, und das sind ja nicht so wenige, scheißt sowieso auf Verlautbarungen der Merkel-Regierung.