Hatespeech

  • So lange sie bei jeder Schwierigkeit gleich denken, Papa Staat wird es schon richten, werden sie nie Eigenverantwortung lernen.

    Leute schreien deshalb nach "Papa Staat", weil es Überhand genommen hat. Das, was jetzt im Internet unterwegs ist, hat nichts mehr mit dem Internet zu tun, in dem du (und ich auch) aufgewachsen sind. Auch ich kenne noch die früheren Zeiten. Das heute spottet aber jeder Beschreibung. Jetzt werden Mordpläne im Internet geschmiedet, Waffenbauanleitungen getauscht und Übergriffe auf Andersdenkende geplant. Adressen publik gemacht und Fotos von Gegendemonstranten veröffentlicht. Es werden Informationen zusammengetragen und es ist derjenige der Held, der den Arbeitgeber benennen kann oder weiß, auf welche Schule die Kinder gehen. Es wird sich gegenseitig angestachelt mit den neuesten Gerüchten, manipulierten Videos oder rechter Agitationsmusik. Das hat alles so gravierende Ausmaße angenommen, da kommt man nicht an mit "zurückbeleidigen". Wobei das ohnehin ein Niveau ist, das wir zuletzt im Kindergarten hatten: du bist doof - bist selber doof!

    Wenn so ein Nazi kommt und fordert, dass man alle Juden vergasen soll, und wenn dann zwanzig Leute darauf entschieden antworten würden, dass man alle Nazis an die Wand stellen sollte... wo ist dann das Problem?

    Das Problem sind die Unbelehrbaren. Die kannst du nicht belehren, selbst wenn deine Argumente noch so gut sind. Schon dass man sich einer rechten Gesinnung anschließt, obwohl rein vom Verstand eigentlich jeder Mensch links sein sollte, zeigt dass trotz aller Logik gegen Dummheit kein Kraut gewachsen ist. Ich kenne doch die ganzen Idioten. Es gibt Videos auf Youtube, da schaut man sich besser nicht die Kommentare an, wenn man an dem Tag noch etwas vor hat, und sich das nicht versauen lassen will. Ich kenne unzählige Diskussionen; über Stunden habe ich den Trotteln schon Paroli geboten. Es ist sinnlos. Oft schenkt man den Schwachköpfen nur die Aufmerksamkeit, die sie im Leben zu wenig erhalten haben und dadurch erst zu dem wurden, was sie heute sind. Es ist ein Antrieb, da helfen auch nicht zig Gegenreden. Wer hat außerdem die Zeit und wer die Geduld, ständig gegen Mauern zu reden? Meinst du, auch nur ein Nazi würde sich öffentlich umstimmen lassen? Zumal im Internet, wo ohnehin nichts Konsequenzen hat? Gerade das ist doch der springende Punkt. Würde man das Ganze ins reale Leben verlagern, würden manche sehr schnell auf den Boden der Tatsachen zurückfinden. Vor allem, wenn es tatsächlich Konsequenten gibt, und man nicht einfach das Browserfenster zumacht, wenn man keinen Bock mehr hat. Denn für sie damit tatsächlich wieder der Alltag hergestellt. Alle anderen, die gegen Hetze ankämpfen, dürfen aber kein Browserfenster schließen, weil dann seien einem ja "die Argumente ausgegangen", beziehungsweise der rechte Mob breitet sich immer weiter aus, weil sich keiner dagegenstellt.


    Also irgendwas stimmt da doch nicht. Fulltimejob Internet, nur dass es weder entlohnt wird, noch irgendwas bringt. Reine Schadensbegrenzung.
    Es sind nur Worte und mit diesem ändert man nicht den Inhalt in Köpfen, der über Jahren herangereift und in stundenlangen Hetzvideos zementiert wurde. Meinst du, solch bildungsfernes Gesindel liest sich überhaupt eine Gegenrede in der Länge dieses Beitrags durch? Wohl kaum. Und selbst wenn, dann würde man keinerlei Zugang finden, da bedingt durch das eigene Mindset die Worte auf einen Nazi vollkommen überladen wirken, Begriffe nicht verstanden werden und Metaphern nicht gefolgt werden kann. Das beißt sich einfach. In etwa so, wie wenn dir Angela Merkel etwas von demokratischen Grundwerten erzählen will, und du im Kopf lange abgeschalten hast, weil deine Meinung ohnehin steht.

    Und selbst wenn er Morddrohungen ausstößt... wenn er dafür auch zwanzig Morddrohungen erhalten würde, dann würde er das in Zukunft auch nicht mehr machen.

    Und das macht man genau wie, ohne den Klarnamen des Täters zu kennen?

  • @Unmensch: Also findest Du es besser, wenn diese Pläne noch geheimer geschmiedet werden?

    Es ist ja nicht so, dass das öffentlich geschieht. Ich wollte damit nur verdeutlichen, wofür das Internet heute genutzt wird. Die Freiheit, die Dian heute noch so verteidigen will, entstammt noch einer Zeit vor 20 Jahren, als die Freaks das Runder in der Hand hatten. Dieses Internet heute ist schon lange tot und kann nicht mehr kaputt gemacht werden. Das WWW vernetzt heute zum großen Teil all jene, die man besser getrennt unterbringt.

  • @Unmensch: Also findest Du es besser, wenn diese Pläne noch geheimer geschmiedet werden?


    Na ja, was heißt "noch geheimer". Das Netz dient natürlich zur Radikalisierung und Vernetzung, verboten werden sollen aber primär bestimmte Tatbestände, also trifft das ohnehin nur den Teil, der sich nicht so eloquent ausdrückt, dass es gerade noch legal ist. Im Übrigen wäre es auch aus Ermittlersicht ohnehin ungünstig, z. B. Bereiche komplett zu sperren, von deren Beobachtung man sich Erkenntnisse erhofft. Also keine Angst: Die "Freiheit" des Netzes, die du und Dian hier verteidigen, wird schon bestehen bleiben. Was zunehmen wird, ist die Anzahl an Ermittlungsverfahren gegen Hatespeech, also gegen Dreckschleudern, die sich nicht unter Kontrolle haben. Auf das Schmieden von konkreten Plänen hat das wohl weniger Einfluss, aber darum geht es auch nicht.


    P.S. Da das indymedia-Beispiel genannt wurde: Hier liegt der Skandal woanders. linksunten war eine Open Posting Plattform, die per Verfügung zum Verein erklärt wurde. Mit der Begründung könnte man im Grunde jedes journalistische Medium verbieten, das z. B. Bekennerschreiben zitiert. Hier geht es nicht um einzelne Postings oder deren Urheber. Wobei die ganze Sache, die hier problematisiert wird, ohnehin hinfällig ist, wenn man auf Anonymisierungs-Tools zurückgreift. Den Aufwand, der bei der Aufdeckung von linksunten betrieben wurde, wird man sich vermutlich ohnehin sparen, wenn es um irgendwelche einzelnen Hass-Posts geht. Aber die paar dreisten Idioten, die nicht verschlüsseln, hat man an den Eiern (selten an den Eierstöcken, hier dominiert immer noch die "toxische Männlichkeit") ;)

    • Offizieller Beitrag

    Auch Dian the Saint verbannt gelegentlich Trolle aus seinem Heiligtum.

    Schlimmer noch: Wenn mir unter meinen Videos auf Youtube ein Kommentar nicht gefällt, dann lösche ich den einfach. =O Die meisten Idioten versuchen es dann noch ein, zwei Mal, und ziehen dann weiter, weil das auf Dauer frustrierend für sie ist, wenn ständig ihre "hochwertigen" Beiträge verschwinden.
    Keine Ahnung, wie das auf Facebook ist, aber ich denke mal, dass man da auch Beiträge auf seiner Seite löschen kann, die einem nicht gefallen.
    Würden alle ein bisschen mehr Hygiene betreiben auf ihren Internetseiten, dann ließe sich die braune Seuche auch mit den heute bereits verfügbaren Werkzeugen sehr gut bekämpfen, und zwar ganz ohne staatliche Einmischung.
    Das Problem, das ich sehe, liegt ganz woanders... nämlich, dass den Rechten dort, wo sie im Netz auftreten, viel zu selten wirklich entschieden widersprochen wird... und wenn, dann nur von ein paar "Berufslinken". Aber die breite Masse schweigt meistens nur, überlässt das kämpfen ein paar wenigen, die dann auch schnell frustriert aufgeben... und zack, schon haben die Rechten einen weiteren virtuellen Raum für sich erobert. Hier müsste man ansetzen und entschiedener virtuelle Räume, die die Rechten gekapert haben, zurückerobern. Wenn man den Staat die Müllabfuhr spielen lässt, wird er sich dafür auch das Recht herausnehmen, uns vorzuschreiben, was Müll ist und wann er wie weggebracht werden muss. Besser wäre es, die Menschen würden das selbst in die Hand nehmen.

  • Wenn man den Staat die Müllabfuhr spielen lässt, wird er sich dafür auch das Recht herausnehmen, uns vorzuschreiben, was Müll ist und wann er wie weggebracht werden muss. Besser wäre es, die Menschen würden das selbst in die Hand nehmen.

    Die Menschen fahren bereits die Müllwägen, verkaufen die Arbeitskleidung oder fahren diese aus, wenn man sie online bestellt. Da hat nach niemand mehr den Elan, in der wenigen Freizeit, die einem nach Feierabend bleibt, noch Kommentare zu schreiben. Schon weil viele von denen gar nicht gegen die Eloquenz mancher Hetzbeiträge ankommen. Manch einer scheint das da nämlich schon als Lebensaufgabe zu verstehen, so oft wie man auf einschlägigen Plattformen die immer gleichen Namen liest. Und ich kann mir nichts peinlicher vorstellen, als wenn die Vertreter der Guten dann ernsthaft Postings schreiben mit dem Inhalt: "selber".


    Und wenn wir mal ehrlich sind, ist die große Masse der Menschen auch nicht besonders intelligent. Wenn sich also der Verwaltungsfachangestellte nach Feierabend wirklich noch politisch motiviert ans Internet setzen würde, dann wären die Stimmen, die nach mehr Vorratsspeicherung schreien, noch lauter als jetzt, wenn nicht sogar übertönt von besorgten Postings rund um den Untergang des Abendlandes.

  • Schlimmer noch: Wenn mir unter meinen Videos auf Youtube ein Kommentar nicht gefällt, dann lösche ich den einfach. =O Die meisten Idioten versuchen es dann noch ein, zwei Mal, und ziehen dann weiter, weil das auf Dauer frustrierend für sie ist, wenn ständig ihre "hochwertigen" Beiträge verschwinden.Keine Ahnung, wie das auf Facebook ist, aber ich denke mal, dass man da auch Beiträge auf seiner Seite löschen kann, die einem nicht gefallen.
    Würden alle ein bisschen mehr Hygiene betreiben auf ihren Internetseiten, dann ließe sich die braune Seuche auch mit den heute bereits verfügbaren Werkzeugen sehr gut bekämpfen, und zwar ganz ohne staatliche Einmischung.
    Das Problem, das ich sehe, liegt ganz woanders... nämlich, dass den Rechten dort, wo sie im Netz auftreten, viel zu selten wirklich entschieden widersprochen wird... und wenn, dann nur von ein paar "Berufslinken". Aber die breite Masse schweigt meistens nur, überlässt das kämpfen ein paar wenigen, die dann auch schnell frustriert aufgeben... und zack, schon haben die Rechten einen weiteren virtuellen Raum für sich erobert. Hier müsste man ansetzen und entschiedener virtuelle Räume, die die Rechten gekapert haben, zurückerobern. Wenn man den Staat die Müllabfuhr spielen lässt, wird er sich dafür auch das Recht herausnehmen, uns vorzuschreiben, was Müll ist und wann er wie weggebracht werden muss. Besser wäre es, die Menschen würden das selbst in die Hand nehmen.


    Tja, die meisten philosophieren eben lieber darüber, was andere tun sollten, anstatt selbst aktiv zu werden. Und nicht wenige haben eine falsche Auffassung von "Meinungsfreiheit", selbst Gerichte, die aufgestellte Galgen als Ausdruck derselben interpretieren.
    Solange die Ressourcen nichtstaatlicher Akteure so eingeschränkt sind, wie es derzeit leider der Fall ist, habe ich kein Problem, wenn Behörden mehr Zeit darauf verwenden, Rassisten und Antisemiten zu jagen. Wer sich ernsthaft für die Meinungsfreiheit stark machen will, dem bieten sich weitaus bedeutsamere Aktionsfelder.

  • Ich beschränke mich eben in meinem Wirkungsgrad auf mein 'Purpose', d.h auf mein (Arbeits-) Umfeld. Was bleibt mir anderes übrig? Ich kann nicht jemand anderes sein.
    Wenn ich also im Alltag 'fette Beute' wittere, dann stürze ich mich drauf, wie eine ausgehungerte Vogelspinne - nicht! Ich versuche normalerweise herauszufinden woher der Hate kommt und stelle offene Fragen, sodass derjenige zum Denken angeregt wird. Wenn ich dagegen ankämpfe und behaupte, der andere habe Unrecht mit seiner Behauptung, kann ich damit erstens keinen Blumentopf gewinnen, zweitens bin ich dann selbst zu erschöpft um weiterzumachen.