Zivilcourage

  • Nein, es gab nur eine Androhung seitens des Gerichts, seine Identität preiszugeben. Ich gehe mal schwer davon aus, dass die Behörden schon wussten, wer sich unter der Maske verbirgt. Infolgedessen hat sich Jones dann selbst "geoutet".

    achso ... danke für den link

    Die Retter-Schlagzeile im Augsburger Fall bezog sich wohl eher drauf, dass der Mensch eben Feuerwehrmann war, was an sich aber auch egal ist, da er ohnehin außer Dienst war. Ob Feuerwehrmann oder Wurstfachverkäufer, bei einer Gruppe pöbelnder, alkoholisierter junger Männer muss man leider mit allem rechnen. In der konkreten Situation hätte das Opfer wohl einfach weitergehen können - was mich eher interessiert, ist die Perspektive des zweiten Betroffenen, der seinem Freund zu Hilfe gekommen ist, als der angegriffen wurde. Da gibt es dann eben keine andere Möglichkeit mehr, als einzugreifen, mit allen Konsequenzen.

    gut, da hast du wahrscheinlich recht, klingt logisch mit dem retter als feuerwehrmann.
    was ist mit dem 2ten betroffenen geschehen, wie wurde der verletzt?

    Der korrekte Terminus ist vermutlich eher Körperverletzung mit Todesfolge, vielleicht auch Totschlag aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit, außerdem geschah die Tat nicht in Deutschland, sondern in Bayern. Im Fall Brunner gab es dann zumindest langjährige Haftstrafen - so oder so ist es natürlich absurd, mit was für lächerlich geringen Strafen Täter davonkommen, wenn es sich nicht gerade um Mord handelt.

    hast auch hier recht:
    "Eine Körperverletzung mit Todesfolge liegt vor, wenn der Täter zwar eine Verletzung beabsichtigt hat, aber das Opfer nicht töten wollte. Lag ein Tötungsvorsatz vor, handelt es sich um Totschlag oder Mord, da Totschlag und Mord speziellere Tatbestände sind. Lag weder ein Tötungs- noch ein Verletzungsvorsatz vor, handelt es sich möglicherweise um fahrlässige Tötung (da ohne ausdrückliche Erwähnung im Gesetz nur vorsätzliche Handlungen strafbar sind, § 15 StGB).
    Die Entscheidung, mit welchem Vorsatz ein Täter gehandelt hat, muss das Gericht nach Abwägung der Umstände fällen."

  • gut, da hast du wahrscheinlich recht, klingt logisch mit dem retter als feuerwehrmann.was ist mit dem 2ten betroffenen geschehen, wie wurde der verletzt?


    Nicht lebensgefährlich, soweit ich weiß. Es gibt ein unscharfes, verwackeltes Video von dem Angriff. Der Feuerwehrmann hat einen einzelnen Schlag abbekommen und war dann der Körperhaltung zufolge sofort k.o., insofern vermute ich, dass er beim Fallen mit dem Kopf auf's Pflaster aufgeschlagen ist. Sowas passiert leider öfter als man denkt, also dass der Fall und nicht der Schlag als solcher das Opfer tötet.
    Interessanterweise gibt es eine Technik von Lee Morrison (Nahkampftrainer), die u.a. darauf abzielt, genau das zu verhindern, und bei der das Gegenüber gleich nach dem K.O.-Schlag am Kragen gepackt wird, um nicht unkontrolliert zu Boden zu gehen. Da hat sich jemand echt Gedanken gemacht bzw die entsprechende Erfahrung...

  • Habe gehört, dass der Feuerwehrmann von einer Kirmes gekommen sein soll, mit seinem Begleiter und sie wohl beide alkoholisiert gewesen sind. Das deutet natürlich auf einen Verlust des Einschätzungsvermögens hin und warum er dachte, er müsse der Gruppe von Störenfrieden nun die Meinung geigen, ist auch nachvollziehbar. Viele Dummheiten geschehen unter Alkoholeinfluss. Verdammtes Dreckszeug ...

    Einmal editiert, zuletzt von mi san thrope ()

  • Ob Alkohol oder nicht, das Phänomen von älteren Mutbürgern, die sich selbst über- bzw die Situation falsch einschätzen, ist ja nichts neues.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Dominik_Brunner


    Es ist sicher fatal, hier irgendeine Form von Victim Blaming zu betreiben, oder das Wegsehen zu propagieren. Man muss eben wissen, was man macht. Das Problem ist auch ein Staat bzw eine Gesellschaft, der/die Bürger gerne harmlos und domestiziert sehen will. Die permanenten arroganten Äußerungen in Bezug auf das amerikanische Waffenrecht sind hier schon bezeichnend. Wer Opfer eines (bewaffneten) Angriffs wird, hat dann eben Pech gehabt, bzw wird im Nachgang von der Justiz im Rahmen des Täter-Lobbyismus ein zweites Mal zum Opfer gemacht.


    Auch diesen üblen Fall sollte man immer wieder in Erinnerung rufen:
    https://jungle.world/artikel/2…ften-mellow-dinger-machen

  • Mir ist heute eine Frau auf der Straße begegnet, die hatte ziemlich eindeutige Spuren von Prügeln im Gesicht. Diese könnten nicht mal von dem unglücklichsten Sturz in der Half Pipe kommen.
    Ansprechen oder nicht?
    Die Wunden waren allerdings gut versorgt, und sie zeigte sich damit einigermaßen selbstbewusst, was ihren Gang anbelangte. Aber keine Ahnung, das kann auch sehr täuschen.
    Das nächste Mal frage ich einfach höflich, ob es ihr gut geht und ob ich vielleicht behilflich sein kann. Ich finde das sehr wichtig, und so ein freundliches, unverbindliches Interesse, und sogar stille Anteilnahme, haben mir in weitaus weniger dramatischen Situationen immer gut getan.
    Was mich letzten Endes doch davon abgehalten hat zu fragen war wieder mal die eigene Scham !
    Menschliches Versagen im Endeffekt. Daran merke ich auch daß es mir viel zu gut geht !

    Einmal editiert, zuletzt von Igno von Rant ()

  • Oft hab ich mir über den alten Nachbarn gedacht, wäre schön wenn der endlich mal weg wär. Er ist eine lebende Überwachungskamera und erledigt die Hausordnung schlampig. So auch heute: Hab ihn im Flur herumwischen hören, und denke mir gerade so, "wenn dir was passiert lass ich dich eiskalt liegen". Da hat es schon gerumst. Gedanklich hatte ich ihn in seinem Blut liegen sehen, und hab mich entschlossen doch nachzusehen. Da stand er gebückt da und gab keine Antworten auf meine Fragen, ob er was braucht. Er sagte nur dass er gestürzt sei, nichts weiter. Also ging ich wieder in die Wohnung zurück und schloss die Tür. Kurze Zeit später hab ich wieder was gehört, und da lag er dann tatsächlich der Länge nach in seiner Pfütze.
    Ich denke dass man im Notfall immer anders reagiert als man es sich vorstellt. Kommt meistens auf die Situation drauf an, ob man starr ist vor Schreck, wegläuft oder handelt.
    P.s. nur gut dass die meisten Leute die Notrufnummern kennen. Mir fällt nämlich in so einem Moment gar nichts mehr ein. Da bringt der Hinweis 'Notruf' auf der Tastatur am Handy auch nichts, wenn man sie dann doch selber eingeben muss. Das setzt lediglich die Tastatursperre außer Kraft.

    Einmal editiert, zuletzt von Igno von Rant ()

  • Ich glaube, die Chance, falsch in solchen Zivilcourage-Situationen zu handeln, ist nicht so gering. Vor allem wenn man vorher noch nie auf so was gestossen ist. Oder wenn man wirklich nur wenige Sekunden Zeit hat, eine Entscheidung darüber zu treffen, wie man handelt. Hattet ihr schon mal eine Situation/solche Situationen, die ihr im Nachhinein gesehen besser hättet bewerkstelligen können?

    2 Mal editiert, zuletzt von Celdur () aus folgendem Grund: gerade -> so (im ersten Satz)

  • Nein, hatte ich zum Glück noch nicht. Sich andererseits Vorwürfe zu machen ist aber nicht gut denke ich. Genauso wenig wie es was bringt, sich Vorwürfe wegen schlechter Gedanken zu dieser Person gemacht zu haben zum Beispiel. Das beeinflusst zwar nicht eine neue Akutsituation, aber was so im Nachhinein alles bei einem 'hängenbleibt', kann einen durchaus belasten.
    Das Gewissen zu beruhigen, dass man es nicht hatte besser machen können, finde ich sehr wichtig im Nachhinein. So dass man das einfach nochmal Revue bearbeitet und Gewissensbisse glattbügelt, schließlich hast du geholfen und konntest schlimmeres vermeiden.