Zivilcourage

  • @mi san thrope: Das ist es eben, wenn mein kein gutes Gefühl hat, sollte man da lieber anderen den Vortritt lassen. Aber was ist, wenn man der einzige ist, der dem Ersaufenden zu Hilfe eilen könnte. boah, schwierig.


    Na ja kann schon schwimmen, aber hab trotzdem Respekt vor tiefem Wasser und meide es eigentlich meist.

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  • Am Ende bringt das Gerede um Zivilcourage aber nix. Wichtig ist am Ende, wie man in solch einer Situation tatsächlich handelt und das dürfte sich wohl sehr von dem Unterscheiden, was vorher alles so gesagt wurde und gerade die Menschen, die vorher vielleicht etwas ängstlich waren, wachsen dann vielleicht über sich hinaus. Es sind sehr oft die eher schüchternen Menschen, die dann in Erscheinung treten und die Menschen, bei denen man es vielleicht erwartet hätte, machen sich schnell aus dem Staub. Habe ich jedenfalls so immer wieder sehen können.

  • Ich denke, du hast Recht. Man kann gut darüber palavern. Schlussendlich kommt es darauf an, was ich wirklich in solchen Situationen tue.

    Deeskalierend wirkt man in der Anfangssituation mit einem Pfefferspray auch nicht gerade.

    Das sollte dann nur zur Verwendung kommen, wenn die Gefahr weiterhin besteht (für einen selber oder für andere), und vorherige deeskalierende Maßnahmen keine Früchte getragen haben.

    Mit Verhältnismäßigkeit vorzugehen und das eigene Gemüt erstmal runterzufahren, ist in jedem der Beispiele ratsam und schadensbegrenzend.

    Ich denke auch, immer möglichst einen klaren Kopf bewahren und nicht in Panik verfallen!

  • Zu 1) Laute Ansprache und auf Distanz bleiben, am besten schon mal Behelfswaffen griffbereit. Das Problem ist eben, dass man leider heute immer damit rechnen muss, aus nichtigen Gründen totgeschlagen oder abgestochen zu werden, wenn man die Falschen "maßregelt" (siehe Augsburg). Insofern sollte man da nicht blauäugig rangehen wie Dominik Brunner oder der Mensch in Augsburg (soll jetzt kein Victim Blaming sein).


    Zu 2) Ich persönlich würde da absaufen, wenn ich ins Wasser springe, aber als guter Schwimmer kann man das sicher versuchen.


    Zu 3) Ist vom Wetter abhängig. Im Winter sollte auf jeden Fall Hilfe geholt werden, wenn die Person nicht ansprechbar ist. Hatte bisher nur einmal die Situation, aber da waren auch schnell andere Leute vor Ort die den Rettungswagen gerufen haben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe den Eindruck, dass viele Leute da auch das richtige Maß verloren haben, und entweder garnix machen, oder gleich überreagieren und ihr Leben aufs Spiel setzen, ohne vorher die Risiken einzuschätzen, weil das einfach Situationen sind, auf die man normalerweise nicht vorbereitet ist, und die vielleicht auch nur einmal im Leben passieren. (während man in früheren Zeiten vermutlich häufiger mit Gewalt oder sonstigen Not-Situationen konfrontiert wurde als in unserer heutigen sicheren Umgebung, und man das früher daher auch besser einschätzen konnte)


    Wenn ich mal irgendwo beobachtet habe, dass es Stress gibt und irgendwelche Leute aufeinander losgehen, war das eigentlich bisher immer so der typische Fall von Asi-Konflikt, wo man sofort merkt, dass es da keinen "Opfer" und keine "Täter" gibt, sondern einfach nur ein paar Asis, die miteinander ein Hühnchen zu rupfen haben.
    In solchen Fällen würde ich auch nie einschreiten oder auch nur die Polizei alarmieren. Das hat nix mit mangelnder Zivilcourage zu tun, sondern damit, dass man unterscheiden kann zwischen "Wann schulde ich einem Menschen Beistand, und wann störe ich nur?"
    Ähnlich verhält es sich mit dem Besoffenen, der einfach nur seinen Rausch ausschlafen möchte (ohne dass jetzt tiefster Winter wäre und akute Lebensgefahr besteht) Ich kann mir schon gut vorstellen in unserer heutigen Helikoptereltern-Safety-Gesellschaft, dass da schon manche gutmeinenden "Retter" eine aufs Maul gekriegt haben, weil sie einfach nicht gecheckt haben, dass man ihre Hilfe gar nicht will.


    Den typischen Fall, dass ein unschuldiges, hilfloses Opfer in einem fast menschenleeren U-Bahn-Wagon von ein paar fiesen Schlägern drangsaliert wird, wie in so einem Charles Bronson-Film, hab ich jetzt so ehrlich gesagt noch nicht erlebt... kann daher auch nicht wirklich sagen, wie ich reagieren würde. Das hängt sicher auch von meiner Tagesform ab, und davon, wie ich die körperliche Verfassung der anderen einschätze. Entweder halt unauffällig Hilfe holen, oder die Sache selber in die Hand nehmen. Aber man sollte da schon gut aufpassen, und nicht automatisch davon ausgehen, dass man durch ein energisch ausgesprochenes "He, lassen sie sofort den Mann los, oder ich rufe die Polizei!" auch wirklich den gewünschten Effekt erzielt. Das haben schon einige mit dem Leben bezahlt. Also wenn ich mich soweit einmische, sollte ich auch bedenken, dass es eskalieren könnte, und dass ich dafür einen Plan B brauche, oder zumindest eine gewisse Zuversicht in meine nonverbalen Konfliktlösungsfähigkeiten. ;)

  • Insbesondere das Einmischen in Beziehungsstreits ist nicht zu empfehlen. Es gibt ja die Anekdote des Real-Life-Superheroes Phoenix Jones, der sich in eine Auseinandersetzung einmischte und plötzlich alle Parteien gegen sich hatte. Infolge hat er viel Pfeffer versprüht und landete im Anschluss vor Gericht, was auch zu seiner Enttarnung führte.
    Traurig aber wahr: Wenn man z. B. sieht, wie eine Frau von einem Mann geschlagen wird, sollte man sich vorher gut absichern, am besten durch unabhängige Zeugen, bevor man einschreitet. Denn das "Opfer" wird im Zweifelsfall gegen einen aussagen, wenn es in persönlicher Beziehung zum Täter steht.


    Auch die fatale Auffassung, das Alter würde einem irgendeine Autorität verleihen, und man könnte nun Jugendliche maßregeln, kann böse ausgehen. So lief es wohl auch in Augsburg ab, da hat ein Suckerpunch mit Sturz auf den Asphalt genügt, um ein Leben zu beenden.

  • Ich habe den Eindruck, dass viele Leute da auch das richtige Maß verloren haben,

    Und in den Medien heißt es immer "warum haben alle weggeguckt?" oder jemand wird als Held gefeiert, weil er Ziviilcourage gezeigt hat aber dabei stirbt. Letzteres wird wohl auch die Angst in vielen Köpfen steigern, überhaupt bei ner Gewaltsituation was zu machen.
    Alles richtig zu überblicken und die Gefahren richtig einzuschätzen (eine kühlen Kopf bewahren) ist halt bestimmt auch schwer in solchen Situationen. Da findet man sich ja nicht allzu oft drin vor und jede Situation ist ja auch anders.

    war das eigentlich bisher immer so der typische Fall von Asi-Konflikt

    Jep, da würde ich auch nicht den Helden spielen. Evtl. aber den Notruf rufen, wenn die Sache zu krass aussieht.

    dass da schon manche gutmeinenden "Retter" eine aufs Maul gekriegt haben, weil sie einfach nicht gecheckt haben, dass man ihre Hilfe gar nicht will.

    Hehe, ich krieg wohl mein Argument für jedes Mal Hilfe anbieten nicht so ganz durch. Kann ja jetzt sagen: na und, krieg ich halt eine aufs Maul! Aber bisher hat sich noch kein am Boden liegender Mensch bei mir beschwert. Gut, den Fall hatte ich bisher auch nur zweimal. ;)

    Den typischen Fall, dass ein unschuldiges, hilfloses Opfer in einem fast menschenleeren U-Bahn-Wagon von ein paar fiesen Schlägern drangsaliert wird

    Das ist ein krasser Fall, den ich weder Opfer noch Zeuge wünsche. Zuerst ist es wohl am besten den Notrufknopf in der Bahn zu drücken. Und dann ... oh je, kann man jetzt auch nicht so pauschal sagen.

    Auch die fatale Auffassung, das Alter würde einem irgendeine Autorität verleihen, und man könnte nun Jugendliche maßregeln, kann böse ausgehen.

    Du meinst den Feuerwehrmann? Und der Ganze anscheinend nur, weil er die Jugendlichen darum gebeten hat, leiser zu sein (Quelle). Die Gewaltreaktion steht doch absolut in keinem Verhältnis dazu.


    Kranke Pisswelt. <X

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  • was auch zu seiner Enttarnung führte.

    Wieso das denn, war er ein Undercoveragent des Mossad ?

    Und in den Medien heißt es immer "warum haben alle weggeguckt?" oder jemand wird als Held gefeiert, weil er Ziviilcourage gezeigt hat aber dabei stirbt. Letzteres wird wohl auch die Angst in vielen Köpfen steigern, überhaupt bei ner Gewaltsituation was zu machen.
    Alles richtig zu überblicken und die Gefahren richtig einzuschätzen (eine kühlen Kopf bewahren) ist halt bestimmt auch schwer in solchen Situationen. Da findet man sich ja nicht allzu oft drin vor und jede Situation ist ja auch anders.

    Genau das es halt im meist sehr unerwarteten Moment passiert, macht das ganze sehr schwierig. Manche Leute sind darauf wohl vielleicht eher vorbereitet als andere. Ich meine, man geht ja nicht einfach so raus und sagt sich, so, im Moment wäre ich bereit für ein bisschen zivilcourage, wo sind denn hier irgendwelche opfer, denen ich helfen könnte.

    Du meinst den Feuerwehrmann? Und der Ganze anscheinend nur, weil er die Jugendlichen darum gebeten hat, leiser zu sein (Quelle). Die Gewaltreaktion steht doch absolut in keinem Verhältnis dazu.

    Ich verstehe die Headline aus deiner Quelle auch nicht ganz. "
    „Als Retter gekommen & als Engel gegangen“ | Musste Augsburger Feuerwehrmann Zivilcourage mit dem Leben bezahlen?


    Wieso ist er als Retter gekommen, wenn er die Gruppe auffordert leiser zu sein? Das raff ich nicht. Diese Aufforderung hat er ja wohl nur und alleinig für sich selber getätigt. Ich meine klar sind die Reaktionen darauf vollkommen überzogen und zu 7 auf 2 ältere Menschen drauf zu gehen ist auch Scheiße, aber warum musste er auch den großen Helden spielen? Wofür denn?
    Wenn ich merke, dass irgendwo eine Gruppe sich dreist verhält und herumpöppelt, dann gehe ich da doch nicht hin und begehe die Dummheit, diese auch noch zu reizen. Da sind wohl dem Primatenhirn jegliche Instinkte abhanden gekommen. Normalerweise würde ich mich doch einfach instinktiv von solch einer Gruppe fernhalten, solange sie jetzt nur ein wenig rumgrölen und ein paar Bierdosen kicken. Was ist da schon dabei? Raff ich nicht.


    Im Gegenzug verstehe ich aber auch nicht, warum es so lasche Strafen für dann massiv gewalttätige Staftäter gibt, die offensichltich kollektiv eine Fahrlässige Tötung begangen haben. Gerade dieses Schema passiert ja häufiger, dass größere Gruppen einzelne Menschen tod prügeln.

  • Wieso das denn, war er ein Undercoveragent des Mossad ?


    Nein, es gab nur eine Androhung seitens des Gerichts, seine Identität preiszugeben. Ich gehe mal schwer davon aus, dass die Behörden schon wussten, wer sich unter der Maske verbirgt. ;) Infolgedessen hat sich Jones dann selbst "geoutet".
    Die ganze Story: https://www.youtube.com/watch?v=eH3l7vHWoMw


    Die Retter-Schlagzeile im Augsburger Fall bezog sich wohl eher drauf, dass der Mensch eben Feuerwehrmann war, was an sich aber auch egal ist, da er ohnehin außer Dienst war. Ob Feuerwehrmann oder Wurstfachverkäufer, bei einer Gruppe pöbelnder, alkoholisierter junger Männer muss man leider mit allem rechnen. In der konkreten Situation hätte das Opfer wohl einfach weitergehen können - was mich eher interessiert, ist die Perspektive des zweiten Betroffenen, der seinem Freund zu Hilfe gekommen ist, als der angegriffen wurde. Da gibt es dann eben keine andere Möglichkeit mehr, als einzugreifen, mit allen Konsequenzen.


    Der korrekte Terminus ist vermutlich eher Körperverletzung mit Todesfolge, vielleicht auch Totschlag aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit, außerdem geschah die Tat nicht in Deutschland, sondern in Bayern. Im Fall Brunner gab es dann zumindest langjährige Haftstrafen - so oder so ist es natürlich absurd, mit was für lächerlich geringen Strafen Täter davonkommen, wenn es sich nicht gerade um Mord handelt.