• Offizieller Beitrag

    Ich bin vorhin mal wieder draußen gewesen, am Rand der schwäbischen Alb... hab mir die Hügel angeschaut und gedacht, was das Schwabenland doch für ein hübsches Fleckchen Erde ist. (Also wenn man das ganze mal nur rein landschaftlich betrachtet und sich die ganzen Schwaben wegdenkt.)
    Hier in der Umgebung kenne ich jeden Wanderweg, jeden Wald. Und ich genieße es, hier draußen unterwegs zu sein. Ist das Heimat?
    Das selbe Gefühl habe ich aber auch an anderen Orten, die mir im Lauf der Zeit vertraut geworden sind. Beispielsweise auf Usedom an der Ostsee, wo ich nun auch schon öfters gewesen bin. Jedesmal, wenn ich wieder dort bin, fühle ich mich zuhause angekommen. Also ist das Heimat?
    Und auch auf der Fahrt zwischen dem Schwabenland an die Ostsee komme ich immer an vielen Orten vorbei, die ich am liebsten gerne alle genauer erkunden und erwandern möchte. Und ich denke, wenn ich irgendwo dort wohnen würde, im Harz, im Thüringer Wald, oder in Brandenburg, würde ich mich da genauso heimisch fühlen. Ist wohl alles in erster Linie eine Sache der Gewohnheit.


    Daher erschließt sich mir auch nicht so ganz, wenn viele (vor allem auch die Rechten) mit Heimat immer so viel mehr verbinden, und das ganze total überbewerten. Für mich ist Heimat wie gesagt vor allem ein Vertrautsheitsgefühl, das die Landschaft oder bestimmte Straßen und Orte in mir auslösen. Aber für viele Menschen scheint Heimat ja auch sehr viel mit Identität zu tun zu haben.
    Ich versuche, diesen Gedanken nachzuvollziehen, aber kann es irgendwie nicht. Was ich bin, hat nicht viel mit der Gegend hier zu tun. Die Einheimischen, unter denen ich ja auch irgendwie aufgewachsen bin, erscheinen mir manchmal extrem fremd. Natürlich sind mir viele ihrer Eigenarten auch vertraut, vor allem das typische schwäbische Gebruddel, weil man es eben von kleinauf so kennt. Aber diese Mentalität ist etwas, auf das ich auch gut verzichten kann, weil ich es schon als Kind eher als unangenehm empfand. Ich empfinde keine Heimatgefühle, wenn ich an der Ostsee am Strand liege und dann zwei alte Schwabenseggel vorbeikommen, die sich lautstark über ihren Betrieb und die Arbeit unterhalten. (ist wirklich passiert!) Nein, dann denke ich nur, die sollen sich verpissen und nicht die schöne Ostsee mit ihrer Schwabenmentalität verpesten.
    Auch ganz generell würde ich nicht sagen, dass ich mich unter bestimmten Menschen wohler fühle, nur weil sie in der selben Gegend aufgewachsen bin wie ich. Ich weiß vielleicht etwas besser, wie sie ticken, und kann manches besser einordnen, was einem Fremden vielleicht wie eine Beleidigung vorkommen würde, aber gar nicht so gemeint ist... einfach, weil die teilweise ne ganz seltsame, grobe und oft auch richtiggehend un-empathische Art an sich haben. Aber vermutlich kann man das über die Bewohner von sehr vielen Gegenden sagen. Das ist nichts, wodurch ich jetzt "Heimat" definieren würde.


    Wie ist das bei euch? Was macht für euch "Heimat" aus? Könnt ihr nachvollziehen, dass es manchen Menschen total wichtig ist, wo ihre Wurzeln liegen, oder würdet ihr eher so wie ich sagen, dass es halt Gewohnheitssache ist, und dass man sich an sehr vielen Orten heimisch fühlen kann, wenn man sich dort niederlässt?
    Ich finde es halt etwas seltsam, wenn manche Leute immer von "ihrer" Stadt, "ihrem" örtlichen Fußballclub oder "ihren" Bergen schwärmen, als ob es nicht irgendwo anders auf der Welt genauso schön wäre. Vielleicht fehlt mir da irgendwas, weshalb ich mich nie so verwurzelt fühlen konnte. Vielleicht bin ich auch einfach zu ungesellig, zu sehr Einzelgänger, und meine Identität wurde deshalb mehr durch (internationale) Filme, Musik, Computerspiele und Bücher geprägt, als durch die Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung.

  • Ich kann mit dem Wort Heimat auch nicht viel verbinden.
    Wenn ich die Stadt besuche, in der ich geboren wurde, dann kommt mir zwar die Landschaft bekannt und vertraut vor, aber ich weiß eben auch wie kleinkariert die Leute dieser Stadt sind und dabei fühle ich mich dann schon wieder fremd und dann bin ich verdammt froh, dort nicht mehr zu wohnen.


    Ich glaube auch, dass es eine Gewohnheitssache ist, wo man sich wohl fühlt.


    Vielleicht verknüpfen die Menschen, Orte und Erlebnisse/ Erinnerungen zu einem abstrakten Heimatbegriff.
    Ich kenne sowas nicht, weil die Verbindungen zu Menschen in meinem Herzen unabhängig von dem Ort bestehen.
    Na ja wenn’s denn solche Verbindungen bei mir überhaupt noch gibt.

  • Nein, kann das auch nicht nachvollziehen wieso die Menschen so viel auf Landesgrenzen oder Gebiete geben. Gerade die rechte Szene, wie Du schon so schön angeschnitten hast, ist da ja ein Paradebeispiel dafür, da geht es um IHR Land - obwohl die Grenze eigentlich nur auf der Karte und in den Köpfen der Menschen existiert. Grenzen wurden ja nicht nur einmal verändert, die Vergangenheit ist voll von wachsenden und schwindenen Ländern, nur weil jemand Anderes gekommen ist und mit Waffengewalt gesagt hat: Das gehört jetzt mir!
    Aber eben auch die Gegenden/Gebiete die vielen so wichtig sind haben für mich eigentlich kein Gewicht, doch man wird sofort in diese Umgebung "kategorisiert". Jeder hat irgendetwas über die Leute aus den anderen Gegenden zu sagen, sei es dass sie nicht Autofahren können, nen Schaden haben oder was auch immer - so als würde das Gebiet in dem man lebt die Charaktermerkmale definieren und wir keine Individuen sein..


    Ich persönlich fühle mich nicht einmal dort wo ich gerade lebe als wäre ich in meiner Heimat, dieses Gefühl von "hier gehör ich her" hatte ich schon ewig nicht mehr - wenn überhaupt! Aber da bin ich sowieso nicht so der Maßstab, für mich fühlt sich selbst meine Wohnung nicht so richtig wie mein zu Hause an.. wird sich aber sicher ändern sobald es mir wieder besser geht, hoffe ich mal ^^;

  • Heimat ist für mich eine vergängliche Sphäre, untrennbar verbunden mit Menschen und Ereignissen. Die Orte, an denen ich meine Kindheit und Jugend verbracht habe, sind nur insofern Heimat, als sie in Verbindung stehen mit oben Genanntem. Wenn nichts und niemand mehr an diesen Orten existiert, der oder das mir etwas bedeutet, dann sind sie auch keine Heimat mehr für mich. Der Begriff der Heimat ist daher für mich untrennbar verbunden mit Wehmut und Nostalgie. Und da Heimat als Ort somit vergänglich ist, ist sie letztlich ein reines Gefühl, das mich gelegentlich überkommt, wenn ich an etwas erinnert werde, z. B. durch ein Lied.
    Im Grunde überkommt mich beim Gedanken an die verlassenen Orte und vergangenen Momente meiner Jugend vor allem Trauer, da sie mich an all das erinnern, das ich verloren habe. Vielleicht ist Heimat nur ein Teil der Vergangenheit, die man irgendwann hinter sich lassen sollte, wenn man nicht ständig in Melancholie verfallen will.

  • Das alte Phänomen: man klammert sich an etwas, was einem Zufall entsprang. So wird zu dem Fußballclub gehalten, der in der eigenen Stadt beheimatet ist. Oder wenn man dem Rennfahrer die Daumen drückt, mit dem die größte Schnittmenge vorhanden ist. Und hier bleibt oft nur die Nationalität, weil man ja sonst nichts über ihn weiß.
    Ich glaube, dass es ein tiefes Bestreben ist, sich immer mit seiner Gruppe zugehörig zu fühlen. Und sei es in Form einer Region oder Nation. Das ist im Grunde nur ein weiteres der vielen Überbleibsel aus der menschlichen Ur-Geschichte. Und dass wir uns hier zusammengefunden haben, bestätigt das.


    Da man an seine örtliche Umgebung natürlich unweigerlich eine Verbindung hat (und von ihr auch geprägt wurde), geht diese Verbundenheit hier quasi in die eigene DNA über. Jemand, der sich in Bayern an seine Berge gewöhnt hat und sich niemals vorstellen könnte, im "Flachland" zu leben, würde es jeden Tag hocherfreut tun, wenn er dort aufgewachsen wäre. Genauso wie auch kein Nazi etwas gegen einen Schwarzafrikaner hätte, wenn er selbst so geboren worden wäre. Alles eine Frage der Prägung und der Fähigkeit sich dem vorgegebenen Fallenzulassen, ohne selbst seinen Verstand zu nutzen. Unterfüttert wird dieses "Stammesdenken" dann noch durch typische Vorurteile - sei es zwischen Kölnern und Düsseldorfern, Franken und Bayern oder dass die Polen nur stehlen und die Russen ständig besoffen sind. Das macht es noch einfacher, sich in seiner Gruppe besonders heimisch zu fühlen. Wobei natürlich jeder von sich denkt, auf der besseren Seite stehen.


    Bei den rechten Trotteln kommt oft noch hinzu, dass es fast ausschließlich Menschen sind, die sich gerne von anderen abheben wollen, scheinbar also etwas Besseres sind. Als Beispiel müssen dann häufig Leistungen anderer herhalten. Gerne wird hierbei die deutsche Kultur, als Land der Dichter und Denker, besonders hochgehoben. Man sei deshalb stolz, Deutscher zu sein. Die Hardliner feiern dann sogar zwei Weltkriegsniederlagen als ruhmreiches Handeln; tapfer und mutig. Reicht so etwas schon, um sich hier voller stolz beheimatet zu fühlen? Für sie offenbar schon.


    Ich bin mit meiner Umgebung zufrieden. Eine Mischung aus Aufgewachsensein und später dann Gewohnheit. Ich weiß, dass es Orte in Deutschland und auch weltweit gibt, die mir besser gefallen könnten, aber auch genug, in die es mich nicht hinzieht. Als Faustregel kann man sagen: je mehr Menschen dort leben, desto geringer die Chance, dass es mir gefallen wird. Bei der naturnahen Umgebung bin ich da weit weniger wählerisch, obwohl ich äußerst naturverbunden bin. Aber dort finde einfach überall etwas schönes und mich überall zurecht. Vielleicht auch so ein Überbleibsel aus der Steinzeit.


    Zusammenfassend ist also Planet Erde meine Heimat. Zu dieser habe ich tatsächlich eine festgewurzelte Verbindung. Und würde ich einige Wochen auf der ISS leben, dann wäre die Wiedersehensfreude, um nicht zu sagen Sehnsucht, am Ende, trotz der katastrophalen Zustände, doch riesengroß.

  • Also ich kenne jemanden dessen Heimat definitiv das Internet ist. Er reist sehr viel, und wenn er zu Besuch bei Leuten ist, die an den schönsten Orten wohnen, geht er nur selten raus. (Oder man zwingt ihn zu einem Spaziergang ;))
    Ich bin froh dass ich ländlich aufgewachsen bin, und die Natur, die überall unverfälscht zu finden ist, ist in meinem Leben zu einer richtigen Konstante geworden.
    Heute würde ich behaupten, dass ich mich überall dort beheimatet fühle, wo ich mich zum Schlafen hinlege.
    Wenn ich in einem Betonklotz leben muss, dann hole ich mir ein Stück Natur in die Wohnung.
    Angenehme Gesellschaft kann auch Heimat bedeuten, dann merkt man mitunter gar nicht, dass man sein Nachtlager auf einem Kaktus errichtet hatte. ^^
    Oder aber "Heimat" oder "zu Hause" bedeutet ein geliebter Mensch, den man in seinem Herzen mit sich herumträgt.

  • Meine Heimat schlepp ich dauernd mit mir rum, ist (in) mein(em) Körper. Und vielleicht mein Bett, da lieg ich Tag und Nacht viel drin, evtl. ist das meine zweite Heimat. Aber ansonsten kann ich mit Heimatgefühle zu einer Ortschaft, Landschaft oder so was wenig anfangen.