Der Weg des Kriegers

  • Das, was dir am wenigsten gefällt hat dir am meisten geholfen.

    Jo das stimmt schon. Eine negative Erfahrung kann dazu anregen den Ursachen nachzugehen und damit auch wieder ein Stück von sich selbst zu finden. Passiert ja meistens, bevor sich Menschen oder sogar ganze Gesellschaften aus einer Missere retten wollen, zB der Wunsch nach Anarchie kann grundlegend davon getragen werden, dass dir ein vorgekautes, unterworfenes Leben nicht schmeckt.



    Oft hindert einen schon der bloße Gedanke einer schmerzhaften Erfahrung daran, sich auf etwas einzulassen was einem aber im Endeffekt weiterhilft.

    Korrekt. Diese hemmende Angst in nützlichen Antrieb zu konvertieren ist die Kunst eines Kämpfers. Für mich spielt auch das Bewusstmachen der eigenen Fantasie und Ideen eine treibende Rolle, sonst weiß man ja gar nicht, für was man überhaupt kämpft und bleibt beim Alten.



    Wenn ich eine Situation bewusst vermeide kommt sie meist immer wieder in anderer Form zurück, da gewisse Lektionen erfahrungsgemäß einfach gemacht werden müssen

    Kann ich sehr gut nachvollziehen. Bei mir erzeugt das mittlerweile erst recht Wut und die Lust, etwas zum Trotz auszuprobieren, frei nach dem Motto "tus doch einfach, scheiß egal". Diesen Punkt musste ich lange überwinden, sehr lange!



    Wenn die eigene Verletztheit siegt, wird die Welt auch kein besserer Ort werden, und ich möchte denjenigen erleben der dann noch auf den Trümmern tanzt.

    Außer man ist Masochist. Naja, ohne gewisse Veränderungswut wird man nen verzweifelnder, passiver Haufen voller Angst, der sich alles gefallen lässt. Dann kommt der "Sadist", der förmliche Selbsthass, weil irgendwo die Wut hin muss. Alles schon durch. :chainsaw: Immerhin wurden fast alle Menschen nach dieser patriarchalen Zombienummer erzogen, freiwilliger Sklave zu werden und immer schön Tritte gegeneinander auszuteilen. Hat sich leider bis heute durchgesetzt. :pump:



    Die Figur des "Jokers" bedeutete an der Stelle eigentlich, daß ich die Wahl habe und nicht in der Opferrolle hängen bleiben müsste.

    Beim Bild des Jokers stört mich, dass er sich selbst dem Wettbewerb und der Rache bedient, und damit auch nur Scherben hinterlässt. Die beste Medizin ist für mich immer noch, die Menschen zum denken anzuregen.


  • Ich habe den Film nicht gesehen, nur den Trailer. Ich dachte dabei aber unter Anderem auch an das Kartenspiel. Den Joker kann man beliebig einsetzen.
    Ich weiß daß meine naive Sichtweise auf die Dinge nichts für jedermann ist, und ich möchte mir auch nichts schönreden, aber ich halte eine positive Fantasie für das einzig lebenswerte in den Tagen des Murmeltiers.
    Die Tage sind so schnell vorbei obwohl gar nichts besonderes geschieht. Wenn ich also was positives zu berichten habe, etwas das mich irgendwie weiterbringt, dann tue ich das auch.
    Ansonsten gleichen die Tage eher einem Fristen ohne größeren Sinn.
    Ich denke eben unablässig daran, wie ich ein Heute besser machen kann als ein Gestern. Für mich und nur für mich, erstmal.
    Wenn ich an Jokers' Stelle wäre (ich werde mir den Film mal ansehen wenns mir besser geht), würde ich mich auch von Leuten entfernen die mir absolut nicht gut täten. Manchmal ist das nicht möglich und es bleibt einem nur das still zu ertragen bis Änderung in Sicht ist.
    Ich hab die Erfahrung gemacht, dass ein sich Herausmanövrieren aus einer Situation nichts bringt. Es ist nur das Ego, welches da jetzt einfach keinen Bock mehr drauf hat. Ohne Lerneffekt.
    Sich durch Differenzen im Leben wirklich hindurch zu arbeiten, ist das was einem reichlich Sinn und Genuss beschert und was einem Stärke gibt. Dazu brauche ich nicht mal einen Glauben an Gott, welcher oft als Sinnbild herhalten muss. Manche halten die Existenz für etwas sehr kleingeistiges...zu komisch :)

  • Joker wäre, wenn man so will, das Zerrbild Batmans, sein dunkler Gegenpol. Er erhebt den Wahnsinn, der aus seinem Trauma resultiert, zur Maxime. Das Resultat ist nihilistische Zerstörungslust. Andererseits kann die Zerstörung auch progressiv sein, wenn sie zur gesellschaftlichen Selbstbesinnung führt. Das ist aber eher nicht zu erwarten. Aus diesem Grund sehe ich auch diverse Formen des Anarchismus kritisch.


    Batman verkörpert auch insofern einen Kriegertypus, als er sich in den Dienst einer Sache stellt. Es geht eben nicht (nur) um das eigene Ego. Die Frage ist, wie man dieses Modell leben kann. Beispiele können im weitesten Sinne alle Bereiche sein, die mit dem Beschützen anderer zu tun haben.
    Spielt die Frage, wie ihr in dieser Welt "nützlich" sein könnt, für euch eine Rolle?

  • Natürlich muss man sich zwangsläufig irgendwann fragen ob man zu Diensten sein kann, sobald man entdeckt hat daß man nicht alleine auf der Insel wie Robinson Cruso lebt. So ein Leben ist bis zu einem gewissen Grad ganz schön, bis man ganz schnell feststellen muss, daß das nicht dem Leben an sich entspricht.
    Viele, vor allem viele Mönche und Novizen haben es sich schön gemütlich gemacht in ihrer Komfortzone. Das ist mein stiller Vorwurf an alle Geistlichen da draußen.
    Damit mein Wirken (da wo ich lebe) Wirkung zeigt, muss ich einer unter ihnen sein und nicht den Anspruch erheben etwas höheres oder anderes sein zu wollen.
    Zu oft wird ein Geben als etwas missionarisches empfunden.
    Gut ist es auch vorher zu fragen, ob und wie man helfen kann.
    Ich sehe immer wieder bestätigt dass Leiden als leichter empfunden wird als sich zu lösen.
    Der freie Wille des Menschen muss respektvoll akzeptiert werden. Das ist nicht immer leicht mit anzusehen.
    Wenn man aber Gewalt braucht um etwas Gutes durchzusetzen, ist es dann noch eine gute Sache?
    Vielleicht ist Anarchismus auch schon ein zu veraltetes Konzept für unsere schnellebige Zeit, und es braucht etwas verändertes, und komplett neues um gesellschaftlich voranzukommen?
    Unsere Geschichte als Wegweiser zur Hand zu nehmen halte ich für längst überholt.
    Wenn man sich wirklich in den Dienst von etwas stellen möchte, weil man einen unaufhörlichen Drang nach etwas noch nie dagewesenem verspürt, dann sollte man sein (bisheriges) Denken abgeben und sein Gehirn für etwas Größeres öffnen.
    Dazu braucht es nichts weiter und bedeutet kein Privileg.
    Viele reden von Phantasie und stören sich dennoch an widrigen Umständen.
    Andererseits muss mir aber auch bewusst sein, dass alles Zeit benötigt und in vielen winzig kleinen Schritten passiert.
    In dieser Zeit des scheinbaren Stillstands sollte man also weiter an seiner Vision arbeiten und nicht an alt Bewährtem festhalten.
    Für mich wäre ein Rebell, Visionär und friedvoller Krieger jemand, der sich anstrengt wenn es nötig ist, um dann wieder mitzufliessen in Zeiten der Ruhe um sich aufs Neue inspirieren zu lassen. Usw..

  • [quote='Lonewolf','https://forum.theunity.de/thread/354-der-weg-des-kriegers/?postID=10314#post10314']


    Andererseits kann die Zerstörung auch progressiv sein, wenn sie zur gesellschaftlichen Selbstbesinnung führt. Das ist aber eher nicht zu erwarten. Aus diesem Grund sehe ich auch diverse Formen des Anarchismus kritisch.



    Welche Formen wären das?


    Dein Ansatz ist interessant, wenn auch erstmal widersprüchlich. "Gesellschaftliche Selbstbesinnung".
    Dorthin führte also eventuell eine Zerstörung eigener Gedankenkonstrukte.
    Die Konservierung/ Isolierung der eigenen (guten) Gedanken muss zwangsläufig Feindbilder erschaffen.
    Derartiges Mangelverhalten tritt nicht mal bei "Wilden" auf ner einsam Insel zu Tage.
    Der Denkfehler liegt meines Erachtens in der Bewertung und im Anspruch zur Veränderung der Situation, von der man sich gerne als Initiator sieht, aber der Vollzug von den "Anderen" abverlangt wird.
    Das bedeutet Regierung. Zwei Vierjährige haben sich gegenseitig nichts zu geben und lassen lieber den anderen über die Klinge springen.
    Anscheinend gibt es wohl verschiedene Formen der Anarchie, die sich mehr oder weniger bewähren könnten. Ein Funktionieren käme also ganz auf das Ego der darin lebenden Individuen an, ob, und in wie weit es sich seines Potentials bewusst ist.


  • [quote='Lonewolf','https://forum.theunity.de/thread/354-der-weg-des-kriegers/?postID=10314#post10314']Andererseits kann die Zerstörung auch progressiv sein, wenn sie zur gesellschaftlichen Selbstbesinnung führt. Das ist aber eher nicht zu erwarten. Aus diesem Grund sehe ich auch diverse Formen des Anarchismus kritisch.



    Welche Formen wären das?


    Diejenigen, die primär auf "Propaganda der Tat" im Sinne zerstörerischer Handlungen setzen. Manchen scheint es am wichtigsten zu sein, ihre ablehnende Haltung gegenüber Staat und Kapital möglichst konsequent zum Ausdruck zu bringen. Man sieht sich in einem permanenten Kriegszustand mit den Verhältnissen, die Folge ist eine Menge Repression und Zermürbung. Ich bin kein großer Freund von Anarcho-Pazifisten wie z. B. Graswurzel, aber die Frage, wie man denn konkret aufbaut, anstatt nur einzureißen, sollte schon im Vordergrund stehen. Vor allem, wenn das revolutionäre Subjekt abhanden gekommen ist - ein revolutionärer Marxismus-Leninismus der Marke RAF hat ja zumindest dem Anspruch nach noch auf eine "Erweckung der Massen" abgezielt. Im Falle vieler Anarchisten sehe ich eher eine sehr milieuspezifische Fokussierung ohne breite Verankerung. Das muss nicht verkehrt sein, nur müssen die Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen sehr bedacht gewählt werden, da die eigene Isolierung einen noch angreifbarer macht.


    Ich halte den Anarchismus nicht für veraltet. Im Gegenteil, in Zeiten, in denen die liberale Demokratie als Auslaufmodell erscheint, müssen bessere Alternativen formuliert werden. Endzeitstimmung und Abstiegsängste sorgen eher für einen ideologischen Vorsprung der Rechten. Der Gedanke an eine selbstorganisierte Basisbewegung, die Herrschaft konkret infrage stellt und sich dabei nicht von Kollekividentitäten wie Kultur und Nation einlullen lässt, sollte schon weitergetragen werden.


    Selbstbesinnung aufgrund einer Propaganda der Tat würde voraussetzen, dass breite Teile der Gesellschaft eine Empathie für die Ausgestoßenen wie z.B. den Joker entwickeln würden. Dafür muss man nicht seine Taten gutheißen. Die teilweise recht fragwürdigen Aktionen gegen Gentrifizierung haben zwar einerseits zu gesellschaftlicher Empörung geführt, andererseits aber auch die Diskussion um Verdrängung und soziale Regelungen befeuert.


    Joker ist übrigens einer der besten Filme der letzten Zeit, ein moderner "Taxi Driver". Ihr müsst den Joker ja nicht gleich als Role Model für euch annehmen ;) Man kann auch kritisieren, dass hier psychisch Kranke wiedermal als tickende Zeitbomben mit erhöhtem Gewaltpotenzial dargestellt werden. Zudem denke ich, dass sich die "Mob-Mentalität", die im Film am Ende zum Tragen kommt, weniger oder zumindest nicht nur gegen "die da oben" richten würde, sondern im Gegenteil gegen soziale Randgruppen. Das kommt in dem Film zu kurz.

  • Welche vernünftige anarchistische Parteien gibt es denn zunächst (in Deutschland)?


    Die APPD kann ja nur belächelt werden - Satire Parteien ebenso.


    Die Linke scheint zu schwach, wie du schon angedeutet hast, aber nach einem neuen Führer höre ich die Leute auch nicht (mehr) lechzen.
    Das gute an der AfD scheint zu sein, dass sie sich durch affektiert, intellektuelles Gehabe vom (all)gemeinen Volk eher zu entfernen scheinen.


    Die Kriegermentalität würde also für mich bedeuten, das Gespräch von Mensch zu Mensch zu suchen, und eben nicht wie es andere versuchen, der Fehlersuche beim Individuum zuzustimmen.


    Das alte Bild von Anarchie (Chaos und Strukturlosigkeit) müsste neu definiert oder erklärt werden.
    Ansonsten wird es niemand zur Nachahmung wertschätzen.
    (Gewisse Grenzen bedeuten Halt, Halt bedeutet Stabilität, und Stabilität bedeutet (in) Ruhe (zu leben).)

  • Wenn man unter Anarchismus den Versuch versteht, dezentrale, selbstverwaltete Strukturen aufzubauen, in denen auch der soziale Ablauf des Miteinanders in Bezug auf Machtgefälle reflektiert wird, dann gibt es einiges an Projekten, sei es im bereich Wohnen oder (Land-)Wirtschaften. Es muss nicht immer "Anarchie" draufstehen. Eventuell ist es ohnehin sinnvoller, nicht zu sehr an Begrifflichkeiten festzuhalten. Show, don't tell.
    (Die Einschätzung zur AfD teile ich allerdings nicht. Das ist regional sehr unterschiedlich, aber es gibt Ecken in Deutschland, in denen der NS völlig in breiten Teilen der Gesellschaft ideologisch verwurzelt ist. Man braucht hierzu auch nicht unbedingt einen neuen Führer. Ich sehe auch wenig Intellektuelles in dieser Partei. Aber zu dem Thema haben wir ja schon genug Threads.)


    Ein Krieger wird immer mehrfach um sein eigenes Haus laufen, bevor er sich anschickt, die Gesellschaft zu kritisieren oder zu verändern. Eine Kriegermentalität ist architektonisch vergleichbar mit einem Leuchtturm, einer Eremitage. Insofern werden Momente des Auf- und Umbruchs, der gesellschaftlichen Veränderung, den Krieger auch nicht in Aufruhr versetzen. Er weiß um die Vergänglichkeit, auch seine eigene, und wird sich dementsprechend auch nicht von Stimmen einlullen lassen, die ihn vor Zerfall und Chaos warnen. Das heißt nicht, dass er gleichgültig wäre, im Gegenteil. Aber er nimmt den guten Kampf an, anstatt in panischer Angst Amok zu laufen.

  • Appropos Schizo, hätte ich nie diese "Gender Studies" und feministischen Texte gelesen, würde ich heute weniger Konflikt in mir rumtragen. Wegen der Scheiße hatte ich ne Therapie gemacht, bin aber jetzt damit fertig. Kaum zu glauben.

    Ein recht selbstreflektierter Freund mit psychischen Problemen und entsprechender Therapie-Erfahrung erwähnte neulich mir gegenüber etwas ähnliches: Demnach hat er seiner 'feministischen' Denkweise lange die Schuld für seine Probleme mit Frauen gegeben, da diese ihm einen ungezwungenen Umgang mit dem anderen Geschlecht und ein gesundes Selbstbild erschwert hätte. Er erkannte allerdings, dass dieser Grund nur vorgeschoben war - nicht 'der Feminismus' war das Problem, sondern eigene Minderwertigkeitskomplexe und Unsicherheiten, die ganz andere Ursachen haben als irgendwelche Theorien. Es ist sicherlich leichter für das eigene Ego, äußeren Phänomenen des 'Zeitgeistes' die Schuld für eigene Fehlentwicklungen zuzuschreiben - Typen wie Houellebecq schreiben zig Romane zu dem Thema - aber man führt sich eben letztlich damit in die Irre. Ich war hierfür ebenso anfällig - das ist eben wiederum ein Ausdruck einer selbstgewählten Opferrolle, die es zu überwinden gilt.


    (Ich will dir jetzt nicht zu nahe treten - wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich wohl meinem 10-20 Jahre jüngeren Ich ähnliche Vorträge halten;))