Meinungsfreiheit

  • Wenn ein Lehrer im Unterricht etwas von einem Holocaust erzählt, der den Menschen nur eingeredet wird und der niemals stattgefunden hat, dann dürfte es außer den Nazieltern niemanden geben, der das gut findet. Mir inklusive.


    Ich finde die Versagung, solchen Unsinn öffentlich verbreiten zu dürfen, verschmerzbar. Auch den Raser, der in seiner vollkommenen Unbelehrbarkeit nicht einsehen kann, was falsch daran ist mit 120 km/h durch die Innenstadt zu fahren und deshalb die Polizisten wüst beschimpft und ihren Familien allerlei widerwärtiges wünscht, würde ich ganz genauso bestrafen, wenn er "seine Meinung" in dieser Form äußert.


    Die Ironie ist ja, dass jene, die Meinungsfreiheit am allermeisten fordern, selten die Meinung von Anderen akzeptieren. Zum Beispiel die, dass der Holocaust ein geschichtlicher Fakt ist, oder eben die Meinung der Polizisten, dass man mit 120 km/h nicht durch die Stadt rast und Andere gefährdet, welche der Meinung sind, noch etwas am Leben bleiben zu wollen.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn wir mal die große Emotionalität, die mit dem Thema Holocaust verbunden ist, aus der Debatte raushalten, und die Sache rein nüchtern und logisch betrachten, dann bin ich geneigt, eternalvoid zuzustimmen. Entweder, es gibt Meinungsfreiheit in einer Gesellschaft... das heißt dann, dass ich alles sagen darf, was ich möchte... oder es gibt eben keine Meinungsfreiheit. Und wenn es auch nur ein einziges Tabu-Wort gibt, das ich nicht öffentlich aussprechen darf, dann gibt es eben keine Meinungsfreiheit.
    Eine Gesellschaft, die im Namen der Meinungsfreiheit sogar militärisch im Ausland eingreift, aber nicht mal ansatzweise im eigenen Land Meinungsfreiheit hat, ist eben eine Lügengesellschaft, und liefert ihren Feinden von rechts und links und selbst vom islamistischen Rand jede Menge Munition und Rechtfertigungsgründe für ihren Kampf gegen sie.
    Und es geht dabei ja nicht nur um den Holocaust. In Frankreich ist neulich jemand zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er Freude über irgendeinen Anschlag geäußert hat. (schreibt einem der Staat jetzt sogar vor, über was man sich freuen darf???) In Deutschland hatten wir zu Zeiten der RAF ähnliche Vorkommnisse. Wo man eben schon vorsichtig sein musste, was man überhaupt sagt, um nicht gleich morgen das Sondereinsatzkommando an seiner Tür zu haben. Und auf so eine Gesellschaft steuern wir wieder zu.
    Was ist mit Aussagen wie "Der AfD-Typ, der neulich zusammengeschlagen wurde, hat es verdient!" oder "Ich finde es gut, dass der Amokläufer soundso seine Mobber zur Strecke gebracht hat"....? Sag sowas öffentlich unter vielen Zeugen, und ich glaube du kannst dir damit heutzutage schon mächtig Ärger einhandeln.
    Also wie gesagt, wir brauchen hier meines Erachtens nicht über Holocaust-Leugnung zu reden, weil das erstens totale Schwachköpfe sind, die sowas leugnen, und weil es eben auch nur die äußerste Spitze eines gigantischen Eisbergs ist.
    Wenn die Gesellschaft schon meint, jede "üble Nachrede", jede Beleidigung und ähnliches unter Strafe zu stellen, dann soll sie halt wenigstens dazu stehen und auf ihre Zensurgesetze und ihre Strafverfolgungsjustiz stolz sein, aber bitteschön nicht auf ihre angebliche "Meinungsfreiheit". Denn die ist eine einzige Lüge.

  • Nennt mir doch mal auch nur eine Tugend, dir der sogenannte Westen angeblich hochhält, die nicht mehr oder weniger von einer gewissen Doppelmoral angehaucht ist. Das betrifft ja nicht nur die Meinungsfreiheit.
    Ich kann in Verboten selber generell auch nix sinnvolles entdecken. Sie befeuern diverse Debatten eher noch, anstatt sie zu unterbinden.
    Beim Holocaust ist das aber meines erachtens eine Ausnahme. Aber wie ich schon sagte, ich bin mir nicht sicher, ob ein Pro oder Contra in dem Falle besser ist.

  • Wie ich ja schon angedeutet habe, halte ich die Debatte um Meinungsfreiheit für verkürzt. Meinungen stehen nicht im luftleeren Raum. Nicht diese oder jene Meinung wird als solche problematisiert, sondern ihr politischer Kontext, d.h. die Implikationen für die herrschende oder angestrebte gesellschaftliche Ordnung. Wer z.B. den Holocaust leugnet, strebt bewusst oder vielleicht sogar unbewusst an, den NS zu rehabilitieren.
    Bei dem Verbot bestimmter Symbole wird dies deutlicher: Diese sind verboten, weil sie in einem bestimmten politisch-organisatorischen Kontext stehen.


    Die Forderung nach einem Staat, in dem die freie Meinungsäußerung hochgehalten wird, ist so oder so naiv. Wenn Meinungen aufhören, reine folgenlose Bekundungen zu sein, werden sie ohnehin sanktioniert, ganz gleich, ob man den "Meinenden vorübergehend meinen lässt". Herrschaft bedeutet immer die Veräußerung dieser oder jener Freiheit. Ganz gleich, welche politische Ordnung man anstrebt, man wird diese langfristig ohne die Beschneidung von Freiheiten nicht aufrechterhalten können. Und ja, das gilt auch für anarchistische Gesellschaftsmodelle. Für manche mag das widersprüchlich erscheinen, für mich nicht.

  • Die Sache mit der Meinungsfreiheit hat einen geschichtlichen Hintergrund. Damals sollte klar Flagge gezeigt werden, wie der Stand der Dinge in Deutschland nun lautet und dass man sich eben nicht mehr wegducken muss, aus Angst dass einem das passiert, was im dritten Reich bei derartigen Verlautbarungen jemanden sofort drohte.


    Was heute daraus geworden ist, das konnten die Gründungsväter natürlich nicht ahnen. Wir konnten die Gesetzbücher später an diese kranke, heutige Gesellschaft aber auch nicht anpassen und ehrlicherweise sagen - so wie von Dian indirekt gefordert - dass wir fortan mit Stichtag zum 1. Januar ganz offiziell keine Meinungsfreiheit mehr haben.
    Das geht natürlich auch nicht und zeigt nur, in welchem Dilemma man steckt. Denn wenn die Meinungsfreiheit erst einmal aus dem Grundgesetz raus ist, kann es passieren, dass eines Tages (und diese Tage könnten momentan aufgrund der afd wirklich bald gekommen sein), plötzlich wieder das alte Reich erwacht und man den Leuten unter Strafe vorschreibt, was diese zu denken haben. Und sie müssten dafür noch nicht einmal den Staat stürzen, weil ja eben der Artikel der freien Meinungsäußerung bereits gestrichen wurde.


    Will sagen: niemand konnte Ende der 40er Jahre ahnen, wie vollkommen diese Welt mal noch werden würde. Dass es Leute geben könnte, welche die gerade erst geschehene Katastrophe des millionenfachen Massenmordes als nicht wahr deklarieren; das konnte sich damals keiner vorstellen. Und noch so einiges mehr auch nicht, was heute ernsthaft als "Meinung" durchgeht, aber einfach nur abgrundtief dämlich, bis hin zu böswillig-verheerend ist.


    Ich sehe also von staatlicher Seite kein Versagen oder gar mutwillige Behauptung wider bei besseren Wissens.


    Übrigens ist das, was viele als "fehlende Meinungsfreiheit" anprangern, nichts anderes als der Straftatbestand der Volksverhetzung. Dafür wird man bestraft, nicht dafür dass man seine Meinung gesagt hat. Schaut man sich den entsprechenden Paragraph an, geht es darin explizit um in der Zeit des Nationalsozialismus begangene Taten und deren Verherrlichung oder Leugnung.
    Um die Behauptung zu stützen, dass in Deutschland keine Meinungsfreiheit herrscht, muss schon etwas mehr niedergeschrieben sein. Schon das Bloßstellen und das falsche Anhaften von Behauptungen zu Politikern (in Deutschland vollkommen gedeckt unter der Kunstfreiheit) wäre in anderen Ländern VÖLLIG undenkbar. Da schaltet die Regierung gleich mal das gesamte Internet ab. Und wenn sie einen erwischen, ist direkt der Kopf ab.


    Was ist in diesen Ländern erst los, wenn wir angeblich schon keine Meinungsfreiheit haben?

  • Nun, der deutsche Staat sperrt auch Jugendliche ein, die Öcalan-Fahnen hochhalten. Von der absurden Posse um die Kriminalisierung anderer kurdischer Symbole ganz zu schweigen. Die Debatte um "Meinungsfreiheit" führt dennoch am eigentlichen Kern der Sache vorbei. Die Frage ist eben, welche Gruppen aus welchen Gründen politischer Verfolgung ausgesetzt werden. Und hier sollte man schon so ehrlich sein, dass es im Grunde darum gehen muss, die politischen Machtverhältnisse zu ändern, und nicht "Meinungsfreiheit für alle" einzufordern. Gerade Rechte treten in diesem Punkt recht scheinheilig auf - man sollte es ihnen nicht gleichtun.

  • Wenn ein Subjekt (ob nun Mensch oder Staat) "ja" zur freien Meinungsäußerung sagt, dann muss das ein absolutes "ja" sein, ansonsten ist es ein "nein". Es sollte klar sein, dass es so was wie eine eingeschränkte Meinungsfreiheit nicht geben kann. Was bedeutet Meinungsfreiheit?

    Es darf keine Meinungsfreiheit ohne Schranken geben, weil man damit jede Form der Verhetzung und Entwürdigung von Menschen legalisieren würde.


    Meinungsfreiheit bedeute, dass jeder Mensch seine Meinung frei äußern darf, ohne anderen Menschen ihre Würde und ihre Gleichberechtigung abzusprechen, denn die Würde des Menschen und Gleichberechtigung sind höhere Güter als ein "Recht auf Hass".


    https://www.menschenrechtserkl…de/meinungsfreiheit-3648/


    Zitat von Menschenrechtserklärung

    Die Freiheit der Meinungsäußerung ist allerdings nur im Rahmen der anderen Menschenrechte geschützt. Sie findet daher ihre Grenze, wenn sie die Ehre anderer Menschen verletzt, oder zur Verletzung ihrer körperlichen Integrietät oder ihrer Freiheit aufruft. Rassismuns und Gewaltverherrlichung ist damit von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt.

    Kannst die Menschenrechte gerne totalitär finden.
    Das sollte von der Meinungsfreiheit gedeckt, da du damit nur dich selbst entehrst.

    "Wer die psychiatrische Sprache beherrscht, der kann grenzenlos jeden Schwachsinn formulieren und ihn in das Gewand des Akademischen stecken!" Gert Postel

  • Meinungsfreiheit bedeute, dass jeder Mensch seine Meinung frei äußern darf, ohne anderen Menschen ihre Würde und ihre Gleichberechtigung abzusprechen, denn die Würde des Menschen und Gleichberechtigung sind höhere Güter als ein "Recht auf Hass".

    Das Problem bei der Ganzen Sache ist die Definition von Würde, Verhetzung und Entwürdigung. Wo und vor allem wer zieht die Grenze?
    Bei manchem ist die Grenze schon überschritten, wenn man sagt "Religionen sind Erfindungen" oder "Es gibt keinen Gott" oder "Nimm dein Kopftuch ab."
    Und selbst "Du bist ein Depp.", muss noch lange keine Beleidigung sein, wenn ich das zum Beispiel zu meinem Bruder sage - oder für manche ist das eine zutreffende Aussage, wenn man damit AfD-Politiker meint.


    Der Begriff der "Ehre", wie es das Menschenrecht nennt, ist tatsächlich ziemlich primitiv. <- Ist das schon ehrverletzend?


    Bei mir sollte der Staat nur dann tätig werden, wenn klare Drohungen ausgesprochen werden. Jede Beleidigung sollte erlaubt sein. Es stört mich nicht beleidigt zu werden, erst Drohungen, Ankündigungen mir Schaden zuzufügen oder der Aufruf dazu sollten Folgen haben (Ich glaube ich wiederhole mich)