Anarchistische Charaktere in der Populärkultur

  • Ok, dann hab ich da wohl was verpasst. Bin stattdessen mit Serien voller rassistischer Stereotype sozialisiert worden, wie die dicke schwarze Haushälterin in Tom & Jerry, oder diverse Klischee-Mexikaner oder Klischee-Asiaten bei Bugs Bunny. Von der martialischen Law & Order-Propaganda der meisten anderen Serien ganz zu schweigen, die ich mir in meiner Kindheit so reingezogen habe.

    Zählen die Punker aus den TKKG-Hörspielen, die von Tarzan platt gemacht wurden (neben Zigeunern, Pennern und anderem Gesindel), auch als Anarchisten? ;-) Dann bin ich tatsächlich früh durch antianarchistische Law-and-Order-Geschichten geprägt wurden. :assaultrifle:

    Wobei es auch eine Folge gibt, in der die TKKG-Gang einen Tiertransporter überfällt und Pferde befreit. Ich glaube, bei mir ist tatsächlich in erster Linie der Vigilantismus und weniger der chauvinistische Unterton der Stories hängengeblieben.

  • Zählen die Punker aus den TKKG-Hörspielen, die von Tarzan platt gemacht wurden (neben Zigeunern, Pennern und anderem Gesindel), auch als Anarchisten?

    Nein, die nicht. Aber in einer Geschichte gab es die "Brigade Staatsfeind", welche von TKKG zur Strecke gebracht werden sollte. Unnötig zu erwähnen, dass der Lehrer mit dem Zottelbart, der im Schulgebäude heimlich die Fahndungsplakate abreißt und von Tarzan dabei erwischt wird, schnell in den engen Kreis der Verdächtigen gerät.

  • Alf ! Humorvoll und erfrischend unkonventionell, wenn man will, kann man den problemlos als Anarchist durchgehen lassen.


    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • Auch auf die Gefahr hin, ausgelacht zu werden: Ich finde Benjamin Blümchen anarchistisch. Oder zumindest antikapitalistisch. Er hilft allen Leuten und erwartet keine Gegenleistung dafür. In einer Folge eröffnet er ein Zoorestaurant, da kommt er nicht einmal auf die Idee Geld von den Gästen zu verlangen. Zudem lässt er sich nicht alles gefallen und verhindert zum Beispiel mit einer selbstorganisierten Demo den Bau einer Straße, welche eigentlich keiner – außer der Bürgermeister – will.


    Wenn man das „Game of Thrones/Das Lied von Eis und Feuer“-Universum hernimmt, dann kommt das Freie Volk am ehesten an die Definition von Anarchismus heran. Zwar herrscht bei ihm jenseits der Mauer auch das Gesetz des Stärkeren, aber die Menschen folgen nur denen, die sie auch selbst gewählt haben. Und – es wird zwar, glaube ich, nirgends erwähnt, – aber ich schätze, niemand wird gezwungen, dem gewählten Anführer zu folgen bzw. dieser wäre auch jederzeit wieder absetzbar, sollte er ihre Interessen nicht mehr in genügender Weise vertreten. Außerdem sind sie der Meinung, dass das Land allen gehört und verachten die Lords und Könige im Rest von Westeros, die sich dieses einfach nehmen und es ihres nennen.

    Zu erwähnen sind da dann vielleicht noch die Bergstämme aus dem Grünen Tal. Von diesen erfährt man jedoch nur, dass bei ihren Versammlungen alle eine Stimme haben. Auch die Frauen.

    Bei Benjamin Blümchen/Bibi Blocksberg stimme ich zu, vor allem was die alten Folgen angeht, die noch von Elfie Donnelly selber geschrieben wurden. Die war übrigens mal mit Peter Lustig verheiratet.


    Die Wildlinge in Westeros sind nicht wirklich anarchistisch. Es gibt da ja Ressourcenknappheit und es gilt das Recht des Stärkeren. Das heißt, effektiv hat nur der Rechte, der stark genug ist, sich gegenüber anderen durchzusetzen. Die Gesellschaft da ist nicht feudalistisch und individuell genug, dass sich keine richtige Erbaristokratie herausbilden kann, aber Krieger dürften alle aus der Wildlingselite kommen, also Leute sein, deren Eltern/Familie genug Land/Essen/Ressourcen hatten, um es sich leisten zu können, dass der Sohn oder die Tochter auf Raubzug geht. Deswegen sind ja auch nur ganz wenige Wildlinge disziplinierte Krieger.

    Was die Wildlinge von den Sieben Königslanden unterscheidet, ist, dass die Gesellschaft es nicht akzeptiert, dass die Krone oder die Oberhoheit über andere Leute einfach von einem fähigen Vater auf einen unfähigen Sohn übertragen wird.


    Das gilt gerade für die Frauen - Ygritte lässt ihre Verachtung für Frauen, die es nicht fertig bringen, sich (mit tödlicher Gewalt) dagegen zu wehren, 'geraubt' zu werden, schon sehr deutlich werden. In der Wildlingsgesellschaft gibt's schon ein paar Frauen wie Ygritte, Dalla, Val, Harma Hundekopf usw. ... dafür dann aber auch Dutzende oder Hunderte Frauen wie Goldy. Denk auch dran, wie sich Varamyr - der ja auch mal als eine Art Lord geherrscht hat - sich junge Frauen geholt hat.

    In den Sieben Königslanden gibt's weniger formale Gleichberechtigung für die hochgeborenen Frauen (bei den Bauern wissen wir gar nicht, wie die Geschlechterverhältnisse so sind), aber dafür werden da Frauen auch nicht geraubt und es gibt sogar Könige (Stannis), die Vergewaltigung im Krieg brutal bestrafen.


    Von daher würde sich sagen, dass die Wildlingsgesellschaft weniger feudalistisch als die von Rest-Westeros ist, aber nicht in einem positiven Sinne anarchistisch.

  • Vor ein paar Jahren gab es meines Wissens mal irgendwelche spinnigen Konservativen, die Benjamin Blümchen (und auch Bibi Blocksberg) unterstellt haben, dass dadurch Kinder linksradikal indoktriniert werden würden.

    Das ist, glaube ich, schon 16 Jahre her. War irgendein Politik-Dozent an der Universität Passau, der das verbreitet hat.


    Zählen die Punker aus den TKKG-Hörspielen, die von Tarzan platt gemacht wurden (neben Zigeunern, Pennern und anderem Gesindel), auch als Anarchisten? ;-) Dann bin ich tatsächlich früh durch antianarchistische Law-and-Order-Geschichten geprägt wurden.

    Ich hab mir mal ein paar von den neueren Folgen angehört, die nicht mehr von Stefan Wolf stammen. Da sind die Geschichten dann umgekrempelt. Beispielsweise geht es mal gegen einen Geschäftsmann (oder Geschäftsfrau), der einige Typen aus ihren Bauwägen vertreiben will. So ähnlich jedenfalls. Nur der belehrende Zeigefinger bezüglich Zigarettenkonsums ist, glaube ich, geblieben.


    Von daher würde sich sagen, dass die Wildlingsgesellschaft weniger feudalistisch als die von Rest-Westeros ist, aber nicht in einem positiven Sinne anarchistisch.

    Stimmt, was du schreibst. Klassisch anarchistisch sind sie nicht. Solche Charaktere haben die Bücher nicht zu bieten bzw. wissen wir über die Welt auch zu wenig. Naath wäre vielleicht noch ein Kandidat, wo eine Gesellschaft existieren könnte, die freier und harmonischer zusammenlebt.