Freier Wille oder Fremdbestimmung ! ?

  • Die Diskussion im Brumm Brumm TüT TüT Auto Thread ist irgendwie auf auf das Thema Selbst oder Fremdbestimmung umgeschwenkt und ich würde hier gerne noch ein wenig darüber palavern. Vielleicht wird es aber auch ein sehr interessantes Gespräch. Jesus weiß es bestimmt.


    Ich hatte schonmal dieses Video verlinkt und ich würde gerne nochmal darauf eingehen. Inbesondere, da mich mein einer deppischer Abonnent dazu angeregt hat, darüber nachzudenken, ob wir in einer eher eigensinnigen oder in einer Herdentiergesellschaft leben. Macht jeder was er will, oder rennen alle vorgefassten Trends hinterher. Ich sehe es ja so, dass unsere Gesellschaft unter dem Egoismus der Menschen leidet, jedoch nicht unter dem Eigensinn weniger Menschen. Im Grunde gibt es vielzuwenig eigensinnige Menschen, sondern die meisten sind einfach Kopierer anderer Lebensweisen. Niemand kann ein eigenens Verhalten vorzeigen. Jedes Verhalten wird nach vorhandenen Schubladen ausgerichtet.


  • Das kommt immer auf die Definition an. Die Lebensweisen ähneln sich innerhalb einer Gesellschaft schon. Man lebt mit Menschen zusammen, teilt einen ähnlichen Schlafrhythmus, interagiert ähnlich, wenn man angesprochen wird, einen Internetvertrag abschließt oder schlicht einkaufen geht. Letzteres muss man genauso regelmäßig tun, wie so manche andere unliebsamen Dinge. Sicher tut man auch mal Sachen, auf die man keine Lust hat, sagt die Unwahrheit oder verhält sich anderweitig nicht ganz so, wie man es aber bei Anderen zwingend voraussetzt.


    Am Ende muss man sich aber selbst im Spiegel noch anschauen können. Und nicht, weil man so voller Selbstüberschätzung ist oder einfach strohdumm daherkommt, sondern weil man sich selber treu geblieben ist. Treu in dem, woran man glaubt und wie man sein will. Und wie man auf keinen Fall sein möchte.


    Wem das gelingt, der lebt in meiner Definition frei. Jedoch nie frei von Fremdbestimmung. Dies ist auf dieser Welt nicht mehr möglich, vermutlich war es das auch nie.

  • Auf jeden Fall ist es eine Definitionsfrage. Die Fremdbestimmung beginnt ja schon mit der Geburt. Jeder bekommt von seinen Eltern oder Erziehungsberechtigten einen Namen aufgedrückt und wird nach gutdünken sozialisiert.
    Das kann sich keiner im Leben aussuchen, wie das beides vonstatten geht.
    Mir ging es eher darum, ob die von Hesse angesprochenen Thesen zum Eigensinn heute erfüllt sind,
    der doch eher nicht !

  • Mein Schwiegervater hat mir mal etwas gesagt: Entweder du tust es oder nicht ... ein dazwischen gibt es nicht. Und ich denke, darum geht es ja ... du oder ich im Grunde jeder kann selber entscheiden, was er macht bzw. nicht macht. Das heißt, ich kann arbeiten gehen oder eben nicht. Ich kann was essen, oder nicht ... wobei das natürlich auf die normalen Bedürfnisse entspricht. Bestimmte Dinge machen wir, weil es in der Natur normal ist. Essen, schlafen, trinken, aufs Klo gehen sind normale Tätigkeiten, die wir eben benötigen. Auch als Kind bist du leider von anderen abhängig und da werden dir eben bestimmte Dinge aufgedrückt ... oder eben beigebracht, manches kann man auch eher positiv sehen ^^ . Aber alles andere ist etwas, was wir selber entscheiden können. Was wir anziehen, was wir für eine Arbeit /Beruf lernen wollen, klar kommen immer wieder gewisse Erfahrungen dazu, die von Außen kommen, trotzdem sind wir am Ende die Personen, die entscheiden, was wir machen wollen.

  • Mit seinem Willen allein gegen den Rest stehen, das wollen und können viele nicht, was ganz natürlich ist, weil der Mensch ja mit dem (unbewussten) biologischen Bedürfnis nach Zugehörigkeit zum Herdentier verdammt wurde. Jeder braucht irgendwas, wo er dazugehören kann und begibt sich schon allein dadurch in Abhängigkeiten und bekommt Probleme, wenn die Gruppe seiner Wahl (sofern es eine Wahl gibt :D) keinen Widerspruch toleriert. Ausserdem wird man ja oft schon als Kind geeicht, dass man sich immer zu benehmen und zu gehorchen hat, oder es hagelt Nachteile und das wirkt natürlich bis ins Erwachsenenalter nach. Ist ja auch manchmal sinnvoll, aber nicht immer und für meinen Geschmack wird die schädliche Wirkung von übermäßiger Anpassung und Gehorsam gerne vernachlässigt und so gibt es immer genug Menschen , die sich schon aus Gewohnheit „zum Wohle aller“ rumschubsen lassen.
    Der eigensinnige Mensch, wie Hermann Hesse (mein Lieblingsautor btw) ihn beschreibt, ist solchen Einschränkungen größtenteils „entwachsen“ , mit sich selbst im Reinen und ist deshalb auch emotional weniger abhängig vom Wohlwollen der Gesellschaft und weniger anfällig für die angeblich tugendhaften Stöckchen, über die er springen soll. (Ein echter Patriot, stirbt für sein Land!) Das kann Kräfte freisetzen, die Pionierleistungen bis hin zu richtigen Heldentaten möglich machen, die Gesellschaften und das Leben der einzelnen Menschen verbessern können.
    Trends und Leute die ihnen hinterherrennen, gab es wohl schon immer, ich traue mir da keine pauschale Aussage über den Gesamtzustand unserer Gesellschaft zu. Besonders viele eigensinnige Menschen, abgesehen von aussergewöhnlichen Künstlern für die das quasi zum Geschäft gehört, fallen mir persönlich aber nicht auf. Von Politikern, die mal was Neues wagen und riskieren abgewählt zu werden, ganz zu schweigen, wie langweilig.
    Grundsätzlich bin ich jedenfalls für eine Gesellschaft, die eigensinnige Menschen aushält, als Chance begreift und sich weiterentwickelt, anstatt alles immer gleicher und weichgespülter zu machen. Das gilt übrigens auch für Internetforen :evil:

    Gegen die Sinnlosigkeit des Lebens kommt man nicht an, aber man kann drüber lachen und dem Universum stolz den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

  • Es gibt noch einen Grund, warum so viele Menschen immer wieder das machen, was andere tun ... sie wollen den leichten Weg gehen, sich nicht anstrengen und vor allem nicht alleine da stehen.
    Da kann ich mal was erzählen. Als ich damals das Internet und das eine Forum kennen gelernt habe, habe ich auch sehr viele Leute kennen gelernt, die aber wesentlich jünger sind, als ich. Das hat mir aber absolut nichts ausgemacht, das macht es mir auch heute nichts aus. Ich habe Real etwas gemacht und dadurch auch andere Leute kennen gelernt. Mit einer Frau, die eigentlich nur ein Jahr älter war als ich, habe ich mich ein bisschen angefreundet ... also so habe ich mir das damals gedacht. Bis ich festgestellt habe, wie altmodisch, eingeschränkt und vor allem in ihrer Spur sie war. Sie konnte es absolut nicht begreifen, das ich zum Beispiel in der Zeit einen wesentlich jüngeren Freund hatte. (14 Jahre) ^^ Sie kam damit absolut schwer zurecht. Im Grunde wurde aus der Freundschaft nicht wirklich was. Aber sie ging damals den wesentlich leichteren Weg, damit sie nicht aufgefallen ist. Ich habe mit allem, was ich wollte, gekämpft.

  • Der Mensch ist wie der Strom. Sie "gehen" beide meistens den Weg des geringsten Widerstandes.

  • Ich habe zu dem Thema auch schon oft diskutiert und darüber nachgedacht. Bin inzwischen vom Freien Willen abgekommen aber auch nicht vollständig auf der Seite der Frembestimmung gelandet. Für mich ist es inzwischen logisch, dass es keinen freien Willen in engerem SInne gibt:


    Etwas kryptisch habe ich das in einem Buch gelesen:


    Du kannst tun was du willst.

    Du kannst nicht wollen was du willst.


    Bedeutet, dass der Wille sich bei jedem Menschen nicht aus dem Nichts erzeugt. Du kannst nicht einfach etwas komplett neues, von der Welt losgelöstes Wollen (gerne mal das Gedankenexperiment machen und versuchen etwas neues zu Wollen, was 0 Zusammenhang zu all den bisherigen Erfahrungen hat). Ein Wille entsteht basierend auf Erfahrungen, dem Umfeld, äußeren Einflüssen, nicht aus einer magischen freien Willensbekundung in deinem Inneren. Also ist auch der Wille sich gegen die Gruppe zu stellen zurückzuführen auf Ursachen und in diesem Sinne nicht "freier" als der Wille sich nicht gegen die Gruppe zu stellen.


    Aber:


    Ich kann den Willen in mir tragen Schokolade zu essen. Aber es könnte sein, dass ich diesem Willen nicht folge. Auch das hängt wahrscheinlich von äußeren Einflüssen ab und wächst nicht rein auf meinem Mist. Es ist also auch keine echte Freiheit aber es ist auch keine 100 %ige Vorherbestimmung. Eigensinnig wäre jemand mMn wenn es gelingt dem eigenen Willen auch mal nicht zu folgen bzw. dessen Herkunft zu hinterfragen.


    Fremdbestimmung wäre in diesem Sinne: Ich habe den Willen etwas zu tun / nicht zu tun und möchte entsprechend handeln. Werde aber durch äußere Zwänge veranlasst dieses Handeln zu unterlassen oder gar das Gegenteil zu tun.


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    Zum Anfangsbeitrag:


    Ich finde es schwierig zu sagen, ob die meisten Menschen kein eigenes Verhalten vorzeigen können. Ich weiß nicht wie man dies entscheiden kann. Es ist mMn durchaus möglich, dass viele Menschen sich genauso verwalten wie sie möchten. Wieso sie sich genauso verhalten möchten ist dann die nächste Frage.



    Sorry fürs Ausgraben.

  • Eigensinnig wäre jemand mMn wenn es gelingt dem eigenen Willen auch mal nicht zu folgen bzw. dessen Herkunft zu hinterfragen.

    So funktioniert in der Regel das Durchbrechen alter Muster (bis zu einem gewissen Grad).

    Du kannst nicht einfach etwas komplett neues, von der Welt losgelöstes Wollen (gerne mal das Gedankenexperiment machen und versuchen etwas neues zu Wollen, was 0 Zusammenhang zu all den bisherigen Erfahrungen hat). Ein Wille entsteht basierend auf Erfahrungen, dem Umfeld, äußeren Einflüssen, nicht aus einer magischen freien Willensbekundung in deinem Inneren.

    Das sehe ich auch so. Stell dir vor, das würde für jeden funktionieren, und er könnte so das System mit einem Fingerschnippen umstürzen wie mit einem Zaubertrick.


    Das wäre eine Katastrophe, und wenn das alle nach ihrem Gutdünken tun würden, dann gäbe es auf der Stelle eine riesengroße Leere oder ein Nichts.


    Genauso verhält sich das mit den Zellen und der Regeneration. Wenn das kein langsamer Prozess wäre, würde man auf der Stelle tot umfallen weil sich alle zur gleichen Zeit erneuern und alte ebenfalls zur gleichen Zeit absterben.


    Langsame Veränderung ist demnach der Schlüssel, und wo gibt es etwas womit man noch nie verbunden war, also 0 Prozent Erfahrungswert hat wie du sagst?

    Ich denke das es das nicht gibt. Dieser Funke, ich nenne das mal 'Erinnerung', ist in allem enthalten was das Bewusstsein bzw den Willen ausmacht.


    Deswegen glaube ich auch an das Schicksal (ein bisschen), und mein freier persönlicher Wille entscheidet darüber, wie ich mit den Gegebenheiten (dem Ist- Zustand) umgehe.

  • Der freie Wille ist ein Ganove. Er gaukelt uns vor dass wir zwischen mehreren Möglichkeiten auswählen können, ala "Hier hast du die Freiheit diese Möglichkeiten auch umsetzen zu können". Dabei muss man nicht mal aufgeklärt sein, um erkennen zu können, dass der freie Willen eine der größten Unfreiheiten darstellt, nämlich, den Zwang entscheiden zu müssen.


    Macht jeder was er will, oder rennen alle vorgefassten Trends hinterher.

    Für mich ist die sogenannte Frembestimmung kein einseitiger Akt. Vielmehr übernehme ich den wichtigsten Part dieser ganzen Prozedur, im Sinne von "Ich verstehe was du hier verlangst und ich bestätige es, in dem ich mich dementsprechend verhalte". Für mich ein Fall von entartetem freien Willen.


    Beachtet man dieses oder jenes nicht, wirds auch mit der Fremdbestimmung nichts.

    Wer jedoch vorübergehend die Kontrolle abgibt, dem wird ebenfalls die Entscheidung genommen werden, wem oder was man Beachtung schenkt. Stichwort Gewohnheit.