Und wieder feiert die Welt Weihnachten. Selbst in Japan, wo sie Jesus Christus wahrscheinlich immer noch für den Bruder von Enrique Iglesias halten...
Schön, dass sich einmal alle einig sind. Alle? Naja, ein kleiner Trupp versprengter Terroristen in einer Höhle im Hindukusch leistet noch ein bisschen Widerstand. Aber davon abgesehen haben sich die Menschen lieb und freuen sich artig auf ihre Geschenke.
So, und jetzt zu mir. Zu einem derjenigen, denen das alles ziemlich am Arsch vorbeigeht.
Weihnachten bedeutet für mich in erster Linie volle Läden in den Tagen davor, und geschlossene Läden in den Tagen danach. Mein Plan für den Heilig Abend sah ursprünglich vor, zusammen mit meinem besten Freund eine lange, nächtliche Wanderung zu machen... mit ausgiebig Glühwein im Gepäck, versteht sich. Ist immer wieder unterhaltsam, an den hell erleuchteten Fenstern der Weihnachtslemminge vorbeizulaufen und sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge bei ihren Zeremonien zu beobachten. Lachend, weil es irgendwie absurd wirkt, wenn man sich vorstellt, wie sie sich vielleicht das ganze Jahr über zoffen, nur um dann für drei Tage zur kitschigen 50er-Jahre-Gedächtnisfamilie zu mutieren. Weinend, weil es irgendwie dennoch etwas Herzliches hat. Diese Unschuld, diese hingebungsvoll in die Flöte tirilierende Kinderschar, die noch keine Ahnung hat, was eigentlich Hartz 4 bedeutet und dass die Russen gerade ne neue Superbombe entwickelt haben.
Ja, zugegeben, es berührt mich ein bisschen. Aber ich bin froh, das nur von außen sehen zu müssen, denn ich weiß noch gut, wie es in meiner Kindheit immer war. Man saß am Tisch, freute sich auf Geschenke, die ich heute bloß als "rausgeworfenes Geld" bezeichnen würde, auf die ich damals aber so heiß war, dass ich die Nacht davor kaum schlafen konnte... tja, und irgendwann war Weihnachten wieder vorbei, und man freute sich langsam auf's nächste Weihnachten, weil es dann ja wieder Geschenke gab.
Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich ja nur sagen, dass es am 24. vermutlich eh regnen wird, und ich die Glühweinwanderung andersmal machen werde. Stattdessen business as usual. Killzone zocken auf meiner PS2, unlöbliche Musik hören und hoffen, dass der angekündigte Regen bald wieder aufhört, damit ich doch noch ein bisschen raus zu den Weihnachtslemmingen kann.
Oops, hab was vergessen.
War da nicht noch irgendwas mit Jesus Iglesias? Der, der für uns alle in den Ofen kam und zu Brot verarbeitet wurde? (oder so ähnlich...)
Egal, war vermutlich nicht weiter wichtig. Bleibt mir eigentlich nur noch, mal in die versammelte Runde zu fragen, was Weihnachten für euch bedeutet, bzw. was es für euch nicht bedeutet.
Nicht, dass ihr erwartet, ich würde irgendwem hier ein frohes Weihnachtsfest wünschen oder so. Ich wünsche euch ja auch keinen frohen Pfingstsonntag und keinen frohen Tag des Deutschen Buches.
Hare Krishna!
Den obigen Text fand ich im ganz alten Forum im Archiv, und er stammt ursprünglich vom 23.12.2004. Zwölf Jahre sind seitdem vergangen, aber viel geändert hat sich eigentlich nicht. Ok, Killzone würde ich heute wohl freiwillig nicht mehr zocken (viel zu träge Steuerung, und generell bin ich immer noch Egoshooter-übersättigt), und statt Glühwein werde ich mir vielleicht eher ein bisschen Wodka mit O-Saft mixen und das mit nach draußen nehmen. Aber ich glaube schon, dass ich mich heute betrinken werde. Immerhin muss ich meiner Mutter Weihnachtslieder auf dem Klavier vorspielen, bevor es Bescherung gibt... traditionell der peinlichste Moment des Jahres, aber wenn man alten Leuten damit eine Freude machen kann, kann man ja nicht so herzlos sein und das einfach ablehnen. (Zum Glück wird das keiner von euch jemals zu sehen bekommen, sonst würde ich diese Schande nicht überleben)
Also komplett habe ich es auch bis heute nicht geschafft, Weihnachten aus meinem Leben zu verbannen. Aber spätestens nach dem gemeinsamen Abendessen ist dann Schluss, und dann mal schauen, was der Abend noch bringt. Vielleicht regnet es ja doch wieder nur, und ich zocke Mortal Kombat auf der PS4... das hat eine schön weihnachtliche Atmosphäre, zumindest was die verschneiten Hintergründe angeht. Wahrscheinlich aber gibt's eine Nachtwanderung irgendwo durch die schwäbische Provinz... den Weihnachtslemmingen von außen zusehen, wie vor zwölf Jahren schon. Manche Traditionen sind ja auch gar nicht so verkehrt. santa beer puke
Gibt es eigentlich irgendwen da draußen, der es schafft, sich diesem Weihnachtszeugs komplett zu entziehen? Ohne einen einzigen Verwandten zu besuchen oder irgendjemandem was schenken zu müssen? Und findet ihr das gut, dass es so ist, oder bedauert ihr es insgeheim?