Gibt es objektive Berichterstattung / vertrauenswürdige Medien?

  • Lonewolf:


    SPON ist Spiegel Online und damit wieder etwas anderes (der Konzern ist tatsächlich in einzelne Gesellschaften und damit Reaktionen unterteilt, die unabhängig voneinander arbeiten).


    Zumindest siehst du die Sache etwas differenzierter als mi san thrope. Denn natürlich steht dahinter kein großen bösen Masterplan und ein Verlagseigentümer, der alles vorgibt und steuert. Natürlich sitzen dort Menschen in den Redaktionen, die ganz menschlich handeln. Und es sind auch die Menschen, die ihren persönlichen Einfluss in die Beiträge mit einfließen lassen (bei Spiegel TV nicht selten sarkastisch bei todernster Betonung, genial!). Allerdings "lenkt" hier niemand etwas oder will gar, dass das Volk eine bestimmte Meinung entwickelt. Das ist Unsinn und diesen Job haben sich ganz andere Medienmacher auf die Fahne geschrieben.


    Sag mir doch mal ganz konkret, was du am Connewitz-Beitrag wertend fandest. Dass da Mist vorgefallen ist, darüber brauchen wir nicht diskutieren. Man greift kein Kinderzimmer an, selbst wenn der Vater durch seinen Beruf beim Staat einem nichts in politische Bild passt. Auch unter Linken gibt es haufenweise Idioten.

  • Sachsen: Linker Ausnahmezustand in Leipzig -Video - SPIEGEL ONLINE
    Bereits der Ankündigungstext ist tendenziös und folgt den entsprechenden Mustern bzw reproduziert den gängigen Exkurs und die "Extremismusdoktrin".
    Ein "rechtsfreier Raum, in dem der Ausnahmezustand der Normalzustand ist." - schön wär's *lol*
    Schon die Masche, Leute vor ihrer Haustür abzufangen, könnte bei den SPON-Reportagen mal hinterfragt werden. Letztlich steht hier eben - wie auch bei anderen vergleichbaren Boulevardmedien - die Effekthascherei im Vordergrund. Ginge es um Inhalte, könnte man sich z.B. mal gezielt der Arbeit von politischen Gruppen, selbstverwalteten Räumen etc widmen. Aber das ist nicht von Interesse. Soziale Bewegungen werden generell nur insofern beachtet, als sie sich zum Spektakel für sensationsgeile Konsumenten eignen. Und ja, letztlich steht dahinter natürlich die bewusste Agenda, eindeutig zu definieren, in welchem Rahmen sich politische Tätigkeit abzuspielen hat (parlamentarisch, bürgerlich-demokratisch).

  • Sag mir doch mal ganz konkret, was du am Connewitz-Beitrag wertend fandest. Dass da Mist vorgefallen ist, darüber brauchen wir nicht diskutieren. Man greift kein Kinderzimmer an, selbst wenn der Vater durch seinen Beruf beim Staat einem nichts in politische Bild passt. Auch unter Linken gibt es haufenweise Idioten.

    Tja, nur dass der genannte Anschlag nicht von Linken, sondern von Neonazis verübt wurde. Wo war denn da die Richtigstellung bei SPON? Das ist das Problem an der Sache - was letztlich im Bewusstsein hängen bleibt, sind emotionsgeladene Bilder und einseitige Informationen. Und solange Polizei oder gar "Verfassungschutz" als Referenz zur Beurteilung politischer Bewegungen herangezogen werden, ist tendenziöse Berichterstattung vorprogrammiert.

  • Ich kann dem nicht zustimmen. Und die Ironie der Sache ist ja vor allem, dass der Spiegel gemeinhin bei Kritikern den Ruf weg hat, als "Sprachmedium der linksgrünversifften Gutmenschen" zu gelten. Deine Kritik hier nun bestätigt mir nur, dass ja offenbar weder die eine, noch die andere Seite bevorzugt wird. Wenn dich jeder ablehnt, scheint das eine gute Grundlage für eine neutrale Herangehensweise zu sein. Das Problem ist aber, dass, sobald es politisch wird, die Meinungen trotzdem auseinander gehen. Ist quasi ein Naturgesetz. Auch in einer politischen Partei gibt es immer welche, die bei selben Ansichten, die angestrebte Richtung für entweder zu lasch oder zu krass empfinden.


    Was eine Porträtierung von politischen Gruppen oder selbstverwaltenden Räumen betrifft, so sind diese tatsächlich nicht Gegenstand des Berichtes. Warum? Nicht weil Chaoten mehr Aufsehen erregen (obwohl das natürlich unweigerlich stimmt) sondern weil das Thema des Films ein anderes war: Die Ausschreitungen und No-Go-Areas für Polizisten bzw. was wiederholt passiert, wenn beide Lager aufeinandertreffen. Dieser Konflikt prägt den Stadtteil seit Jahren und darüber handelte der Bericht. Ein selbstvewaltetes Haus ist etwas anderes und findet in einer Nischen-Doku, die es natürlich auch gibt, seine Darstellung. Aber was haben die hiermit zu tun? Die machen keinen Radau. Schon weil es ein anderer Menschenschlag ist und sie genau wissen, dass es dann aus wäre mit dem kulturellen Zentrum in Selbstverwaltung.


    Was wollen Reporter also dort? Man will die Verursacher. Und wenn die keine Kameras wollen, sondern ihr Süppchen im stillen weiterkochen möchten, dann kannst du nicht das Leben der Südkoreaner porträtieren, nur weil sie dich in Nordkorea nicht reinlassen.
    Es wurden beiden Seiten angefragt. Journalistische Grundprinzipien eingehalten. Wenn nur eine antwortet, dann legt natürlich kein Reporter das Thema wieder zu den Akten und fährt nach Hause, sondern schildert zusammenfassend die bisherigen Ereignisse und lässt Anwohner/betroffene zu Wort kommen. Und beides ist halt nicht so rühmlich für die Leipziger Linke. Tut mir leid dir das so sagen zu müssen.


    Übrigens sind die geschilderten Vorfälle keine Effekthascherei sondern tatsächlich real. Als Nazi mit erkennbarem Kleidungsstil begibst du dich besser nicht nach Connewitz. Zu Silvester werden schon seit Jahren die Fahrkartenautomaten vorsorglich außer Betrieb gesetzt, Glasscheiben von Wartehäuschen demontiert, der Bahnverkehr eingestellt, Läden vernagelt.
    Und wer als Anwohner kann, der parkt sein Auto besser in einem Parkhaus. Was Spiegel TV jetzt nun in einer selbstverwalteten Kultureinrichtung politischer Gruppen berichten soll, erschließt sich mir nicht so ganz.


    Übrigens: Würde ich eine Demonstration gegen Nazis anmelden und eine Woche später geht meine Wohnung in Flammen auf, dann gehe ich auch von einem Anschlag aus der rechten Ecke aus. Ist halt naheliegend. Und die Polizei würde wohl ähnliches äußern, gerade wenn ich schon häufiger durch politische Aktionen in dieser Richtung eine gewisse Bekanntheit erlangt habe.
    Wenn man dann übers Mittelsmänner an diese internen Informationen herankommt und diese veröffentlicht, dann ist das für mich Teil einer journalistischen Arbeit, solange man diese Quelle benennt und angibt, dass es sich hier um keinen Fakt handelt, sondern lediglich um eine Vermutung. Beides ist geschehen.
    Und Hand aufs Herz: selbst ohne diesen Nebensatz im Filmbeitrag hätte es eine einhellige Meinung gegeben bei Zuschauern aus der Ferne, wie aber auch bei Anwohnern vor Ort und noch vor dem Ausstrahlungstermin: ein Anschlag von Linken auf einen Gegner der Linken!
    Einfach weil es so eindeutig scheint und auf der Hand liegt. Offenbar also taktisch nicht die allerdümmste Aktion der Nazis.


    Was eine Richtigstellung angeht, so trifft die nur auf eigene Falschbehauptungen zu, nicht auf weitergegebene Mutmaßungen anderer. Man stelle sich nur mal einen afd- Demonstranten vor, der ins Mikrofon redet: "diese Flüchtlinge haben alle zehn Frauen und zwanzig Kinder und wollen alle unser Geld!"
    Dann eine Stimme aus dem Off: "Das ist nicht richtig. Der Mann konnte seine Behauptungen nicht belegen".


    Das wäre eine Form der Berichterstattung, die ich nicht haben möchte.

    Einmal editiert, zuletzt von Unmensch ()

  • @ Unmensch


    Bekommst von mir noch ne ausführliche Antwort zu dem Thema. Ich habe dazu noch einiges zu sagen. Nur schafft mich das Schreiben grade etwas. Keinen Bock darauf. Hatte gestern und heute einen beschissenen Tag und will Gehirn möglichst auf Leerlauf schalten.

  • Unmensch, bevor ich ausführlich auf deinen Post antworte, würde es mich schon interessieren, ob du überhaupt in irgendeiner Weise über die Vorkommnisse vor Ort informiert bist, die nicht über bürgerliche Medien geprägt ist. Ich kenne den medialen Diskurs und muss ihn mir eigentlich hier nicht nochmal geben. Du hast übrigens vergessen, dass in Connewitz Hunde ohne Hundemarke herumlaufen, ein weiterer Beleg für die Rechtsfreiheit des Viertels *lol* Stand zumindest mal in der Leipziger Volkszeitung ;)


    Meine Aussage bezüglich SPON bezog sich schlichtweg darauf, dass diese selbstverständlich tendenziös und entsprechend einer bestimmten politischen Agenda berichten. Was sollen sie als bürgerliches Medium auch anderes tun? Dass an anderer Stelle Rechte genauso ihr Fett wegbekommen, steht hierzu nicht im Widerspruch, im Gegenteil.
    Das Klientel bzw die Zielgruppe sind eben eher (links-)liberale Spießer, so wie sich im Gegenzug Die Welt auf das eher rechtskonservative Lager fokussiert. Entsprechend ist der Unterton bzw die Auswahl der Themen.


    Man muss SPON-TV eben als das neben, was es letztlich ist: Ein weiteres Boulevardmedium mit mäßigem Informationsgehalt. Zugegeben, der süffisante, sarkastische Unterton des Kommentators ist manchmal recht amüsant. Und manche Videos gefallen mir natürlich aufgrund meiner eigenen Parteilichkeit besser als andere, z.B. das Video zum Dresdner Nazi-Aufmarsch 2012 (?).
    Dennoch gefällt mir z.B. Vice aufgrund der internationalen Ausrichtung und der Hinwendung zu abseitigen Themen besser.

  • Unmensch, bevor ich ausführlich auf deinen Post antworte, würde es mich schon interessieren, ob du überhaupt in irgendeiner Weise über die Vorkommnisse vor Ort informiert bist, die nicht über bürgerliche Medien geprägt ist.

    Ich wohne unweit vom Schauplatz entfernt und gehe mit offenen Augen durchs Leben. Einer der Hausbesetzer bin ich allerdings nicht, falls das meine Bewertungsbefugnisse schmälern sollte. Bin jedoch der Meinung, dass dieser fehlende Fakt überhaupt einmal Voraussetzung für eine angemessene Wertung ist. Denn wenn ich einer von denen wäre, unterläge ich einem Parteizwang und müsste die vorherrschende Kampfesmeinung vertreten und schon wäre es aus mit einer reflektierten Meinungsbildung, um die es hier ja wohl geht, oder?

    Du hast übrigens vergessen, dass in Connewitz Hunde ohne Hundemarke herumlaufen, ein weiterer Beleg für die Rechtsfreiheit des Viertels

    Wir sollten diese Diskussion, wenn wir sie schon führen, dann auch ernsthaft führen. Ich habe nie behauptet, dass in Connewitz ein rechtsfreier Raum herrscht, trotzdem richtest du dich mit deiner dämlichen Bemerkung an mich, so als ob ich federführend für den Spiegel-TV-Beitrag sei. Ich habe lediglich ein paar Punkte des Berichts untermalt. Andere Punkte sind Unsinn bzw. faktisch wurde nie behauptet, dass es eine No-Go-Area ist. Wäre dem so gewesen, hätte ich widersprochen. Es stimmt aber, dass für ein bestimmtes Klientel zu einer bestimmten Uhrzeit und in bestimmten Straßen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass etwas passiert. Dies ist aber nichts, was dir als Ausländer, als Linker, als Homosexueller oder schlicht als Frau in anderen deutschen Städten auch widerfahren kann.

    Meine Aussage bezüglich SPON bezog sich schlichtweg darauf, dass diese selbstverständlich tendenziös und entsprechend einer bestimmten politischen Agenda berichten. Was sollen sie als bürgerliches Medium auch anderes tun?

    Eben! Und genau dieses Ausgewogene gefällt mir. Weder parteiisch rechts, noch parteiisch links. Was soll ich mich von Bibel TV, PI-News, RTdeutsch oder Indymedia beschallen lassen, wenn doch von vorn herein klar ist, in welche Richtung es geht und welche Themen definitiv dort nicht laufen werden, sollten sie auch noch so aktuell sein!?
    Macht man das nur lange genug, wandert das eigene Denken unwillkürlich in eine ähnliche Ecke, in welcher es dann ganz genauso nichts anderes mehr durchgelassen wird als das bereits manifestierte. Und so will ich einfach nicht werden. Weil so die Welt auch gar nicht funktioniert. Diese schlichte Einteilung von gut und böse haben wir mindestens schon seit 250 Jahren, als die Gebrüder Grimm ihre Märchen aufschrieben.

    Man muss SPON-TV eben als das neben, was es letztlich ist: Ein weiteres Boulevardmedium mit mäßigem Informationsgehalt.

    Ja. Die Richtung, in welche die Diskussion mittlerweile abgedriftet ist, war auch nie mein Ansinnen. Aber wenn ich eine Haltung habe, dann vertrete ich diese auch konsequent. Ich wollte jedoch kein Loblied auf den Spiegel-Verlag anklingen. Aber ich wurde gefragt, welche Form der Berichterstattung denn für mich in Ordnung geht, und ich habe darauf geantwortet. Vollumfänglich kann solch eine wöchentliche Sendung mit drei Themen (mittlerweile auch teilweise nur noch zwei) ohnehin nicht den gesamten Verlauf des Globus abbilden. Aber es sind meist interessante Themen mit Einblicken in eine Welt, die man so vielleicht noch nicht kannte. Und ich fühle mich damit einfach wohler als anderswo, wo ich eine Vereinnahmung fürchte. Ein Grund übrigens, wieso ich niemals ungezwungen RTdeutsch konsumieren könnte. Und für mich bestätigt sich das immer wieder, wenn mir in sozialen Medien Leute besonders negativ und unsympathisch auffallen und ich bereits nach zwei Mausklicks sehe, dass RT zu deren favorisierten Medien zählen.
    Man kann sich dann fragen, was zuerst war: das Ei oder das Huhn? Aber im Grunde ist es auch egal, ob der Idiot schon ein Idiot war und dann Zugang zu der RT(L)-Welt fand, oder ob RT ihm zu dem machte, was er heute ist.


    Ansonsten kann ich nur das wiederholen, was ich bereits schon einmal geschrieben habe: Man sollte nicht den Anspruch erheben, die bessere oder umfangreichere Newsquelle für sich gefunden zu haben. Letztendlich verstehe ich immer noch nicht, was Millionen Deutsche allabendlich vor die Tagesschau zieht. Was findet man daran, beim Abendessen die allerneuesten Kriegsbilder zu sehen und die aktuellen Todeszahlen eines Anschlages präsentiert zu bekommen? Was davon weiß man noch im nächsten Monat? Wie sehr beeinflusst es das eigene Leben oder deren Verlauf?
    Die Menschen laufen weiter drumherum, wenn jemand vor ihrer Haustür Hilfe braucht, aber sie erheben für sich den Anspruch, topaktuell zum x-ten Bürgerkrieg in einem afrikanischen Staat informiert zu sein? Was ändert das an ihrem Alltag? Welche Schlüsse ziehen sie daraus? Was bringt es ihnen, außer vielleicht bei den Arbeitskollegen den größeren Redeschwall der Ahnungslosigkeit inszenieren zu können?
    Spätestens bei der nächsten Wahl oder schlicht der nächsten Werbeunterbrechung wird dann diese Aufmerksamkeitskonditionierung abgerufen und den Leuten Dinge ins Hirn gepflanzt, welche ihnen unter normalen Umständen eigentlich egal sein sollten. Mir ist es jedenfalls egal, welches Waschmittel weißer als weiß wäscht. Und es mir egal, ob Merkel und Co. mir Sicherheit und Wohlstand versprechen. Das können sie sowieso nicht und es ist auch gar nicht ihre Tätigkeit. Welchen Mehrwert haben Tagesnachrichten also, außer den eigenen Voyeurismus zu bedienen? Ist es nur das Gefühl, dass es einem besser geht als anderen? Oder sind das alles nur Lückenfüller, bis die Politik über die Medien wieder zum ergebenen Fußvolk spricht, die dann alle pünktlich vor den Empfangsgeräten sitzen und sich das TV-Duell ansehen?

  • Ich wohne unweit vom Schauplatz entfernt und gehe mit offenen Augen durchs Leben. Einer der Hausbesetzer bin ich allerdings nicht, falls das meine Bewertungsbefugnisse schmälern sollte. Bin jedoch der Meinung, dass dieser fehlende Fakt überhaupt einmal Voraussetzung für eine angemessene Wertung ist. Denn wenn ich einer von denen wäre, unterläge ich einem Parteizwang und müsste die vorherrschende Kampfesmeinung vertreten und schon wäre es aus mit einer reflektierten Meinungsbildung, um die es hier ja wohl geht, oder?


    Nun, dann wundert es mich etwas, dass du als Beispiel für die These, dass dort "einige beschissene Dinge" passieren und "haufenweise Idioten in der Linken herumlaufen" einen Anschlag nennst, der nun nachweislich von Nazis begangen wurde, was man eigentlich auch weiß,wenn man die Regionalzeitung liest. Wobei die angegriffene Wohnung des CDU-Typen nicht mal in Connewitz liegt.


    Meine Bemerkung mit den Hundemarken ist übrigens nicht "dämlicher" als z.B. der Spiegel-Bericht an sich - es tut mir leid, wenn ich auf die Projektionen bürgerlicher Ängste auf ein alternatives Viertel eher amüsiert reagiere. Etwas weniger "Bescheidwissen" und Klugscheißerei und ein wenig mehr Humor täte im Übrigen dieser "ernsthaften" Diskussion vermutlich gut - wir reden hier nicht von irgendwelchen Kriegsgebieten, auch wenn bekanntlich schon deutsche Reporter in Schutzwesten und Panzerwagen durch die Rigaer gefahren sind ;-)


    Ausgangspunkt war, dass du es verwerflich findest, dass der misanthrop RT für eine zitierfähige Quelle hält. Ich verstehe das sehr gut und würde auch eher davon absehen, dieses Medium zu verlinken - nur ist die Frage, auf welche Medien wir überhaupt zurückgreifen wollen, durchaus legitim; ich sehe da eben nicht mehr den großen Unterschied zwischen der Berichterstattung der "freien Welt" und derjenigen aus Ländern mit offenen Autokratien, zumindest wird diese Grenze immer schwammiger. Das hat auch nichts mit Medienschelte zu tun, wenn du z.B. mal meine Diskussion mit dian zu dem Thema betrachtest. Ich würde mir wünschen, dass auch seitens der Konsumenten ein verstärktes Bewusstsein für die eigene Rolle in diesem Spektakel entstünde.
    Die Erschaffung von "Wahrheiten" bzw gesellschaftlichen Narrativen verläuft größtenteils unbewusst, sodass die Entscheidung, auf welche Art von Gesellschaft wir hinstreben wollen, denjenigen überlassen wird, die es verstehen, Emotionen zu kanalisieren, Reizthemen bis zum Erbrechen wiederzukäuen und damit ihr Konstrukt von Wirklichkeit als das Wahre zu verkaufen.
    Wir leben in einer Zeit überbordender Informationsflut bei einem gleichzeitigen fatalen Mangel an Medienkompetenz bzw fehlenden Bewusstsein für die eigene ideologische Befangenheit. Und ich denke, dass viele Wohlmeinende unter den demokratischen Medienmachern (nicht nur die professionellen) hier teilweise gegen Windmühlen kämpfen, da sie sich auf eine reine Faktenschlacht einlassen, und das gegen Personen, die längst im post-faktischen Zeitalter angekommen sind. Ich habe keine Patentlösung, denke aber, dass wir hier wesentlich grundlegender, "ideologiekritischer" argumentieren müssten. Daher auch mein Ansatz, bürgerliche Medien erstmal ideologisch bzw diskurskritisch zu verorten, bevor ich mich dem Wahrheitsgehalt ihrer "Fakten" widme. Das ist zugegebenermaßen oft sehr schwer zu vermitteln, wie ich auch gerade in diesem Thread bemerke. Aber nur so finden wir, denke, ich zu einem tiefgreifenderen Verständnis dessen, was in der Welt passiert (bzw unseres Zugangs zu derselben).

  • Nun, diese Disskussion entwickelt sich schneller, als ich hinterher komme ! oO
    Muss mich erstmal noch auf Bewerbungsgespräch morgen konzentrieren und vorbereiten !

    nur ist die Frage, auf welche Medien wir überhaupt zurückgreifen wollen, durchaus legitim; ich sehe da eben nicht mehr den großen Unterschied zwischen der Berichterstattung der "freien Welt" und derjenigen aus Ländern mit offenen Autokratien, zumindest wird diese Grenze immer schwammiger.

    So sehe ich das auch ! Deswegen halte ich grundsätzlich jede Quelle für zitierfähig.
    Die Frage ist, wie ich mit den zitierten Informationen umgehe. Wie ich sie selber interpretiere und kommentiere. In diesem Zusammenhang war es ja durchaus ein sehr triviales Thema. Ich wüsste nicht, was es für einen Unterschied machen sollte, hätte ich nun das gleiche Thema von SpiegelTV verlinkt ! Für mich macht das absolut keinen Unterschied. Wenn jemand die Verlinkung gewisser Medien als Werbung oder Akzeptanz dieser ansieht, ist das nicht mein Problem. Ich sehe die ganze Branche als problematisch an. Von daher mache ich da keine Ausnahmen ! Die Entscheidung zwischen gutem und bösem Journalismus ist sinnlos. Allenfalls kann man hier zwischen eher Gutem und Schlechtem unterscheiden.