Die Doppelmoral der Alten

  • Übrigens bin ich dagegen, Kinder nach dem Vorbild der Hundeerziehung zum willenlosen Untertan zu machen. Das ist ja im Grunde genau das, was Kindergarten, Schule und Ausbildungsbetrieb in einer ca. 15-jährigen ungestörten Indoktrinierungphase vornehmen.

    1. Man ist kein Willenloser Untertan, wenn man interniert hat, wie man sich richtig hinsetzt, dass man den Lehrer im Unterricht nicht unterbricht und sich generell nicht wie ein Arschloch verhält. Ich möchte lediglich, dass Schüler nicht nachdenken müssen, wie man seine Kritik am System sinnvoll und möglichst gewaltfrei anbringt.
    Aber ich verstehe deine Bedenken, wenn der Staat anfängt, funktionierende Lehrmethoden zu verwenden. Warum beim sozialen Verhalten stehenbleiben, wenn es genauso einfach ist, den Meinungen der SchülerInnen eine Richtung zu geben?
    2. Der Mensch ist kein Hund. Er wurde nicht nach Willenlosigkeit gezüchtet. Solange du nicht die Geschichte aus dem Gedächtnis der zukünftigen Menschen löschst, werden sie lernen und können jede "Indoktrinierung" rückgängig machen. (Siehe uns zwei)


    was erwartet die Gesellschaft von mir und wie kann ich ihr am besten nützen?


    In einem anarchistischen Forum mag die Frage vielleicht negativ aufstoßen (ist doch negativ von dir gemeint, oder?), aber die Alternative dazu ist doch: "Scheiß auf die Gesellschaft, hauptsache mir geht es gut?"
    Das was die Welt so Kacke macht, ist doch gerade die Gier und das egoistische Streben des reichsten einen Prozentes.
    In diesem Kontext macht dein Satz Sinn: Die Kinder sollten nicht ein schlechtes System unhinterfragt unterstützen und sich fragen, wie sie dieses unterstützen können.
    Wenn man wie ich, die Gesellschaft als die Gemeinschaft aller Menschen betrachtet, sollte man jedoch wissen, was sie von einem erwartet, um ausgehend davon zu überlegen, womit man ihr (und damit allen Menschen - auch mir selbst) am besten nützen kann.
    Und letzteres muss nicht mit den Erwartungen übereinstimmen.


    An der bloßen Frage "Was willst du mal werden?" find ich wenig schlimmes. Wenn man es natürlich als eine Aufforderung versteht, sich in die Gemeinschaft als Herdentier einzugliedern, verstehe ich eine Kritik daran. Persönlich sehe ich es als "Was willst du später mal machen?". Als Orientierung, wie man sein Leben gestalten will. Für meine Helpokratie ist die Frage die wichtigste überhaupt.


    Aber irgendwie habe ich das Gefühl, du siehst das System der Schule als feindliches Lager und den Lehrplan als Grundlage einer Kampfstrategie gegen das freie Denken.
    Das ist so nur sehr eingeschränkt wahr. Zumindest in Bayern ist einer unserer wichtigsten Bildungsaufträge SchülerInnen zu befähigen ihre eigene Meinung zu bilden und begründet vorzutragen. Auch an den Lehrinhalten der meisten Fächer kann ich nicht erkennen, weshalb diese schlecht sind. Ohne Schule könnten wir uns hier noch nicht einmal schriftlich und gebildet kritisch dazu äußern.
    Die Kritik an der Art des Unterrichtens kann ich verstehen (unter anderem, weil sie jede natürliche Neugier tötet). Hier ist definitiv Verbesserungsbedarf. Aber man muss anerkennen, dass es in der Geschichte der Menschheit in dieser Größenordnung bisher nichts Besseres oder gar Vergleichbares gab.
    Ich kann als Beamter arbeiten, obwohl ich offener Gegner des Systems, Atheist und nicht Parteimitglied bin.
    Irgendwann muss man eben erkennen - Das Problem ist nicht immer das System. Manchmal sind es einfach die Menschen im System, die zu bequem oder zu doof sind, ihre eigene Freiheit zu benutzen.


    (Die stetige Propaganda für das kapitalistische Wirtschaften und der Alternativlosigkeit einer Schere zwischen Arm und Reich kommt vorwiegend nicht aus der Schule. Alle Medien und Parteien arbeiten hier Hand in Hand.
    Ähnliches gilt für die Art des Unterrichtens, unsere Form der Demokratie, die Form des Rechtsstaates. Gerade die Politik musste zur eigenen Existenzsicherung diese Systeme im Lehrplan positiv darstellen.)

  • 1. Man ist kein Willenloser Untertan, wenn man interniert hat, wie man sich richtig hinsetzt, dass man den Lehrer im Unterricht nicht unterbricht und sich generell nicht wie ein Arschloch verhält.

    Ich bin nicht automatisch ein Arschloch, nur weil ich meine Ruhe haben will. Wenn ich aus dem Fenster schauen oder meinen Träumen nachjagen möchte. Ich bin auch nicht ein Arschloch, wenn ich friedlich in meinem Bett liege, aber die Polizei in der Tür steht, weil ich gegen die "Schulpflicht" verstoßen habe (im Schlaf!).
    Ich tu niemanden etwas. Wenn ein Lehrer mich aber zu Sachen zwingen will, dann greift er damit viel mehr in meinen Alltag ein, als ich es mir bei anderen je trauen würde.


    Gewürzt wird das Ganze mit Drohungen, Ziffern in ein Heft aus Papier einzutragen. Manchmal droht er auch mit einem Kollegen, der aber lediglich für ihn hierarchisch höher steht und ich deshalb nicht erkennen kann, weshalb der Schüler ausgerechnet danach gehorchen soll. Der Direktor ist immer noch sein Vorgesetzter, nicht meiner.


    2. Der Mensch ist kein Hund. Er wurde nicht nach Willenlosigkeit gezüchtet. Solange du nicht die Geschichte aus dem Gedächtnis der zukünftigen Menschen löschst, werden sie lernen und können jede "Indoktrinierung" rückgängig machen.

    Wenn, wie in meinem Beispiel von eben, eine freie Entscheidungsausführung direkt versucht wird im Keim zu ersticken, dann findet hier sehr wohl eine beabsichtigte Willenseinschränkung statt. Schon wer sich erhebt, weil die Glocke läutet (und nach den Regeln der Schule damit die Stunde endet), der wird direkt den Lehrersatz hören, den wohl jeder Schüler schon einmal vernommen hat: ICH BEENDE HIER DIE STUNDE!


    Das ist der Hohn! Erst werden einem Regeln in den Kopf geprügelt und selbst wenn man sie verinnerlicht hat, ist das immer noch zu viel Selbstständigkeit, weil das Regelwerk bei Bedarf einfach geändert werden kann. Ein freier Wille und nachvollziehbare Regeln sehen für mich jedenfalls anders aus.


    Versuche auch mal einem Polizisten, der dich nach deinem Warndreieck fragt, in gleicher Weise nach seinem Dienstausweis zu fragen. Du kannst davon ausgehen, dass du für diese nicht legitimierte selbstständige Handlung direkt mit dem vollen Programm konfrontiert wirst. Quasi als Lerneffekt für dich. Kannst dann auch gleich noch ins Röhrchen pusten, dein Verbandskasten vorzeigen oder direkt mit aufs Revier.


    Im Berufsleben dasselbe: Widersprich deinem Vorgesetzten. Das wird nicht gut enden, selbst wenn du dir in der Qualität deiner Arbeit nie hast was zu Schulden kommen lassen.


    Es scheint auch so ein unbeschriebenes Gesetz zu sein, je jünger man ist, desto weniger freier Willen wird einem zugestanden. Wenn ein dreijähriges Kindergartenkind sein Essen zu sich nehmen soll und es inbrünstig NEIN sagt, dann wird die Erzieherin große Augen machen, laut werden und das nicht einfach so akzeptieren.
    Glücklicherweise wird einem zumindest mit fortschreitenden Alter mehr und mehr zugestanden, selbst zu entscheiden, ob und worauf man Appetit hat. Aber das ist dann auch schon fast das einzige.


    Und was das Thema Rückgängigmachen betrifft: Als ob du so einem indoktrinierten Korangläubigen zwanzig Jahre später noch etwas anderes erzählen kannst, nachdem er seit Kindesbeinen gelehrt bekommen hat, wie alles zu sein hat. Nicht nur, dass grübeln ihn auf keine andere Gedanken bringen würde, nein, er käme noch nicht mal ins grübeln, weil er sich in einem Umfeld befindet, in dem er sich das nicht wagen wird.
    Und in der restlichen Gesellschaft ist das ganz ähnlich. Welcher Arbeitnehmer denkt denn heute laut über Anarchie nach? Welcher Mitarbeiter eines Privatunternehmens über Kommunismus? Noch nicht mal, wenn ein Chef fragen würde, was einem an ihm nicht gefällt, würde er eine ehrliche Antwort bekommen. Genauso wie beim Bewerbungsgespräch, wenn gefragt wird, was denn die eigenen Schwächen seien. Da werden staatlich lieber teure Kurse finanziert, um den Leuten beizubringen darauf richtig zu antworten, als dass man den freien Willen des Individuums hochhält.


    In einem anarchistischen Forum mag die Frage vielleicht negativ aufstoßen (ist doch negativ von dir gemeint, oder?), aber die Alternative dazu ist doch: "Scheiß auf die Gesellschaft, hauptsache mir geht es gut?"

    Du hast ein falsches Bild von Anarchismus. Aber was heißt schon falsch? Im Grunde ist es das Bild, was die Meisten haben und deshalb sagen, Anarchie würde nicht funktionieren (womit sie natürlich zweifelsohne Recht haben).
    Es gibt allerdings noch eine andere Form des Anarchismus. So möchte ich zum Beispiel in Ruhe gelassen werden und mein Ding machen. Gleichzeitig bin ich der Letzte, der durch rücksichtsloses Verhalten andere belästigt oder nicht hilfsbereit wäre, wenn er gebraucht wird. Ein Wort und ich bin zur Stelle!
    Ich nehme auch von überall meinen Müll mit und verhalte mich daher viel weniger uneigennützig, als Teile der Bevölkerung, die täglich in der demokratischen und sozialen Grundordnung leben und sich dieser verschrieben haben. Aber die ausgelassene Party samt Müllberg am Wochenende muss halt sein, um sich zumindest für ein paar Stunden wieder die Freiheit zurückzuholen, die einem die ganze Woche gestohlen wurde.


    Wenn man wie ich, die Gesellschaft als die Gemeinschaft aller Menschen betrachtet, sollte man jedoch wissen, was sie von einem erwartet, um ausgehend davon zu überlegen, womit man ihr (und damit allen Menschen - auch mir selbst) am besten nützen kann.

    Ich bewundere deine Philanthropie, aber mir wäre sie auf Dauer zu anstrengend. Warum sollte ich mich mit der Gesellschaft gut stellen? Inwieweit ist sie denn bemüht, sich mit mir gutzustellen? Ich sehe Leute, die Idealen hinterherjagen, die nicht nicht nachvollziehen kann. Ich sehe Raffgier, Dollarzeichen in den Augen, und ich sehe eine leere Hauswand, wenn ich dort mein Fahrrad zwei Stunden unabgeschlossen abstelle.
    Vor allem politisch sehe ich immer mehr Machthaber und ihre Gefolgsleute, die statt weiser, jeden Tag etwas dümmer werden und mit immer absurderen Sachen um die Ecke kommen. Überwachungspläne zum Beispiel, mit denen sie mit jedem Mal mir etwas näher kommen und mich in meiner Privatsphäre einschränken, als es mir bei anderen je in den Sinn kommen würde.


    An der bloßen Frage "Was willst du mal werden?" find ich wenig schlimmes. Wenn man es natürlich als eine Aufforderung versteht, sich in die Gemeinschaft als Herdentier einzugliedern, verstehe ich eine Kritik daran. Persönlich sehe ich es als "Was willst du später mal machen?". Als Orientierung, wie man sein Leben gestalten will. Für meine Helpokratie ist die Frage die wichtigste überhaupt.

    Die Fragestellung "was willst du später mal machen?" finde ich in der Tat viel besser. Leider habe ich sie so noch nie gehört. Und wenn, dann wohl eher aufgrund eines verunglückten Satzbaues. Im Inhalt dürfte die Frage zu nahezu 100 % immer auf die Sache abzielen, wie man denn der Gesellschaft gedenkt die nächsten 50 Jahre zu dienen, bis man dann das Alter erreicht hat - übrigens durch jene beschlossen, die man mittlerweile gelernt hat als Instanz zu akzeptieren - ab dem man nicht mehr nützlich sein muss (und auch das nur, machen wir uns nichts vor, weil man körperlich nicht mehr zu verwerten ist).


    Das ist so nur sehr eingeschränkt wahr. Zumindest in Bayern ist einer unserer wichtigsten Bildungsaufträge SchülerInnen zu befähigen ihre eigene Meinung zu bilden und begründet vorzutragen.

    Ausgerechnet in Bayern, wo man jetzt in jedem öffentlichen Gebäude mit Religion und dem Glauben an eine Märchenfigur belästigt wird. Ausgerechnet in Bayern, das bekannt dafür ist, dass dort noch Zucht und Ordnung herrscht. Bayern, das wie kein Bundesland, noch alten Konventionen und dümmlichen Traditionen folgt. Bayern, wo bereits von Verräterum gesprochen wird, wenn in einem Dorf einer tatsächlich statt CSU die SPD gewählt hat.
    Bayern, wahrlich die Vorstufe zum Paradies!


    Ohne Schule könnten wir uns hier noch nicht einmal schriftlich und gebildet kritisch dazu äußern.

    Also ich habe lesen und schreiben in der Grundschule gelernt. Danach nicht mehr. Da ging es dann im Deutschunterricht nur noch um Gedichte, die man stur auswendig lernen musste (womit wir wieder beim Thema sind). Oder es ging um sonstigen alte Redensarten, Schriftstücke oder anderen Quatsch, der später im Alltag ohnehin keinen Belang mehr haben wird.


    Wie gesagt, die Grundschule hingegen war eine gute Zeit. Mag wohl daran liegen, dass man von den kleinen Menschen noch nichts wollte, was sie nicht auch wollten.


    Die Kritik an der Art des Unterrichtens kann ich verstehen (unter anderem, weil sie jede natürliche Neugier tötet). Hier ist definitiv Verbesserungsbedarf. Aber man muss anerkennen, dass es in der Geschichte der Menschheit in dieser Größenordnung bisher nichts Besseres oder gar Vergleichbares gab.

    Wieso sollte man etwas anerkennen, was es eh noch nie anders gab? Wo ist da die Entscheidungsmöglichkeit zwischen A und B, wenn es nie eine Alternative gegeben hat?


    Ich kann als Beamter arbeiten, obwohl ich offener Gegner des Systems, Atheist und nicht Parteimitglied bin.

    Schon wenn du dich weigerst, den traditionellen und pathetischen Diensteid zu schwören, kannst du das mit deiner Beamtenlaufbahn vergessen.


    Irgendwann muss man eben erkennen - Das Problem ist nicht immer das System. Manchmal sind es einfach die Menschen im System, die zu bequem oder zu doof sind, ihre eigene Freiheit zu benutzen.

    Welche Freiheit noch mal? Jene im Supermarkt zwischen zehn verschiedenen Joghurtsorten wählen zu dürfen, aber bei der Bundestagswahl nur zwischen zwei Parteien?
    Oder die Freiheit, sich dem System anzubiedern oder halt alternativ sozial geächtet zu existieren?
    Oder doch die Freiheit, eben immer dann essen zu dürfen, wenn man Appetit hat und nicht, weil ein anderer einem das sagt?


    (Die stetige Propaganda für das kapitalistische Wirtschaften und der Alternativlosigkeit einer Schere zwischen Arm und Reich kommt vorwiegend nicht aus der Schule. Alle Medien und Parteien arbeiten hier Hand in Hand.


    Die können nur daran anschließen, was in der Schule in jungen Jahren begonnen wird, in die Köpfe zu pflanzen. Nämlich Leistung, Wachstum und streben nach Erlösung. In der Schule sind es noch stumpfe Zahlen im Notenheft, später dann das neueste Smartphone oder ein großes Auto.


    Wem eine Leistungsgesellschaft, in der man die Hälfte seines Tages verschenkt und die andere braucht, um sich mittels Schlaf davon zu erholen, nicht über Jahre als völlig normal verkauft wurde, der wird nicht nach Schulende sofort losjagen und versuchen in - ebenfalls gelernter - Ellenbogenmanier sich den besten Ausbildungsplatz in einem Betrieb zu ergattern, wo oben beschriebenes fortan sein Alltag sein wird, bis man ihn eines Tages nicht mehr braucht und dann fallen lässt wie eine heiße Kartoffel.


    Ohne das interagieren eines Lehrers, der eine Klassenarbeit mit einer schlechten Note direkt als Faulheit oder Unfähigkeit abstempelt und den Rat mit auf dem Weg gibt, das nächste Mal etwas fleißiger zu lernen, ohne dieses vermitteln wird auch niemand schon in jungen Jahren darauf geeicht sein, dass Faulheit etwas schlechtes sein muss. Schließlich hat Herr Lehrer ja zu dem Schüler gesagt: "wenn du so weiter machst, wirst du es mal sehr schwer im Leben haben".


    Oh wei! Ich sitze hier zwar in der Schule und kenne noch kein anderes Leben, aber scheinbar ergeht es einem später schlecht, wenn man nicht fleißig und stets folgsam ist. Da werde ich mich mal lieber zusammenreißen! Sonst muss ich noch auf diese Hauptschule, mit der schon so oft gedroht wurde. Ich weiß zwar nicht, wie es dort wirklich ist, aber es hört sich nicht gut an. Gerüchteweise kommen dort alle die hin, die später ihr Leben lang Klos putzen müssen. Und das möchte ich auf keinen Fall! Außerdem erwarten meine Eltern gute Leistungen von mir. Denn schon ihr Lehrer sagte ihnen damals, dass es nur die Besten nach ganz oben schaffen!

    4 Mal editiert, zuletzt von Unmensch ()

  • 1. Man ist kein Willenloser Untertan, wenn man interniert hat, wie man sich richtig hinsetzt, dass man den Lehrer im Unterricht nicht unterbricht und sich generell nicht wie ein Arschloch verhält.

    Bei letzterem gebe ich dir recht, aber ich habe noch kein Arschloch gesehen dass durch die Internierung in der Schule ein besserer Mensch wurde, eher dass durch die Schule erst so manche Menschen zu Arschlöschern wurden. Der Rest ist als würde man wilde Hunde domestizieren wollen, man domestiziert eben stattdessen wilde Kinder. Und natürlich sind mir Hunde die nicht beißen ebenso lieber wie Kinder die sich halbwegs zivilisiert verhalten können.
    Doch dazu muss vorher erst die unbändige und wilde Natur dieser Kinder gebrochen oder umgeformt werden, was uns zu äußerst angepassten und fügsamen Mitglieder der Gesellschaft macht. Man verhält sich halt fortan wie es von einem erwartet wird und genau diesem angepassten Verhalten liegt eine gewisse willenlose Untertänigkeit zugrunde. Ich sehe das zwar nicht per se als als etwas schlechtes an, aber diese Unterwürfigkeit birgt auch ein gewisses Gefahrenpotenzial. Menschen haben nie aufgehört einander in ''wir'' und ''die anderen'' einzusortieren, angefangen bei kleineren Cliquen in den Schulen bis hin zu ganzen Nationen. Und solch eine Herdenmentalität ist eben besonders dann brandgefährlich, wenn sie mit angepassten Systemmenschen korreliert, die schon im Kindesalter gelernt haben sich den Anforderungen der Gemeinschaft ungefragt zu unterwerfen.

    "Scheiß auf die Gesellschaft, hauptsache mir geht es gut?"
    Das was die Welt so Kacke macht, ist doch gerade die Gier und das egoistische Streben des reichsten einen Prozentes.

    Und genau weil es dieses eine reichste Prozent gibt und unsere gesamte Politik und Gesellschaft so aufgebaut ist diesem einen Prozent zu nützen, lohnt sich so ein aufopferungsvolles gemeinschaftsorientiertes Verhalten nicht, da es nur dazu führt ausgebeutet zu werden und den Reichtum dieser Leute weiter zu vergrößern. Natürlich bringt es nicht viel Egoismus mit Egoismus zu bekämpfen, aber es bringt auch nichts eine ungerechte Gesellschaft zu unterstützen.

    An der bloßen Frage "Was willst du mal werden?" find ich wenig schlimmes. Wenn man es natürlich als eine Aufforderung versteht, sich in die Gemeinschaft als Herdentier einzugliedern, verstehe ich eine Kritik daran.

    Vielleicht wäre es gerade in dem Alter wo diese Frage so häufig gestellt wird, wichtiger junge Menschen dazu zu ermutigen herauszufinden wer sie eigentlich sind, warum sie so denken wie sie denken und sich verhalten wie sie sich verhalten, bevor man sie vor die Wahl stellt etwas bestimmtes zu ''werden''. Nur wer sich selbst kennt, kann auch den richtigen Weg einschlagen der zu ihm passt.

    Das ist so nur sehr eingeschränkt wahr. Zumindest in Bayern ist einer unserer wichtigsten Bildungsaufträge SchülerInnen zu befähigen ihre eigene Meinung zu bilden und begründet vorzutragen.

    Ich bin schon eine Weile aus der Schule raus und komme auch nicht aus Bayern, aber aus eigener Erfahrung würde ich sagen dass dies nur bedingt zutrifft. Du wirst in erster Linie dazu ermuntert eine Meinung zu bilden die den festgelegten Erwartungen der Institutionen entspricht und die dich dazu befähigkeit ein produktives Mitglied der Gesellschaft zu sein. Es wird eine Meinung mit möglichst wenig ecken bevorzugt welche nirgends anstößt, schließlich sollst du den reibungslosen Ablauf nicht stören.
    Du darfst dich beim äußern deiner eigenen Meinung bis zu einem gewissen Grad innerhalb eines festgelegten Rahmens frei und ungestört bewegen, dies soll dir aber lediglich die Illusion von Freiheit vermitteln, wenn du beginnst an den Grundfesten der bestehenden Ordnung zu rütteln wird man dich schon ganz unmissverständlich auf die Grenzen deiner freien Meinungsbildung hinweisen.
    Das ist wie in Videospielen mit sandbox Elementen oder welche offen begehbar sind, innerhalb des festgesetzten Rahmens gesteht man dir gewisse Freiheiten zu und lässt dich dinge verändern um das Spielerlebnis angenehmer zu gestalten, aber darüber hinaus hast du keine Handlungsfreiheit und wirst irgendwann an die Grenzen der freien Begehbarkeit stoßen. Genauso verhält es sich mit der Illusion einer freien und uneingeschränkten Meinungsbildung und Meinungsäußerung.

    Ich kann als Beamter arbeiten, obwohl ich offener Gegner des Systems, Atheist und nicht Parteimitglied bin.

    Ich bezweifle dass du als offener Gegner des Systems als Beamter arbeiten kannst.


    „Reichsbürger“: Warum sie keine Beamten sein dürfen - WELT


    Ich denke als Anarchist würde einem ähnliches drohen, jedenfalls sofern man als Bedrohung wahrgenommen werden würde.

    ''Everyone around me, they feel connected to something. Connected to something, I'm not.''
    Motoko Kusanagi

    4 Mal editiert, zuletzt von Shinobi ()

  • @Shinobi , @Unmensch :


    Wie ich bereits geschrieben habe, das jetzige System gefällt mir auch nicht und mein Vorschlag, funktionierende Methoden zu verwenden, bezieht sich nur bedingt auf mein ideales Bildungssystem.


    Aber grundlegend seid ihr davon ausgegangen, dass ich davon sprach Kinder zu gehorchenden Lakaien auszubilden. Nur weil ein Kind durch Leckerlis etc. dazu trainiert wurde im Unterricht nicht vom Hocker zu fallen und Papierflieger zu werfen, ist es doch noch nicht willenlos.
    Wenn man versucht Meinungen einzupflanzen, gebe ich euch Recht - das wäre fatal. Ein Mensch kann jedoch ohne weiteres der Meinung sein, die Erde wäre flach und gleichzeitig in der Lage sein, das in Worten zu äußern, statt es dem Nachbarn in das Hirn einzuprügeln.
    Zudem bezieht sich das Training allein auf das Verhalten im Klassenzimmer. Deswegen kann doch das Kind zuhause immer noch den Teppich mit Scheiße beschmieren und später einmal Graffitti an Wände kritzeln.


    Und überhaupt, wenn die Schule so gut wäre im Erzeugen von Einheitsmenschen, wie sind dann wir als frei denkende Menschen raus gekommen?
    Ich durfte mir immerhin zuhause Bücher durchlesen, die ich mir selber aussuchen durfte. Und wie ich oben ebenfalls bereits erwähnte, sind die Lehrinhalte aus der Geschichte und vor allem der Ethik-Unterricht Gold wert. Selbst wenn die LehrerInnen noch so indoktriniert sind, werden die Schüler anhand der Taten der Vorfahren alleine erkennen, dass es auch andere Wege gibt zusammen zu leben. Und ich erinnere mich sehr gut daran, von der französischen Revolution in der Schule gelernt zu haben, in der die Bürger sich gegen den dekadenten Adel erhoben haben.


    Der Mensch ist kein Pudel. Und die Pubertät in Kombination mit Bildung bietet genug Mittel und Wege frei zu denken. Und so Kacke wie ich "Jugend debattiert" finde, lernen Kinder damit z.B. sich eben gerade auch mal mit anderen Meinungen auseinander zu setzen...

    Im Berufsleben dasselbe: Widersprich deinem Vorgesetzten. Das wird nicht gut enden, selbst wenn du dir in der Qualität deiner Arbeit nie hast was zu Schulden kommen lassen.

    Das was du hier ansprichst, ist das Rudelverhalten des Homo Sapiens. Wie gesagt, finde ich die Strukturen ebenfalls nicht gut, aber du und ich sind hier evolutionäre Ausreißer. Zumindest ich bin weder Rudelführer, noch Mitläufer, sondern derjenige, der sich mit dem Rudelführer auf der gleiche Stufe sieht. Ich hinterfrage die Entscheidungen des Rudelführers, berate ihn und bin durchaus gewillt lieber das Rudel zu verlassen, als ihm die Position streitig zu machen - auch weil mir oft genug die Stärke und das Auftreten fehlte, um die Mitläufer auf meine Seite zu ziehen.
    Man mag es Kacke finden und von einer idealen Anarchie träumen, aber leider musste ich erkennen, die Menschen sind biologisch nicht in der Lage für eine andere Gemeinschaftsstruktur. Du kannst über manche Mechanismen das Rudelgefüge aufweichen, aber egal wo du hinsiehst, du wirst keine Gruppe Menschen finden, die nicht eine gewisse Hackordnung haben (Hallo, sogar hier im Forum gibt es eben einen der alle rauskicken oder es ganz dicht machen kann)


    Es gibt allerdings noch eine andere Form des Anarchismus. So möchte ich zum Beispiel in Ruhe gelassen werden und mein Ding machen. Gleichzeitig bin ich der Letzte, der durch rücksichtsloses Verhalten andere belästigt oder nicht hilfsbereit wäre, wenn er gebraucht wird. Ein Wort und ich bin zur Stelle!

    Das ist genau die Art von Anarchismus, die ich mir auch wünsche bzw. genauso verstehe auch ich Anarchismus und deswegen bin ich ja auch hier.
    Aber selbst wenn wir es nicht mit nur intelligenten Rudeltieren zu tun hätten - manche komplexere Zusammenhänge sind für Einzelgänger nicht mehr erkennbar. Wie ich anderswo bereits geschrieben hatte. Für einen Einzelnen ist es völlig klar, wenn ich Wasser lassen muss, ist der Brückenpfeiler genauso gut wie alles andere. Auch wird kein Stadtpark der Welt zugrunde gehen, wenn ich da an einen Baum pisse.
    Viele Verhaltensweisen scheinen harmlos (Müllberg nach einer Party etc.), aber sie sind es nicht. Der Mensch hat mit seiner Technik und allein durch seine pure Anzahl ein Level erreicht, in der wir entweder uns irgendwie sinnvoll organisieren/absprechen oder den Abgrund hinunterspringen.
    Sorry, aber wer glaubt, er könne durch anarchistische "Scheiß auf den Staat"-Haltung oder durch Steine werfen auf Polizisten den Zug anhalten, der ist genauso ein Lemming, wie der biedere Durchschnittsbeamte. Während die BRD mit all den braven Bürgern mit Vollgas und freudestrahlend auf die Klippe draufhält, saufen sich viele Anarchisten im Speisewagen zu, rauchen Gras und machen sich lustig über die anderen.
    Ich bin übrigens der, der sowohl den braven Bürgern als auch den Anarchisten mitteilt, dass der Zug anhalten könnte, wenn wir alle gleichzeitig an der Handbremse ziehen, während mir beide Parteien sagen "Du wirst nie alle davon überzeugen können, mitzumachen."

    Ausgerechnet in Bayern, wo man jetzt in jedem öffentlichen Gebäude mit Religion und dem Glauben an eine Märchenfigur belästigt wird.

    Ja, ist schon lustig hier. Hab gelesen, viele Verbrecher ziehen z.B. nach Berlin, weil es ihnen hier zu streng zu geht. ("Was haben die Römer denn je für uns getan?" ...)

    Welche Freiheit noch mal? Jene im Supermarkt zwischen zehn verschiedenen Joghurtsorten wählen zu dürfen, aber bei der Bundestagswahl nur zwischen zwei Parteien?

    In etwa so. Übrigens sind die meisten (alle) Menschen zu doof zwischen zehn verschiedenen Möglichkeiten zu wählen - das überfordert sie nämlich - Studien haben herausgefunden, dass die Kunden dann lieber ohne Joghurt nach Hause gehen, wenn sie zuviel Auswahl haben. Ideal sind zwei oder drei. Oder denkst du es ist Zufall, dass es nur zwei große Parteien gibt?

    Die können nur daran anschließen, was in der Schule in jungen Jahren begonnen wird, in die Köpfe zu pflanzen. Nämlich Leistung, Wachstum und streben nach Erlösung.

    Soweit ich weiß, wurde das Schulsystem erst nach dem Kapitalismus erfunden. Und bereits vor dem Turbokapitalismus gab es Menschen, die mehr wollten als zu essen und zu schlafen.
    Ich ärgere mich übrigens manchmal, dass ich so sehr beschäftigt war das System verbessern zu wollen, dass ich zu wenig Energie darauf verwendet habe, überhaupt zu lernen, wie das System funktioniert, wie es entstanden ist, wer es erfunden hat und welche Kritikpunkte es heute und früher dazu gab.
    In der Physik zum Beispiel wird man neue Erkenntnisse tatsächlich erst dann finden können, wenn man den Schrott einfach lernt. Höhere Mathematik ist der einzige Weg, um mehr über das Universum zu erfahren. Es gibt keine Abkürzung.
    Und ähnlich ist es mit der Demokratie oder dem Bildungssystem. Man muss sich mal genauer anschauen, wie es aufgebaut ist, welche Theorien es dazu gibt, um bessere Wege zu finden.
    Und glaub mir, je mehr "unnötiges" Wissen den SchülerInnen "aufgezwungen" wird, desto besser. Die Alternative ist, wir lassen die Jugendlichen alleine mit ihren Eltern und Freunden. So gern ich glauben will, dass sich alle (!) mit Geschichte, Mathematik etc. beschäftigen würden, viele würden sich nur für ihr Lieblingsthema interessieren.
    Gerade Mathematik und die Naturwissenschaften sind die Bereiche in denen es sowieso am meisten mangelt. Die Politik kann uns nur deshalb Elektroautos oder Energiesparlampen als toll verkaufen, weil man den Lehrern in der Schule nicht zugehört hat. Am Ende klingelt es in der Kasse der Wirtschaft und die Umwelt ist schlechter dran als vorher.

    Du wirst in erster Linie dazu ermuntert eine Meinung zu bilden die den festgelegten Erwartungen der Institutionen entspricht und die dich dazu befähigkeit ein produktives Mitglied der Gesellschaft zu sein.

    Das ist korrekt. Die Grenzen des Rahmens werden aber vom System her gar nicht einmal so stark eingegrenzt. Ich mein den Holocaust darfst du nicht leugnen (Straftat) und in Religion wird man mit der Behauptung, es gibt keinen Gott sicherlich anecken, aber keine Bestimmung verbietet dir, deine kommunistischen oder anarchistischen Gedanken zu äußern.
    Da kommt die Begrenzung eher aus den Köpfen der Mitmenschen (SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen). Die gab es auch schon bevor es Schulen gab. Und wird es bei dieser Menschheit immer geben, solange die Mehrheit ähnliche Ansichten vertritt.
    Und ehrlich gesagt, habe auch ich etwas davon, wenn die ausgelernten Erwachsenen produktive Mitglieder der Gesellschaft werden. Wenn jeder Hartz IV Empfänger oder Erbe wird, dann muss ich mir mein Essen selber anbauen - und da hab ich keinen Bock drauf.


    Schon wenn du dich weigerst, den traditionellen und pathetischen Diensteid zu schwören, kannst du das mit deiner Beamtenlaufbahn vergessen.

    Ich bezweifle dass du als offener Gegner des Systems als Beamter arbeiten kannst.

    Beides richtig. In Bayern muss man als angehender Beamter angeben zu welchen verfassungsfeindlichen oder extremen Parteien/Religionen man gehört. Und da wird man als Parteimitglied der Linkspartei es eventuell schwer haben (offiziell zwar nicht, weil ein Aussieben nach Parteiangehörigkeit verfassungswidrig wäre, aber ich bin mir derzeit ziemlich unsicher, wie ernst meine KollegInnen und Vorgesetzten ihren Eid überhaupt nehmen - siehe Söders Kreuz) .


    Hab aber bereits "lebenslänglich" ("auf Lebenszeit ...") gekriegt, bin daher schwer aufgrund meiner Ansichten aus dem Beruf zu katapultieren.
    Es sei denn ich wäre Reichsbürger. Da kann ich die Haltung des Staates aber durchaus verstehen.
    Reichsbürger behaupten, eine BRD gibt es gar nicht und das deutsche Reich bestehe fort. Sie zu entlassen ist nur konsequent. Wie soll man denn ein Beamter der BRD sein, wenn man deren Existenz leugnet? Nicht existente Staaten zahlen keine Gehälter.

  • Ein Mensch kann jedoch ohne weiteres der Meinung sein, die Erde wäre flach und gleichzeitig in der Lage sein, das in Worten zu äußern, statt es dem Nachbarn in das Hirn einzuprügeln.

    Der Mensch täte gut daran, gar nicht erst an solch einen Unsinn wie die Flacherde zu glauben. Tun aber trotzdem viele. Und wer nicht daran glaubt, den wird es halt mit Worten ins Hirn geprügelt. Das Netz ist voll mit unzähligen Rattenfängern, die einen mit ihrer Sicht auf die Dinge "informieren" möchten. Verbal. Und wenn sie nur genug Macht hätten, würden sie auch vor dem Gummiknüppel nicht zurückschrecken.

    Zudem bezieht sich das Training allein auf das Verhalten im Klassenzimmer. Deswegen kann doch das Kind zuhause immer noch den Teppich mit Scheiße beschmieren und später einmal Graffitti an Wände kritzeln.

    In der Theorie ist alles möglich. Aber wie sieht denn die Realität aus? Wie viele von denen, welche die Schule zur Zufriedenheit ihrer Lehrer abschließen, werden hinterher Sprayer, Hausbesetzer oder ziehen in einen Bauwagen? Niemand. Zumindest nicht langfristig. Manche sind zumindest so krass und machen nach dem Abi ein Jahr das, was sie wollen, ehe dann die Freiheit endet und sie sich genauso dem System hingeben, wie sie das all die Jahre Tag für Tag direkt und indirekt beigebracht bekommen haben.

    Und überhaupt, wenn die Schule so gut wäre im Erzeugen von Einheitsmenschen, wie sind dann wir als frei denkende Menschen raus gekommen?

    Du als Lehrer kannst mir das bestimmt besser beantworten. Wie viel Prozent sind 71 Mitglieder der Unity von 82 Millionen Einwohnern von Deutschland?
    In jedem Fall ist das eine Zahl mit sehr vielen Nullen vor der Kommastelle. Daher war dein Argument eher ein Anti-Argument, denn es zeigt doch sehr deutlich, dass der Zuspruch sehr gering ausfällt, weil die Maße der Einheitsmenschen schlicht überproportional hoch ist. Die Ausnahmen von der Regel gibt es, sie sind aber verschwindend gering.


    Es sind aber auch sehr unfaire Verhältnisse. Das Bildungsmonopol der Schulen ist dank Schulpflicht bei 100 %. Jeder wurde halt schon irgendwann mal beschult. Aber hat auch jeder zumindest mal eine halbe Seite der Unity-Philosophie gelesen?
    Nein? Wie soll denn dann auch Meinungsbildung stattfinden, wenn alles so einseitig und konkurrenzlos vermittelt wird?

    Und wie ich oben ebenfalls bereits erwähnte, sind die Lehrinhalte aus der Geschichte und vor allem der Ethik-Unterricht Gold wert. Selbst wenn die LehrerInnen noch so indoktriniert sind, werden die Schüler anhand der Taten der Vorfahren alleine erkennen, dass es auch andere Wege gibt

    Naja, diesbezüglich hat uns die letzte Wahl etwas anderes gelehrt. Aber auch so manche Polizeistatistik mit Blick auf die rechtsgerichteten Straftaten. Mir kommt es heute so vor, als ob Vergangenes die Schüler heute eher langweilt. Ein Besuch in der KZ-Gedenkstätte? Booooring!

    Und so Kacke wie ich "Jugend debattiert" finde, lernen Kinder damit z.B. sich eben gerade auch mal mit anderen Meinungen auseinander zu setzen...

    Kann ich nichts zu sagen, da es das während meiner Schulzeit nicht gab. Schlecht klingen tut es auf jeden Fall Fall nicht. Stelle ich mir sogar sehr interessant vor. Wieso gibt es das nicht als regelmäßiges Fach in den Schulen?

    Sorry, aber wer glaubt, er könne durch anarchistische "Scheiß auf den Staat"-Haltung oder durch Steine werfen auf Polizisten den Zug anhalten, der ist genauso ein Lemming, wie der biedere Durchschnittsbeamte.

    Hier stimme ich dir bedingungslos zu. Letztendlich ist der schwarze Block auch nichts anderes, als ein großes unberechenbares Rudel von Herdentieren. Viele davon scheinen der Spaßgesellschaft zu huldigen und dort in egoistischer Manier ihre perfiden Gewaltfantasien auszuleben. Auf dem letzten G20-Gipfel war das gut zu beobachten, als verrostete Kleinwagen angesteckt worden sind und man Handyläden plünderte und soviel einsteckte, wie man tragen konnte. Unvergessen auch die I-Phone-Selfies vor den brennenden Barrikaden.
    Was für Volltrottel.

    Übrigens sind die meisten (alle) Menschen zu doof zwischen zehn verschiedenen Möglichkeiten zu wählen - das überfordert sie nämlich - Studien haben herausgefunden, dass die Kunden dann lieber ohne Joghurt nach Hause gehen, wenn sie zuviel Auswahl haben.

    Von einer solchen Studie habe ich noch nie etwas gehört. Zweifle auch an ihrem Wahrheitsgewalt. Vor allem weil ich glaube, dass die Menschen so sehr auf Konsum programmiert sind, dass sie im Zweifel einfach mehrere Sorten mitnehmen und Zuhause dann die nichtgewollten wegschmeissen. Man kennt das ja von Rabatt-Aktionen. Mehr mitnehmen, wenn man dann ein Produkt gratis bekommt. Und diese Aktionen würden nicht veranstaltet werden, wenn sie nicht funktionieren. Wichtig ist, dass irgendwas für einen selber gibt. Notfalls bezahle ich mit meiner Payback-Karte und gebe alle meine Daten preis, nur damit ich mir das Topfset dann für zwei Euro weniger kaufen darf. Ich brauche zwar gar kein Topfset, aber das ist nun mal das einzige, wofür ich meine Treuepunkte einsetzen kann. Also was solls!

    Ideal sind zwei oder drei. Oder denkst du es ist Zufall, dass es nur zwei große Parteien gibt?

    Das hat auch etwas mit dem politischen System in Deutschland zu tun. Mit der fünf Prozent-Hürde und der Aufteilung der Sitze im Parlament. Letztendlich hat es auch etwas mit Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun. Ich bin da selbst nicht anders. Es gibt sicherlich eine totale Randpartei, die auch sehr meine Ziele vertritt, aber ich würde die nicht wählen, weil die halt keiner kennt und bei der letzten Wahl gerade mal 150 Stimmen bekam oder wegen Belanglosigkeit gar nicht erst zugelassen wurde.
    Klar, wenn jeder so denkt wird das nie etwas, aber meine Stimme wäre letztendlich für den Müll, denn bei den wichtigen Entscheidungen im Bundestag wird sie letztendlich nicht mitmischen. Und diese eine Stimme kann dann schon entscheidend sein, wenn die CDU mal wieder plant, die Daumenschrauben noch etwas enger anzieht.


    Und so denken sehr viele Menschen.
    Letztendlich denken sie damit aber immer noch tausend Mal mehr nach, als wenn man SPD und CDU wählt, nur weil man das schon immer tat oder - und es gibt wirklich Leute, die das mit Stolz erzählen - weil sie schon 50 Jahre in der Partei sind und schon ihr Ur-Großvater 1880 für die SPD gestimmt hat.


    Das sind so die üblichen Gründe dafür, weshalb sich wohl auch die nächsten 140 Jahre nichts ändern wird und weiterhin die üblichen Verdächtigen sich im Wechsel die Bälle zuwerfen.

    Und glaub mir, je mehr "unnötiges" Wissen den SchülerInnen "aufgezwungen" wird, desto besser.

    Äußerst gewagte These. Das scheitern der These erlebe ich täglich. Beim Blick aus dem Fenster, auf den Wahlzettel oder in die Tageszeitung.
    Inwieweit hat denn das aufsaugen von dummen Informationen die Menschen jetzt klüger werden lassen?

    So gern ich glauben will, dass sich alle (!) mit Geschichte, Mathematik etc. beschäftigen würden, viele würden sich nur für ihr Lieblingsthema interessieren.

    Klingt nach einem ziemlich anarchistischen Schülerleben. Und wenn man jetzt noch Fachlehrer hat, die in frei zugänglichen Räumen sitzen und die man selbstständig aufsuchen kann, um zu seinem Lieblingsthema noch mehr Wissen aufzusaugen, dann ist das eine ziemliche Win-Win-Situation. Für Lehrer und Schüler.
    Wieso ist noch niemand auf diese geniale Idee gekommen und man prügelt den Kindern lieber unsinnigen Quatsch in den Kopf, den sie sowieso nicht wissen wollen und spätestens nach der Klassenarbeit, für die sie sich zuvor extra noch mal hinsetzen müssen, damit es zumindest für die eine Stunde drin bleibt und danach eh wieder vergessen wird?

    Die Politik kann uns nur deshalb Elektroautos oder Energiesparlampen als toll verkaufen, weil man den Lehrern in der Schule nicht zugehört hat.

    Die Leute, die sich heute Elektroautos leisten können, die gingen zu einer Zeit in die Schule, da wusste man noch nicht mal, was das Wort E-Mobilität bedeute.


    Und dass die Politik uns E-Autos verkauft, das kann ich auch nicht gerade erkennen. Eher werden Lobbyverbände hofiert, deren Ziel es - zumindest momentan - absolut nicht ist, vom Verbrennungsmotor wegzukommen. Ganz im Gegenteil. Bauen sie stinkende Diesel und verarschen ihre Kunden, dann schimpft die Politik mal kurz mit den Vorstandschefs und dann verschwindet man doch wieder gemeinsam im Hinterzimmer.

    Ich mein den Holocaust darfst du nicht leugnen (Straftat) und in Religion wird man mit der Behauptung, es gibt keinen Gott sicherlich anecken, aber keine Bestimmung verbietet dir, deine kommunistischen oder anarchistischen Gedanken zu äußern.

    Ja, zumindest hier nicht. Ein paar Flugstunden entfernt kostet dich das aber bereits deinen Kopf.
    Und selbst in Deutschland bin ich mir langfristig gar nicht so sicher, ob das sich nicht alles noch mal in eine andere Richtung ändern wird. Es ist ja bekannt, dass die Geschichte sich wiederholt und irgendwann sind auch die alten Nazis wieder zurück (fraglich ist nur, ob wir beide das noch miterleben müssen oder nicht).


    Was wir aber derzeit sehr wohl erleben, ist, dass die Reichsbürger ein quasi Berufsverbot auferlegt bekommen, wie man das damals schon in der DDR tat. Und das ist noch gar nicht so lange her. Aber wer dort nicht mitschwamm, durfte weder studieren, geschweige denn den Beruf ausüben, den er machen wollte.

    Und ehrlich gesagt, habe auch ich etwas davon, wenn die ausgelernten Erwachsenen produktive Mitglieder der Gesellschaft werden. Wenn jeder Hartz IV Empfänger oder Erbe wird, dann muss ich mir mein Essen selber anbauen - und da hab ich keinen Bock drauf.

    Dann hängst du ja bereits viel mehr in diesem System drin, als dir das selber bewusst ist. Denn natürlich: wenn morgen der Anarchismus und die freie Welt über uns einbricht (und ich setze trotz aller Illusion jetzt mal die Menschheit mit ausschließlich vernunftbegabten Menschen voraus), dann würde sich in jedem Fall etwas ändern. Dein Alltag wird definitiv ein anderer. Und klar, der ein oder andere Luxus wird damit auch verschwinden.
    Ist halt die Frage, inwieweit man gewillt ist, dafür einzustehen und zum Verzicht oder eben zum Mehraufwand bereit zu sein. Also für mich kenne ich die Antwort.

    Reichsbürger behaupten, eine BRD gibt es gar nicht und das deutsche Reich bestehe fort. Sie zu entlassen ist nur konsequent. Wie soll man denn ein Beamter der BRD sein, wenn man deren Existenz leugnet?

    Es gibt dort draußen sicher ein paar Freidenker mit guten und sinnvollen Jobs, manche werden da auch drin aufgehen und das gut machen. Trotzdem träumen sie von Anarchie.
    Soll man diese jetzt auch rausschmeissen und wieder die Geduckten an die Hebel lassen, weil es ja nur konsequent wäre, Menschen, die an Freiheit und fehlende Unterdrückung - auch im Berufsalltag - glauben, nicht weiter zu beschäftigen?
    Darf mir mein Konto gepfändet werden, weil ich ja Geld verachte und als Machtinstrument der Unterdrückung sehe? Darf man mir auch noch meinen gesamten Besitz wegnehmen, weil ich ja eh gegen kapitalistischen Besitzgüter bin?


    Dieses Urteil darf man sich nicht so einfach machen. Die Geschichte lehrte uns, dass es sehr schnell gehen kann und eine Reglung betrifft plötzlich einen selber.


    Nicht falsch verstehen: Reichsbürger sind mit den Nazis die größten Trottel, die momentan weiten Zulauf finden. Und beide Gruppen sind auch gar nicht so weit voneinander entfernt.
    Aber wo ist denn die Grenze zu den Gedanken vielen Leute hier im Forum, die auch kritisch gegenüber dem Staat eingestellt sind, aber trotzdem von ihm versorgt werden wollen oder müssen? Derzeit - oder früher oder später.
    Ob nun als Beamter, Arbeitsloser, Rentner oder schwer Erkrankter oder gar Obdachloser, der zumindest in der Suppenküche ab und an seine Mahlzeit benötigt. Sie alle hängen gezwungenermaßen in diesem System drin. Wenn man für all diese Minderheiten nun aber diese KONSEQUENZ einfordert und sie daher ausschließt, dann diskreditiert man all jene, die nicht für einen sind und sich selbstständig ein Urteil bilden. Halt wie schon in der DDR.


    Für einen Söder dürfte jemand, der den deutschen Staat nicht anerkennt, vom selben Kaliber sein wie jemand, der den deutschen Staat abschaffen will.


    Schwieriges Thema. Auch wenn ich natürlich auch nicht will, dass meine Kinder von einem Reichsidioten indoktriniert werden.
    Vermutlich will aber auch mein spießiger Nachtbar nicht, dass du seinen Kindern subtil im Unterricht deine ketzerische Sicht auf die Welt näher bringst.

  • Es besteht schon ein eklatanter Unterschied zwischen jemandem, der Staaten und Herrschaft generell ablehnend gegenübersteht, und jemandem, der sich einfach einen "besseren" Staat wünscht. Insofern ist das Reichsbürger-Phänomen schon eine typisch deutsche Erscheinung: Selbst in der Rebellion noch konformistisch und herrschaftsgläubig.
    Und ja, wir sollten immer skeptisch gegenüber staatlicher Repression sein, auch wenn es mal die "Richtigen" trifft. Sicher freut es mich persönlich, wenn Reichsdeppen und Nazis aus dem Verkehr gezogen werden, oder auch wenn bestimmte Moscheen dicht gemacht und aus dem Ausland finanzierte Imame abgeschoben werden. Es ist vielerorts eben ein Dilemma, auf staatliche Organe angewiesen zu sein, weil die eigenen Schlagkraft nicht ausgeprägt genug ist, um den reaktionären Mob eigenhändig unschädlich zu machen. Solange man sich dieses Dilemmas bewusst ist, anstatt vom "wehrhaft-demokratischen Staat" zu träumen, ist das noch verständlich. Aber zu denken, dass sich die staatliche Ordnung nicht ebenso jederzeit gegen einen selbst richten kann, ist gefährliche Naivität (das alte linksliberale Problem).

  • Aber wie sieht denn die Realität aus? Wie viele von denen, welche die Schule zur Zufriedenheit ihrer Lehrer abschließen, werden hinterher Sprayer, Hausbesetzer oder ziehen in einen Bauwagen?


    Daher war dein Argument eher ein Anti-Argument, denn es zeigt doch sehr deutlich, dass der Zuspruch sehr gering ausfällt, weil die Maße der Einheitsmenschen schlicht überproportional hoch ist.


    Inwieweit hat denn das aufsaugen von dummen Informationen die Menschen jetzt klüger werden lassen?

    Ich denke, wir es gibt deshalb so viele "Einheitsmenschen", weil wir biologisch sehr ähnlich aufgebaut sind. Abgesehen davon, dass ich von Sprayern und Hausbesetzern nicht wirklich viel halte (seien wir ehrlich: Den meisten geht es beim Haus besetzen eher um eine kostenlose Bleibe als um den berechtigten Protest gegen den Mietzins)


    Der Grund warum die Menschen mit ihrem Wissen und der ihnen gegebenen Freiheit so schamlos umgehen, ist vor allem, weil es ihnen unglaublich gut geht. Sowohl Gestapo als auch Stasi sind nicht ernsthaft zu vergleichen mit unserer "Systempolizei" (bei der offenbar sogar mehrere Reichsbürger arbeiteten).
    Die Realität ist, wir leben in einem der freiesten Länder der Welt.
    Und ja! Nicht so frei, wie du und ich uns das wünschen würden. Und ja! Mit dieser Freiheit kann es morgen zu Ende sein und sie muss täglich verteidigt werden.


    Systemkritiker werden immer in der Minderheit sein, solange es Menschen in dieser Art gibt. Wir sind so, dass wir uns in Rudel aufteilen und einem Rudelführer folgen. Deswegen wird Anarchie mit Menschen nie funktionieren. Es braucht mindestens ein Grundverständnis des sozialen Miteinanders, in dem sich alle einig sind und jemanden, der bei Verstößen korrigierend reagieren kann.


    Klar, wenn jeder so denkt wird das nie etwas, aber meine Stimme wäre letztendlich für den Müll, denn bei den wichtigen Entscheidungen im Bundestag wird sie letztendlich nicht mitmischen. Und diese eine Stimme kann dann schon entscheidend sein, wenn die CDU mal wieder plant, die Daumenschrauben noch etwas enger anzieht.

    Sorry, aber ich habe keinerlei Toleranz für dieses Denken. Fünf-Prozent-Hürde oder nicht, meine Wahlstimme ist mir zu wertvoll als sie nicht genau der Partei zu geben, die meinen Vorstellungen am Besten entspricht. Alles andere wäre tatsächlich eine Stimme für den Mülleimer.
    Und: CDU ist nicht schlimmer als SPD oder die Grünen. Manchmal sogar das genaue Gegenteil. Hartz IV und Zeitarbeitsfirmen waren genauso deren Verbrechen wie Deutschland zum Bordell Europas zu machen. (Die ersten Atomkraftwerke gingen unter SPD-Regierung ans Netz)
    Und heute hat, dank Wahlomat keiner mehr eine Ausrede, die Wahlprogramme wären zu lang (und ja: Natürlich wurde hier wieder eine echte Demokratie gebremst - man kann immer nur fünf Parteien vergleichen).


    Und nein! Meine Stimme hat keinen Sitz im Bundestag bekommen. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, wie sich das in Zukunft (auch bei Landtagswahlen) ändern wird.


    Aber das ist auch gut so. Ich möchte Systemkritiker bleiben. Selbst das beste System der Welt würde ich weiter kritisieren - Es ist wie mit einer Theorie in der Physik: Eine Weltordnung bleibt nur so lange die Beste, bis man eine bessere gefunden hat bzw. Gegenbeispiele.

    Klingt nach einem ziemlich anarchistischen Schülerleben. Und wenn man jetzt noch Fachlehrer hat, die in frei zugänglichen Räumen sitzen und die man selbstständig aufsuchen kann, um zu seinem Lieblingsthema noch mehr Wissen aufzusaugen, dann ist das eine ziemliche Win-Win-Situation. Für Lehrer und Schüler.

    Hatte genau aus diesem Grund überlegt in die Montessori Schulen zu wechseln. Wenn auch nur, um zu sehen, wie gut das System funktioniert. Verstehe mich nicht falsch. Ich möchte auch ein Schulsystem das die natürliche Neugierde der Kinder ausnutzt und sie von sich aus motiviert die wichtigsten Inhalte zu lernen.
    Wie die Kinder jedoch lernen ist völlig irrelevant, wenn die zur Verfügung stehenden Bibliotheken, Fachlehrer und Eltern die gleichen bleiben. Oder denkst du ernsthaft, "anarchistisch" lernende Schüler, die sich aussuchen dürfen, was sie lernen wollen, würden deswegen nicht genau solche Lemminger werden, wie ihre Eltern?
    Wie sollten sie denn überhaupt auf die Idee kommen, z.B. Karl Marx zu lesen? Vor allem wenn er nur in einer staubigen Ecke der Bibliothek zu finden ist?
    Du überschätzt Menschen. Kinder eifern zu allererst ihren Eltern nach, um dann in jugendlichen Jahren sich an den Schulkameraden und der bestehenden Weltordnung zu orientieren. Die wenigen, die von sich aus nach mehr Wissen streben und andere Wege beschreiten, tun das heute auch schon.
    Und ich gebe zu bedenken:
    Zum Beispiel über Buddhismus hat mich das Religionsbuch und die Religionslehrerin informiert. Kein Verwandter, kein Schulkamerad oder Freund hätte mir davon erzählt. Und die Religionslehrerin schon gar nicht, wenn nicht der böse Staat sie per Lehrplan dazu gezwungen hätte. Es war zumindest für meine Entwicklung entscheidend in jungen Jahren diese Information erhalten zu haben - ich wage zu behaupten, es hat mein Leben verändert.


    Ist halt die Frage, inwieweit man gewillt ist, dafür einzustehen und zum Verzicht oder eben zum Mehraufwand bereit zu sein. Also für mich kenne ich die Antwort.

    Sorry, ich will kein Steinzeitmensch mehr sein. Das war keine schöne Zeit und schon gar keine friedliche.
    Entweder wir werden eine technologische Hochkultur, in der niemand mehr leiden muss oder es wäre besser, die Menschheit würde aussterben.


    Soll man diese jetzt auch rausschmeissen und wieder die Geduckten an die Hebel lassen, weil es ja nur konsequent wäre, Menschen, die an Freiheit und fehlende Unterdrückung - auch im Berufsalltag - glauben, nicht weiter zu beschäftigen?
    Darf mir mein Konto gepfändet werden, weil ich ja Geld verachte und als Machtinstrument der Unterdrückung sehe? Darf man mir auch noch meinen gesamten Besitz wegnehmen, weil ich ja eh gegen kapitalistischen Besitzgüter bin?

    Reichsbürger sind hier ein Spezialfall. Wer seinen Personalausweis verbrennt, keine Steuern mehr zahlt und sich nur noch als Bürger des deutschen Reiches bezeichnet (mit eigener Regierung, Pässen und Führerscheinen) erfüllt bereits einige Bedingungen die man als Beamter, so wie der Beruf definiert ist, nicht erfüllt.


    Ich finde es auch bedenklich, wenn jemand ausgeschlossen wird, nur weil er eine bestimmte Meinung vertritt. Auch Beamten müsste meiner Meinung nach ein Recht auf freie Meinungsäußerung zustehen. Wie die aktuelle Lage dazu ist, könnte ich früher als später selbst heraus finden (wie gesagt, ein Gericht muss noch feststellen, in wie weit ich als Beamter das Recht auf Kunstfreiheit besitze bzw. meine Vorgesetzten dieses beschränken dürfen).
    Auf jeden Fall denke ich, dass wir zu wenig Meinungsfreiheit in Deutschland haben.


    Dennoch ist bei Reichsbürgern der Fall klar.
    Wenn ich Geld verachte, heißt das nicht, dass ich aufhöre mit Geld umzugehen.
    Ebenso kann ich der Meinung sein, wir sind alle Sklaven des Systems und trotzdem zur Arbeit gehen.
    Nur um den Vergleich zu Ende zu ziehen:
    Ein Reichsbürger glaubt nicht an die Existenz der BRD. Das ist einfach falsch. Die BRD existiert.
    Es wäre wie jemand, der glaubt das Wirtschaftssystem existiere nicht und es wäre in Ordnung zu stehlen (und das dann auch tut).
    Oder jemand, der sich selbst in den Chefsessel setzt und behauptet, er wäre jetzt der Chef der Firma und alle müssten ihm gehorchen.
    Reichsbürger sind Flacherde-Menschen.
    Und ja, ich finde es in Ordnung, dass die Personen, die als einzige in Deutschland Gewalt im Sinne des Staates anwenden dürfen, nicht einen offensichtlichen Dachschaden haben (und ja, da müsste man eventuell mehr als nur die Reichsbürger feuern ;-))


    Mit anderen Worten: Der Kündigungsgrund von meiner Seite ist nicht die Meinung der Personen, sondern die Aktionen aufgrund von falschen Behauptungen. Mein Vergleich von oben war ziemlich passend gewählt: Reichsbürger setzen sich oder jemand aus ihren Reihen an die Spitze des Staates und behaupten, sie wären die rechtmäßige Regierung - deswegen auch die Bestrebungen eine Reichswehr aufzustellen, um ihr Territorium gegen die Besatzungsmächte zu verteidigen - sorry, an der Stelle muss ich ausnahmsweise Mal dem System recht geben, wenn sie diese Personen rausschmeißen/einsperren.

  • Ich denke, wir es gibt deshalb so viele "Einheitsmenschen", weil wir biologisch sehr ähnlich aufgebaut sind. Abgesehen davon, dass ich von Sprayern und Hausbesetzern nicht wirklich viel halte (seien wir ehrlich: Den meisten geht es beim Haus besetzen eher um eine kostenlose Bleibe als um den berechtigten Protest gegen den Mietzins)

    Interessant. Wie viele Hausbesetzungen hast du denn schon praktisch miterlebt, um dir ein Urteil hinsichtlich der Motivation der Besetzer erlauben zu können?

  • Interessant. Wie viele Hausbesetzungen hast du denn schon praktisch miterlebt, um dir ein Urteil hinsichtlich der Motivation der Besetzer erlauben zu können?

    Genauso wenige wie Bankräube. Dennoch wage ich aus den gleichen Gründen (man könnte es Menschenkenntnis nennen) zu behaupten, dass die wenigsten Bankräuber ihr Vorhaben aus dem edlen Motiv des Protestes gegen die Geldwirtschaft gemacht haben.


    Menschen sind in den seltensten Fällen Idealisten. Die meisten schimpfen nur solange auf das Geldsystem bis sie selbst soviel haben, dass es günstiger für sie ist, FDP zu wählen.

  • Ich denke, wir es gibt deshalb so viele "Einheitsmenschen", weil wir biologisch sehr ähnlich aufgebaut sind. Abgesehen davon, dass ich von Sprayern und Hausbesetzern nicht wirklich viel halte (seien wir ehrlich: Den meisten geht es beim Haus besetzen eher um eine kostenlose Bleibe als um den berechtigten Protest gegen den Mietzins)

    Das ist auf alles übertragbar. Niemand kauft Nahrungsmittel, wenn er kein natürliches Hungergefühl entwickeln würde. Und viele, die irgendwelche Stiftungen gründen oder sich für die Forschung stark machen, tun es meist nur, weil nahe Angehörige von ihnen an einer unheilbaren Krankheit erkrankt sind oder bereits daran starben.
    Es würde auch niemand ein Haus besetzen, wenn er millionenschwer ist und sich jedes Haus problemlos kaufen oder erbauen kann. Hierbei sind wir uns einig.


    Allerdings kann man sich auch loslösen von diesem selbstbezogenen Denken. So sympathisiere ich mit Hausbesetzer, obwohl ich keine Wohnungsnot habe.
    Aber würde auch so ein Afd-Trottel sich mit Flüchtlingen solidarisieren, wenn er aus einem Zufall heraus, und nichts anderes ist es, selbst in Syrien das Licht der Welt betreten hätte? Wohl kaum. Und eben deshalb ist er der Trottel, der er nun mal ist.


    Kurzum: Natürlich ist ein Verhalten immer auch an die eigenen Bedürfnisse gekoppelt. Aber man kann, nein MUSS, eben auch genug Weitsicht besitzen und Dinge akzeptieren, selbst wenn sie einem keinen Vorteil versprechen. Und solange das nicht die Mehrheit der Menschheit verinnerlicht hat, wird das auch nichts mit der besseren Welt für alle.

    Die Realität ist, wir leben in einem der freiesten Länder der Welt.

    Es geht immer besser. Schon weil deine Wunschpartei nicht in den Bundestag eingezogen ist.
    Und weil du nicht komplett frei bist (und dies vermutlich auch nicht mehr miterleben wirst).

    Und heute hat, dank Wahlomat keiner mehr eine Ausrede, die Wahlprogramme wären zu lang (und ja: Natürlich wurde hier wieder eine echte Demokratie gebremst - man kann immer nur fünf Parteien vergleichen).

    Bei mir fungierte der Wahl-O-Mat lediglich als Bestätigung für zuvor schon Bekanntes. Und ich glaube fast, dass es den Meisten so geht.
    So wie es üblich ist, den Widerspruch im Alltag zu leben, so würde auch hier niemand sich ernsthaft vorstellen können, von dem vorgefertigten Urteil abzuweichen, weil es eine Webseite ihm empfiehlt. Das löst bei den meisten Menschen einen so großen innerlichen Konflikt aus, welchem Ungeübte gar nicht gewachsen sind. Und im Zweifel lässt man lieber alles so wie es ist.


    Insofern sehe ich die Sache mit dem Wahl-O-Mat kritisch. Allenfalls für Unpolitische, die so gar keine Ahnung von Politik haben, wäre es eine hilfreiche Sache. Aber gerade die interessiert das nicht die Bohne.

    Oder denkst du ernsthaft, "anarchistisch" lernende Schüler, die sich aussuchen dürfen, was sie lernen wollen, würden deswegen nicht genau solche Lemminger werden, wie ihre Eltern?

    Ja. Nicht in der ersten Generation, aber paar Generationen später, wenn dann diese Kinder auf ihre Eltern blicken, die ebenso frei sozialisiert - und natürlich in ihrem Alltag nicht gebrochen worden sind. Denn es stimmt: die Schule ist nicht hauptverantwortlich dafür, wie ein Mensch später mal wird. Zu gewissen Teilen zwar schon, aber der Rest geschieht im Elternhaus, im Freundeskreis, in den Medien.
    Aber wenn zumindest die Schule und die Eltern hinter Einem stehen, dann ist das schon mal die halbe Miete. Klar, ein Loslösen und Absprengen ist in der Pubertät weiterhin wichtig und obligatorisch, aber bestenfalls erklärt man dann nicht mehr die Schule oder das Elternhaus zu seinen Feindbild, sondern Datenkrake Facebook oder ADHS-erzeugende Handyspiele.
    Heute ist es umgekehrt.


    Und zu deiner Frage nach Marx: Wegen mir muss keiner dieser Kinder Marx lesen. Warum auch? Habe ich auch nie gelesen. Glauben deshalb etwas verpasst zu haben, tu ich dennoch nicht. Ich begrüße es eher, wenn Kinder keinen Guru folgen. Weder geschichtlich, noch einem Popstar oder einem religiösen Anführer. Denn meist nimmt genau dadurch das Unheil seinen Lauf.

    Sorry, ich will kein Steinzeitmensch mehr sein. Das war keine schöne Zeit und schon gar keine friedliche.

    Die Menschheitsgeschichte ist schon etwas komplexer, als dass sie nur aus Steinzeit und anschließenden Kinobesuchen mit 3D-Brillen besteht.
    Auch ich möchte nicht in die Steinzeit zurück, aber es gab auch noch Epochen dazwischen. Zeiten ohne Raubtierkapitalismus und ohne Selbstgeisselung oder permanenter Selbstoptimierung. Da müssen wir hin und nicht zwingend in die "technologische Hochkultur", wodurch du schon glatt so klingst wie so ein bayerischer Politikgreis der ironischerweise Zukunft fordert, aber mit seinem ganzen Denken und Handeln dermaßen in der Steinzeit hängengeblieben ist. Stoiber war so ein Paradebeispiel.

    Ich finde es auch bedenklich, wenn jemand ausgeschlossen wird, nur weil er eine bestimmte Meinung vertritt.

    Dieser ganze Reichsbürgerquatsch beruht ja lediglich auf einen Verwaltungsfehler. Ich bin schon länger dafür, einfach noch mal einen gesonderten Friedensvertrag aufzusetzen und mit diesem Stück Papier das ganze Fundament der Reichstrottel einstürzen zu lassen. Denn mehr steckt nicht dahinter.
    Genau genommen machen die sogar genau das, was sie der BRD vorwerfen. Sie selbst stellen sich einfach unautorisiert Führerscheine und amtliche Dokumente aus. Ohne jegliche Legitimation. Auch im Kaiserreich konnte eine Privatperson sich nicht selber offizielle Urkunden ausstellen. Zumindest nicht, wenn man ernsthaft plante, dass diese später von anderen anerkannt werden.