Versklavung durchs glücklich sein

  • Hallo Bewohner der Katakomben des Internets, ^^
    ich habe ja schon mal in einem anderen Beitrag beschrieben, dass ich Glück für eine pure Droge halte und dass sie mich dazu zwingt Dinge zu tun, die nur Mittel zum Zweck sind, um Glückshormone zu bekommen.
    Ich denke, dass ich diesen Gedanken etwas mehr ausbauen sollte. Als ich heute aufgewacht bin, hatte ich wieder so ein Gefühl der Bedeutungslosigkeit in mir. In letzter Zeit hatte ich wieder eine List ausgearbeitet mit Zielen, die ich erreichen will und warum. Nach wie vor habe ich glücklich sein als ein zentrales Lebensziel angesehen. Viele Leute sagen ja, dass das der einzig wahre Sinn ist, dass man zufrieden sterben kann, wenn man ein "glückliches" Leben hatte, aber seit heute zweifel ich daran.
    Ist es tatsächlich sinnvoll ein glückliches Leben anzustreben?


    Folgendes Probleme habe ich damit: Es kommt mir so unglaublich animalisch und primitiv vor allein dem nachzujagen, wie uns die Evolution programmiert hat. Wie gesagt, Glückshormone ist die Karotte, die vor uns an einem Strick hängt, während wir mit gefesselten Händen durch unser Leben stolpern, um diese Karotte ab und zu mal in den Mund zu bekommen. Unabdingbar ist, dass Glück kein Dauerzustand sein darf, es muss einem immer wieder entzogen werden, damit man in Bewegung bleibt.
    Deshalb meine Schlussfolgerung: Glück ist Sklaverei.


    Ich will mich dem nicht beugen, ich habe das Gefühl, dass mein Leben anders verlaufen sollte, einen anderen Sinn und Zweck haben sollte, als diesem groben Mechanismus zu folgen. Aber was kann das Leben sonst für einen Sinn haben?



    Ein Gedanke, der immer wieder in meinem Verstand aufsteigt ist, dass ich nach "Hause" will, dass ich einfach meine Ruhe will.
    Ein Gedankenexperiment dazu wäre, dass ich mir vorstelle, was ich mit meinem Leben tun würde, wenn ich 10 Millionen Euro auf dem Konto hätte, also niemals arbeiten müsste und mich folglich auch von keinem Arsch abhängig machen müsste, was würde ich dann machen?
    Ich würde mir erstmal ein Haus im Nirgendwo mieten und dort ein Jahr oder so verbringen ohne Kontakt zur Außenwelt. Menschen, die als Einsiedler wohnen, fand ich auch schon immer interessant, aber die meisten suchen ja auch nur ihren inneren Frieden also auch nur eine Form von Glück, und das will ich ja nicht.
    Ich will weg von diesen dummen Trieben, ich will kein dummes Säugetier sein, ich will kein Opfer des Universums sein, das sich den Spaß erlaubt hat zufällig irgendwas existieren zu lassen. Ich will kein Sklave sein.


    Was ich immer wollte war frei sein und die Welt verändern. Sollte ich also vielleicht mein Leben mit Arbeit an einem höheren Ziel oder einer Vision widmen? So wie Nikola Tesla, der sich sein Leben lang den Arsch abgearbeitet hat, um seine Ziele zu erreichen? Aber hat er das gemacht, weil er glücklich werden wollte? Es gab ja viele Genies, die viel erreicht haben und sich letztlich das Leben genommen haben, weil sie vielleicht entweder nicht glücklich dadurch geworden sind oder immer unerfüllt geblieben sind.
    Selbstmord ist für mich keine Option, da ich mir sicher bin, dass sich meine Materie dann einfach auflöst und danach nichts mehr kommt, und ich will vorerst auch nicht ausprobieren, ob es nicht doch was danach gibt.


    Bitte sag mal was es im Leben sonst geben kann außer der Suche nach dem Glück?
    Ich versuche die nächste Zeit mal mein Leben auf ein anderes Ziel auszurichten.
    Oder kann man auch einfach nur "Sein"? Ist das vielleicht echte Freiheit, einfach zu sein ohne Sinn und Ziel?

    • Offizieller Beitrag

    Folgendes Probleme habe ich damit: Es kommt mir so unglaublich animalisch und primitiv vor allein dem nachzujagen, wie uns die Evolution programmiert hat.

    Wenn du es so betrachtet, sind wir natürlich alle Sklaven unseres Körpers und seiner Bedürfnisse. Jedes Mal, wenn wir Essen, nehmen wir Drogen zu uns, und jedes Mal, wenn wir hungern, haben wir Entzugserscheinungen. Wir sind Junkies. Wir haben keine Freiheit. Und selbst, wenn wir uns dazu entscheiden würden, nicht mehr zu wichsen, nicht mehr zu essen und keinerlei Drogen mehr zu nehmen, und stattdessen ein weiser Buddha zu werden, der sich nur noch von Licht und Liebe ernährt, so wären wir doch immer noch abhängig von Licht und Liebe.
    Man kann es drehen und wenden, wie man will... in DIESEM Universum ist eine freie Existenz unmöglich.
    Mir persönlich wäre eine Existenz als Avatar in einer virtuellen Welt daher auch wesentlich lieber, der keine Nahrung zu sich nehmen muss, nicht zu schlafen braucht, keine Schmerzen empfindet und theoretisch einfach ewig existieren kann, ohne irgendwas dafür tun zu müssen, so lange der Computer läuft, auf dem seine Daten gespeichert sind. Ich kann nicht nachvollziehen, warum unser Universum nicht auf diese Weise aufgebaut ist, da wir Menschen uns dann auch viel mehr auf die wesentlichen Dinge wie "Wissen ansammeln", "kreativ sein" oder "uns irgendwas Schönes aufbauen" konzentrieren könnten, anstatt uns ständig mit Krankheit, Leid und nackten Existenzängsten herumschlagen zu müssen.
    Was mich zu dem Gedanken veranlasst: Wer immer dieses Universum geschaffen hat, hat dabei nicht wirklich als oberstes Ziel gehabt, dass wir Menschen uns selbst verwirklichen.
    Vielleicht war es doch eher der Gott aus der Bibel oder ein vergleichbarer Sadist, der sich durch Leid definiert, sich nur im Leid lebendig fühlen kann und Leid als einzigen Weg zur Erlösung betrachtet. Jedenfalls braucht man sich, wenn man genauer darüber nachdenkt, ja nicht zu wundern, dass die Religionen alle so einen Fokus auf Leid, Schmerz und Verzicht legen. Weil es nunmal ohne so ne Scheiße nicht zu gehen scheint in dieser Welt.

    Bitte sag mal was es im Leben sonst geben kann außer der Suche nach dem Glück?

    Der von dir verlinkte Artikel sagt es ja schon recht gut aus. Einen "Sinn" zu haben, muss nicht zwangsläufig immer mit Glück einhergehen.
    Nur ist dieses Gefühl, etwas "Sinnvolles" zu tun, letztlich ja auch nur etwas, was im Kopf des jeweiligen Betrachters existiert. Also nennen wir es doch gleich: Einbildung.
    Viele Menschen finden ihren Sinn in dem Beruf, den sie ausüben. Und irgendwann sind sie dann in Rente oder werden entlassen, und plötzlich zerplatzt alles, was einmal so ein sinnvoller Sinn gewesen ist, wie eine Seifenblase.
    Andere finden ihren Sinn im Gründen einer Familie. Aber letztlich ja auch nur, weil sie es sich einreden, dass es Sinn macht, Nachwuchs in diese Welt zu setzen und diesen beim Heranwachsen zu unterstützen. Doch wenn man nur weit genug in die Zukunft geht, ist dieser Nachwuchs irgendwann auch tot, oder wird gar zu einem egoistischen Arschloch, das besser nie geboren worden wäre, weil es der Welt mehr Schaden zufügt als Nutzen. Also ist es wirklich sinnvoll, Kinder in die Welt zusetzen? Oder nimmt nicht jedes Kind, das ich in die Welt setze, einem anderen Kind irgendwo anders den Platz an der Sonne weg?
    So weit denken Eltern aber üblicherweise nicht, wenn sie Kinder zeugen. Für sie ist es Sinn genug, ein Tamagotchi zu haben, das man füttern und spazieren fahren muss, damit es irgendwann wächst und noch mehr Futter braucht.
    Also was ich sagen will: "Sinn" entsteht in unserem Kopf. "Sinn" ist nicht immer logisch. Oft sogar ziemlich unlogisch. Jeder Sinn kann hinterfragt und negiert werden, wenn man nur kritisch genug an die Sache herangeht. Also kann es einen objektiven Sinn überhaupt geben? Oder ist Sinn letztlich nicht doch immer mit Glück gekoppelt, weil wir uns diesen Sinn ja genaugenommen nur einreden, damit wir Motivation haben zum Weitermachen und noch ein bisschen mehr Leid zu ertragen?

  • Es kommt drauf an welche art des Glücks du meinst. Meinst du kurzzeitiges Glück durch Soziale Aktivitäten wie zb, Mit freunden raus gehen Ins Kino gehen , wichsen Soziale Medien, oder meinst du das Glücksgefühl für Harte arbeit und Disziplin. Die meisten Menschen ziehen ihr Glück aus den ersten genatten Aktivitäten, diese bringen den meisten zwar sofort gute gefühle jedoch sobald sie wieder alleine Zuhause sind legt sich das relative schnell. Wenn du allerdings langzeitziele hast nehmen wir als beispiel einen gut Trainierten körper, dann musst du damit rechnen dafür erstmal arbeiten zu müssen. Heißt wiederrum du bist erst am ende des langen weges richtig zufrienden. Auf dem Weg dorthin wirst du viel Schweiß und Tränen lassen und oft wirst du nicht gerade glücklich sein im Gegenteil du hast Phasen ind denen du keine Lust hast zu trainieren. Am Ende bist du aber stotz drauf durchgehalten zu haben, Dass macht den Unterschied zwischen sofortigem Glück und dem Glück das du bekommst für harte Arbeit. So sehe ich das mit dem Glück hoffe es hilft.

  • Saya: Du bist offensichtlich gerade in einer Lebenskrise. Einer Sinnkrise. Doch das wird vorbei gehen, soviel lass dir zunächst gesagt sein.


    Du scheinst auch sehr zu hadern mit dem, wonach du wirklich strebst. Einerseits ist es die Einsiedlerhütte ohne Kontakt zur Außenwelt und deiner vollkommenen Ruhe. Jedoch willst du auch die Welt verändern und dich für höhere Ziele aufopfern. Aus meiner Sicht ein kompletter Widerspruch. Entweder man kapselt sich von allem ab, oder man taucht vollends in die zivilisierte Welt ein und sucht sich dort seine feste Position. Ob als Arbeiterbiene oder Weltverbesserer ist erst mal egal. Interagieren und funktionieren muss in beiden Fällen (und ist damit sehr weit weg vom einsamen Eremitenleben).


    Thema Glück: Ich würde das Wort austauschen durch einen Begriff, der nicht ganz so überschwängliche Erwartungshaltungen generiert, aber im Grunde dasselbe aussagt: Zufriedenheit.
    Ich halte es für ein erstrebenswertes Ziel im Leben, zufrieden zu sein und sich außerdem mit reinem Gewissen im Spiegel ansehen zu können. Wenn man das vorweisen kann, dann hat man schon sehr viel mehr erreicht, als ein Großteil der Menschheit es je wird.


    Ich wüsste auch gar nicht, wonach man sonst streben sollte. Sicher, materielle Besitztümer und ein ordentliches finanzielles Polster sind nett, aber wir sind uns bestimmt einig, dass es das letztendlich nicht sein kann. Was also sonst? Wir alle haben nur eine begrenzte Zeit auf Erden und wenn man diese so gestaltet, dass man zufrieden ist, dann ist der Sache doch bereits Genüge getan und dieses Leben war nicht vergebens. Was erwartet man denn sonst vom Leben? Eines Tages werden wir ohnehin alle tot sein und nach einer gewissen Karenzzeit denkt auch niemand mehr an uns - und spätestens zwei Generationen weiter kennt uns noch nicht mal mehr jemand oder weiß, dass es uns je gegeben hat.


    Folglich gilt: das Beste aus der Zeit machen, die man auf Erden hat. Die Grundlage ist hierfür bei jedem Menschen eine andere. Und wenn jemand nun tatsächlich sein kleines Familienunternehmen an die Börse bringen will, dann behaupte ich zwar, dass es nicht wirklich das ist, was er möchte (sondern er durch äußerliche Umstände erst dazu geformt wurde), doch wenn ihm letztendlich das seine Erfüllung, ja seine Zufriedenheit generiert, dann soll es eben so sein.


    Wir sind als Menschen vermutlich die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, die überhaupt zu solchen Gedanken fähig sind. Jedes Tier hingegen wird wirklich nur primitiv und animalisch niederen Bedürfnissen wie jagen, essen, trinken und sich fortpflanzen, hinterherrennen. Manche davon auch noch dem Bau eines Zuhauses oder das sammeln von möglichst vielen Knochen.
    Du erkennst sicher die Parallelen zur Menschheit. Insofern wäre es weitaus schlimmer, wenn du genauso ticken, genauso streben, würdest wie sie. Wenn man sich hingegen Gedanken um seine eigene Existenz macht, dazu noch mit Worten wie Glück oder Zufriedenheit jongliert, dann ist man dem Ganzen schon sehr weit voraus.


    Übrigens: Glückseligkeit funktioniert nur durch Höhen und Tiefen. Wenn du immer nur satt wärst, würdest du gar nicht mehr essen, könntest dich aber auch gar nicht mehr an dem Genuss deiner Lieblingsspeise erfreuen.

    6 Mal editiert, zuletzt von Unmensch ()

  • Ich glaube, dass es wichtig ist, mit dem zufrieden zu sein, was ist. Es ist eh alles vergänglich. Sogar wir selbst.

  • Ich werfe mal noch ein sehr treffendes Zitat von John Lennon in die Runde:


    Als ich zur Schule ging, fragten sie mich, was ich werden will, wenn ich erwachsen bin. Ich schrieb: "Glücklich." Sie sagten mir, ich hätte die Aufgabe nicht verstanden.
    Ich sagte ihnen, sie hätten das Leben nicht verstanden.

  • Interessanter Gedanke: Sklave des eigenen Glücksstrebens.


    Übrigens der Grund, warum die Gefahr von künstlicher Intelligenz immer übertrieben dargestellt wird. Wir haben diese Gefühle, den Trieb nach Glück, nach Lustbefriedigung so internalisiert, dass wir uns Maschinen nicht leidenschaftslos vorstellen können. Jedes Ziel, das ein Computer hat, geben wir ihm vor. Er generiert sich das nicht selber.


    Wir können jedoch nicht anders: Wir versuchen, Leid zu vermeiden und Lust zu steigern. Natürlich ist das nur der Basiscode. Viele Menschen sind komplexer und verbauen sich den Weg zu ihrer Zufriedenheit.
    Oft durch zu hohe Erwartungen:
    Ein warmes Bett, ausreichend zu Essen und ein annehmbarer Gesundheitszustand (z.B. ohne chronische Schmerzen) ist mir zum Beispiel genug. Alles weitere ist Luxus (davon habe ich hier in Deutschland reichlich).


    Für einen Kapitalisten wie Saya ist das natürlich zu wenig ;) .

    Ist es tatsächlich sinnvoll ein glückliches Leben anzustreben?

    Nein. Wer sucht, wird nicht finden.
    Die Kunst ist, unabhängig von den Umständen zufrieden (glücklich) zu sein (Da fällt mir spontan der Film "Das Leben ist schön" von 1997 ein). Oft bilde ich mir ein, ich habe mir diese Fähigkeit erworben - jedenfalls habe ich dieses "Ziel" in meinen Augen bereits erfüllt - Nichts in dieser Welt kann mich auf Dauer wirklich glücklicher machen, als ich es jetzt bin.


    Was soll das überhaupt sein, ein glückliches Leben?

    Bitte sag mal was es im Leben sonst geben kann außer der Suche nach dem Glück?

    Weltverbesserung?
    Und wie du richtig sagst: Es braucht auch keinen Sinn, man kann auch einfach nur so in den Tag leben. Am Ende ist es egal.
    Ich persönlich fände eine wunderbare Regel für die Wahl eines Lebenszieles: Jeder sollte dafür sorgen, dass er diesen Planeten/seine Mitmenschen nach seinem Tod ein klein wenig schöner, besser bzw. glücklicher verlässt, als er diese vorgefunden hat.