Da es bei dem Thema immer wieder zu Streitigkeiten kommt, dachte ich, wir machen einfach mal einen extra Thread dafür auf.
Kurz eine kleine Zusammenfassung, um was es eigentlich geht:
"Anarchie" bezeichnet einen gesellschaftlichen Zustand ohne Herrschaft und Hierarchien. Soweit dürften sich die meisten hier im Forum noch einig sein. Aber da die anarchistische Bewegung keine homogene Gruppe ist, sondern aus vielen verschiedenen Individuen besteht, gibt es natürlich große Unterschiede, was die konkreten Vorstellungen oder Ideen angeht, wie sich ein solcher Zustand in der Gesellschaft umsetzen ließe.
Für die einen ist die anarchistische Idee eng mit der Idee des Kommunismus verbunden, und daher bezeichnet man das auch gern mal als "Anarchokommunismus".
Kritiker der Anarchokommunisten sagen, dass Kommunismus eine kollektivistische Ideologie ist, in der das Wohl des Kollektivs über dem Selbstverwirklichungsrecht des Einzelnen steht... und dass eine solche Gesellschaftsordnung daher mit dem Gedanken von Anarchie nicht vereinbar wäre.
Die andere große Gruppe würde ich als "Individual-Anarchisten" bezeichnen. Dieser Gruppe geht es weniger um Planwirtschaft und materieller Gleichheit, sondern ihnen ist wichtiger, dass sich jeder Mensch frei selbstverwirklichen kann, ohne dass ihm irgendein Staat oder sonstige Organisationen in sein Leben hineinpfuscht.
Kritiker der Individual-Anarchisten argumentieren unter anderem, dass es nie eine freie Welt geben kann, so lange materielle Ungleichheit besteht, und dass Individualismus ohne gelebte gesellschaftliche Solidarität im Raubtier-Kapitalismus und Faschismus endet. Nicht selten werden Anarcho-Individualisten daher von Anarcho-Kommunisten auch als Anarcho-Kapitalisten bezeichnet.
Die echten Anarcho-Kapitalisten, denen es beim Anarchismus am allerwichtigsten ist, dass sie möglichst viel Geld verdienen können und keine Steuern bezahlen müssen, sind meiner Meinung nach aber nur eine kleine, verwirrte Minderheit... ähnlich wie Anarcho-Nationalisten (ja, sowas gibt's anscheinend auch). Dieser Trend ist wohl vor allem von Amerika rübergeschwappt, wo es auch Leute gibt, die politisch ziemlich weit rechts stehen, aber trotzdem einen Staat ablehnen... während die Rechten bei uns ja üblicherweise einen starken, autoritären Staat fordern, der seinen Bürgern möglichst viele Vorschriften macht.
Soweit mal dazu die Meinung von jemandem wie mir, der sich schon eher auf der individualistischen Seite stehen sieht und keine kollektivistischen Ideologien mag, aber eine kapitalistische Weltordnung trotzdem ablehnt.
Was denkt ihr? Als was würdet ihr euch bezeichnen? Bitte diskutiert aber höflich miteinander, und macht nicht gleich jeden zum Nazi, nur weil er entweder ein solidarisches Kollektiv oder eine Welt komplett ohne staatliche Einmischung haben möchte. Gibt keinen Grund, sich deshalb gleich an die Gurgel zu springen.